JudikaturJustiz12Os182/11y

12Os182/11y – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. April 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Michel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Christina Wohlmuth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ulas S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, Z 2 und Z 3, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Milan Z***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Jugendschöffengericht vom 16. September 2010, GZ 46 Hv 82/09w 263, sowie die Beschwerde dieses Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, betreffend den Angeklagten Kadir P***** im Schuldspruch A./II./1./a./, in der dazu gebildeten Subsumtionseinheit und im Strafausspruch ebenso wie der hinsichtlich dieses Angeklagten nach § 50 StGB gefasste Beschluss aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde des Milan Z***** werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Milan Z***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderem Kadir P***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall, 15 StGB (A./II./1./a./, b./, i./, k./, o./, p./ und 2./h./) und Milan Z***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2 (richtig: Z 3; vgl US 3, 10 f, 22 und 34 zu A./II./1./c./dd./), 130 vierter Fall und 15 StGB (A./II./1./c./, d./aa./, h./, j./, A./II./2./a./, f./ und g./) sowie „mehrfach“ des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV./1./) schuldig erkannt.

Danach hat Milan Z*****, soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung,

A./II./ fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

1./ weggenommen, und zwar

c./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Volkan D***** als Mittäter

cc./ in der Nacht zum 15. Dezember 2008 in E***** Marta B***** den PKW der Marke Renault Laguna mit dem polizeilichen Kennzeichen W***** im Wert von circa 3.000 Euro, indem sie das Kraftfahrzeug auf unbekannte Weise öffneten;

dd./ am 1. Jänner 2009 in N***** Roland H***** einen Quad im Wert von 500 Euro, indem sie die „Sperrvorrichtung“ (vgl US 22) aufbrachen;

2./ wegzunehmen versucht, und zwar

f./ zwischen 31. Dezember 2008 und 2. Jänner 2009 in W***** Engelbert St***** den PKW der Marke VW Polo mit dem polizeilichen Kennzeichen W***** in nicht mehr feststellbarem Wert, indem er das Schloss der Fahrertür abdrehte und die „Sperrvorrichtung“ aufbrach;

g./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Ulas S*****, Alen Pe***** und dem abgesondert verfolgten Volkan D***** als Mittäter am 26. Dezember 2008 in N***** Christoph R***** einen PKW der Marke VW Golf mit dem polizeilichen Kennzeichen E***** in nicht mehr feststellbarem Wert, indem sie die Fahrzeugtüre und die „Sperrvorrichtung“ aufbrachen.

Kadir P***** wurde zu A./II./1./a./ angelastet, er habe am 10. November 2008 in E***** Johanna J***** die Kennzeichentafeln E***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Milan Z***** hinsichtlich der Schuldsprüche A./II./1./c./cc./, dd./, 2./f./ und g./ mit einer nominell auf Z 10, inhaltlich auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt.

Mit Kritik an Feststellungen nämlich zur Intention auf Zueignung und unrechtmäßige Bereicherung sowie „zur Einbruchsqualifikation“ wird kein Subsumtionsfehler (Z 10) angesprochen. Die Prozessordnung erfordert dazu den Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 581; RIS Justiz RS0099810).

Soweit der Angeklagte Konstatierungen über eine § 129 StGB entsprechende Willensausrichtung zu A./II./1./c./cc./ rügt (Z 5 dritter und vierter Fall), bezieht er sich nicht auf entscheidende Tatsachen: Die Subsumtionseinheit nach § 29 StGB bleibt vom Vorbringen unberührt (RIS Justiz RS0120980).

Der aus äußeren Umständen gezogene Schluss auf einen Zueignungs- und Bereicherungswillen zu A./II./1./c./cc./, A./II./1./c./dd./ und A./II./2./f./ (US 33, 43 f, 57 f, 65) ist durchaus rechtsstaatlich vertretbar (RIS Justiz RS0116882).

Mit dem Einwand, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten, wird keine Nichtigkeit nach Z 5 angesprochen (RIS Justiz RS0099455).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Dieses ist übrigens an die im Schuldspruch IV./1./ betreffend Milan Z***** (US 15) zum Ausdruck gebrachte von ihm selbst nicht kritisierte irrige Annahme von „mehrfachen“ Vergehen nach § 229 Abs 1 StGB durch Unterdrückung (bloß) eines Führerscheins (US 12 und 35) nicht gebunden (vgl Ratz , WK StPO § 290 Rz 27a und § 295 Rz 15).

Zur amtswegigen Maßnahme:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milan Z***** überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem Urteil hinsichtlich Kadir P*****, der selbst kein Rechtsmittel ergriffen hat, zu A./II./1./a./ ein von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) aufzugreifender Rechtsfehler anhaftet (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO). Denn durch ein in der Wegnahme bestehendes Unterdrücken von Kennzeichentafeln (§ 49 KFG) wird Diebstahl mangels objektiven Wertes derselben nicht begründet (RIS Justiz RS0126372). Zu einem Unterdrückungsvorsatz (§ 229 Abs 1 StGB) wurden keine Konstatierungen getroffen.

Daher waren durchwegs nur den Angeklagten P***** betreffend das Urteil im Schuldspruch A./II./1./a./ und demzufolge in der Subsumtionseinheit nach § 29 StGB sowie im Strafausspruch und der hinsichtlich dieses Angeklagten gefasste Beschluss (§ 50 StGB) aufzuheben.

Die Subsumtionseinheit nach § 29 StGB ist im zweiten Rechtsgang neu zu bilden (RIS Justiz RS0116734).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Milan Z***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Die Kosten des amtswegigen Vorgehens sind davon nicht erfasst.

Rechtssätze
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