JudikaturJustiz13Os52/82

13Os52/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführers in der Strafsache gegen Diethelm A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 11.September 1981, GZ. 30 Vr 516/81-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schima und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 3.März 1957 geborene Landwirt Diethelm A wurde des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB und des Vergehens der versuchten Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach §§ 15, 215 StGB schuldig erkannt. Darnach hatte er im Februar 1981 in Linz getrachtet, Christine B (zu 1) durch die Äußerungen, er werde ihr Gesicht verunstalten, er lasse sie von einem Bekannten umbringen und ihr Kind entführen, somit durch Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung, dem Tod und einer Entführung, zur Ausübung der Prostitution zu nötigen, und (zu 2) durch diese Äußerungen und die Erklärung, sie solle mit ihm nach Wien fahren, um bei einer Agentur die Prostitution auszuüben, der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In seiner Mängelrüge wendet sich der (die Bedrohung der Christine B ebenso wie eine Einwirkung, sie der Prostitution zuzuführen, bestreitende) Angeklagte gegen die (im wesentlichen auf die als glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin B gestützte) schöffengerichtliche Beweiswürdigung: denn weder mit der pauschalen Forderung, das Erstgericht habe 'alle Widersprüche der Zeugenaussage aufzuzeigen und darzulegen, aus welchen Erwägungen es ungeachtet der Widersprüche die Aussage seiner Entscheidung zugrundelegt' - was das Gesetz nicht verlangt (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO: ...... 'in gedrängter Darstellung' ......) - noch durch das Aufgreifen hier

unwesentlicher zeitlicher Ungenauigkeiten und Divergenzen in den (wiederholten) Schilderungen der Zeugin B über die Entwicklung ihrer Beziehung zum Angeklagten kann der angerufene Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht werden. Das Vorbringen, die Zeugin sei in ihren Angaben, der Angeklagte sei ihr als Zuhälter bekannt, er habe von einer Prostituierten namens 'Rosi' 4.000 S überwiesen erhalten, 'widerlegt', übersieht, daß sie damit nur von ihr für wahr gehaltene Erzählungen des Angeklagten wiedergibt (S. 16 und 83), und läuft damit ebenso auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus wie die Behauptung, die Zeugin habe 'geschlossene Perioden zuerst des Glücks und dann des Streits' geschildert (S. 80, 81). Im übrigen hat das Erstgericht 'kleinere Unstimmigkeiten' in den Angaben dieser Zeugin ohnedies bedacht (S. 81). Daß 'der Weg, auf dem das Gericht zu seinem Spruche gelangt .... verfolg- und überprüfbar bleiben' müsse, trifft in dieser Verallgemeinerung nicht zu:

die Gesamtheit aller jener Umstände, die dem Gericht die überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Zeugenaussage vermitteln, läßt sich nämlich gewiß nicht restlos analysieren und in Worte fassen. Aus dem Unterbleiben einer näheren Erörterung derartiger Umstände im Urteil kann daher ein formaler Begründungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) nicht abgeleitet werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) wendet sich gegen die Beurteilung der Tat (auch) als Vergehen der versuchten Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach §§ 15, 215 StGB, welches nur dann verwirklicht sei, wenn der Täter ein Hinwenden des Opfers zu dem im allgemeinen mit der Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution verbundenen asozialen Lebenswandel bewirke, wofür aber nach Meinung des Beschwerdeführers Feststellungen im Urteil fehlen. Auch die Rechtsrüge versagt.

Das Vergehen nach § 215 StGB begeht, wer eine Person der gewerbsmäßigen Unzucht zuführt. Unter Zuführen ist dabei jedes Tätigwerden zu verstehen, das darauf abzielt, eine andere Person zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution zu veranlassen. Der Täter muß dazu - wie auch in der Beschwerde zutreffend ausgeführt - eine besondere Mittlertätigkeit entfalten, durch die die gesamte Lebensführung seines Opfers auf die Ausübung der Prostitution ausgerichtet wird. Einer willensbeugenden Einwirkung auf das Opfer bedarf es allerdings nicht. Liegt sie jedoch vor, ist echte Konkurrenz mit § 105 Abs. 1 StGB möglich (SSt. 50/59, 11 Os 155/78). Nach den insoweit maßgebenden Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte wiederholt versucht, Christine B zur Ausübung der Prostitution zu überreden, wobei er deren Vermittlung an eine (ihm bekannte Wiener) Agentur, die Prostituierte zahlungsfähigen Kunden zuführe, in Aussicht stellte. Da sich B 'immer wieder weigerte', trachtete er, sie 'durch massive (dem Tatbestand der §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB genügende) Drohungen' umzustimmen (S. 78). Der Vorsatz des Angeklagten war demnach darauf gerichtet, Christine B aus ihrer gesicherten Position in Linz zu entfernen (S. 85) und in Wien an ein Bordell oder einen 'Callgirl-Ring' zu vermitteln, wodurch, wie das Erstgericht ausführte (S. 84), deren gesamte Lebensführung in jene einer Prostituierten umgewandelt werden sollte. Nur infolge der Weigerung der Christine B und ihrer Anzeigenerstattung ist es dazu aber nicht gekommen (S. 79), sodaß es beim Vergehen der versuchten Förderung gewerbsmäßiger Unzucht (§§ 15, 215 StGB) geblieben ist.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach den §§ 28, 106 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollziehung es gemäß § 43 Abs. 1

StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. In Bemessung dieser Strafe erachtete es als erschwerend die Verwirklichung zweier Delikte und den längeren Zeitraum der intensiven Einwirkung auf Christine B, mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten und, daß es in beiden Fällen beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Festsetzung der Strafe an der Untergrenze des Strafrahmens, ja sogar in deren Unterschreitung (§ 41 StGB), bzw. deren Umwandlung in eine Geldstrafe (§ 37 StGB).

Der Berufung bleibt ein Erfolg versagt:

Die Untergrenze des von sechs Monaten bis zu fünf Jahren eher weit

gespannten Strafrahmens des § 106 Abs. 1

StGB wurde nur unwesentlich überschritten. Da nach Lage des Falles von einem beträchtlichen überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe nicht gesprochen werden kann, was die Grundvoraussetzung für die reklamierte außerordentliche Strafmilderung bildet, und das Erstgericht, das einen unmittelbaren Eindruck von den Persönlichkeiten des Angeklagten und der Zeugin B gewinnen konnte, eine gegenüber der gesetzlichen Mindeststrafe etwas angehobene Sanktion für angemessen hielt, so findet dies, auch wenn sich der vom Erstgericht als länger beurteilte Tatzeitraum bloß auf den Monat Februar 1981 beschränkte, die Billigung des Obersten Gerichtshofs.

Bleibt es aber bei der Freiheitsstrafe von acht Monaten, so ist zufolge § 37 Abs. 1 StPO eine Umwandlung in eine Geldstrafe ausgeschlossen.