JudikaturJustiz14Os22/22z

14Os22/22z – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. März 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen * C* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 dritter Fall, Abs 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * M* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Dezember 2021, GZ 71 Hv 92/21z 661, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden dieses Gerichts vom 4. Februar 2022 (ON 676) nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Fall OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten M* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * M* des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28 Abs 1 dritter Fall, Abs 2 und 3 SMG (B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im September 2020 in Graz als Mitglied einer aus im Urteil teilweise namentlich genannten Mitgliedern bestehenden kriminellen Vereinigung mit dem Vorsatz, dass das Suchtgift in Verkehr gesetzt werde, * A* dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 2.500 Gramm Kokain (1.724 Gramm Cocain Reinsubstanz), zu befördern, indem er diesen anwies, das Kokain aus der Wohnung eines Mitglieds der kriminellen Vereinigung in W* abzuholen und an einen noch näher zu bezeichnenden Ort zu verbringen, wofür er A*, der die Tat mit * C* ausführte, 15.000 Euro zusagte und bezahlte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 10 und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Weiters gab der Vorsitzende des Schöffengerichts einem Antrag des Angeklagten M* auf Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung mit Beschluss vom 4. Februar 2022 (ON 676) nicht Folge, wogegen dieser Angeklagte Beschwerde (ON 677) erhob.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider unterblieb die zeugenschaftliche Vernehmung des * H* mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten A* in Frage zu stellen (ON 660 S 20 f), zu Recht. Eine erhebliche (und damit beweisbedürftige) Tatsache wäre nur dann vorgelegen, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte ergeben hätten, dieser Mitangeklagte hätte in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt, was jedoch nicht der Fall war (RIS Justiz RS0120109 [T3 und T4]).

[5] Tatsachenfeststellungen können nur insoweit mit Mängelrüge angefochten werden, als sie (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage oder die Sanktionsbefugnisgrenze) entscheidend sind (RIS Justiz RS0117499). Dies trifft auf die Konstatierung, bis zu welchem Datum genau die kriminelle Vereinigung, welcher der Beschwerdeführer angehörte, Suchtgift über das Darknet verkaufte (vgl US 7 und 13), nicht zu, weshalb der dagegen erhobene Einwand eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) keiner inhaltlichen Antwort bedarf.

[6] Gleiches gilt für die Kritik (nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach Z 5 vierter Fall) an der Feststellung, ein „unbekannter Mann“ habe A* und C* das Kokain bei der Abholung aus der Wohnung eines Mitglieds der kriminellen Vereinigung übergeben (US 8).

[7] Die Annahme des Erstgerichts, * K* sei einerseits Hauptgesellschafter einer in geschäftlichem Kontakt mit dem Beschwerdeführer stehenden Gesellschaft gewesen, an welche beim Suchtgifthandel der kriminellen Vereinigung verwendete Transportboxen geliefert worden seien, und habe andererseits verschiedene EDV-Leistungen für diese Vereinigung erbracht (US 15), betrifft bloß einen von mehreren als erheblich beurteilten Umständen, welche (ohne je für sich notwendige Bedingung dafür zu sein) erst in der Gesamtschau zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen (über das Tätigwerden des Beschwerdeführers als Mitglied dieser kriminellen Vereinigung) führten. Solcherart ist auch sie einer Anfechtung mit Mängelrüge (hier: nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach Z 5 fünfter Fall) entzogen (RIS Justiz RS0116737).

[8] Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht mit ihrem Einwand, das Erstgericht habe sämtliche Feststellungen für eine Subsumtion der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat „iSd § 28a Abs 1 iVm Abs 2 Z 2 und 3 SMG“ (gemeint offenbar: § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG) getroffen, weshalb der Schuldspruch wegen des demgegenüber subsidiären Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel verfehlt sei, prozessordnungswidrig nicht von der Gesamtheit des Urteilssachverhalts aus (RIS Justiz RS0099810). Zwar enthält das Urteil (zutreffend) Konstatierungen zu einem erweiterten, auf (späteres) Inverkehrsetzen des beförderten Kokains gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers (US 9). Dass dieser A* konkret mit dem Überlassen dieses Suchtgifts beauftragt hätte, ist dem Urteilssachverhalt hingegen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht zu entnehmen. Im Übrigen wäre die Tat bei Zutreffen des Beschwerdeeinwandes mit Blick auf die weiteren Urteilsannahmen zum Wissen des Beschwerdeführers um die enorme (das 114 Fache der Grenzmenge betragende) Suchtgiftmenge (US 20) richtigerweise § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG zu subsumieren gewesen, weshalb sich das Vorbringen der Subsumtionsrüge als nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers erweist.

[9] Die weitere Kritik, es fehlten (hinsichtlich der Qualifikation nach § 28 Abs 3 SMG) Feststellungen zu einem „Gesamtwillen“ der kriminellen Vereinigung, entbehrt – ebenso wie die ins Treffen geführte Kommentarmeinung ( Schwaighofer in WK 2 SMG § 27 Rz 79) – einer methodengerechten Ableitung aus dem Gesetz (13 Os 47/21t; vgl [allgemein] RIS Justiz RS0118429).

[10] Weshalb es notwendig gewesen wäre, angesichts der konstatierten (vorsätzlichen) Beteiligung des Beschwerdeführers („als Mitglied“) an der kriminellen Vereinigung (deren Zweckausrichtung entsprechend [vgl US 6 f] durch die inkriminierte Tat (also durch Begehung eines Verbrechens nach dem SMG im Sinn des § 278 Abs 3 erster Fall StGB [vgl US 8 f]) weitere Feststellungen zu einer „Intention, die Vereinigung durch sein Handeln zu unterstützen“, zu treffen, erklärt die Rüge nicht (vgl 14 Os 134/21v).

[11] Die Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt (vgl US 7, wo genau dies dargestellt wird) verfehlt auch die Kritik, es fehlten Konstatierungen dazu, dass die Zweckausrichtung der gegenständlichen kriminellen Vereinigung auf Ausführungshandlungen ihrer Mitglieder als unmittelbare Täter gerichtet gewesen sei (vgl Plöchl in WK 2 StGB § 278 Rz 11).

[12] Die Heranziehung des Erschwerungsgrundes nach § 33 Abs 1 Z 4 StGB bedeutet hier entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) schon deshalb keine unrichtige Beurteilung für die Strafbemessung maßgebender entscheidender Tatsachen, weil der Beschwerdeführer A* zur Beförderung des Kokains bestimmte und dieser wiederum C* beizog (US 8), womit er jedenfalls Urheber einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung war. Zudem erlaubt der Urteilssachverhalt auch die Annahme einer führenden Rolle des Beschwerdeführers, weshalb der Erschwerungsgrund auch aus diesem Grund zu Recht angenommen wurde (vgl im Übrigen Ebner in WK 2 StGB § 33 Rz 16).

[13] Schließlich versagt auch der Einwand der weiteren Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall), das Erstgericht habe gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) verstoßen, weil es den (bereits durch den Strafsatz des § 28 Abs 3 SMG erfassten) Drogenhandel „durch arbeitsteilig agierende Tätergruppierungen“ im Rahmen der Strafbemessung erschwerend gewertet habe. Mit der kritisierten Formulierung (US 24) brachten die Tatrichter lediglich zum Ausdruck, dass sie die Verhängung der als schuldangemessen erachteten Strafe auch unter dem Aspekt der Generalprävention für geboten erachteten. Der geltend gemachte Verstoß liegt demnach nicht vor (RIS Justiz RS0090946 [T3]).

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[15] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[16] Die gegen die Nichtstattgebung (vgl Danek/Mann WK StPO § 270 Rz 54) des Protokollberichtigungsantrags gerichtete Beschwerde ist (ohne inhaltliche Erwiderung) durch die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde erledigt, weil sie sich nicht auf für deren Erfolg wesentliche Umstände bezieht (RIS Justiz RS0126057 [T5]).

[17] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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