JudikaturJustiz11Os29/18a

11Os29/18a – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mehmet K***** und Yasar C***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mehmet K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend beide Angeklagte gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 2017, GZ 45 Hv 140/17m 72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das sonst unberührt bleibt, in den Mehmet K***** und Yasar C***** betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Konfiskationserkenntnisses und der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Mehmet K***** und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung verwiesen.

Dem Angeklagten Mehmet K***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Angeklagten Yasar C***** (wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG) enthaltenden – Urteil wurde Mehmet K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen Juni 2017 und 24. August 2017 einen nicht ausgeforschten Dritten bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge im Wege des Yasar C***** aus den Niederlanden aus und nach Österreich einzuführen, indem er die Lieferung von 498,8 Gramm Kokain brutto (beinhaltend 53,7 % Cocain), 1.794,2 Gramm Heroin brutto (beinhaltend 30,6 % Heroin, 1,92 % Acetylcodein und 0,3 % Monoacetylmorphin) und 311,4 Gramm Heroin brutto (beinhaltend 43,59 % Heroin, 2,6 % Acetylcodein und 1,93 % Monoacetylmorphin) bei dem nicht ausgeforschten Dritten anforderte, der dieses Suchtgift dem Yasar C***** in den Niederlanden übergab, der es sodann am 24. August 2017 nach Österreich transportierte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mehmet K*****.

Die Strafzumessungsrüge reklamiert zutreffend einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil das Erstgericht bei der Strafbemessung die „Gefährlichkeit von Suchtgiftdelikten im Allgemeinen“ und die „Gefährlichkeit von Heroin und Kokain im Besonderen“ veranschlagt und (auch) daraus das Erfordernis der Verhängung empfindlicher Freiheitsstrafen – nämlich von sechs Jahren bei Mehmet K***** und von vier Jahren bei Yasar C***** – abgeleitet hat (US 10).

Da der Gesetzgeber der dem Handel und sonstigem Umgang mit Suchtgiften innewohnenden Gefährlichkeit bereits durch die aus §§ 27 bis 28a SMG ersichtlichen Strafdrohungen Rechnung getragen hat und das von einzelnen Suchtgiften ausgehende unterschiedliche Gefährdungspotenzial durch § 1 der Suchtgift-Grenzmengenverordnung iVm § 28b SMG berücksichtigt wird, verstößt die pauschale aggravierende Bewertung der Gefährlichkeit von Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz bei der Strafbemessung gegen das in § 32 Abs 2 erster Satz StGB verankerte Doppelverwertungsverbot (vgl RIS Justiz RS0102874 [T2]).

Die im Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot gelegene materiell rechtliche Nichtigkeit (Z 11 zweiter Fall) haftet auch dem Strafausspruch betreffend Y asar C***** an, der kein Rechtsmittel ergriffen hat.

Dies führte – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur auch hinsichtlich des Erfordernisses weiterer Erhebungen zum Vorleben des Mehmet K***** vor Entscheidung der Sanktionsfrage – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (vgl Ratz , WK StPO § 285i Rz 4 f) zur Aufhebung des jeweiligen Ausspruchs der Freiheitsstrafe einschließlich der jeweiligen Vorhaftanrechnung (§ 285e StPO – hinsichtlich Y asar C***** iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO; vgl Ratz , WK StPO § 285i Rz 6), womit sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt.

Zugleich wurde der – ein im Alleineigentum des Y asar C***** stehendes Fahrzeug (US 5, 10) betreffende (und bei der Strafbemessung veranschlagte – US 10) – Konfiskationsausspruch aufgehoben (§ 289 StPO; zur Anwendung dieser Bestimmung auch im Fall amtswegiger Kassation vgl RIS Justiz RS0120632 [T4]; zur Trennbarkeit der Konfiskation vom Ausspruch anderer Sanktionen vgl RIS Justiz RS0130618, RS0130619).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Da der Schuldspruch bestehen blieb, hat Mehmet K***** ungeachtet des Erfolgs seines Rechtsmittels Kostenersatz zu leisten ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 7). Der von der amtswegigen Maßnahme betroffene Yasar C***** ist nicht kostenersatzpflichtig ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12).

Rechtssätze
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