JudikaturJustiz12Os12/15d

12Os12/15d – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus R***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Fahrudin B*****, Manfred L***** und Simon E***** sowie über die Berufung des Angeklagten Rudolf S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 7. Juli 2014, GZ 37 Hv 153/13x 683b, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Fahrudin B*****, Manfred L***** und Simon E***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden und auch weitere Angeklagte betreffenden, Urteil wurden soweit vorliegend von Bedeutung Fahrudin B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (A./), Manfred L***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (B./1./) und nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B./2./) und Simon E***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 und 3 SMG schuldig erkannt.

Danach haben (soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung) vorschriftswidrig

A./ Fahrudin B***** in S***** und an anderen Orten von 2012 bis 10. Juni 2013 teils in einverständlichem Zusammenwirken mit Nihad Re*****, teils indem er diesen zur Ausführung der strafbaren Handlung bestimmte, Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 4.350 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 70 % (3.045 Gramm Reinsubstanz), gewerbsmäßig und als Mitglied einer unter anderem auch aus Nihad Re***** bestehenden kriminellen Vereinigung, Friedrich A***** überlassen, wobei er schon einmal, nämlich vom Amtsgericht Kleve, wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;

B./ Manfred L*****

1./ von 2012 bis 17. Juni 2013 in I***** und an anderen Orten Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 300 Gramm Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt von 15 % (45 Gramm Reinsubstanz) und 35 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 60 % (21 Gramm Reinsubstanz) gewerbsmäßig an unbekannte Abnehmer überlassen, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;

2./ am 9. April 2013 in einverständlichem Zusammenwirken mit Rudolf S***** Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 7.400 Gramm Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt von 15 % (1.110 Gramm Reinsubstanz) aus der Schweiz aus und nach Österreich eingeführt.

Rechtliche Beurteilung

Der Urteilstenor gibt zunächst Anlass zur Bemerkung, dass sich dieser auf die bloße Wiedergabe des Wahrspruchs der Geschworenen beschränkt, aber die entscheidenden Tatsachen entgegen § 260 Abs 1 Z 1 StPO - nicht referiert (vgl RIS Justiz RS0098359). Die dadurch bewirkte Nichtigkeit aus Z 4 des § 345 Abs 1 StPO iVm § 260 Abs 1 StPO ( Philipp , WK StPO § 341 Rz 3) wird von den Beschwerdeführern jedoch nicht geltend gemacht; sie ist auch kein Gegenstand amtswegigen Vorgehens (§ 344 StPO iVm § 290 Abs 1 StPO).

Gegen das Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden, die Fahrudin B***** auf Z 6 und 9 und Manfred L***** auf Z 8 und 10a, jeweils des § 345 Abs 1 StPO, stützen. Die von Simon E***** angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde blieb unausgeführt. Diese Rechtsmittel verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Simon E*****

Simon E***** hat auf die Ausführung der von ihm angemeldeten (ON 685) Nichtigkeitsbeschwerde ausdrücklich verzichtet (ON 762 S 2). Einer solchen Erklärung kann zwar die Zurückziehung des Rechtsmittels nicht entnommen werden (vgl RIS Justiz RS0099939). Die Nichtigkeitsbeschwerde war aber im Hinblick darauf zurückzuweisen, dass auch bei deren Anmeldung Nichtigkeit bewirkende Umstände nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§§ 344,  285d Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fahrudin B*****

Die „Präambel“ zur Beschwerde lässt einen Bezugspunkt zu den Anfechtungskategorien des § 345 Abs 1 StPO nicht erkennen.

Inwieweit die in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein sollen, geht aus dem Rechtsmittelvorbringen nicht hervor. Die Fragenrüge (Z 6) entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung (vgl RIS Justiz RS0119417, RS0122944).

Aus Z 9 des § 345 Abs 1 StPO bemängelt der Beschwerdeführer, dass der ihn betreffende Wahrspruch nicht mit jenem des Friedrich A***** (der in einem getrennt zur selben AZ geführten Verfahren des Landesgerichts Salzburg ergangen war; ON 713b) in Einklang zu bringen sei. Während Fahrudin B***** das im Zeitraum 2012 bis „11.“ (richtig: 10.) Juni 2013 erfolgte Überlassen von 4.350 Gramm Kokain an Friedrich A***** angelastet worden sei, hätten die Geschworenen Letzterem nur den mit dem Vorsatz des Inverkehrsetzens verbundenen Besitz von 2.000 Gramm Kokain am 11. Juni 2013 zur Last gelegt.

Weshalb die Antwort der Geschworenen „in sich“ widersprechend sein soll, erklärt das Rechtsmittel solcherart nicht. Denn aus dem Vergleich mit sonstigen Beweisergebnissen (hier: eines anderen Beweisverfahrens) kann der beanspruchte Nichtigkeitsgrund nicht abgeleitet werden (RIS Justiz RS0101020 [T6]; RS0100945 [T2]).

Bleibt im Übrigen anzumerken, dass das Rechtsmittelvorbringen schon angesichts unterschiedlicher Tatzeiten und des Friedrich A***** angelasteten erweitert vorsätzlichen (solcherart nicht zwangsläufig mit der Abnahme vom Lieferanten einher gehenden) Besitzes auch inhaltlich unzutreffend wäre.

Welche Zielrichtung der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen verfolgt, der im Wahrspruch als weiteres Mitglied der kriminellen Vereinigung genannte Mitangeklagte Nihad Re***** habe mit der Fahrudin B***** betreffenden Vorverurteilung durch das Amtsgericht Kleve nichts zu tun, ist nicht auszumachen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Manfred L*****

Die Behauptung (Z 8), die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung habe sich „nicht bzw nicht ausreichend mit der Differenzierung der Reinheitsgehalte bzw Reinsubstanzen der in der Anklage angeführten Suchtmittel auseinandergesetzt“, verfehlt den Anfechtungsrahmen einer Instruktionsrüge, nämlich den Vergleich der tatsächlich erteilten

Rechtsbelehrung mit ihrem nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichen Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS Justiz RS0119549, RS0119071).

Der auf Z 6 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Einwand, der in der Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) enthaltene Hinweis auf das Geständnis des Angeklagten treffe in Bezug auf die in § 28 Abs 4 Z 3 SMG genannte Menge nicht zu, geht unter beiden Nichtigkeitsaspekten ins Leere. Denn aus der Niederschrift der Geschworenen kann eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung (Z 6) nicht abgeleitet werden (RIS Justiz RS0100947). Ebensowenig lassen sich daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen entwickeln, weil die Niederschrift nicht im Sinn des § 345 Abs 1 Z 10a StPO zu „den Akten“ zählt (RIS Justiz RS0115549).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i, StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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