JudikaturJustiz13Os107/16h

13Os107/16h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Edmir G***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Sachwalters des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 5. August 2016, GZ 12 Hv 58/16z 33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Edmir G***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich paranoider Schizophrenie, beruht, andere gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

(1) am 16. Juli 2015 seinen damaligen Sachwalter Dr. Josef H***** durch Drohung mit dem Tod sowie

(2) am 23. Juli 2015 Nedzmina Ha***** und Polizeibeamte durch Drohung mit dem Tod, Erstere überdies mittels Drohung mit einer Gefährdung durch Sprengmittel,

und dadurch mehrere Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a sowie „9 und 10“ des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Sachwalters des Betroffenen geht fehl.

Die angefochtene Entscheidung erging im zweiten Rechtsgang, nachdem das in dieser Strafsache gefällte Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 19. November 2015 (ON 35 in ON 25) mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 18. Mai 2016 (ON 46 in ON 25) zur Gänze aufgehoben worden war.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) eine Auseinandersetzung mit dem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil verlangt, verkennt sie, dass dieses durch die Aufhebung seine Wirksamkeit verloren hat (vgl Ratz , WK StPO § 293 Rz 3) und solcherart gerade nicht Gegenstand von Erörterungen im zweiten Rechtsgang sein kann.

Die angesprochenen Aussagen der Zeugen F*****, Ga***** und Dr. H***** erörterte (Z 5 zweiter Fall) das Erstgericht sehr wohl (US 7).

Die vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Drohungen findet sich auf den US 7 f.

In Bezug auf die Erkenntnisquellen der Gefährlichkeitsprognose (Person und Zustand des Rechtsbrechers sowie Art der Tat [§ 21 Abs 1 StGB]) liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO nur dann vor, wenn das Erstgericht zu wenigstens einer dieser Erkenntnisquellen keine Feststellungen getroffen hat oder die Schlussfolgerung aus den gesetzlich angeordneten Erkenntnisquellen als willkürlich erscheint (13 Os 73/06v, SSt 2006/60; RIS Justiz RS0113980 [insbesondere T2, T3, T7 und T9]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 715–718).

Die Konstatierungen zur Person und zum Zustand des Beschwerdeführers finden sich auf der US 3, jene zur Art der Anlasstaten auf den US 3 f. Willkür in der diesbezüglichen Schlussfolgerung (US 5) wird nicht behauptet.

Eine Anfechtung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO steht nur in Verbindung mit dem ersten Fall, nicht jedoch mit dem – hier angesprochenen – zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (13 Os 179/03, SSt 2004/13; RIS Justiz RS0118581; Ratz , WK StPO § 281 Rz 669).

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a wird bloß nominell herangezogen.

Soweit das unter der Überschrift „Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 9 und 10 StPO“ erstattete Vorbringen einem der gesetzlich normierten Nichtigkeitsgründe zuordenbar ist, sei entgegnet:

Der Einwand fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 9 lit a) orientiert sich nicht am Urteilssachverhalt (US 4 f) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS Justiz RS0099810).

Die Ableitung dieser Feststellungen anhand verschränkter Betrachtung des objektiven Tatgeschehens (hiezu RIS Justiz RS0098671 und RS0116882) und der Depositionen des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren (US 9) ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Die Behauptung der Sanktionsrüge (Z 11), die Prognosetaten seien verfehlt als solche mit schweren Folgen beurteilt worden (Z 11 zweiter Fall), entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung.

Mit dem Einwand, die vorbeugende Maßnahme sei zu Unrecht nicht bedingt nachgesehen worden, wird bloß ein Berufungsvorbringen erstattet (RIS Justiz RS0100032 [insbesondere T2]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Rechtssätze
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