JudikaturJustiz13Os169/99

13Os169/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz G***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB sowie anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe sowie die privatrechtlichen Ansprüche des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Steyr vom 11. Oktober 1999, GZ 11 Vr 167/99-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Schroll und des Verteidigers Dr. Rogler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden (und auch einen rechtskräftig gewordenen Freispruch beinhaltenden) Urteil wurde Franz G***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (1.) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 erster Fall a.F StGB (2.) sowie der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (3.) und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (4.) schuldig erkannt, weil er

im Sommer 1993 in Kleinraming

(zu 1.) mit der am 9. Juni 1981 geborenen Bettina S***** den Beischlaf unternahm, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der Unmündigen, nämlich schwerwiegende psychische Schäden in Form einer immer wiederkehrenden reaktiven Depression mit suizidalem Impuls, zur Folge hatte;

(zu 2.) die am 10. November 1979 geborene, unmündige Daniela S***** dadurch, dass er sie unter der Kleidung im Brust- und Genitalbereich betastete und einen Finger in ihre Scheide einführte, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbrauchte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der Unmündigen, nämlich schwerwiegende psychische Schäden in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung mit deutlichen Zeichen der Borderline-Störung sowie im Sinne einer mittelschweren depressiven Episode mit somatischen Symptomen sowie einer latenten suizidalen Einengung, zur Folge hatte;

(zu 3.) durch die zu 1. geschilderte Tathandlung als Großvater der Bettina S*****, also mit einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person den Beischlaf vollzog;

(zu 4.) durch die zu 1. und 2. geschilderten Tathandlungen als Großvater und Aufsichtsperson der Bettina S***** und der Daniela S***** unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber seiner Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht unterstehenden minderjährigen Personen diese zur Unzucht missbrauchte.

Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage 1 zum Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (zum Nachteil der Bettina S*****) und die Hauptfrage 3 zum Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 a.F StGB (zum Nachteil der Daniela S*****) sowie die (uneigentlichen) Zusatzfragen 2 und 4 zum Vorliegen der diese Grundtatbestände betreffenden Qualifikationen des § 206 Abs 3 erster Fall StGB und des § 207 Abs 2 erster Fall a.F. StGB jeweils stimmeneinhellig.

Einstimmig bejaht wurden auch die Hauptfragen 5 nach dem idealkonkurrierend (zum Nachteil der Bettina S*****) begangenen Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB und die Hauptfrage 6 nach den (jeweils real- und idealkonkurrierend zum Nachteil von Bettina und Daniela S*****) begangenen Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB, während die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 ("und Zusatzfrage 2") bei gleichzeitiger Verneinung der Zusatzfrage 4 gestellten Zusatzfragen 4a und 6a nach der Verjährung des (zum Nachteil der Daniela S***** begangenen) Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1

a. F StGB und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (nominell "Hauptfrage 3" bzw Hauptfrage 6 zu 3" betreffend Daniela S*****) von den Geschworenen folgerichtig unbeantwortet gelassen wurden.

Dagegen richtet sich die auf die Z 6, 8, 9, 10, 10a, 12 und (inhaltlich auch) 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch unbegründet ist.

Rechtliche Beurteilung

Ausgehend von der in der Lehre und Rechtsprechung bisher nicht ausdrücklich in Frage gestellten Ansicht (vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 19, Foregger/Fabrizy StGB7 Rz 3, Mayerhofer StGB5 E 7; vgl aber Foregger in WK2 § 57 Rz 4), dass (echt) ideal konkurrierende strafbare Handlungen in Bezug auf die Verjährung voneinander unabhängig zu beurteilen seien, moniert die Fragenstellungsrüge (Z 6) das Unterbleiben von Zusatzfragen gemäß § 313 StPO nach der Verjährung des zum Nachteil der Bettina S***** begangenen Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (Hauptfrage 5) und der zum Nachteil von Bettina und Daniela S***** begangenen Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (Hauptfrage 6).

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu - im Sinne einer Anregung der Generalprokuratur - erwogen:

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 57 StGB verjähren nicht strafbare Handlungen (als rechtliche Kategorie), welche durch eine Tat (ein tatsächliches, historisches Geschehen) begründet werden (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), vielmehr die Strafbarkeit der Tat (Ratz in WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 1 und 74).

Das geht bereits grammatikalisch unmissverständlich aus der Überschrift zu § 57 StGB ,Verjährung der Strafbarkeit" hervor, weil eine rechtliche Kategorie (strafbare Handlung) nicht strafbar sein kann. Bezugspunkt der rechtlichen Wertung ,strafbar" oder ,nicht strafbar" kann immer nur ein historisches Geschehen, eine Tat, sein. So spricht denn auch der Text des § 57 Abs 2 StGB ausdrücklich von der Strafbarkeit von Taten und § 57 Abs 3 StGB von der Strafbarkeit von Handlungen (demnach Taten, nicht ,strafbaren Handlungen"), welche ihrerseits mit bestimmten Strafen bedroht sind. Im ersten Satz des § 57 Abs 1 StGB wird solcherart auf die Begehung einer strafbaren Handlung, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, abgestellt, wogegen § 58 StGB ohnehin konsequent stets auf ein historisches Geschehen abhebt (,Tätigkeit" in Abs 1, ,Begehen" der strafbaren Handlung und ,Tat" in Abs 2).

Die wenigen (s SSt 59/29; vgl jedoch EvBl 1989/140) auf die Rechtslage nach Einführung des StGB ergangenen gegenteiligen, auf SSt 1/6 und damit die frühere nach den (anderen) Grundsätzen des StG (s Dokumentation zum StGB § 59 RV), gegründeten Entscheidungen stellen zwar eine einheitliche (§ 8 Abs 1 Z 2 OGHG), aber noch nicht als ständig anzusehende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dar (§ 8 Abs 1 Z 1 OGHG), weswegen die Ablehnung nur teilweiser Verjährung einer Tat nach Maßgabe der dadurch begründeten strafbaren Handlungen nicht einem verstärkten Senat vorbehalten ist.

Die weitwendig ausgeführte Instruktionsrüge (Z 8) vermisst zu der auf die Herbeiführung der Tatfolge des § 207 Abs 2 erster Fall a.F. StGB betreffend Daniela S***** abstellenden Zusatzfrage 4 eine - auf erfolgsqualifizierte Delikte des § 7 Abs 2 StGB zugeschnittene - Belehrung über Kausalität, Adäquanz- und Risikozusammenhang als Kriterien der objektiven Erfolgszurechnung, sowie eine solche über die fahrlässige Schuld, über die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit. Im Unterbleiben solcher Ausführungen erblickt die Beschwerde eine die Geschworenen irreführende Unvollständigkeit der gemäß § 321 StPO zu erteilenden Rechtsbelehrung, übergeht aber insoweit die für Laien durchaus verständlichen und daher unbedenklichen (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 43) Ausführungen in der Rechtsbelehrung zum Fragenkreis der Kausalität im Allgemeinen (Allgemeiner Teil Kapitel E = S 7), zum Adäquanzzusammenhang, zum Fahrlässigkeitsbegriff bei erfolgsqualifizierten Delikten, zur Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit sowie zur Fahrlässigkeitsschuld (Besonderer Teil, zur Zusatzfrage 2 = S 15 bis S 17, und zur Zusatzfrage 4 unter Verweis auf die Rechtsbelehrung zur Zusatzfrage 2 = S 19).

Eine darüber hinausgehende rechtliche Erläuterung des Risikozusammenhanges als Bestandteil der objektiven Zurechenbarkeit des Erfolges (hier der an sich schweren Gesundheitsschädigung nach § 84 Abs 1 StGB) konnte entgegen dem insoweit unsubstantiiert gebliebenen Beschwerdevorbringen unterbleiben, weil die Verfahrensumstände nicht auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Überprüfung hinweisen (15 Os 73/93, 12 Os 135/94; Mayerhofer aaO Z 8 E 28 a bis 28 c). Der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang hervorgehobene Schutzzweck des § 207 Abs 2 erster Fall a.F. StGB liegt gerade in der Hintanhaltung von schweren Körperverletzungen, demnach auch in der Verhinderung einer Schädigung der Psyche bei potentiellen Misbrauchsopfern. Nach der Aktenlage gibt es keine Hinweise auf Verfahrensergebnisse, wonach die in der Zusatzfrage 4 dargestellten Tatfolgen als Resultat eines zur Tathandlung nachträglich hinzutretenden und schuldhaften eigenen bzw fremden Fehlverhaltens anzusehen wären, welches den Risikozusammenhang ausschließen könnte (vgl Kienapfel AT8 Z 27 RN 11 ff). Die von der Beschwerde vermissten Erörterungen darüber, ob eine solche psychische Schädigung schon bei einem einmaligen Missbrauch auftreten konnte oder ob diese Folgen auch durch einen von Daniela S***** kurz vor der Untersuchung durch den psychiatrischen Sachverständigen erlittenen Verlust der Leibesfrucht (S 99, 117, 141, 268, 283 f) mitverursacht werden konnten, betreffen hingegen nicht zur Rechtsbelehrung gehörige, teilweise gar nicht entscheidungsrelevante Tatfragen (vgl S 280 f, 284).

Wenn die Instruktionsrüge schließlich die Rechtsbelehrung zu den Zusatzfragen 4 a und 6 a nach Verjährung zweier den Inhalt der Hauptfragen 3 und 6 darstellenden Delikte unter bestimmten Voraussetzungen als unrichtig und irreführend bekämpft, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Zusatzfrage durch Bejahung der Hauptfrage 1 und der Zusatzfrage 4 in Einklang mit den diesbezüglich im Ergebnis jedenfalls richtigen Instruktionen gar nicht aktuell wurden. Da es der Beschwerdeführer verabsäumte, darzulegen, inwiefern die behauptete Unrichtigkeit dieser Rechtsbelehrung auf die Beantwortung der Hauptfragen 1, 3, 5 und 6 sowie der Zusatzfragen 2 und 4 ausgewirkt haben sollte, lässt er auch hier eine prozessordnungsgemäße Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO vermissen (14 Os 94/98, 14 Os 156/98).

Die auf die Z 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Rüge geht gleichfalls ins Leere, weil sie sich über die klare und widerspruchsfreie Beantwortung der Fragen 1 bis 6 hinwegsetzt und Undeutlichkeiten dieses Wahrspruches allein aus vermeintlichen (ohnehin nicht vorhandenen: die in den - gemäß § 331 Abs 3 StPO kurz zu fassenden - Erwägungen zu den Hauptfragen 1 und 3 ua angeführten "Aussagen des Angeklagten" sind ersichtlich wegen der ihnen innewohnenden Divergenzen als diesen selbst belastend gewertet worden) inneren Widersprüchen der Niederschrift (Erwägungen zu den Hauptfragen 1 und 3 abzuleiten trachtet (vgl Foregger/Kodek MKK StPO7 § 345 Abs 1 Anm zu Z 9).

Das Unterbleiben eines Auftrages des Schwurgerichtshofes an die Geschworenen zur Verbesserung des Wahrspruches ist hingegen im Rahmen der auf Z 10 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Beschwerde nicht anfechtbar, weil von den Geschworenen kein bei der Abstimmung unterlaufenes Missverständnis behauptet wurde. Die Unterlassung eines Verbesserungsauftrages in Anbetracht der in der Nichtigkeitsbeschwerde schon zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO behaupteten Differenzen zwischen Niederschrift und Wahrspruch steht dagegen nicht unter der Nichtigkeitssanktion der Z 10 (Mayerhofer aaO Z 10 E 2 und 3). Da es der Beschwerdeführer wiederum verabsäumte, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung des Moniturverfahrens fallbezogen anzuführen, erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde auch in diesem Punkt als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Die Tatsachenrüge ((Z 10a) vermag keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im einstimmigen Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Die Nichtigkeitsbeschwerde erschöpft sich vielmehr in der bloßen Bekämpfung der den Laienrichtern obliegenden Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, indem sie unter Verweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers und auf einige aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen des Opfers anzweifelt, ob es überhaupt zu einem Geschlechtsverkehr mit Bettina S***** gekommen sei, oder die Glaubwürdigkeit der Daniela S***** an Hand von hier nicht relevanten Vorfällen bei der Beendigung ihres Lehrverhältnisses zu erschüttern trachtet und aus einem angeblich jedermann frei einsichtigen und zugänglichen Tatort auf die "Unwahrscheinlichkeit" der Tatbegehung schließt.

Die von den Geschworenen in der Niederschrift zu den Hauptfragen 1 und 3 deponierten Erwägungen sind entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die durch den Wahrspruch getroffenen Feststellungen zweifelhaft erscheinen zu lassen.

Gleiches gilt für die durch die einstimmige Beantwortung der Zusatzfragen 2 und 4 getroffenen Feststellungen der bei Bettina S***** und bei Daniela S***** eingetretenen schwerwiegenden psychischen Schäden. Die Nichtigkeitsbeschwerde hebt beweiswürdigend lediglich einzelne Passagen aus dem schriftlich und mündlich erstatteten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen isoliert hervor, ohne den gesamten Inhalt des schriftlichen und mündlichen Gutachtens im Kontext "das bei beiden Opfern einen Kausalzusammenhang zwischen Tat und den angeführten Folgen bejaht (etwa S 141, S 171 ff) bzw aus fachlicher Sicht "ganz sicher nicht ausschließen" kann (vgl S 280 ff), zu berücksichtigen.

Die Tatsachenrüge vermag aber auch insoweit keine erheblichen Bedenken aufzuzeigen, als sie im Zusammenhang mit der durch Bejahung der Hauptfragen 1 und 3 erfolgten Tatzeitenfeststellung mit jeweils:

"im Sommer 1993" einen über die schon dargestellte Verjährungsproblematik hinausgehenden erheblichen Aufklärungsmängel zu erkennen vermeint und dabei bloße Spekulationen über eine mögliche Tatzeit 1994 anstellt, die - ungeachtet des auch die am 9. Juni 1981 geborene Bettina S***** betreffenden Beschwerdevorbringens - nur bei der am 10. November 1979 geborenen Daniela S***** schuldrelevant wäre. Dass Daniela S***** nach sechs Jahren als mittlerweile 19-Jährige bei ihren formellen, auf die genaue Tatzeit Wert legenden Vernehmungen unmittelbar durch das Gericht in der Lage war, diese einem konkreten Jahr und Quartal zuzuordnen, ist nämlich keineswegs lebensfremd. Konkrete Zweifel an der Tatzeit "im Sommer 1993" werden auch nicht durch die Verantwortung des Beschwerdeführers und insbesondere nicht durch die Angaben der Bettina S*****, die bezüglich des an ihr vollzogenen Beischlafes unabhängig von ihrer Schwester konsequent den Sommer 1993 als Tatzeit(-raum) nennt, erweckt. Die durch die Geschworenen getroffene zeitliche Festlegung der Straftaten ist daher unbedenklich, die Tatsachenrüge erweist sich insgesamt als unbegründet.

Die Subsumtionsrüge (Z 12) behauptet in Abweichung von den Feststellungen des Wahrspruches zu den Zusatzfragen 2 und 4 neuerlich (siehe dazu oben zur Instruktions- und zur Tatsachenrüge) das Nichtvorliegen eines Kausalzusammenhanges zwischen den sexuellen Übergriffen und den bei beiden Opfern eingetretenen an sich schweren Gesundheitsschädigungen, weshalb es an einer prozessordnungsgemäßen Ausführung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes mangelt.

Schließlich ist die im Rahmen der Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe ausgeführte, einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot geltend machende Strafbemessungsrüge (Z 13) nicht im Recht. Die von den Geschworenen bei beiden Opfern als Tatfolgen festgestellten Gesundheitsschädigungen sind an sich schwer (§ 84 Abs 1 StGB); das mehrjährige Fortwirken dieser Folgen geht über deren bloße Herbeiführung weit hinaus und ist daher grundsätzlich als besonderer Erschwerungsgrund berücksichtigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 206 Abs 3 StGB nF unter Bedachtnahme auf § 28 (zu ergänzen: und unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 3 StGB) eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art und die besonders lange Dauer der Tatfolgen sowie die teilweise Tatbegehung gegenüber weiteren Opfern, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel sowie den Umstand, dass die Taten schon vor längerer Zeit begangen wurden und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafausmaßes, in eventu die teilbedingte Strafnachsicht an, ist damit aber nicht im Recht.

Das Geschworenengericht hat die Strafbemessungsgründe im Wesentlichen richtig und vollständig angeführt, zutreffend gewichtet und ohnedies unter Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung eine Freiheitsstrafe verhängt, die dem Unrechtsgehalt der Taten und deren sozialen Störwert durchaus gerecht wird, demnach einer Herabsetzung nicht zugänglich ist. Eine weitergehende Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung durch Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht (§ 41 Abs 3 StGB, Mayerhofer StGB5 § 41 Rz 8b) verbietet sich fallbezogen schon aus generalpräventiven Erwägungen.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche kommt ebenfalls keine Berechtigung zu.

Soweit vorgebracht wird, der Angeklagte sei zu den Ansprüchen nicht vernommen worden, ist zu erwidern, dass dem Gebot der Vernehmung des Angeklagten dadurch Genüge getan wird, dass der Verteidiger zum geltend gemachten privatrechtlichen Anspruch (auch erst im Schlussvortrag) Stellung nimmt und der Angeklagte dieser Prozesshandlung nicht widerspricht (Mayerhofer StPO4 § 365 E 19a, 21a).

Dem weiteren Berufungsvorbringen, die Ursächlichkeit der Schädigung sei mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S***** nicht ausreichend begründbar, steht der Inhalt des Schuldspruchs entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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