JudikaturJustiz12Os19/18p

12Os19/18p – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Matthias K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Hannes G***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Jugendschöffengericht vom 18. Dezember 2017, GZ 11 Hv 119/17d 17, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass werden

das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch I./ und demzufolge in den Strafaussprüchen sowie

die unter einem gefassten Beschlüsse auf Anordnung von Bewährungshilfe und auf Erteilung einer Weisung

aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte Hannes G***** auf die Aufhebung verwiesen.

Dem Genannten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Matthias K***** und Hannes G***** jeweils des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach haben sie

I./ am 13. Juli 2017 in H***** versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem sie eine unmittelbar neben der Kleingartenhütte des Zvonimir M***** befindliche Bank mit Benzin übergossen und anzündeten, wobei es lediglich aufgrund der zufälligen Beobachtung durch zwei in der Nähe befindliche Polizeibeamte und die von diesen sofort durchgeführte Löschung des Brandes beim Versuch blieb;

II./ am 23. Juli 2017 in K***** nachgenannte fremde Sachen beschädigt (II./2./ bis 4./) oder unbrauchbar gemacht (II./1./), wobei sie einen 5.000 Euro nicht übersteigenden Gesamtschaden von zumindest 4.119,50 Euro herbeiführten und die Sachbeschädigung teils an einem wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur (§ 74 Abs 1 Z 11 StGB) begingen (Faktum II./1./), und zwar

1./ elf Feuerlöscher im Eigentum der E***** GesmbH, indem sie sich in die Tiefgarage des Einkaufszentrums begaben und die dort befindlichen Feuerlöscher entleerten (Schaden: 660 Euro);

2./ durch die zu II./1./ genannte Tat einen Bereich der Tiefgarage sowie einen Kassenautomaten, indem sie die Gegenstände mit Löschpulver verunreinigten „(Schaden: 1.195 Euro Reinigungskosten, sowie 1.024,50 Euro für den ausgelösten Feuerwehreinsatz, gesamt sohin 2.219,50 Euro)“;

3./ durch die zu II./1./ genannte Tat sowie dadurch, dass sie gegen den rechten Seitenspiegel des Fahrzeugs schlugen oder traten und eine Delle links hinten in das Blech schlugen, den PKW der Szilvia W*****, wobei der PKW auch zur Gänze mit Löschpulver verunreinigt wurde, sodass die Beleuchtung des Fahrzeugs defekt wurde (Schaden: zumindest 140 Euro);

4./ durch die zu II./1./ genannte Tat sowie dadurch, dass sie den linken Seitenspiegel des Fahrzeugs abrissen, den Lack an der linken Seite des Hecks zerkratzten und eine Felge beschädigten, den PKW der Astrid P*****, wobei der PKW auch zur Gänze mit Löschpulver verunreinigt wurde (Schaden: zumindest 1.100 Euro).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, Z 5, Z „9a“ und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hannes G*****.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch II./ strebt mit der Behauptung fehlender Feststellungen dazu, welche Bestandteile als wesentliche Bestandteile einer kritischen Infrastruktur anzusehen seien, den Entfall der Qualifikation des § 126 Abs 1 Z 5 StGB an. Sie übergeht jedoch die Feststellungen, wonach die Angeklagten insgesamt elf Feuerlöscher in einer Tiefgarage entleerten (US 6 iVm US 9), und leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb diese Konstatierungen eine Subsumtion unter § 126 Abs 1 Z 5 StGB nicht tragen sollten (vgl dazu

Jerabek/Reindl-Krauskopf/Ropper/Schroll in WK 2 StGB § 74 Rz 60/27). Solcherart verfehlt sie die prozessordnungsgemäße Ausführung des geltend gemachten materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0099775, RS0116565).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher, im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Zutreffend zeigt die Beschwerde (formal gestützt auf Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) auf, dass die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Nichtigkeitswerbers zu Schuldspruch I./ die Subsumtion nach § 169 Abs 1 StGB nicht zu tragen vermögen.

Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestands der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB in subjektiver Hinsicht ist, dass sich der Vorsatz des Täters auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale, somit auch auf die erforderliche Gemeingefährlichkeit des Feuers bezieht ( Muschetz in WK² § 169 Rz 8, 11 und 14; Kienapfel/Schmoller StudB BT III² §§ 169 bis 170 Rz 39 und 43; Schwaighofer PK StGB § 169 Rz 10; RIS Justiz RS0094899 [insbesondere T3], RS0094805 [T1], RS0105885, RS0094944) und sich solcherart auf die (zumindest abstrakte) Gefährdung von Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, also) unbestimmten Zahl von Menschen oder auf eine konkrete Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß erstreckt ( Kienapfel/Schmoller StudB BT III² §§ 169 bis 170 Rz 11; RIS-Justiz RS0094944 [T9, T10 und T11]; 13 Os 93/15y mwN und Auseinandersetzung mit teilweise abweichenden Literaturmeinungen).

Die Urteilsfeststellungen, wonach die Angeklagten mit dem zumindest bedingten Vorsatz handelten, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen und es dabei ernstlich für möglich hielten, es in Kauf nahmen und sich damit abfanden, an eben dieser fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen (US 5), decken zwar die Vorsätzlichkeit des Brandlegungsakts im engeren Sinn. Sie vermögen aber die Annahme des subjektiven Unrechtselements in Ansehung von Art und Umfang des entfesselten Schadenfeuers im Sinn des Tatbestandserfordernisses einer Feuersbrunst und solcherart die Subsumtion der Tat weder unter §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB noch unter §§ 125 ff StGB zu tragen (vgl 14 Os 14/17s, 12 Os 43/17s je mwN).

Da – wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme darlegt – bereits dieser Rechtsfehler die Aufhebung des Schuldspruchs I./ in Ansehung des Beschwerdeführers erfordert, erübrigt sich das Eingehen auf die weiteren dagegen gerichteten Beschwerdeeinwände.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, erneut in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, dass der Schuldspruch I./ auch in Ansehung des Angeklagten Matthias K***** an dem aufgezeigten Rechtsfehler mangels Feststellungen leidet, aus welchem Grund dieser Schuldspruch auch zum Genannten schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).

Daraus folgte die Aufhebung der Strafaussprüche sowie der verfehlt in die Urteilsausfertigung aufgenommenen (US 3; vgl RIS-Justiz RS0101841, RS0120887) Beschlüsse auf Anordnung von Bewährungshilfe hinsichtlich beider Angeklagter und auf Erteilung einer Weisung an Matthias K*****.

Auf diese Entscheidung war der Nichtigkeitswerber mit seiner Berufung und seiner impliziten Beschwerde zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anzumerken bleibt, dass für die Schadensberechnung nur der unmittelbar an der Sache selbst entstandene Schaden maßgebend ist, während ein mittelbarer Schaden nicht einzuberechnen ist (vgl Kienapfel/Schmoller , BT II 2 § 126 Rz 27 f; Leukauf/Steininger/Messner , StGB 4 § 126 Rz 32). Die Berücksichtigung der Kosten des Feuerwehreinsatzes als Schaden zu Schuldspruch II./2./ (US 2 iVm US 9), ist somit schon im Ansatz rechtlich verfehlt. Da jedoch offenkundig ausgehend von dem im Urteilstenor – abweichend von den Entscheidungsgründen (vgl US 6: „EUR 5.348,97“) – angeführten Gesamtschaden von 4.119,50 Euro (US 2) ein Überschreiten der Wertgrenze des § 126 Abs 1 Z 7 StGB nicht angenommen wurde, resultiert daraus für die Angeklagten kein Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO.

Rechtssätze
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