JudikaturJustiz13Os41/97

13Os41/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. April 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Ebner, Dr.Rouschal und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Marte als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander W***** und Andreas F***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Jugendschöffengericht vom 12. Dezember 1996, GZ 11 Vr 604/96-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, der Angeklagten Alexander W***** und Andreas F*****, der Verteidiger Dr.Pöltner und Dr.Bloder sowie der gesetzlichen Vertreter Aloisia W***** und Kurt F***** zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Andreas F***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Andreas F***** wird nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB in Anwendung der § 28 Abs 1 StGB, § 5 Z 4 JGG zur einer Freiheitsstrafe von 3 (drei) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Dem Angeklagten Andreas F***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Alexander W***** wird nicht Folge gegeben.

Hinsichtlich Andreas F***** wird die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die Strafneubemessung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 7.April 1982 geborene Alexander W***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten, teilweise gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 zweiter Satz zweiter Fall und 15 StGB (A), des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB (B), des Vergehens der gefährlichen Drohung als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (C) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (D) und der am 28.März 1981 geborene Andreas F***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten, teilweise gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 zweiter Satz zweiter Fall und 15 StGB (A) sowie des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB (B) schuldig erkannt.

Alexander W***** wurde nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Anwendung der § 28 Abs 1 StGB, § 5 Z 4 JGG zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, während bei Andreas F***** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 18.April 1996, AZ 7 Vr 899/95, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wurde.

Weiters wurde Alexander W***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 30.September 1996 und am 1.Oktober 1996 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Philipp H***** zwei unbekannt gebliebene ca zehnjährige Buben durch "gefährliche Drohung" unter Verwendung einer Waffe einen Schlüsselbund mit ca drei Anhängern mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem H***** die Buben mit einem ca 40 cm langen Metallrohr bedrohte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft bekämpft den (Teil )Freispruch des Angeklagten W***** mit einer auf Z 5 und die Anwendung der §§ 31, 40 StGB beim Angeklagten F***** mit einer auf Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Strafaussprüche ficht sie mit Berufung an.

Keine Berechtigung kommt der Mängelrüge (Z 5) zu, welche eine Erörterung der Verantwortung des Erstangeklagten zu dem ihm vorgeworfenen schweren Raub vermißt. Die Staatsanwaltschaft übersieht, daß sich der Angeklagte W***** in den - gemäß § 276 a StPO eine Einheit bildenden - Hauptverhandlungen vom 26.November 1995 und 12. Dezember 1996 nur hinsichtlich der äußeren Tatseite unterschiedlich verantwortete, einen deliktischen Vorsatz jedoch jeweils in Abrede stellte. Da die beiden Tatzeugen unbekannt geblieben sind und sich der abgesondert verfolgte Philipp H***** der Aussage entschlug, sah sich das Erstgericht außerstande, gesicherte Feststellungen zu treffen und erachtete die Verantwortung des Erstangeklagten, er habe mit den beiden Buben lediglich geredet, sei aber nicht damit einverstanden gewesen, daß Philipp H***** diese mit einem Eisenrohr bedrohte, als nicht widerlegt (US 14). Weil es den Nachweis deliktischen Vorsatzes verneinte, war es nicht dazu verhalten, die unterschiedlichen Angaben des Angeklagten W***** zum äußeren Tatgeschehen zu erörtern.

Hingegen ist die den Angeklagten F***** betreffende Strafzumessungsrüge (Z 11) im Recht. Eine Bedachtnahme auf ein früheres Urteil gemäß § 31 StGB ist nur vorgesehen, wenn die im neuen Urteil zur Aburteilung gelangende Straftat vor der Fällung des früheren Urteils, auf das Bedacht genommen werden soll, begangen wurde. Betrifft das neue Urteil mehrere Straftaten, so ist auf ein früheres Urteil nur dann Bedacht zu nehmen, wenn alle diese Straftaten vor der Fällung des früheren Urteils begangen worden sind. Maßgebend ist immer der Zeitpunkt der Fällung des früheren Urteils in erster Instanz (Leukauf-Steininger Komm3 § 31 RN 12). Vorliegend erging das frühere Urteil in erster Instanz am 18.April 1996, wogegen sämtliche zur Aburteilung gelangenden neuen Straftaten nach diesem Zeitpunkt begangen wurden, sodaß für die Anwendung des § 31 StGB und demzufolge auch für das Absehen von einer Zusatzstrafe gemäß § 40 StGB kein Platz war.

Weil das Erstgericht dennoch von einer Zusatzstrafe absah, hat es seine Strafbefugnis überschritten, sodaß der Strafausspruch an Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO leidet (Foregger-Kodek StPO6 § 281 Abs 1 Z 11 Erl V).

Bei der damit erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe kommen dem Angeklagten F***** seine vernachlässigte Erziehung, sein reumütiges Geständnis und der Umstand zugute, daß ein Teil der Diebstähle beim Versuch geblieben sind. Als erschwerend fallen ihm jedoch das Zusammentreffen eines - in mehrfachen Angriffen unternommenen (EvBl 1995/104 = RZ 1995/89) - Verbrechens mit einem Vergehen und der überaus rasche Rückfall zur Last.

Eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, die angesichts der vom Vollzug einer einjährigen Freiheitsstrafe zu erwartenden erzieherischen Wirkung (§ 53 JGG) für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden kann, entspricht der in den Taten zum Ausdruck gekommenen Schuld des Angeklagten F***** und der Anordnung des § 5 Z 1 JGG.

Der Berufung hinsichtlich des Angeklagten W***** kommt Berechtigung nicht zu:

Hat auch das Erstgericht die Wiederholung der Diebstähle nicht als erschwerend gewertet und den raschen Rückfall nach der Verurteilung vom 26.September 1996 bei der Strafbemessung außer acht gelassen, entspricht doch das gefundene Strafmaß angesichts der ansonsten vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe der personalen Täterschuld dieses Angeklagten und die Gewährung bedingter Strafnachsicht dem Inhalt des Berichtes eines Erziehers, wonach das Verhalten des Angeklagten W***** "nun ordentlich" sei und "der Schulbetrieb sehr gut funktioniere".

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens ist in § 390 a StPO begründet.