Rückverweise
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.06.2024, Zl. 2023-0.908.985-7-A, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird
I.der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG (der mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides abgewiesen wurde) richtig als unzulässig zurückgewiesen.
II. der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides behoben. Die Behörde hat nun in weiterer Folge über den Gebührenantrag vom 06.12.2023 unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) wurde mit Ladung vom 31.08.2023, W126 2271263-1/4Z, für den 08.11.2023 als Partei zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen.
2. Mit Schreiben vom 06.11.2023, noch am gleichen Tag zugestellt, wurde die für den 08.11.2023 anberaumte mündliche Verhandlung wieder abberaumt und auf den 06.12.2023 verlegt. An dieser Verhandlung nahm der Beschwerdeführer teil.
3. Mit am 07.12.2023 übermittelten Schreiben beantragte der Beschwerdeführer über seinen Rechtvertreter den Ersatz der Reisekosten und brachte vor, die Reisekosten seien nun verdoppelt worden, weil die am 08.11.2023 anberaumte Verhandlung so kurzfristig abberaumt worden sei.
4.Nach Einräumung des Parteiengehörs, worin dem Beschwerdeführer vorgehalten wurde, dass der Gebührenantrag gemäß § 19 GebAG offensichtlich verspätet eingebracht worden sei, führte der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 02.01.2024 aus, dass die Frist gemäß § 19 Abs. 1 GebAG tatsächlich nicht versäumt worden sei, da der Beschwerdeführer schließlich erst am 06.12.2023 „zu Gericht gekommen“ sei. Weiters beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, für den Fall, dass diese Rechtsansicht nicht geteilt werden sollte.
5.Mit im Spruch genannten Bescheid wies der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts mit Spruchpunkt I. den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG ab und mit Spruchpunkt II den Gebührenantrag vom 06.12.2023 gemäß § 26 VwGVG in Verbindung mit § 19 GebAG als verspätet zurück.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der unter I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Insbesondere steht fest, dass der Beschwerdeführer ursprünglich zu einer für den 08.11.2023 anberaumten Verhandlung geladen wurde, welche jedoch kurzfristig wieder abberaumt und auf den 06.12.2023 verlegt wurde und der Beschwerdeführerschließlich am 07.12.2023 auch den Ersatz der ihm durch die kurzfristige Abberaumung der Verhandlung am 08.11.2023entstandenen Kosten beantragte.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt, insbesondere der Ladung zur Verhandlung am 08.11.2023 und der Abberaumung bzw. Verlegung dieser Verhandlung auf den 06.12.2023, sowie den Schriftsätzen des Beschwerdeführers und dem angefochtenen Bescheid.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter anderem dann zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen, und sie dabei kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft (Z 1).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich bei der „versäumten Frist” iSd § 71 Abs. 1 AVG jedoch um eine verfahrensrechtliche Frist handeln. Die Wiedereinsetzung gemäß § 71 Abs. 1 AVG kann – von gesetzlich besonders geregelten Fällen abgesehen – auf materiell-rechtliche Fristen nicht angewendet werden (VwGH 22.05.2025, Ro 2024/16/0023).
Beim Gebührenanspruch des Zeugen nach dem GebAG (sowie dem Beteiligtenanspruch nach § 26 Abs. 1, Abs. 5 VwGVG) – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – handelt es sich jedoch um einen materiell-rechtlichen Anspruch, der von der rechtzeitigen Geltendmachung innerhalb der Frist des § 19 Abs. 1 GebAG abhängt. Bei Versäumung dieser Frist verliert der Antragsteller den Anspruch auf Gebührenersatz. Es handelt sich daher bei § 19 Abs. 1 GebAG um eine materiell-rechtliche Frist und sind deshalb die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des § 71 Abs. 1 AVG daher nicht anwendbar (vgl. VwGH 22.05.2025, Ro 2024/16/0023).
Daher war Spruchpunkt I. des beschwerdegegenständlichen Bescheides dahingehend abzuändern, dass der Wiedereinsetzungsantrag des BF nicht inhaltlich abgewiesen sondern – vielmehr richtig -als unzulässig zurückgewiesen wird.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Wenn die belangte Behörde – wie hier in Spruchpunkt II. des beschwerdegegenständlichen Bescheides - einen Antrag zurückgewiesen hat, ist lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung Sache des Beschwerdeverfahrens (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084; VwGH 05.11.2019, Ra 2017/06/0222). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115). Liegt der in erster Instanz angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht den Zurückweisungsbescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Behörde über den Antrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat (VwGH 28.02.2008, 2006/16/0129, mwN; VwGH 03.04.2019, Ro 2017/15/0046).
Nur dort, wo sich die Behörde erster Instanz offensichtlich lediglich im Ausdruck vergriffen hat und einen Antrag inhaltlich erledigt hat, ist die Berufungsbehörde zur meritorischen Behandlung berechtigt (VwGH 21.09.1994, 84/17/0098).
Gegenständlich hat die Behörde den Antrag auf Beteiligtengebühr im angefochtenen Bescheid mit Spruchpunkt II. wegen Verspätung gemäß § 19 GebAG zurückgewiesen. Dass es sich dabei nicht um eine bloße Vergreifung im Ausdruck handelt, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie vor Zurückweisung des Gebührenantrags über den (nur in Zusammenhang mit der Versäumung von verfahrensrechtlichen Fristen zulässigen) Wiedereinsetzungsantrag inhaltlich abgesprochen hat (und ihn dabei abgewiesen und nicht als unzulässig zurückgewiesen hat).
Wie jedoch oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Frist des § 19 GebAG um eine materiell-rechtliche Frist, sodass eine Zurückweisung des Gebührenantrags wegen Verspätung gar nicht in Betracht kommt. Denn der Entscheidung über einen Gebührenantrag, der von einer Person eingebracht wurde, die - wie der BF – zu einer Verhandlung geladen wurde, steht auch dann kein Prozesshindernis entgegen, wenn der Antrag allenfalls nach Ablauf der Frist des § 19 Abs. 1 GebAG gestellt wurde. Vielmehr ist im Verfahren zu prüfen, ob der Antrag inhaltlich begründet ist, was etwa auch dann zu verneinen wäre, wenn sich bei der Prüfung ergeben würde, dass der Anspruch auf die Gebühr wegen Versäumung der Frist bereits verloren gegangen ist.
Der Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher aufzuheben. Die belangte Behörde wird sich deshalb nun in der Folge inhaltlich mit Frage auseinanderzusetzen haben, ob der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gebührenanspruch tatsächlich besteht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Angesichts der eindeutigen Rechtslage blieb kein Raum für Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die zitierte Rechtsprechung stützen, insbesondere wurden die Wesentlichen Rechtsfragen bereits im Erkenntnis des VwGH vom 22.05.2025, Ro 2024/16/0023, in einem gleich gelagerten Fall geklärt.