JudikaturBVwG

W123 2202281-5 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
12. September 2025

Spruch

W123 2202281-5/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch RA Mag. Nadja Lorenz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2024, Zl. 1186945106-231078975:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.04.2018 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz wegen behaupteter politischer Verfolgung.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen gegen ihn erlassen.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.05.2019, W195 2202281-1/10E, ab, weil es das Fluchtvorbringen als nicht glaubhaft erachtete.

2. Den zweiten Antrag auf internationalen Schutz stellte der Beschwerdeführer am 20.08.2019 mit der Begründung, homosexuell zu sein und in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zu leben.

Die belangte Behörde wies diesen Antrag ebenfalls ab und erlies erneut eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen gegen den Beschwerdeführer.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 30.11.2020, W195 2202281-3/17E, wiederum mangels Glaubhaftmachung des Fluchtgrundes als unbegründet ab.

3. Der Beschwerdeführer kehrte eigenen Angaben zufolge im Februar 2021 von Österreich nach Bangladesch zurück und stellte infolge seiner neuerlichen Einreise in das Bundesgebiet am 05.06.2023 den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz.

4. Bei der am 05.06.2023 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er am 29.11.2022 mit anderen BNP-Anhängern in XXXX gewesen sei, um sich für eine Demonstration vorzubereiten. Sie hätten aber Knüppel in der Hand gehalten und es sei zu Sachbeschädigungen sowie Auseinandersetzungen mit der Awami-League und Polizisten gekommen. Ebenso seien Molotow-Cocktails geworfen worden. Am 01.12.2022 sei gegen ihn und „den anderen“ eine Strafanzeige wegen Sabotage in der Polizeistation XXXX eingebracht worden. Der Beschwerdeführer habe aber keine Sabotage begangen, sondern nur eine Sachbeschädigung. Ein Haftbefehl sei ausgestellt worden. Ferner werde er wegen einer Strafanzeige aus 2018 bald verurteilt. Zudem sei er psychisch krank und bisexuell. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er seine Festnahme, die Tötung in Untersuchungshaft sowie fehlende bisexuelle Freiheit. Er könne Unterlage zu seinem Strafverfahren besorgen.

5. Am 27.08.2024 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt, im Zuge welcher er diverse Schriftstücke vorlegte, bei welchen es sich laut einer Anmerkung im Protokoll unter anderem um eine Kopie eines bengalischen Schriftstücks der BNP vom 09.11.2022 (regionale Aufstellung des Vorstands), gerichtliche Schreiben im Original, eine Anklage, eine (nicht leserliche) Kopie einer bengalischen Zeitung, einer Anklageschrift in Kopie und eine Kopie eines Schreibens betreffend eines Grundstücksverkaufs handle. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

„[…]

LA: In der Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie bisexuell sind. Ist das korrekt?

VP: Das ist richtig.

LA: Seit wann ist Ihnen dieser Umstand bekannt?

VP: Seit 2019 habe ich das bei mir gespürt.

LA. Ist Ihren Familienangehörigen Ihre sexuelle Ausrichtung bekannt?

VP: Ja. Im Jahr 2020 hat meine Frau das erfahren. Ich hatte einige Probleme mit ihr, ich wurde mit einer Scheidung konfrontiert.

LA. Geschieden sind Sie aber nicht?

VP: Nein, Als ich zuletzt in Bangladesch war, haben wir uns wieder versöhnt und verstanden.

LA: Leben Sie derzeit in einer Beziehung, haben Sie derzeit einen fixen Freund?

VP: Ich hatte eine, aber derzeit nicht.

[…]

LA: Nennen Sie mir bitte ausführlich Ihren gegenwärtigen Asylgrund.

VP: Ich habe einen politischen Grund. Am 05.12.2020 hätte eine Demonstration der BNP-Partei stattfinden sollen. Wir wollten Autos organisieren. Es gab mit der Partei Awami-League. Uns wurde eine Anmietung von Beförderungsmittel verwehrt. Die Polizei hat uns verboten die Demonstration zu machen. Ich und weitere Mitglieder haben die Straße blockiert. Dadurch kam es zu einem Polizeieinsatz. Es wurden Sachen, wie Autos beschädigt. Wegen der Sachbeschädigungen wurden wir angezeigt. Am 01.12.2022 wurden wir angeklagt. Der Vorfall passierte in XXXX . Die Aktenzahl der Anklage lautet: XXXX . Ich kann versuchen diese Anklage zu beschaffen. Das ist mein aktueller Asylgrund. Aber die alten Asylgründe sind noch immer aufrecht.

LA: Konnten Sie Ihren Asylgrund vorbringen?

VP: Ja.

Der Asylgrund wird nochmals vorgelesen und für richtig erklärt.

LA: Sie legten Anklageschreiben vor, diese sind vom Jahr 2018. Haben Sie diese der Behörde schon vorgelegt?

VP: Nicht alles, aber den Großteil schon. Mein Schwiegervater hat mich beim Sammeln der gerichtlichen Unterlagen unterstützt.

LA: Was ist mit Ihren Parteimitglieder, die ebenfalls an der Demonstration teilgenommen haben passiert.

VP: Einer ist derzeit im Gefängnis. Es wurden 43 Personen angeklagt. Der Vorstand konnte sich gegen Kaution freikaufen.

LA: Wann genau hat die beschriebene Demonstration/Sachbeschädigung stattgefunden.

VP: Die Sachbeschädigung passierte am 30.11.2022 als wir einen Personenwagen mieten wollten. Es hat am Abend, gegen 19:00 Uhr stattgefunden.

LA. Sie gaben an, dass wegen der Sachbeschädigung Anklage gegen Sie erhoben wurde. Wurden Sie von der Polizei festgenommen, erzählen Sie mir bitte über den Vorfall.

VP: Ich habe es geschafft zu flüchten, ich wurde von der Polizei nicht festgenommen, aber ich wurde angeklagt.

LA: Welche Stellung haben Sie in der BNP?

VP: Ich bin ein „Eventkoordinator/ und Organisationskoordinator.

LA: Welche Fähigkeiten benötigt man für diese Tätigkeit? Haben Sie eine spezielle Ausbildung dafür abgelegt?

VP: Ich wurde von den anderen Parteimitgliedern in diese Tätigkeit eingeführt (learning by doing)

LA: Wann und in welcher Situation hatten Sie zum ersten Mal die Vermutung, dass Sie sich nur oder doch stärker zum eignen Geschlecht hingezogen fühlen?

VP: Seitdem ich 18 Jahre bin, habe ich das gespürt, dass ich auch an Männern und nicht nur an Frauen interessiert bin. Bei einer Hochzeit hat sich die Gelegenheit gegeben. Ich habe wem kennengelernt, mit dieser Person hatte ich auch sexuellen Kontakt und das haben die Menschen mitbekommen.

LA: Wann war die Hochzeit, wann haben Sie die Person kennengelernt?

VP: Das genaue Datum kann ich nicht sagen, ich war aber 18 oder 19 Jahre alt.

LA: Demnach sind Sie, im Wissen Ihrer sexuellen Ausrichtung freiwillig in Ihre Heimat gefahren. Hatten Sie bei Ihrem Aufenthalt in Bangladesch Probleme wegen Ihrer sexuellen Ausrichtung?

VP: Ich bin illegal nach Bangladesch eingereist. Einige Personen wussten über meine sexuelle Ausrichtung bescheid. Meine Familie hat das nicht öffentlich gemacht. Falls es aber bekannt werden würde, hätte ich bestimmt Probleme in der Heimat.

LA: Wie alt waren Sie, als Sie Ihre Ehefrau kennenlernten?

VP: 27 oder 28 Jahre alt. ich habe 2013 geheiratet.

LA: Haben Ihre Mutter/Ehefrau versucht, Sie von Ihrer bisexuellen Neigung abzubringen?

VP: Ja, wir haben uns mehrmals unterhalten, sie hat mich mehrmals angesprochen.

LA: Haben Sie eine Ahnung, wie die „Szene“ hier in Österreich ist?

VP: Ich war früher häufig mit denen von der „ XXXX “ unterwegs. Damals hatte ich auch einen Partner ( XXXX

[…]

LA: Sie waren bereits freiwillig in der Heimat. Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute nach Bangladesch zurückkehren würden?

VP: Die Lage ist derzeit sehr ernst. Es laufen zwei Klagen gegen mich. Es kann jederzeit ein Urteil gegen mich fallen. Wenn ich in Bangladesch ankomme, werde ich umgehend verhaftet. Aus diesem Grund bin ich habe ich das Land verlassen, ich wollte nicht verhaftet werden.

LA: Wer ist in der Anklage vom Jahr 2018 der Ankläger? Was wird Ihnen vorgeworfen?

VP: Eine Frau hat mich angeklagt. Ich kenne diese Frau nicht. Es war ein politischer Hintergrund. Es ist eine Anklage wegen Lösegeld, Erpressung und Bestechung.

[…]

LA: Waren Sie in der Lage alles zu erzählen, Ihr Vorbringen umfassend vorzubringen. Hatten Sie ausreichend Zeit dazu? Möchten Sie noch etwas angeben?

VP: Wegen der Rückkehr nach Bangladesch möchte ich noch etwas sagen: In Bangladesch herrscht derzeit eine politische Krise, es gibt heftige Unruhen. Obwohl die alte Regierung nicht mehr an der Macht ist, versucht die alte Regierung die angeklagten Menschen zu verhaften. Es ist derzeit ungewiss, wie die weitere Zukunft des Landes weitergeht. Daher fürchte ich um mein Leben, nach wie vor.

[…]“

6.Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Nach allgemeinen Ausführungen über die Anforderungen an ein glaubhaftes Fluchtvorbringen eines Asylwerbers führte die belangte Behörde betreffend die Feststellungen zu Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats – ohne auf die konkrete Einvernahme des Beschwerdeführers Bezug zu nehmen – zusammengefasst aus, dass die vom Beschwerdeführer präsentierte Fluchtgeschichte zu „blass“, wenig detailreich, oberflächlich und daher keinesfalls als glaubhaft zu qualifizieren sei. Weder habe er konkrete Interaktionen, Gesprächsinhalte, Beschreibungen der Geschehnisse, der Tatvorgänge angegeben, noch seine innere Gedankenwelt geschildert. Er sei bewusst nicht konkret auf die Fragestellungen in der Einvernahme eingegangen. Trotz eingehender Befragung sei es ihm im Besonderen nicht möglich gewesen, eine Mehrzahl von persönlich wahrgenommenen Details der Handlungsabläufe sowie allenfalls besondere Interaktionen von handelnden Personen ins Treffen zu führen bzw. allenfalls über seine eigene diesbezügliche Gefühlslage zu berichten. Ferner verwies die belangte Behörde auf die beiden vorangegangenen Verfahren über seine abgewiesenen Anträge auf internationalen Schutz und seine Rückkehr nach Bangladesch für zwei Jahre trotz laufender gerichtlicher Verfahren.

7.Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme jeweils in bengalischer Sprache einen Gerichtsbeschluss datiert mit 16.07.2024 bzw. 24.07.2024, eine lokale Mitgliederliste des BNP und einen Nachweis eines Grundstücksverkaufs vorgelegt habe, welche weder übersetzt worden seien, noch Eingang in die Beweiswürdigung gefunden hätten. Die belangte Behörde habe auch sonst keine Ermittlungen angestellt und den Beschwerdeführer nicht zum Inhalt des vorgelegten Dokumentes aus dem bengalischen Strafakt befragt. Dieses werde lediglich wegen seiner Parteizugehörigkeit gegen ihn geführt. Bei einer Rückkehr müsse der Beschwerdeführer voraussichtlich mit der Verhängung einer Untersuchungshaft rechnen und wäre daher in seinen Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt.

8. Am 05.12.2024 zeigte die Leiterin der Gerichtsabteilung W243 aufgrund § 20 AsylG ihre Unzuständigkeit an. Der Akt wurde neu zugewiesen und langte am selben Tag bei der nunmehr entscheidenden Gerichtsabteilung W123 ein.

9.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht (VwG), wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

§ 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH vom 06.07.2016, Ra 2015/01/0123):

In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN, ähnlich auch: VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

3.2. Gemäß § 18 AsylG 2005 hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen

3.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz im Wesentlichen deshalb ab, weil es sein Fluchtvorbringen als zu wenig detailliert erachtete, ohne sich auch nur ansatzweise mit den vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Dokumenten zur Untermauerung seiner Behauptungen auseinandersetzen und dahingehende Ermittlungen anzustellen.

Wie im Beschwerdeschriftsatz zutreffend aufgezeigt, ließ die belangten Behörde weder eine Übersetzung der in bengalischer Schrift verfassten Schriftstücke vornehmen, noch befragte sie den Beschwerdeführer selbst näher zu deren Inhalt oder nahm sonstige geeignete Nachforschungen zu diesen Unterlagen vor. Ebenso wenig fanden diese im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides bezüglich der Ausreisegründe des Beschwerdeführers auch ansatzweise Berücksichtigung.

Die belangte Behörde setzte sich aber nicht nur völlig begründungslos über die umfangreichen Beweismittel des Beschwerdeführers hinweg, sondern unternahm auch sonst keine geeigneten bzw. bloß vollkommen kursorische Ermittlungen zu dem vom Beschwerdeführer vorgetragenen Vorbringen zur Begründung seines gegenständlichen Antrags. Zwar fand im Zuge des Verfahrens eine Einvernahme statt, in welcher der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund erzählen konnte. Die nähere Befragung dazu blieb aber überaus knapp, weshalb angesichts des vorliegend zu beurteilenden Falls nicht von tauglichen Ermittlungsschritten gesprochen werden kann. Das zeigt sich insbesondere auch an den im angefochtenen Bescheid festgehaltenen beweiswürdigenden Überlegungen, welche nur allgemeine Ausführungen über die Anforderungen an ein Fluchtvorbringen eines Asylwerbers enthalten und – ohne auch nur annähernd auf die Aussagen des Beschwerdeführers einzugehen – ausführen, dass seine Schilderungen zu oberflächlich und vage sind. Wenn auch teilweise ausführlichere Darlegungen möglich gewesen wären, kann dem Beschwerdeführer allerdings angesichts des Erstbefragungsprotokolls und der von der belangten Behörde aufgenommenen Niederschrift nicht allgemein vorgeworfen werden, keinerlei Details genannt zu haben oder bewusst nicht konkret auf die Fragestellung eingegangen zu sein.

Im Übrigen lassen sich dem angefochtenen Bescheid auch keine nachvollziehbaren Gründe entnehmen, warum die vorgebrachten Gründe für die Ausreise des Beschwerdeführers – bei einer Wahrunterstellung – aus rechtlicher Sicht nicht geeignet wären, die Zuerkennung des Status des Asyl- oder des subsidiär Schutzberechtigten zu rechtfertigen.

Die fehlende Auseinandersetzung mit den konkreten Aussagen des Beschwerdeführers sowie insbesondere den von ihm in Vorlage gebrachten Urkunden lassen nur darauf schließen, dass die belangte Behörde „mühsame“ Ermittlungen zum Fluchtgrund und den Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Indem die belangte Behörde die Prüfung des Vorliegens einer verfahrensgegenständlich maßgeblichen Gefahr des Beschwerdeführers somit nicht durchgeführt hat, erweist sich ihr Vorgehen als derart mangelhaft, dass im Ergebnis nicht von zweckmäßigen Ermittlungshandlungen gesprochen werden kann.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass sich die belangte Behörde in völlig unzureichender und im Ergebnis untauglicher Weise mit der Frage des Vorliegens einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr sowie allenfalls bestehender Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes auseinandersetzte und darüber hinaus entscheidungswesentliche Kriterien gar nicht, respektive nur rudimentär ermittelte. Im gegenständlichen Fall erweist sich daher der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrundeliegende Verfahren in besonders gravierender Weise als mangelhaft. Angesichts derart schwerwiegender Ermittlungslücken und Begründungsmängel erscheint eine sachgerechte Beurteilung der Beschwerde hinsichtlich der ausgesprochenen Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten, als auch des Status der subsidiär Schutzberechtigten auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als völlig ausgeschlossen. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens sowie eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, da eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.

Ergänzungen des entscheidungsrelevanten Sachverhalts können auch vom erkennenden Gericht im Rahmen der maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes und unter Effizienzgesichtspunkten nicht durchgeführt werden, zumal diese grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind und zur Gänze erstmals durch das Bundesverwaltungsgericht – im Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren samt damit verbundenen erhöhten Aufwandes – zu tätigen wären.

3.4. Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren sind im Ergebnis daher so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheiten an die belangte Behörde geboten erscheint, wobei sich im konkreten Fall erst nach einem nachvollziehbaren Ermittlungsverfahren ergeben wird, ob in dem Verfahren die Voraussetzungen für die Gewährung von internationalem Schutz vorliegen. Diesbezüglich erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde jedenfalls noch als völlig ungeklärt.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten und insbesondere des Umstandes, dass der angefochtene Bescheid keine nähere Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer angeführten Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates enthält, dieser vor der belangten Behörde nur kursorisch zu seinem Fluchtvorbringen sowie Rückkehrbefürchtungen befragt wurde sowie jegliche Nachforschung zu den dazu vorgelegten Beweismitteln unterblieb, kann auch ausgeschlossen werden, dass zur Behebung der Mängel (lediglich) „ergänzende“ Ermittlungen durch das Bundesverwaltungsgericht vorzunehmen wären (vgl. etwa VwGH vom 15.11.2018, Ra 2018/19/0268-9).

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben. Insbesondere wird zu prüfen sein, ob die für seine Ausreise genannten Gründe glaubhaft sind und sich gegebenenfalls als rechtlich relevant erweisen oder nicht. Dazu wird die belangte Behörde den Beschwerdeführer zu der behaupteten Verfolgungsgefahr sowie allfälligen Bedrohungen im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat zu befragen haben und eventuell geeignete Informationen über die Lage in Bangladesch bezüglich die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Umstände einzuholen haben und zu ermitteln haben, ob konkret dem Beschwerdeführer eine verfahrensgegenständlich relevante Gefährdung droht.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage iVm der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich nämlich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen, die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.