Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Johannes POLT, Pragerstraße 5/1/11, 3580 Horn, Öhlknechthof, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom 25.04.2025, OB.: XXXX wegen Feststellung der Höhe der Beitragsgrundlagen:
A)
Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines rechtswirksamen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) vom 14.09.2023 wurde dem Beschwerdeführer ab 01.07.2023 eine Schwerarbeiterpension zuerkannt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Klage.
2. Das Verfahren vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht zu XXXX , in welchem der Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Mag. Johannes POLT rechtsfreundlich vertreten war, wurde mit in mündlicher Verhandlung am 28.01.2025 gefasstem Beschluss bis zur Feststellung der Beitragsgrundlagen im Verwaltungsverfahren unterbrochen.
3. Im daraufhin durch die SVS eingeleiteten Verwaltungsverfahren wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.02.2025 der für die Bescheiderstellung erhobene Sachverhalt samt Aufstellung der Bewirtschaftungsverhältnisse zur Kenntnis gebracht.
4. Mit E-Mail der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Mag. Johannes POLT, vom 20.02.2025 ersuchte dieser in Auftrag des Beschwerdeführers („…ersucht mein Mandant…“) unter Anführung der Geschäftszahl OB.: XXXX um Fristerstreckung.
5. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.04.2025 stellte die SVS die Beitragsgrundlagen im Zeitraum 01.01.2020 bis 30.06.2023 fest.
6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde.
7. Die SVS legte die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes samt einer Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2025 (einlangend) zur Entscheidung vor.
8. Mit hg. Schreiben vom 17.06.2025 wurde der SVS aufgetragen, dem erkennenden Gericht binnen einer Woche mitzuteilen, wem der gegenständliche Bescheid zugestellt wurde und den diesbezüglichen Nachweis zu erbringen.
9. Die SVS gab am 18.06.2025 telefonisch bekannt, dass der Bescheid dem Beschwerdeführer direkt zugestellt worden sei.
10. Nach hg. Auftrag gab der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.07.2025 bekannt, dass er seinen rechtsfreundlichen Vertreter bereits im anhängigen Verfahren vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht, GZ XXXX , beauftragt habe. Der angefochtene Bescheid vom 25.04.2025 sei nicht an die Rechtsvertretung zugestellt, sondern vom Beschwerdeführer per Mail am 18.05.2025 mit dem Auftrag übermittelt worden, Beschwerde gegen den genannten Bescheid zu erheben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid vom 25.04.2025, OB.: XXXX , stellte die SVS die Beitragsgrundlagen des Beschwerdeführers im Zeitraum 01.01.2020 bis 30.06.2023 fest.
1.2.Der Bescheid wurde von der SVS direkt an den Beschwerdeführer adressiert und diesem am 07.05.2025 durch Hinterlegung zugestellt. Der Bescheid wurde nicht der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zugestellt, obgleich diese bereits im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht zu GZ XXXX , sowie auch im behördlichen Verfahren auftrags des Beschwerdeführers („…ersucht mein Mandant…“) mit Eingabe vom 20.02.2025 (Ansuchen um Fristerstreckung) an die SVS eingeschritten ist und die belangte Behörde von einer Bevollmächtigung nach § 8 Abs. 1 RAO ausgehen musste. Der angefochtene Bescheid vom 25.04.2025 wurde vom Beschwerdeführer an dessen Rechtsvertretung per E-Mail am 18.05.2025 übermittelt.
1.3. Da der Bescheid nicht der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zugestellt wurde und damit nicht in der rechtlich gebotenen Weise dem richtigen Empfänger zugekommen ist, liegt ein Zustellungsmangel vor. Der Bescheid der belangten Behörde ist daher nie erlassen worden und damit rechtlich nicht zustande gekommen, weshalb die Beschwerde dagegen mangels Vorliegens eines rechtswirksamen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen ist.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere dem Rückschein des Bescheides, in Zusammenschau mit den ergänzend eingeholten Stellungnahmen der SVS vom 18.06.2025 und des Beschwerdeführers vom 02.07.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 182 Z 7 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und Abs. 3 ASVG nicht anzuwenden sind. Da die Entscheidung durch einen Senat auch sonst nicht vorgesehen ist, liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2011, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).
Gemäß § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.
Eine gemäß § 8 Abs. 1 RAO zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung erteilte Vollmacht erfasst auch eine Zustellvollmacht iSd § 9 ZustG. Hat der Parteienvertreter der Behörde seine Bevollmächtigung angezeigt und sich gemäß § 8 Abs. 1 RAO auf die ihm erteilte Vollmacht berufen, so sind ab diesem Zeitpunkt sämtliche Schriftstücke an den Parteienvertreter zuzustellen (vgl. VwGH vom 27.06.2013, 2013/07/0035 mit Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, in E 50. zu § 9 Zustellgesetz zitierte Judikatur; vgl. auch VwGH vom 07.09.2011, 2008/08/0256).
Gemäß § 9 Abs. 3 ZustG idF BGBl I Nr 5/2008 hat die Behörde, wenn ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (VwGH vom 09.03.2018, Ra 2017/02/0263).
Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa VwGH 20.11.2019, Fr 2018/15/0011; sowie im Ergebnis bereits VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026).
Ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen wurde der Bescheid vom 25.04.2025 nicht an die zu diesem Zeitpunkt zustellbevollmächtigte Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zugestellt, obgleich diese bereits im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht zu GZ XXXX , sowie auch im behördlichen Verfahren auftrags des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 20.02.2025 (Ansuchen um Fristerstreckung) an die SVS eingeschritten ist und die belangte Behörde von einer Bevollmächtigung nach § 8 Abs. 1 RAO ausgehen musste.
Der Bescheid ist der Rechtsvertretung auch nicht tatsächlich zugekommen, sodass eine Heilung des fehlerhaften Zustellvorganges nicht eintreten konnte. Der Bescheid der belangten Behörde ist daher nicht rechtswirksam erlassen worden und damit rechtlich nicht zustande gekommen.
Ist ein Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 09.03.1982, 81/07/0212; vom 30.05.2006, 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.
Mangels Erlassung des bekämpften Bescheides vom 25.04.2025 ist die Beschwerde dagegen folglich zurückzuweisen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.