JudikaturBVwG

W116 2292955-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025

Spruch

W116 2292955-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Gahleitner Rechtsanwältin GmbH, gegen den Bescheid der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichts Wiens vom 23.04.2024, Zl. 22 Cga 63/23d, 2023 Jv 57/24w, (weitere Partei: XXXX ), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 GebAG stattgegeben und die Gebühren der Zeugin XXXX für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 03.04.2024, 13.00 Uhr vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien wie folgt bestimmt:

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die mitbeteiligte Partei XXXX (in Folge: Zeugin) wurde in einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2024 in einem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien von 13.00 bis 14.10 Uhr als Zeugin einvernommen. Die Zeugin beantragte den Ersatz ihrer Reise- und Aufenthaltskosten.

2. Mit im Spruch genannten Bescheid wurden die der Zeugin zustehenden Gebühren wie folgt bestimmt:

3. Dagegen richtet sich die Beschwerde der klagenden Partei im Grundverfahren, XXXX (in Folge: Beschwerdeführer). Darin wurde vorgebracht, die Prozessgegnerin habe der Zeugin bereits alles Kosten ersetzt, sodass diese keinerlei Aufwendungen selbst zu tragen gehabt habe. Außerdem seien ihr die Kosten des Mittag- und Abendessens ohne Ausführungen dazu, ob nicht eine spätere Anreise möglich gewesen wäre, ersetzt worden und würden auch Ausführungen fehlen, wieso die Anreise am 03.04.2024 unzumutbar gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Zeugin wurde mit Ladung vom 15.09.2023 zu einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2024 um 13.00 Uhr (voraussichtliches Ende 17.00 Uhr) vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien geladen. Ihre Anwesenheit war schließlich bis 14.10 Uhr erforderlich.

1.2. Die Zeugin reiste via Flugzeug von Barcelona aus an. Ihre Anreise startete sie am 02.04.2024 etwa um 9.00 Uhr von ihrer Wohnadresse in Barcelona aus und flog um 11.20 Uhr von Barcelona nach Wien. Am 03.04.2024 flog die Zeugin um 18.40 von Wien über Zürich zurück nach Barcelona.

1.3. Am 03.04.2024 gab es keinen Flug von Barcelona nach Wien welcher es der Zeugin erlaubt hätte, rechtzeitig zur Verhandlung zu kommen, es wäre ihr allerdings möglich gewesen am 02.04.2024 einen Flug von Barcelona nach Wien zu nehmen, welcher es ihr erlaubt hätte, ihre Reise erst nach 11.00 Uhr anzutreten.

1.4. Die Zeugin trug weder Reisekosten noch die Kosten für das Hotel selbst. Flug und Hotel wurden von der Personalabteilung der beklagten Partei im Grundverfahren, XXXX GmbH, für die Zeugin über ein Reisebüro gebucht und für diese auch bezahlt. Auch die übrigen Reisekosten wurden letztlich von der XXXX GmbH bzw. der Arbeitgeberin der Zeugin – einer spanischen Gesellschaft, bei welcher die globalen Funktionen der XXXX GmbH gebündelt sind – getragen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der Ladung und der Bestätigung über die Anwesenheit der Zeugin.

2.2. Die Feststellungen zur Reise der Zeugin ergeben sich aus den vorgelegten Belegen der Zeugin.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. ergibt sich aus einer Nachschau der historischen Flugdaten auf flightera.net. Hier ist ersichtlich, dass der früheste Flug von Barcelona nach Wien am 03.04.2024 ein Austrian Airlines Flug OS392 mit geplanter Flugzeit 10.00 bis 12.15 Uhr war. Dadurch, dass allein der Weg vom Flughafen Wien bis zum Arbeits- und Sozialgericht Wien mit der günstigsten Verbindung etwa 45 Minuten in Anspruch nimmt, wäre damit selbst für eine ortskundige Person das pünktliche Erscheinen nicht möglich gewesen, weil jedenfalls auch Zeiten bis zum tatsächlichen Verlassen des Flughafens, Wartezeiten der Verkehrsmittel sowie eine gewisse Zeit zum Finden des Verhandlungssaals einzuberechnen sind. Außerdem ergibt sich ebenfalls aus den historischen Flugdaten, dass es am 02.04.2024 etwa auch einen Flug um 14:15 und einen um 17:00 gab, sodass ein Reiseantritt nach 11.00 Uhr jedenfalls möglich gewesen wäre.

2.4. Dass die Beschwerdeführerin selbst keine Kosten selbst trug, ergibt sich aus deren eigenen Angaben vor dem Arbeits- und Sozialgericht in der am 03.04.2024 abgehaltenen Verhandlung, sowie aus der im Akt befindlichen E-Mail Korrespondenz der Behörde mit der Zeugin, wo diese wiederum angibt, dass alle Kostenerstattungen an „ihre Firma“ gehen sollen, da sie selbst keine Kosten getragen habe.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 umfasst die Zeugengebühr den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden (Z 1), sowie die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er oder sie durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet (Z 2).

Der Anspruch auf die Gebühr steht dem Zeugen gemäß § 4 Abs. 1 GebAG zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist.

Zu den Reisekosten:

Gemäß § 6 Abs. 1 GebAG umfasst der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.

Als Massenbeförderungsmittel gilt jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können (§ 7 Abs. 1 GebAG).

Die Vergütung für die Benutzung eines Flugzeuges gebührt jedoch gemäß § 10 GebAG nur unter der Voraussetzung, dass bei Benützung dieses Beförderungsmittels die Gebühr nicht höher ist, als bei Benützung eines anderen Massenbeförderungsmittels (Z 1), wegen der Länge des Reisewegs eine andere Beförderungsart unzumutbar ist (Z 2) oder die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erfordert, dieser aber bei Benützung eines anderen Beförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen könnte, wobei das Vorliegen dieser Umstände vom Gericht (dem Vorsitzenden), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, zu bestätigen ist (Z 3).

Aufgrund der Länge des Reiseweges wäre die Vergütung der Benutzung eines Flugzeuges im gegenständlichen Fall zwar jedenfalls möglich.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Zeugin nur die ihr tatsächlich entstandenen Kosten zu vergüten sind. Sind der Zeugin keine Kosten entstanden, so ist ein Kostenersatz nicht zulässig (siehe Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG GebAG4 (2018) § 6 GebAG, mit Hinweis auf eine Entscheidung, wonach der Antrag auf Zuerkennung von Fahrtkosten abzuweisen ist, wenn der Zeuge mit einem Firmenauto zur Vernehmung angereist ist und ihm hierfür keine Kosten entstanden sind).

Die Zuerkennung des Reisekostenersatzes erfolgten daher insofern zu Unrecht, als dass der Zeugin ein Aufwandersatz zugesprochen wurde, ohne dass sie die Kosten tatsächlich selbst getragen hat. Die Gebühren waren daher dahingehend zu korrigieren.

Zu den Aufenthaltskosten:

Gemäß § 13 GebAG umfassen die Aufenthaltskosten den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthalt einzunehmen (Z 1), und die Kosten für eine unvermeidliche Nächtigung währen der Reise am Ort der Vernehmung (Z 2).

Als Mehraufwand für die Verpflegung sind der Zeugin gemäß § 14 Abs. 1 GebAG für das Frühstück jeweils € 5,80, und für das Mittagessen und Abendessen jeweils € 12,30 zu vergüten. Gemäß Abs. 2 leg. cit ist der Mehraufwand für das Frühstück zu vergüten, wenn der Zeuge die Reise vor 7 Uhr antreten hat müssen, der Mehraufwand für das Mittagessen, wenn er die Reise vor 11 Uhr antreten und nach 14 Uhr beenden hat müssen, der Mehraufwand für das Abendessen, wenn er die Reise nach 19 Uhr beenden hat müssen.

Die einfache Verpflegungsgebühr ist aufwandsunabhängig und war der Zeugin daher zuzusprechen sofern sie aufgrund der Reise gezwungen war, ihre Mahlzeiten außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthalts einzunehmen. Die Zeugin startete ihre Anreise am 02.04.2024 vor 11.00 Uhr und beendete diese nach 19.00 Uhr, weshalb ihr für den 02.04.2024 die Kosten für ein Mittag- und ein Abendessen zugesprochen wurden und am 03.04.2024 für Frühstück, ein Mittag- und Abendessen.

Dem Beschwerdeführer ist aber insoweit zu folgen, als dass es der Zeugin möglich gewesen wäre ihre Anreise am 02.04.2024 nach 11 Uhr zu starten und sie daher nicht gezwungen war, ihr Mittagessen außerhalb des gewöhnlichen Aufenthalts einzunehmen. Somit handelt es sich beim Mehraufwand für das Mittagessen am 02.04.2024 nicht um notwendige Kosten. Der zugesprochene Verpflegungsaufwand war dahingehend zu korrigieren. Hätte sie ihre Reise jedoch erst nach 19.00 gestartet, wäre diese in die Nachtzeit gefallen, was der Zeugin nicht zugemutet werden konnte, sodass ihr die Entschädigung für das Abendessen am 02.04.2024 zu Recht zugesprochen wurde.

Da die Zeugin am Vortag anreiste, war zu prüfen ob ihr eine Nächtigungsgebühr zusteht.

Gemäß § 15 Abs. 1 GebAG sind dem Zeugen, sofern ihm nicht ein Anspruch auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht, für jede unvermeidliche Nächtigung ein Betrag von 18 Euro zu vergüten. Als unvermeidlich ist die Nächtigung auch dann anzusehen, wenn die Reise zur Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr) angetreten oder beendet werden müsste.

Wie festgestellt gab es keinen Flug am Tag der Verhandlung, der der Zeugin eine rechtzeitige Anreise erlaubt hätte, sodass die Anreise am Vortag und damit die Nächtigung unvermeidlich war.

Die „einfache“ Nächtigungsgebühr ist aufwandsunabhängig (siehe Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG GebAG4 (2018) § 15 GebAG, E 2) und steht der Zeugin daher auch zu.

Eine Nächtigungsgebühr in einem höheren Ausmaß – wie sie der Zeugin zugesprochen wurde – steht einem aus dem Ausland geladenen Zeugen jedoch gemäß § 16 GebAG nur zu, sofern er beweist, dass ihm höhere Beträge erwachsen sind. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Zeugin die Hotelkosten wie festgestellt nicht getragen hat.

Der Beschwerde war daher auch diesbezüglich stattzugeben und die Zeugengebühren in diesem Sinne neu zu bestimmen.

Eine – ohnehin nicht beantragte – mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstanden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die zitierte Rechtsprechung stützen.