JudikaturJustiz15Os5/96

15Os5/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch, Mag. Strieder, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Petschnigg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter R***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Oktober 1995, GZ 3 c Vr 326/95-101, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und in teilweiser Anwesenheit des Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der östereichische Staatsbürger Walter Ra***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (I.), des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (II.), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III.), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Satz (gemeint: zweiter Fall) StGB (IV.), des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (V.), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (VI.) und des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (VII.) schuldig erkannt.

Darnach hat er

I. ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1. am 18. Februar 1990 in H***** einen von der Firma Kurt S***** als Tourengeld für einen Transport nach Schweden übergebenen Bargeldbetrag von 9.000,-- S, indem er die Fahrt nicht durchführte und zur genannten Firma nicht mehr zurückkehrte;

2. zwischen 20. und 23. September 1992 auf der Fahrt zwischen Malmö und Wien von der Firma Josip B***** bzw G*****GmbH zum Transport anvertraute 118 Stück Reifen und 10 Schläuche im Gesamtwert von 60.482,-- S, indem er diese verbrachte und nicht vereinbarungsgemäß in Wien bei der Firma G*****GmbH ablieferte;

3. am 10. Jänner 1994 zwischen Wien und Brunn am Gebirge ein ihm von der Firma Gebrüder W***** zum Transport übergebenes Kopiergerät der Marke L***** 6413AH im Werte von 25.500,-- S, indem er dieses nicht vereinbarungsgemäß bei der Firma L***** ablieferte;

II. am 30. März 1989 in Wien die Gendarmeriebeamten Hubert D*****, Peter M***** und Walter F***** der Gefahr einer dienstbehördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er sie durch die in einer Dienstaufsichtsbeschwerde an das Bundesministerium für Inneres erhobenen Behauptungen, sie hätten ihn über die Gründe seiner Verwahrungshaft nicht aufgeklärt und ihm im Zuge seiner Verhaftung keine Gelegenheit gegeben, einen ihm anvertrauten LKW ordnungsgemäß zu versperren, der Verletzung einer Amtspflicht falsch verdächtigt, wobei er wußte (§ 5 Abs 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch war;

III. nachgenannte Personen gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1. am 2. Oktober 1994 in Geras Walter und Getrude K***** durch die Äußerungen "Spielts euch nicht mit mir, sonst erschieße ich euch alle - wenn ihr euch blöd spielt, sprenge ich euch samt der Hüttn in die Luft";

2. am 23. Juli 1994 in Gorzon Wilk (Polen) Christine Hau***** dadurch, daß er mit einem gezückten Messer auf sie losging und erklärte "jetzt bringe ich dich um";

IV. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese Personen am Vermögen schädigten, wobei er im Falle der Punkte 2. und 3. jeweils in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

1. im Juli 1992 in Unterretzbach Johann Kat***** durch die Vorlage zweier ungedeckter Schecks und durch die Behauptung, im Besitz einer gültigen Scheckkarte zu sein, somit über die Berechtigung, die Bank zur Auszahlung eines Betrages von 5.000,-- S verpflichten zu können, zur Herausgabe von 5.000,-- S; Schaden in dieser Höhe;

2. am 17. Dezember 1992 in Horn Angestellte der Firma Otto Mo***** durch die Vorgabe, ein redlicher Kaufinteressent zu sein, der Testfahrten durchführen möchte, zur Ausfolgung eines PKW Mercedes 190

D im Wert von ca 330.000,-- S; Schaden in dieser Höhe;

3. am 15. Juli 1994 in Gmunden Angestellte der Firma Helmut P***** durch die Vorgabe, ein redlicher Mieter zu sein, zur Ausfolgung eines Wohnmobils Mercedes 310 D Prestige im Wert von ca 450.000,-- S;

Schaden in dieser Höhe;

4. am 6. Februar 1992 in Wien Andreas Rei***** durch die Vorspiegelung, ein redlicher Taxikunde zu sein, zur Vornahme einer Taxifahrt, wodurch Andreas Rei***** um 302,-- S am Vermögen geschädigt wurde;

V. in der Zeit von Mitte Mai 1989 bis 31. Juli 1990 in Wien dadurch, daß er für seine minderjährige Tochter Petra Christine Har***** keinerlei Unterhaltszahlungen leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt der Minderjährigen ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre;

VI. am 23. Juli 1995 in Gorzon Wilk (Polen) dadurch, daß er sein Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen W 537 SR querstellte, sohin durch gefährliche Drohung, Christine Hau***** zum Anhalten ihres Sattelzuges genötigt;

VII. am 23. Juli 1994 in Gorzon Wilk (Polen) dadurch versucht, der Christine Hau***** eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen, daß er ihr einen Messerstich ins Gesicht versetzte, wobei er die Brille traf, die zerbrach.

Rechtliche Beurteilung

Er bekämpft dieses Urteil, das lediglich im Schuldspruchfaktum IV.4. unangefochten bleibt, mit einer auf die Gründe der Z "3 a" (richtig: 3), 5, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter Geltendmachung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes behauptet der Beschwerdeführer mit Bezugnahme auf die Fakten I.3., IV.1. und IV.3. des Urteils, daß die Niederschriften über die im Vorverfahren abgelegten Aussagen des Zeugen Raimund Ho***** in der Hauptverhandlung unter Verletzung der Vorschrift des § 252 StPO verlesen wurden, weil die Voraussetzungen des § 252 Abs 1 Z 1 StPO nicht gegeben gewesen seien. Er läßt hiebei jedoch den Umstand außer acht, daß die gerügten Verlesungen mit Einverständnis des Anklägers und des Angeklagten, sohin gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO erfolgten (S 367/II), sodaß die relevierte Nichtigkeit nicht vorliegt.

In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer zunächst eine Urteilsunvollständigkeit zu Punkt I.1. geltend, weil sich das Erstgericht mit seiner Verantwortung, wonach er eine Gegenforderung gegen Kurt S***** gehabt habe, und mit den Aussagen des genannten Zeugen hiezu nicht auseinandergesetzt habe. Dazu war das Gericht bei seiner Beweiswürdigung aber nicht gehalten, weil der Beschwerdeführer schon aus rechtlichen Gründen nicht entlastet werden kann. Das bloße Gegenüberstehen von Forderungen an sich genügt nämlich nicht für den Eintritt der Kompensationswirkung und damit zum Abschluß der unrechtmäßigen Bereicherung; hiefür wäre vielmehr der Aufrechnungswille des Täters zur Zeit der Zueignung des Gutes erforderlich, wofür als wesentlichstes Indiz gilt, daß er seinem Partner die Tatsache der Aufrechnung bekannt gibt (Leukauf/Steininger Komm3 § 133 RN 23). Daß sich der Angeklagte das ihm anvertraute Tourengeld mit Aufrechnungswillen zugeeignet hätte, hat er im Verfahren niemals behauptet, sondern stets vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können, den Betrag von 9.000 S als Tourengeld überhaupt übernommen zu haben (S 184 ff/II). Diese Verantwortung hat das Erstgericht aber im Urteil ohnedies erörtert und einer Würdigung unterzogen (US 14). Auch der Zeuge Kurt S***** machte keine Angaben dahin, daß das Tourengeld gegen den Lohnanspruch des Beschwerdeführers, der die Tour nicht antrat und das Tourengeld somit nicht für den vorgesehenen Zweck verwendete, aufgerechnet worden wäre oder werden sollte (S 264 f/II). Sohin erübrigte sich somit eine Erörterung der Angaben des Zeugen über die gerichtliche Geltendmachung der behaupteten Lohnforderung des Angeklagten.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen mußte sich das Erstgericht nicht mit der Verantwortung des Angeklagten zu Punkt I.2. des Urteils auseinandersetzen, wonach der LKW in Polen mit Zollplomben versehen gewesen sei (S 187 ff/II), weil nach der Gerichtserfahrung solche Plomben einen Zugriff auf die Ladung nicht mit Sicherheit zu verhindern vermögen. Ob der Angeklagte die Ware unkontrolliert übernommen hat, ist für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes ohne Belang und demnach kein entscheidender Umstand in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes. Es bedurfte weiters keiner besonderen Erörterung der Rechtfertigung des Angeklagten, daß er wegen einer Panne in Polen länger als üblich aufhältig war, weil der vom Erstgericht als glaubwürdig erachtete Zeuge Josip B***** den vom Beschwerdeführer behaupteten Schaden am LKW als technisch unmöglich ausschloß (S 366/II). Das Urteil stellt sich daher auch in dieser Hinsicht nicht als unvollständig dar.

Soweit der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung, wonach er sich die ihm laut Punkt I.2. des Urteils anvertrauten Reifen und Schläuche im Gesamtwert von 60.428,-- S mit dem Vorsatz zueignete, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern (US 8), als offenbar unzureichend begründet zu bekämpfen sucht, verkennt er das Wesen der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 258 Abs 2 StPO, welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in ihrem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf in diesen Prämissen wurzelnde denkrichtige Schlüsse zu stützen. Demzufolge war das Erstgericht legitimiert, aus der langen Verweildauer des Angeklagten mit der Fracht in Polen, aus dem ungewöhnlichen Umstand, daß er vier Tachometerscheiben verwendet hatte, und aus seinen persönlichen Beziehungen zu in diesem Land aufhältigen Personen (US 14 f) auf die dolose Zueignung eines Teiles der Ladung durch ihn zu schließen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt sich auch die zu Punkt VII. des Urteils getroffene Feststellung, daß der Angeklagte der Zeugin Christine Hau***** einen Messerstich ins Gesicht versetzt hat (US 13), nicht als offenbar unzureichend begründet dar. Das Erstgericht konnte diese Feststellung sehr wohl auf die Aussage dieser Zeugin stützen, die zwar einräumte, daß es zur Tatzeit sehr finster gewesen sei, doch dezidiert angab, daß der Angeklagte mit einem scharfen und spitzen Gegenstand - den sie wiederholt als Messer bezeichnete - hingestochen habe (S 383 ff/II). Aufgrund dieses Beweisergebnisses konnten die Tatrichter denkmöglich und demnach formal mängelfrei zur Überzeugung gelangen, daß der Beschwerdeführer der Überfallenen einen Messerstich ins Gesicht versetzt hat, ohne daß dies zu einer Verletzung führte, wobei es zu einer detaillierten Erörterung der Aussage der genannten Zeugin nicht verpflichtet war, zumal der Angeklagte seine Anwesenheit am Tatort überhaupt bestritten hat. Abgesehen davon wäre es nicht entscheidungswesentlich, ob ein Messer im technischen Sinn verwendet wurde oder ein messerähnlicher spitzer Gegenstand, der bei einem Zustechen gegen den Augenbereich eines Menschen gleichartige Verletzungsfolgen erzeugen kann. Ebensowenig bedurfte es im Urteil einer Auseinandersetzung mit dem Umstand, daß Christine Hau***** wegen des Vorfalls in Österreich Anzeige erstattet und dabei die Befürchtung geäußert hatte, daß der Täter durch einen Sturz vom Trittbrett des LKW nach der zu Punkt III. 2. des Urteils beschriebenen Tat verletzt worden sein könnte (S 303 ff/II), weil daraus keine für den Beschwerdeführer günstigere Lösung der Beweisfrage hätte abgeleitet werden können. Aus diesem Grund erweist sich auch die undifferenziert bekämpfte Feststellung der Verwendung eines Messers bei Begehung der von Punkt III. 2. des Urteils umfaßten Tat nicht als mangelhaft begründet.

Soweit der Beschwerdeführer in Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Punkt I. 1. des Urteils Feststellungsmängel geltend macht, weil es sich bei dem ihm übergebenen Betrag von 9.000,-- S um eine Zahlung an den Dienstnehmer gehandelt habe, die mit dem Dienstgeber zu verrechnen gewesen wäre, läßt er die Feststellung des Erstgerichtes dahin außer acht, daß ihm der Geldbetrag als Tourengeld, somit zu einem bestimmten Verwendungszweck, anvertraut war und er die Tour gar nicht antrat (US 7). Da er nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Tatsachensubstrat ausgeht, ist die Rüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, daß es zu den Schuldsprüchen laut den Punkten I.2. und 3. des Urteils jeweils an der Feststellung der unrechtmäßigen Bereicherung mangle, weil das Erstgericht solche Konstatierungen ohnedies dezidiert getroffen hat (US 8, 15). Soweit der Beschwerdeführer zum Schuldspruch laut Punkt I.2. des Urteils behauptet, das Erstgericht habe zur subjektiven Tatseite bloß ausgeführt, daß er das Kopiergerät bei Raimund Ho***** gelagert und sich in der Folge nicht mehr darum gekümmert hätte, setzt er sich abermals über die ausdrückliche Feststellung seines Bereicherungsvorsatzes hinweg (US 8). Sohin verfehlt die Beschwerde auch in diesem Punkt die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines behaupteten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

Auch die zu Punkt II. des Urteils erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer mit ihr nur unzulässig die Urteilsfeststellungen, daß er durch die Dienstaufsichtsbeschwerde die genannten Gendarmeriebeamten der Verletzung einer Amtspflicht falsch verdächtigt und der Gefahr einer dienstbehördlichen Verfolgung ausgesetzt hatte (US 9), zu bekämpfen sucht.

Er macht der Sache nach bloß Begründungsmängel (Z 5) geltend, welche indes ebenfalls nicht vorliegen. So bedurfte die Feststellung, daß der Angeklagte die Gendarmen der Gefahr einer dienstbehördlichen Verfolgung ausgesetzt hatte, schon deshalb keiner weiteren Begründung, weil - nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens - gegen die Beamten sogar tatsächlich Ermittlungen durch den Kommandanten des zuständigen Gendarmerieabteilungskommandos geführt wurden (S 9 ff/I). Damit geht aber auch das Beschwerdevorbringen, die vom Angeklagten erhobenen Vorwürfe seien nicht geeignet gewesen, die Gefahr einer dienstbehördlichen Verfolgung herbeizuführen, ins Leere.

Der Vorwurf der Verletzung einer Amtspflicht ergibt sich zwangsläufig aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Dienstaufsichtsbeschwerde selbst (S 27/I). Das bewußt tatsachenwidrige - ein unkorrektes Verhalten der Beamten behauptende - Vorbringen in dieser Beschwerde war auch keinesfalls unschlüssig, was schon aus dem Umstand erhellt, daß es zum Anlaß einer dienstaufsichtsbehördlichen Untersuchung genommen wurde. Daran ändert nichts, daß die in Betracht kommenden einzelnen Amtspflichten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom Gesetzgeber erst im Laufe der Zeit in Kraft gesetzt oder kodifiziert wurden (Artikel 4 Abs 6 PersFrG, § 178 StPO, § 22 Abs 1 Z 4 SPG).

Daß die vom Beschwerdeführer verleumdeten Gendarmeriebeamten (niederschriftlich) vernommen wurden und sich zu den Anschuldigungen zu äußern hatten, ist keineswegs - wie im Gerichtstag vorgetragen wurde - ein bloßer "Formalakt", sondern Teil der Erhebungstätigkeit des Dienstvorgesetzten zur Prüfung der Stichhaltigkeit der Anschuldigung, die - wird sie nicht hinreichend entkräftet - in ein Straf- oder Disziplinarverfahren münden kann.

Keine Berechtigung kommt schließlich der gegen den Schuldspruch zu Punkt III. 1. des Urteils gerichteten Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu, mit der der Beschwerdeführer die mangelnde Tatbildlichkeit seiner Äußerung als gefährliche Drohung geltend macht. Er verkennt, daß die von ihm in einem Streit geäußerte Drohung "Spielts euch nicht mit mir, sonst erschieße ich euch alle - wenn ihr euch blöd spielt, sprenge ich euch samt der Hüttn in die Luft" (US 4, 9) schon wegen der Ankündigung des Einsatzes einer Schußwaffe und eines Sprengmittels derart massiv war, daß sie (objektiv) geeignet war, den Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB), und keineswegs als bloße milieubedingte Unmutsäußerung angesehen werden kann.

Im Recht ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hingegen, soweit sie zu Punkt VI. des Urteils geltend macht, das Querstellen eines PKW auf der Straße stelle keine gefährliche Drohung dar. Eine solche ist nur eine Drohung mit einer Verletzung am Körper, Freiheit, Ehre oder Vermögen, die geeignet ist, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen, ohne Unterschied, ob das angedrohte Übel gegen den Bedrohten selbst, gegen dessen Angehörige oder gegen andere unter seinen Schutz gestellte oder ihm persönlich nahestehende Personen gerichtet ist (§ 74 Z 5 StGB). Die Errichtung und Benützung einer Straßensperre in der Absicht, einen Verkehrsteilnehmer zum Anhalten zu zwingen, stellt jedoch keine Drohung mit der Verletzung eines der genannten Rechtsgüter, sondern - was der Beschwerdeführer außer acht läßt - bereits eine tatsächlich erfolgte Verletzung der persönlichen Freiheit - und damit eine wesentlich stärkere Rechtsgutbeeinträchtigung als eine bloße Drohung - dar, mag auch die Intensität der Freiheitseinschränkung noch nicht dem Tatbild des § 99 StGB entsprechen.

Die Erzwingung des Anhaltens eines Verkehrsteilnehmers mittels eines auf der Straße quergestellten PKW erfolgt durch tatsächlich ausgeübte Gewalt. Gewalt ist nämlich die Anwendung nicht unerheblicher physischer Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstandes (Leukauf/Steininger aaO § 105 RN 4 mwN). Unter dieser physischen Kraft ist aber nicht allein menschliche Körperkraft zu verstehen. Auch die Kraft eines toten oder lebenden Werkzeugs (Schwaighofer im WK Rz 27 mwN, Kienapfel BT3 RN 16, je zu § 105), der Gebrauch eines berauschenden oder betäubenden Mittels sowie die Anwendung de Hypnose stellen Gewalt dar (Leukauf/Steininger aaO RN 5 mwN; 12 Os 122,125/95). Der Gesetzgeber der Strafgesetz-Novelle 1989, BGBl 242, hat schließlich klargestellt, daß eine Betäubung - die auch durch Verabreichung chemischer, totale Willensausschaltung bewirkender Substanzen erfolgen kann (vgl 15 Os 14/96) - sogar als schwere Gewalt anzusehen ist (§ 201 Abs 1 zweiter Satz StGB).

Diesem Verständnis des Gewaltbegriffes folgend ist unter Gewalt nicht nur die Benutzung kinetischer (Bewegungs )Energie gegen einen Menschen zu verstehen. Befindet sich dieser selbst - insbesondere bei Benützung eines Kraftfahrzeuges - in Bewegung, so ist diese mit einer kinetischen Energie verbunden, welche ihre zerstörerische Wirkung dann entfaltet, wenn ihr eine entsprechende Masse entgegengestellt wird. Die Masse eines auf der Straße quergestellten PKWs ist naturgemäß so groß, daß sie Vermögen, Gesundheit und sogar Leben des auffahrenden Verkehrsteilnehmers, unter Umständen aber auch anderer Personen beeinträchtigt, sofern man ihr nicht weicht. In diesem Sinne stellt - wie vorliegend geschehen - die Errichtung und Benutzung einer Straßensperre in der Absicht, einen anderen Verkehrsteilnehmer zum Anhalten zu zwingen, nicht bloß ein passives Verhalten, sondern wirklich ausgeübte Gewalt dar, welche die Bagatellschwelle erheblich überschritten hat.

Ein vergleichbar äußerer Sachverhalt, nämlich das Überholen des von einem Straftäter gelenkten Fahrzeuges durch ein Polizei- oder Gendarmeriefahrzeug, das unmittelbar danach quergestellt wird, wäre denn auch als - diesfalls gerechtfertigter - Einsatz unmittelbarer Zwangsgewalt (§ 50 SPG) anzusehen. Der Angeklagte wurde daher zu Recht des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt (vgl auch ZVR 1989/20).

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b (der Sache nach Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer die Konsumtion der Strafbarkeit der gefährlichen Drohung laut Punkt III. 2. des Urteils durch seinen Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung laut Punkt VII. des Urteils geltend. Er weist zwar an sich zu Recht darauf hin, daß die Ankündigung einer Körperverletzung, die der Täter dem Bedrohten unmittelbar daran anschließend auch tatsächlich zufügt, nicht gesondert nach § 107 StGB zu beurteilen ist (Leukauf/Steininger aaO § 107 RN 11 mwN), doch ist vorliegend eine andere Fallgestaltung gegeben. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht keine Feststellung dahin getroffen, daß das als absichtliche schwere Körperverletzung qualifizierte Verhalten des Angeklagten (Punkt VII.) unmittelbar an die Drohung (Punkt III. 2.) angeschlossen hätte. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens spielten sich die Vorfälle vielmehr in umgekehrter Folge ab (S 303 ff, 379 ff je Band II). Da der Beschwerdeführer seiner Beschwerde nicht das vom Erstgericht festgestellte Tatsachensubstrat zugrunde legt, ist sie auch in diesem Umfang nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Dies gilt ebenso für die Subsumtionsrüge (Z 10). Soweit der Beschwerdeführer das Vorliegen seines Bereicherungsvorsatzes zum Schuldspruch laut Punkt I. 3. des Urteils bestreitet, geht er über die ausdrückliche Feststellung eines solchen Vorsatzes im Urteil (US 8) hinweg.

Sein gegen die Konstatierung einer auf schwere Körperverletzung gerichteten Absicht zu Punkt VII. des Urteils (US 13) gerichtetes Vorbringen stellt sich seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach bloß als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Einen Begründungsmangel (Z 5) vermag der Beschwerdeführer in bezug auf die bekämpfte Feststellung gleichfalls nicht aufzuzeigen; vielmehr konnte das Erstgericht die Absicht des Täters sehr wohl aus der spezifischen Art und Weise der gegen die Augenregion des Opfers gerichteten, mit einem Messer verübten Tatbegehung ableiten (US 25).

Auch die gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB bei den Punkten IV. 2. und 3. des Urteils gerichtete Rüge läuft der Sache nach auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes hinaus. Im übrigen ist dem Erstgericht kein Begründungsfehler (Z 5) dadurch unterlaufen, daß es die Feststellung gewerbsmäßigen Handelns vor allem auf eine gegenüber Thomas Ra***** gemachte Äußerung des Angeklagten über die Notwendigkeit der Begehung von Straftaten zur Deckung des Lebensunterhaltes stützte (US 23 f).

Mit seinem auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gegründeten Vorbringen, daß die Voraussetzungen des Rückfalls nach § 39 StGB hinsichtlich der Verletzung seiner Unterhaltspflicht laut Punkt V. des Urteils nicht gegeben seien, macht der Beschwerdeführer der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend, weil die Verneinung des Rückfalls nur den Entfall der Qualifikation nach § 198 Abs 2 erster Fall StGB zur Folge hätte. Indes hat aber das Erstgericht die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 39 StGB zu Recht als gegeben angenommen, weil eine frühere Strafe nur dann außer Betracht zu bleiben hat, wenn seit ihrer Verbüßung bis zur folgenden Tat - und nicht zwischen den Verurteilungen, wie der Beschwerdeführer vermeint - mehr als fünf Jahre vergangen sind (§ 39 Abs 2 erster Satz StGB). Die zu 22 U 748/77 des Jugendgerichtshofes Wien über den Angeklagten wegen § 198 Abs 1 StGB verhängte, ursprünglich bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe wurde nach dem Widerruf der bedingten Strafnachsicht am 25. März 1983 vollzogen. Das dem Schuldausspruch des Jugendgerichtshofes zu 19 U 2/89 wegen § 198 Abs 1 StGB zu Grunde liegende Tatverhalten begann am 1. Juli 1981 und endete (mit Unterbrechungen) am 21. Dezember 1988. Der Angeklage hat daher auch die Qualifikation nach § 198 Abs 2 erster Fall StGB zu verantworten.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die fünfzehn Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen sowie die Wiederholung der gefährlichen Drohung und der Veruntreuung, als mildernd hingegen das Geständnis hinsichtlich der Verletzung der Unterhaltspflicht sowie den Umstand, daß es beim Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Sofern der Berufungswerber im Schuldspruchfaktum IV. 3. (betrügerische Herauslockung des Wohnmobils Mercedes) eine Schadensgutmachung durch Sicherstellung des Kraftfahrzeugs behauptet, kann dem nicht gefolgt werden. Seiner Ansicht zuwider läßt sich aus der Aussage der Zeugin Ulrike P***** in der Hauptverhandlung am 1. Juni 1995 (S 255/II) nicht entnehmen, daß das veruntreute Gut wieder zurückgebracht worden wäre, zumal die Zeugin aussagte, das Wohnmobil sei "weg" und sie wisse nicht, wo es sich befinde.

Wohl aber gelangte das veruntreute Kopiergerät (Faktum I. 3.) und der betrügerisch herausgelockte PKW Mercedes (Urteilsfaktum IV. 2.), dieser allerdings in beschädigtem Zustand, letztendlich - wenn auch ohne Zutun des Angeklagten - in den Besitz der jeweils berechtigten Personen, sodaß insofern objektive Schadensgutmachung vorliegt, die strafmildernd wirkt (Leukauf/Steininger aaO § 34 RN 23).

Da im Verfahren 3 e E Vr 11134/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über den Berufungswerber unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil im Verfahren 3 e E Vr 5246/81 desselben Gerichtes von der Verhängung einer Zusatzstrafe Abstand genommen wurde und Urteile, die im Zusammenhang der §§ 31 und 40 StGB stehen, als ein Urteil anzusehen sind, ist der Angeklagte im Recht, wenn er vorbringt, nur vierzehn und nicht fünfzehn Vorstrafen aufzuweisen. Dieser Umstand fällt aber bei der Strafbemessung nicht ins Gewicht.

Der reklamierte Milderungsgrund nach § 34 Z13 StGB in Ansehung des Faktums VII. wurde ohnedies angenommen (US 25).

Zu Recht wurden dem Berufungswerber aber auch die beiden in Deutschland erfolgten Vorabstrafungen wegen § 268 dStGB als erschwerend angelastet. Eine ausländische Verurteilung steht gemäß § 73 StGB einer inländischen gleich, wenn sie wegen einer Tat erfolgte, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist. Die Verfälschung von Tachographenscheiben ist nach österreichischem Recht gemäß § 293 StGB strafbar; diese Tathandlung beruht auf der gleichen schädlichen Neigung wie Betrug, tritt dadurch doch der Charaktermangel des Hangs zur Täuschung Dritter zutage (EvBl 1983/111). Die ausländischen Verurteilungen wurden daher zu Recht als erschwerend herangezogen.

Die verfahrensgegenständlichen Straftaten hat der Berufungswerber in den Jahren 1989, 1990, 1992, 1994 und 1995 begangen, seine letzten sechs Vorverurteilungen erfolgten in den Jahren 1989, 1985, 1982 und 1981. Demnach kann von einem langjährigen Wohlverhalten des Angeklagten, das dieser als mildernd für sich reklamiert, auch bei Nichtberücksichtigung der Abstrafung wegen § 198 Abs 1 StGB im Jahr 1989 keine Rede sein.

Die fünfzehn Verurteilungen des Berufungswerbers erfolgten durchwegs wegen strafbarer Handlungen, die noch dem Bereich der Klein- und Mittel-Kriminalität zuzuordnen sind. So gesehen sind diese Vorabstrafungen zwar nach der Zahl als erschwerend zu werten, sind aber dem Gewicht nach noch nicht von besonders einschneidender Bedeutung. Unter Abwägung der zum Vorteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründen vermeint daher der Oberste Gerichtshof, daß die von den Tatrichtern ausgemessene Strafe etwas überhöht ist. Vielmehr erscheint eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Jahren sowohl dem Verschulden des Täters als auch dem Unrechtsgehalt der von ihm zu verantwortenden strafbaren Handlungen angemessen.

Rechtssätze
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