JudikaturJustiz13Os77/02

13Os77/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Adamovic, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Raimund Z***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über 1) die Beschwerde des Angeklagten (§ 285b Abs 2 StPO) gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Schöffengerichtes des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Mai 2002, GZ 051 Hv 20008/01-34, sowie 2) die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Jänner 2002, GZ 051 Hv 20008/01-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss aufgehoben.

2. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Raimund Z***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (1.) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 (2.) StGB schuldig erkannt.

Nach dem allein bekämpften Schuldspruch 2. hat der Angeklagte - nach dem zuvor verübten Einbruchsdiebstahl gemäß Schuldspruch 1. - Iouri K***** und Eugerina M***** mit Gewalt, nämlich dadurch, dass er sie in ein Handgemenge verwickelte und dabei um sich schlug, zu einer Unterlassung, nämlich an seinem Festhalten und seiner Übergabe an die Polizei zu nötigen versucht.

Nachdem der Angeklagte unmittelbar nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe angemeldet hatte (S 157), beantragte er mit einem am 22. Jänner 2002 verfassten Schreiben an den Vorsitzenden des Schöffengerichtes (S 179) unter dem Betreff "zu AZ ... Nichtigkeit und Berufung gegen das Urteil ..." die Beistellung eines anderen Verteidigers für das weitere Verfahren.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24. Mai 2002, aus dessen Begründung die Rechtzeitigkeit der Eingabe im Sinne des § 284 Abs 1 erster Satz StPO offenkundig ist, hat der Vorsitzende diese Eingabe zwar als Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (und neuerliche Anmeldung der Berufung) angesehen, gemäß § 285a Z 1 StPO die (innerhalb der Frist des § 285 Abs 1 StPO ausgeführte - ON 32) Nichtigkeitsbeschwerde jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die bloße Anmeldung der Strafberufung einen Verzicht auf das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde inkludiere.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Wird nämlich zuerst nur Berufung angemeldet, kann daraus nicht der Verzicht auf Nichtigkeitsbeschwerde erschlossen werden; wie überhaupt die Anerkennung eines bloß schlüssigen Verzichts abzulehnen ist (Ratz in WK-StPO § 284 Rz 8).

Da es auch auf die Wortwahl bei der Anmeldung eines Rechtsmittels oder die Einhaltung einer besonderen Form nicht ankommt, sondern bloß darauf abzustellen ist, dass die Anmeldung deutlich und bestimmt erklärt werden muss (Ratz aaO Rz 7), ist vorliegend (und insoweit vermag der Oberste Gerichtshof die Ansicht der Generalprokuratur nicht zu teilen) in der genannten Eingabe eine Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde zu erkennen. Im betreffenden Schriftstück hat der Angeklagte durch die Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie "betreffend (auch) Nichtigkeit", zweifelsohne seinen Willen geoffenbart (auch), Nichtigkeitsbeschwerde ergreifen zu wollen. In Stattgebung der Beschwerde war daher der angefochtene Beschluss (ersatzlos) aufzuheben und somit auf die schon erstattete, § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde einzugehen. Sie ist indes nicht berechtigt.

Bei der Behauptung, die vom Erstgericht getroffene Feststellung eines bloßen Gerangels bzw Handgemenges erfülle nicht den objektiven Tatbestand des § 105 StGB, weil von einem Vorliegen der erforderlichen Gewalt nicht gesprochen werden könne, übersieht die Beschwerde nämlich die weitere Feststellung, dass bei dem Gerangel der Angeklagte um sich schlug und dabei K***** an der Hand verletzte (zum unterbliebenen gesonderten Schuldspruch sh Schwaighofer in WK2 § 105 Rz 100). Damit ist aber hinlänglich eine nicht unerhebliche Gewaltausübung durch den Angeklagten festgestellt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien für die Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Rechtssätze
5