JudikaturJustiz10Ob2033/96k

10Ob2033/96k – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Mai 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer, Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer und Dr. Danzl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wieder die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Josef W. Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 15. November 1995, GZ 41 R 567/95 16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8. Juni 1995, GZ 30 C 842/94m 11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie lauten:

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die links vom Spitalseingang in *****gelegenen Lebensmittelgeschäft- und Buffeträumlichkeiten im Ausmaß von rund 72 m2 zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 29.789,20 bestimmten Kosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 4.518,20 USt und S 2.680, - Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft *****, und führt in einem darauf errichteten Gebäude das *****Spital. Am 16.10.1986 schlossen die Klägerin und der Rechtsvorgänger der Beklagten einen Bestandvertrag mit folgendem wesentlichem Inhalt:

§ 1 Die Bestandgeberin gibt dem Bestandnehmer die im ***** der Stadt W***** zum Zwecke eines Lebensmittelgeschäftes und Buffets bestimmten Räumlichkeiten in Bestand. Diese befinden sich im links vom Spitalseingang in *****, befindlichen Gebäude (Gesamtausmaß 72,52 m2). Die Bestandgabe erfolgt, um dem Bestandnehmer die Führung eines Lebensmittelgeschäftes und Buffets, wobei bei der Auswahl der angebotenen Waren auf die Bedürfnisse der Patienten des *****Spitales der Stadt W*****sowie der dort beschäftigten Bediensteten Rücksicht zu nehmen ist, zu ermöglichen. Für den allfälligen Vertrieb von Tabakwaren ist vom Bestandnehmer bei der Tabakmonopolverwaltung eine entsprechende Bewilligung zu erwerben. Die Ausschank von alkoholischen Getränken ist ausnahmslos untersagt. Der Verkauf von alkoholischen Getränken in geschlossener Form ist jedoch nur im Geschäftsraum und nicht auf den Stationen des *****Spitales der Stadt W***** gestattet.

§ 2 Der Bestandvertrag wird mit Wirkung ab 1.12.1986 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von jedem der beiden Vertragsteile jeweils zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines jeden Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten mittels eingeschriebenen Briefes aufgekündigt werden.

§ 3 Der Bestandzins beträgt 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer (derzeit 10 %) vom Bruttoumsatz, mindestens jedoch S 7.000, - plus Mehrwertsteuer monatlich ...Als Bruttoumsatz werden die gesamten Einnahmen betrachtet, welche der Bestandnehmer im Rahmen seines Geschäftsbetriebes erzielt. Von diesem Bruttoumsatz darf der Bestandnehmer nur die darauf entfallende Mehrwertsteuer, die Gefrorenensteuer, die Getränkesteuer und die Alkoholsteuer in Abzug bringen ... Es wird ausdrücklich Wertbeständigkeit der Leistung vereinbart ...

§ 4 Der Bestandnehmer hat zur Sicherstellung aller aus dem Vertrag sich ergebenden Verbindlichkeiten bis spätestens 1.12.1986 eine Kaution in der Höhe von S 50.000, - ... zu erlegen.

§ 5 Der Bestandnehmer hat den Betrieb ohne Unterbrechungen, insbesondere auch im Falle von Urlaub und Krankheit zu führen. Sollte trotzdem eine Sperre des Betriebes notwendig werden, ist hiefür vorher um die Genehmigung durch die Anstaltsverwaltung zu ersuchen und diese Absicht auch mindestens zwei Wochen vorher beim Geschäftseingang kundzumachen. Die Öffnungszeiten sind den Erforderungen der Patienten, der Besucher und des Anstaltspersonals anzupassen und einvernehmlich mit der Anstaltsleitung festzusetzen. Weiters hat der Bestandnehmer die Pflicht, täglich die Stationen mit gängigen Artikeln, welcher die Patienten bedürfen, zu versorgen. Eine Preisliste dieser gängigen Artikel ist jeweils der Anstaltsleitung vorzulegen. Desgleichen sind Änderungen der Anstaltsleitung zu melden.

§ 6 Über sämtliche Einnahmen sind zweckentsprechende Aufzeichnungen zu führen, sodaß es der Bestandgeberin ... jederzeit möglich ist, die gesamten Einnahmen des Bestandnehmers vollständig und ohne Schwierigkeiten zu überprüfen ...

§ 7 Außer dem vorstehend vereinbarten Bestandzins hat der Bestandnehmer der Bestandgeberin den durch ihren Betrieb verursachten Strom , Wasser , Warmwasserverbrauch und die Heizkosten zu ersetzen. Die entsprechenden Beträge werden von der Anstaltsverwaltung ermittelt.

§ 8 Die entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung der dem Bestandnehmer zukommenden Rechte an dritte Personen ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Bestandgeberin unzulässig.

§ 9 Die Kosten der Errichtung, Einrichtung und Erhaltung der Räumlichkeiten sowie allfällige Kosten der Herstellung von zusätzlichen Anschlüssen von Strom, Wasser und Abflußleitungen wie alle im Zusammenhang mit der Betriebsaufnahme und dem Betrieb selbst erwachsenen öffentlich rechtlichen Verpflichtungen trägt der Bestandnehmer ...

§ 10 Den Organen des *****Spitals der Stadt W*****, sowie Organen der Stadt W***** ist auf Verlangen der Zutritt zum Bestandobjekt zu gestatten ...

§ 11 Vor Eröffnung des Betriebes sind die zu seiner Führung erforderlichen Gewerbeberechtigungen nachzuweisen ...

§ 12 Die Festsetzung der Preise und deren Bekanntmachung hat den behördlichen Vorschriften gemäß zu erfolgen ...

§ 13 Alle mit der Betriebsführung in Verbindung stehenden Kosten und Aufwendungen sowie alle darauf entstehenden Ansprüche Dritter sind vom Bestandnehmer zu tragen.

§ 14 Die Magistratsabteilung 17 ist berechtigt, bei Nichteinhaltung der in diesem Vertrag festgesetzten Bestimmungen und insbesondere in den nachstehend angeführten Fällen diesen Vertrag sofort aufzulösen, wenn:

a) der Bestandnehmer den Betrieb des Geschäftes während der Vertragsdauer ohne vorherige Einwilligung seitens der Magistratsabteilung 17 durch mehr als 14 Tage einstellt ...Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Bestandnehmer das Bestandobjekt binnen 14 Tagen zu räumen und in gesäubertem Zustand zu übergeben.

§ 15 Bauliche Veränderungen sowie die Herstellung von zusätzlichen Anschlüssen von Strom, Wasser und Abflußleitungen dürfen erst nach Einholung der ausdrücklichen Zustimmung der Bestandgeberin vorgenommen werden ..."

Zur Begründung der vorliegenden Räumungsklage brachte die Klägerin vor, sie habe entsprechend der im Bestandvertrag getroffenen Vereinbarungen das Pachtverhältnis zum 1.10.1993 außergerichtlich aufgekündigt. Diese Aufkündigung sei der Beklagten auch zugegangen, sie verweigere jedoch die Übergabe des Bestandobjektes und benütze dieses auch noch nach Ablauf der Bestandzeit.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der gegenständliche Bestandvertrag sei aufgrund seiner inhaltlichen Ausgestaltung kein Pachtvertrag, sondern ein Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten, der den Kündigungsbestimmungen des MRG unterliege. Es sei nämlich lediglich ein Warteraum in Bestand gegeben worden, der sich in einem äußerst desolaten Zustand befunden habe und von der Beklagten erst mit eigenen Mitteln umgebaut und adaptiert worden sei, während die Klägerin keinerlei Betriebsmittel zur Verfügung gestellt habe. Mangels gerichtlicher Aufkündigung sei das Bestandverhältnis nach wie vor aufrecht. Überdies habe die Klägerin im Jahr 1991 auf die Geltendmachung der in § 2 des Bestandvertrages vereinbarten Kündigung ausdrücklich verzichtet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Das in Bestand gegebenen Gebäude war bis zur Übergabe an die Beklagte als Wartehaus für Gäste, Besucher, Personal des Krankenhauses und andere Personen für die nahegelegene Bushaltestelle und den nahegelegenen Taxistandplatz verwendet worden und konnte lediglich über die K***** betreten werden. Ein direktes Betreten des Gebäudes von der Liegenschaft der Klägerin bzw dem Krankenhausareal war nicht möglich. Das Gebäude wurde der Beklagten ohne jegliche Einrichtungsgegenstände übergeben. Nach Übernahme des Objekts ließ die Beklagte auf eigene Kosten diverse Umbau- und Adaptierungsarbeiten durchführen. Sie ließ ein Fenster zumauern und schuf dafür an einer anderen Stelle einen neuen Fensterdurchbruch und einen Türdurchbruch sodaß das Gebäude nunmehr auch vom Krankenhausareal direkt betreten werden konnte. An der gegenüberliegenden Front ließ sie den vorhandenen Türdurchbruch in ein Fenster umwandeln, an einer anderen Stelle ließ sie einen Türdurchbruch sowie ein weiteres Fenster schaffen. Darüberhinaus ließ sie aufgrund bestehender baulicher Vorschriften das bisher vorhandene Schrägdach in ein Flachdach umwandeln; sie errichtete überdies einen Zubau, den sie als Warenlager und Büro benützte. Außerdem ließ sie die vorhandenen Elektroinstallationen für ihre Bedürfnisse zum Betrieb eines Buffetstandes erweitern sowie eine Heizung und Wasseranschlüsse installieren. Die vorhandenen WC Anlagen ließ sie teilweise erneuern und ein zusätzliches Personal WC errichten. Schließlich kaufte die Beklagte auch die für den Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes und Buffetstandes erforderlichen Einrichtungsgegenstände wie Schrank, Kühlvitrine, Gefrierschränke, Regale, Tische, Sessel und dergleichen und stellte diese in den Räumlichkeiten auf. Für diese Investitionen wendete die Beklagte ca S 1.000.000, - auf. Seit Beendigung der Umbau- und Adaptierungsarbeiten betreibt die Beklagte in dem Gebäude mit eigener Gewerbeberechtigung ein Buffet und ein Lebensmittelgeschäft mit eingeschränktem Warensortiment. Sie bietet Getränke, Milchprodukte, Wurstwaren, Hygieneartikel und Zigaretten sowie kalte und warme Speisen im kleineren Ausmaß zum Verkauf an. Nach Absprache mit der Verwaltung des Krankenhauses waren das Lebensmittelgeschäft und das Buffet bis 1991 Montag bis Freitag von 7.00 bis 19.00 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Im Laufe des Jahres 1991 verkaufte der damalige Alleingesellschafter seine Gesellschaftsanteile der Beklagten an den nunmehrigen Geschäftsführer. Vor Unterfertigung der Verkaufsurkunde sprachen die Genannten bei einem Magistratsabeamten vor und fragten an, ob die Klägerin irgendwelche Bedenken habe, daß die Beklagte das Bestandverhältnis in weiterer Folge durch die neuen Gesellschafter und Geschäftsführer weiterführe oder ob sie dann mit einer Aufkündigung des Bestandverhältnisses rechnen müsse. Der Beamte teilte mit, daß seit seiner Tätigkeit bei der Klägerin von dieser noch niemals eine Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durchgeführt worden wäre. Die Beklagte betreibt auch nach Übernahme der Geschäftsanteile im gegenständlichen Bestandobjekt ein Lebensmittelgeschäft und Buffet. Nach Rücksprache mit der Krankenhausverwaltung sind die Öffnungszeiten seit 1991 Montag bis Freitag von 8.00 bis 19.00 Uhr sowie Samstag, Sonntag und Feiertag von 12.00 bis 17.00 Uhr. Der Buffetbetrieb und das Lebensmittelgeschäft werden vorwiegend von Patienten, Personal und Besuchern des Krankenhauses in Anspruch genommen, teilweise aber auch von Bewohnern der umliegenden Wohnhäuser und von Personen, die in den nahegelegenen Geschäften tätig sind. Seitens der Klägerin und der Krankenhausverwaltung wurden an die Beklagte keinerlei Beschwerden hinsichtlich der von ihr angebotenen Produktpalette erhoben. Mit eingeschriebenem Brief vom 21.6.1993 kündigte die Klägerin über Wunsch der Krankenhausverwaltung das Bestandverhältnis per 1.7.1993 mit Wirkung 1.10.1993 auf. Das Schreiben wurde am 1.7.1993 von der Geschäftsführerin der Beklagten eigenhändig übernommen. Die Beklagte versuchte in weiterer Folge, einen neuen Bestandvertrag zu erhalten, was jedoch seitens der Klägerin mit der Begründung abgelehnt wurde, daß die Aufkündigung unter anderem wegen eines nicht dem Bedarf entsprechenden Betriebsumfanges der Beklagten ausgesprochen worden wäre.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Bestandvertrag sei als Unternehmenspacht zu qualifizieren. Ausschlaggebend dafür sei die vereinbarte Betriebspflicht, weil die Klägerin ein wirtschaftliches Interesse am Bestehen und an der Art des Betriebes habe. Die Öffnungszeiten und die Auswahl des Warensortiments hätten sich den Anforderungen der Patienten, der Besucher und des Personals der Krankenanstalt anzupassen. Das wirtschaftliche Interesse liege in der Regel bereits dann vor, wenn in dem Bestandobjekt ein Nebenbetrieb in räumlicher Verbindung zu dem vom Bestandgeber geführten Hauptbetrieb einzurichten und für letzteren zumindest nützlich sei. Demgegenüber käme der Tatsache, daß die Klägerin weder Betriebsmittel noch Gewerbeberechtigung zur Verfügung gestellt habe, eine wesentlich geringere wirtschaftliche Bedeutung zu. Die Klägerin habe das Pachtverhältnis fristgerecht unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist aufgekündigt; seither benütze die Beklagte das Bestandobjekt titellos. Die Klägerin habe auch auf die Kündigung nicht verzichtet: aus der Äußerung des Magistratsbeamten sei nicht ableitbar gewesen, daß sich die Klägerin eines Rechtes habe begeben wollen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Die Beklagte messe der Vereinbarung der Betriebspflicht eine zu geringe Bedeutung bei, obwohl diese Vereinbarung eines der wichtigsten Kriterien eines Unternehmenspachtvertrages sei. Diese Vereinbarung beruhe auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestand und an der Art des Betriebes. Den zutreffenden Rechtsausführungen des Erstgerichtes sei lediglich hinzuzufügen, daß der Kundenstock zum überwiegendn Teil durch Patienten, Besucher und Bedienstete des Krankenhauses gesichert sei und die Klägerin somit eine entscheidende Grundlage für den Buffet- und Lebensmittelbetrieb zur Verfügung gestellt habe. Schließlich sei auch die vereinbarte umsatzorientierte Miete ein weiteres Indiz für eine Unternehmenspacht. Einen Kündigungsverzicht habe die Klägerin nie abgegeben. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision unzulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem erkennbaren Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens.

Die Klägerin erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht im Ergebnis von der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Das ABGB faßt Miete und Pacht unter dem Begriff Bestandvertrag zusammen. Charakteristischer Geschäftsinhalt ist die "Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt" (§ 1090). Nach herkömmlicher Unterscheidung ist Miete die entgeltliche Überlassung einer Sache zum bloßen Gebrauch; Pacht hingegen die entgeltliche Überlassung einer Sache zum Gebrauch und Fruchtbezug (Nutzung). Diese Grenzziehung liegt auch dem ABGB zugrunde, obwohl sie dort nur unzulänglich zum Ausdruck kommt (vgl § 1091). Miete ist etwa die Überlassung einer Wohnung, eines Fernsehgerätes, eines PKWs; Pacht hingegen die Überlassung eines Bauernhofes, eines Geschäftsbetriebes oder einer Arztpraxis (Koziol Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts10 I 368).

Große praktische Bedeutung hat insbesondere die schwierige Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht, da nur der Mieter den Schutz des MRG genießt. Während das Unternehmen eine fruchtbringende Gesamtsache ist, dient ein Raum nur dem Gebrauch. Bei der Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht kommt es auf die Umstände im Einzelfall an. Von Grenzfällen abgesehen, ist die rechtliche Qualifikation durch die Parteien bedeutungslos. Eine Unternehmenspacht liegt in der Regel vor, wenn ein lebendes Unternehmen (im weitesten Sinn) Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "Good Will" gehört. Die Beistellung von Betriebsmitteln, Kundenstock, Warenlager, Gewerbeberechtigung usw durch den Bestandgeber ist wohl ein zusätzliches Indiz für Pacht, das Fehlen einzelner Komponenten schließt aber die Beurteilung als Pachtvertrag nicht aus: Es kommt darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Im allgemeinen wird die Vereinbarung einer Betriebspflicht wichtigstes Kriterium eines Pachtvertrages sein, sofern dies auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht. Bei erst zu gründenden Betrieben sind die Anforderungen für Annahme von Unternehmenspacht strenger; nur dann, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens zur Verfügung stellt, kann Pacht angenommen werden. Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, dann wird selbst bei Interesse des Bestandgebers an der Führung des Betriebes nur Geschäftsraummiete und nicht Unternehmenspacht vorliegen (Würth in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1091 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Ist Vertragsgegenstand nicht die Inbestandgabe eines lebenden Unternehmens, also einer organisierten Erwerbsgelegenheit, sondern nur ein für den Unternehmenszweck noch gar nicht eingerichteter Raum , dann ist der Vertrag als bloße Raummiete zu qualifizieren, dies ungeachtet der vereinbarten Betriebspflicht (SZ 65/6 mwN). Auch in letzter Zeit hat der Oberste Gerichtshof bekräftigt, daß bei erst zu gründenden Betrieben die Anforderungen für die Annahme einer Unternehmenspacht strenger sind; stellt etwa der Bestandgeber die wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens nicht zur Verfügung, dann wird selbst bei Interesse des Bestandgebers an der Führung des Betriebes nur Geschäftsraummiete und nicht Unternehmenspacht vorliegen (7 Ob 506/95).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann handelt es sich entgegen der Annahme der Vorinstanzen bei dem vorliegenden Bestandverhältnis um eine Geschäftsraummiete und nicht um eine Unternehmenspacht. Entscheidend ist vor allem, daß ein Objekt in Bestand gegeben wurde, das vorher lediglich als Wartehäuschen diente und nie einen gewerblichen Betrieb beherbergt hatte. Zutreffend weist daher die Beklagte in ihrer Revision darauf hin, ihr sei kein lebendes Unternehmen, sondern lediglich ein "desolates Wartehäuschen" in Bestand gegeben worden. Das Bestandobjekt eignete sich zunächst auch überhaupt nicht für die Einrichtung eines Lebensmittelgeschäftes oder Buffets und mußte von der Beklagten erst durch kostspielige Umbau- und Sanierungsarbeiten in einen entsprechenden Zustand gebracht werden. Auch sämtliche Einrichtungsgegenstände mußten von der Beklagten angeschafft werden. Die Klägerin stellte auch keinen Gewerbeschein zur Verfügung, vielmehr war die Gewerbeberechtigung vertragsgemäß vom Bestandnehmer beizubringen. Da es an diesem Standort bisher weder ein Lebensmittelgeschäft noch einen Buffetbetrieb gegeben hatte, ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen auch nicht von einem "vorhandenen Kundenstock" zu sprechen, der der Beklagten übergeben worden wäre. Es war selbstverständlich abzusehen, daß sich ein Großteil der künftigen Kunden aus Bediensteten, Patienten und Besuchern des Krankenhauses zusammensetzen würde, dennoch mußte dieser Personenkreis von der Beklagten erst als Kundenstock erworben werden. Im Falle des "Kursalons" im Wiener Stadtpark hat der Oberste Gerichtshof zwar gemeint (1 Ob 548/94), daß die Übergabe des freilich stark beschädigten Gebäudes an einem exklusiven Standort im Wiener Stadtpark, in dem bereits lange Jahre vor dem zweiten Weltkrieg ein renommierter gastronomischer Traditionsbetrieb mit Musikunterhaltung bestand, als Unternehmenspacht zu beurteilen sei, aber doch gleichzeitig darauf verwiesen, daß durch die kriegs- und nachkriegsbedingte Einstellung des Betriebes die Existenz eines vorhandenen Unternehmens nicht berührt werde, möge diese Unterbrechung auch rund neun Jahre gedauert haben. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stelle der exklusive Standort des Objektes die wesentlichste Grundlage des damals zu beurteilenden Betriebes dar. Der damals zu beurteilende Sachverhalt ist jedoch mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen, weil dort von der Existenz eines vorhandenen Unternehmens ausgegangen wurde, während dieses Unternehmen im vorliegenden Fall erst errichtet werden mußte.

Ausschlaggebend ist also hier, daß der Vertragsgegenstand nicht die Inbestandgabe eines lebenden Unternehmens, sondern nur ein für den Unternehmenszweck noch gar nicht geeignetes und eingerichtetes Objekt war, während das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der vereinbarten Betriebspflicht nicht besonders ins Gewicht fallen kann: Krankenhäuser verfügen im allgemeinen und auch im besonderen Fall über eine eigene Küche und sichern dadurch die Verpflegung der Patienten und des Krankenhauspersonals. Worin aber das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Versorgung von Besuchern des Krankenhauses gelegen sein soll, ist nicht ersichtlich. Da die Beklagte die wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens nicht zur Verfügung stellte, kommen auch der vereinbarten Betriebspflicht und dem umsatzorientierten Bestandzins keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der vorliegende Bestandvertrag ist vielmehr als Geschäftsraummiete zu beurteilen und konnte daher nach § 33 MRG nur gerichtlich aufgekündigt werden.

Aus den dargelegten Gründen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Räumungsbegehrens abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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