JudikaturJustiz13Os145/80

13Os145/80 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 1980

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissner als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A und Roman B wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1 und 2

Z. 1, 129 Z. 1 StGB. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 21.März 1980, GZ. 1 a Vr 10322/79-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, und der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Morent zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem freisprechenden Teil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Rudolf A und Roman B sind schuldig, in der Nacht zum 21.Dezember 1979 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) unbekannt gebliebenen Besitzern von Personenkraftwagen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert durch Einbruch in die Fahrzeuge mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen getrachtet zu haben, indem sie aus der Menge der in der Underreingasse abgestellten Personenkraftwagen unter Mitführen von Einbruchswerkzeug nach einem Fahrzeug mit darin zurückgelassenem Geld suchten.

Hiedurch haben sie das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1

und 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB. begangen und werden hiefür nach dem § 129 StGB. unter Anwendung des § 37 StGB. je zu einer Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen zu je 35 (fünfunddreißig) Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 90 (neunzig) Tagen, sowie gemäß § 389 StPO. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 StGB. wird beiden Angeklagten die Vorhaft vom 21.Dezember 1979, 1 Uhr 30, bis 21.März 1979, 10 Uhr 30, auf die Strafe angerechnet.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Rudolf A, geboren am 11.März 1960, und Roman B, geboren am 12.März 1953, von der Anklage, sie hätten in der Nacht zum 21.Dezember 1979 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte PKW-Besitzern Bargeld bzw. Wertsachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert durch Einbruch in deren Personenkraftwagen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung wegzunehmen versucht, indem sie aus einer Anzahl der in der Underreingasse abgestellten Autos unter Mitführen von Einbruchswerkzeugen nach einem Wertsachen bergenden Fahrzeug suchten, gemäß dem § '129' Z. 3 StPO.

(gemeint: § 259 Z. 3 StPO.) freigesprochen.

Das Erstgericht stellte zu diesem Freispruch folgenden wesentlichen

Sachverhalt fest:

Die beiden Angeklagten, die sich wegen Arbeitslosigkeit in Geldschwierigkeiten befanden, kamen am Abend des 20.Dezember 1979 überein, in den in der Umgebung ihrer Unterkunft im Wiener 14. Gemeindebezirk gelegenen Straßenzügen geparkte Kraftfahrzeuge, in denen sie Bargeld vermuteten, aufzubrechen. Mit einem Schraubenzieher, den Roman B von einem Bekannten ausgeborgt hatte, und einer ca. 50 cm langen Drahtschlinge ausgerüstet, verließen sie gegen 20 Uhr ihre Unterkunft und hielten im Bereich der Breitenseerstraße nach einem für ihr Vorhaben geeigneten Personenkraftwagen Ausschau. Da sie jedoch in diesem Straßenzug kein Fahrzeug vorfanden, in dem sich eine Hand- oder Aktentasche, in der sie Bargeld wähnten, befand, kehrten sie in ihr Quartier zurück. Einige Zeit später hielten sie im Bereich Zehetnergasse-Linzerstraße nach einem ihren Vorstellungen entsprechenden Fahrzeug Ausschau; sie waren jedoch neuerlich erfolglos und begaben sich abermals in ihre Unterkunft. Knapp nach Mitternacht schließlich gingen die Angeklagten in die Ameisbachzeile, von wo sie in die Underreingasse einbogen, in welcher sie erneut nach einem Personenkraftwagen suchten, in dem eine Hand- oder Aktentasche, in der sie Bargeld vermuteten, zurückgelassen worden war. Während sie zwischen den in der Underreingasse geparkten Autos umhergingen, wurden die Angeklagten von der Besatzung eines Polizeistreifenwagens beobachtet und festgenommen.

Von den Polizeibeamten konnten, während sie die Angeklagten im Bereich der Underreingasse beobachteten, keine Wahrnehmungen gemacht werden, denen zufolge sich die Angeklagten an einem Fahrzeug zu schaffen machten.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß sich in einem der in der Underreingasse abgestellten Fahrzeuge eine Handtasche oder Aktentasche befand.

In rechtlicher Hinsicht wertete das Erstgericht ausgehend davon, daß der Tatplan der Angeklagten auf die Verübung eines Einbruchsdiebstahls nur in solche Personenkraftwagen, in denen sie eine - vermutlich Bargeld enthaltende - Tasche sahen, gerichtet gewesen war und sich unter den im Bereich des Tatortes geparkten Fahrzeugen kein den konkreten Vorstellungen der Angeklagten entsprechendes befunden hatte, deren Verhalten als der örtlichen und zeitlichen Ausführungsnähe entbehrende straflose Vorbereitungshandlungen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Rechtsansicht wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt. Gemäß § 15 Abs 2 StGB. ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen (oder einen anderen dazu zu bestimmen), durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt.

Die demnach für die Abgrenzung des strafbaren Versuchs zur noch straflosen Vorbereitungshandlung wesentliche Ausführungsnähe enthält sowohl subjektive als auch objektive Komponenten. Subjektiv ausführungsnah ist das Verhalten eines Täters, wenn es nach seinen Zielvorstellungen der Tatausführung unmittelbar vorgelagert ist, er die entscheidende Hemmstufe vor dieser bereits überwunden hat und seinen auf Vollendung der Tat gerichteten Entschluß in unmittelbarer Folge oder doch alsbald, also (auch) in zeitlicher Nähe, zu verwirklichen gedenkt. Nur aber auch objektiv bereits im unmittelbhren Vorfeld der Tatbildverwirklichung gelegene, dieser nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich sowie deliktstypisch nahe Verhaltensweisen sind als Versuch strafbar.

Wenn nun das Erstgericht im vorliegenden Fall die subjektive und objektive Ausführungsnähe schon deshalb verneinte, weil am Tatort kein den Vorstellungen der Angeklagten entsprechendes, also ein solches Fahrzeug abgestellt war, in welchem eine nach ihrer Meinung das Vorhandensein von Bargeld indizierende Tasche vorhanden war, so verwechselt es die Kriterien der (objektiven und subjektiven) Ausführungsnähe (§ 15 Abs 2 StGB.) mit jenen der Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB.).

Subjektiv und objektiv ausführungsnah war nämlich das festgestellte Verhalten der Angeklagten, weil sie die entscheidende Hemmstufe vor der Tat bereits überwunden hatten und in einer für den Einbruchsdiebstahl typischen Weise, nämlich unter Mitnahme von entsprechendem Werkzeug, Fahrzeuge nach dem Vorhandensein einer Tasche, in welcher sie Geld vermuteten, auskundschafteten und zur sofortigen Tatausführung im Falle des Auffindens eines solchen Personenkraftwagens entschlossen waren. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß das Verhalten der Angeklagten sowohl räumlich als auch deliktstypisch in direkter sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht des Einbruchsdiebstahls stand als auch nach dem Tatplan diesem zeitlich und örtlich nahe war und nicht bloß ein aktions- und zeitmäßig von der beabsichtigten Tatbildverwirklichung getrenntes bloßes Erkunden einer Tatgelegenheit darstellte, worin allein eine noch straflose Vorbereitungshandlung zu erblicken wäre (vgl. hiezu Leukauf-Steininger2, RN. 16 bis 18 zu § 15 StGB.).

Entscheidend ist nun, ob die bereits ausführungsnahe und daher in das strafbare Versuchsstadium gerückte Tat deshalb straflos bleibt, weil deren Vollendung (hier: wegen Untauglichkeit des Objekts) absolut unmöglich war (§ 15 Abs 3 StGB.).

In diesem Belange erfaßt die Straflosigkeitsregelung des Gesetzes jene Fälle, in denen an dem Objekt, gegen das sich die Handlung richtet, die pönalisierte Rechtsgutverletzung oder -gefährdung, losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, unter keinen Umständen (niemals) eintreten kann, das angegriffene Objekt somit für die Herbeiführung des tatbildmäßigen Erfolgs - abstrakt - ungeeignet ist. Bei Anlegung eines derart abstrahierenden und generalisierenden Maßstabs kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, daß die Tat objektiv unter keinen Umständen hätte vollendet werden können, also geradezu denkunmöglich gewesen wäre. Dies umso weniger, als bei dem in die Tauglichkeitsprüfung einzubeziehenden, von den Tätern beabsichtigten weiteren Verhalten, nämlich der Fortsetzung des Ausforschens von abgestellten Fahrzeugen, die ihren Erwartungen entsprachen, zwecks sofortiger Verübung eines Einbruchsdiebstahls ein zielführender Versuch unter günstigen Voraussetzungen nach allgemeiner Erfahrung keineswegs ausgeschlossen werden kann (vgl. dazu Leukauf-Steininger2 RN. 36 zu § 15 StGB.).

Der vorliegende Versuch, der nur infolge des wegen der konkreten Tatumstände mangelnden Vorhandenseins von

- an sich existierenden - Geldbeträgen jener Personen, in deren Kraftfahrzeugen die Angeklagten (von außen) Nachschau gehalten hatten und gegen die ihr beabsichtigter Angriff jeweils auch schon gerichtet gewesen war, sowie wegen der Dazwischenkunft der Polizeistreife gescheitert ist, erweist sich rechtsrichtig als bloß relativ untauglich und daher strafbar.

Aus den dargelegten Gründen war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das im übrigen, nämlich bezüglich des Verfolgungsvorbehalts, unberührt bleibende Urteil in seinem freisprechenden Teil aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst mit einem anklagekonformen Schuldspruch vorzugehen.

Bei der Strafbemessung erachtete der Oberste Gerichtshof als erschwerend: die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und die zweifache Deliktsqualifikation, hingegen als mildernd das - von A ausdrücklich abgelegte, bei B dem Inhalt seiner Verantwortung nach anzunehmende - Geständnis und den Umstand, daß die Tat nur bis ins Versuchsstadium gediehen war.

Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) gelangte der Oberste Gerichtshof zur Ansicht, daß mit einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten das Auslangen gefunden werden kann und weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen die Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe sprechen (§ 37 Abs 1 StGB.). Darnach erschienen 180 Tagessätze als gerechte Ahndung der Tat bei beiden Rechtsbrechern.

Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der beiden Angeklagten ergab sich ein Tagessatz von 35 S als angemessen (§ 19 Abs 2 StGB.). Der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe beruht auf der Vorschrift des § 19 Abs 3 StGB.

Rechtssätze
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