JudikaturBVwG

G308 2305042-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
05. August 2025

Spruch

G308 2305042-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ über die Beschwerde der kroatischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Peter LIESKONIG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrags auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Gegen die Beschwerdeführerin (BF) wurde mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2024, Zl. XXXX , gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein mit vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründet wurde dies im Wesentlichen mit ihrer strafgerichtlichen Verurteilung zu einer zehnmonatigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe wegen teils versuchten schweren Diebstahls, Urkundenfälschung und wegen versuchten Erschleichung einer Leistung sowie dem Fehlen privater oder familiärer Anknüpfungen im Bundesgebiet.

Der Bescheid wurde der BF am XXXX .2024 durch Hinterlegung zugestellt. Am XXXX .2024 wurde die Postsendung mit dem Vermerk „nicht behoben“ an die Behörde retourniert. Gegen den Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.

In weiterer Folge wurde am XXXX .2024 ein Erhebungsersuchen des BFA an die LPD XXXX übermittelt, ob die BF noch an der gemeldeten Wohnadresse wohnhaft ist. Am XXXX .2024 wurde die BF an ihrer Meldeadresse angetroffen und es wurde ihr das Schreiben „Information über die Verpflichtung zur Ausreise“ vom XXXX .2024 ausgefolgt.

Am XXXX .2024 erließ das BFA einen Festnahmeauftrag gegen die BF. Die Festnahme konnte jedoch aufgrund des Mutterschutzes nicht durchgeführt werden. Die BF wurde wegen des aufrechten Aufenthaltsverbotes und ihres illegalen Aufenthaltes angezeigt.

Am XXXX .2024 langte die Vollmacht des rechtsfreundlichen Vertreters beim BFA ein und am XXXX .2024 wurde eine Stellungnahme übermittelt.

Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung vom XXXX .2024 wurde beantragt, den Bescheid aufzuheben, das Ermittlungsverfahren fortzuführen bzw. das Verfahren wiederaufzunehmen (§ 69 AVG) und einen neuen Bescheid aufgrund des aktuellen geänderten Sachverhaltes zu erlassen.

Mit dem Schreiben vom XXXX .2024 teilte das BFA der BF mit, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots abzuweisen, da die der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrundeliegende gerichtliche Verurteilung noch nicht getilgt sei und die BF seit Rechtskraft des Bescheides Österreich nicht verlassen habe. Die BF habe keine familiären Bindungen im Bundesgebiet namhaft gemacht.

Mit weiterem Schriftsatz vom XXXX .2024 teilte der rechtsfreundliche Vertreter mit, dass die BF im XXXX 2023 in das Bundesgebiet eingereist sei und in XXXX ihren Hauptwohnsitz habe. In der Hauptverhandlung vom XXXX .2024 sei die BF teilweise freigesprochen worden. Die BF sei zu ihrem Freund gezogen und wohne mit ihrer Tochter in XXXX . Sie sei seit August XXXX in Karenz und habe ab XXXX 2023 als Reinigungskraft gearbeitet. Sie erziele ein ausreichendes Einkommen für die Versorgung ihrer Tochter. Die Familie der BF habe ihren Lebensmittelpunkt in Österreich und wolle nicht mehr wegziehen. Sie sei sozial integriert und spreche sehr gut Deutsch. Die Bindungen zum Heimatstaat seien nur mehr gering.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies das BFA den Aufhebungsantrag der BF gemäß § 69 Abs 2 FPG ab (Spruchpunkt I.) und trug ihr auf, binnen zwei Wochen Bundesverwaltungsabgaben von EUR 6,50 zu entrichten (Spruchpunkt II.). Die Voraussetzungen für die Aufhebung des Aufenthaltsverbots seien nicht erfüllt, weil sich die für die Erlassung maßgeblichen Umstände nicht entscheidungsrelevant geändert hätten. Die der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrunde liegende gerichtliche Verurteilung sei noch nicht getilgt. Die BF habe bis dato nichts unternommen, um freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen. Der BF sei zuzumuten mit ihrer Tochter aus dem Bundesgebiet auszureisen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF, mit der sie primär die Aufhebung des angefochtenen Bescheids anstrebt. Die BF verzichtet auf die Zustellung einer negativen Beschwerdevorentscheidung und ersucht in diesem Fall um die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Es wird beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zumal die Abweisung für die BF und ihre Tochter massivste Nachteile hätte, und derzeit eine Rückkehr nach Rumänien (gemeint wohl: Kroatien) aufgrund der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage unzumutbar sei.

Begründend wird zusammengefasst vorgebracht, dass ein Familien- und Privatleben in Österreich vorliege, ein hoher Grad der Integration bestehe bzw. die BF in der Lage sei, sich und ihre Familie zu versorgen. Die BF wohne mit der am XXXX .2024 in Österreich geborenen Tochter in XXXX . Sie sei seit XXXX 2024 in Karenz, wobei sie ab XXXX 2023 als Reinigungskraft gearbeitet habe und auch wieder einer Beschäftigung nach der Karenz nachgehen werde. Die Familie der BF habe ihren Lebensmittelpunkt in Österreich und sie wolle auch in Österreich bleiben. Sie sei sozial integriert und spreche sehr gut Deutsch. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht vorliegen würden und daher dem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes Folge zu geben gewesen wäre.

Das BFA legte am XXXX .2024 die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

Das BVwG forderte den rechtsfreundlichen Vertreter der BF mit Mängelbehebungsauftrag vom XXXX .2025 auf, die Beschwerde zu verbessern und weitere Unterlagen, insbesondere die Geburtsurkunde des Kindes, vorzulegen.

Mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters vom XXXX .2025 wurde unter anderem mitgeteilt, dass es sich bei der Anführung von Frau M.R.D. um einen Schreibfehler handle. In einem wurde die Geburtsurkunde der Tochter übermittelt. Die BF habe bis XXXX 2024 als Reinigungskraft gearbeitet und sei dann in Mutterschutz gegangen. Seit der Geburt ihrer Tochter sei die BF in Karenz.

Feststellungen:

Die BF wurde am XXXX in XXXX /Italien geboren und ist kroatische Staatsbürgerin. Sie spricht Kroatisch und Deutsch. Sie verfügt über einen kroatischen Personalausweis. Die BF ist bei ihrer Großmutter in Kroatien aufgewachsen, besuchte dort die Volksschule und zog später nach Deutschland, wo sie sechs Jahre eine Realschule absolvierte. Sie ist ledig und sorgepflichtig für ein Kind. Abgesehen von ihrer minderjährigen Tochter leben keine Familienangehörigen in Österreich.

Am XXXX .2024 wurde ihre Tochter XXXX in XXXX geboren. In der Geburtsurkunde scheint kein Vater auf.

Die BF reiste im XXXX ins Bundesgebiet ein und ist seit XXXX .2023 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Sie hält sich seitdem durchgehend im Bundesgebiet auf.

Sie ist gesund und arbeitsfähig.

Die BF ging im Bundesgebiet im Zeitraum XXXX 2023 bis XXXX 2024 immer wieder jeweils für kurze Zeit bei zehn unterschiedlichen Arbeitgebern einer (teils geringfügigen) Beschäftigung als Arbeiterin nach. Das letzte Dienstverhältnis dauerte von XXXX .2024 bis XXXX .2024. Vom XXXX .2024 bis XXXX .2024 bezog die BF Wochengeld.

Am XXXX .2024 stellte sie einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung. Bislang wurde ihr keine Anmeldebescheinigung erteilt.

Die BF wurde im Bundesgebiet am XXXX .2023 festgenommen und anschließend bis XXXX .2023 in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .2024, XXXX , wurde die BF mit drei weiteren Mittäterinnen wegen dem Vergehen des teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, teils 15 StGB, dem Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB und wegen versuchten Erschleichung einer Leistung nach §§ 15, 149 Abs 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit, rechtskräftig verurteilt. Vom Anklagepunkt, sie habe am XXXX .2023 in XXXX Waren im Gesamtwert von EUR 159,99 weggenommen, wurde sie freigesprochen.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass die BF an verschiedenen Orten in XXXX in mehreren Angriffen fremde bewegliche Sachen (Handtaschen, Parfümartikel, Sonnenbrillen, Bekleidung, Lebensmittel etc.) im Gesamtwert von EUR XXXX , teils alleine teils gemeinsam mit den mitverurteilten Mittäterinnen, wegnahm bzw. wegzunehmen versuchte. Des eiteren hat sie als Alleintäterin eine verfälschte Urkunde, nämlich eine durch mechanische Rasur und nochmaliges Entwerten verfälschte 24-Stunden-Karte der XXXX , durch Vorweisen im Zuge einer Fahrscheinkontrolle gebraucht, und dadurch die Beförderung durch Täuschung über Tatsachen, nämlich der wahrheitswidrigen Vorgabe der ordnungsgemäßen Entrichtung des Beförderungsentgeltes, zu erschleichen versucht.

Bei der Strafbemessung waren das Zusammentreffen von drei Vergehen, die Vielzahl der Angriffe als erschwerend, und die Unbescholtenheit, das Alter unter 21 Jahre, das Geständnis und der teilweise Versuch als mildernd zu berücksichtigen.

Mit dem Bescheid des BFA vom XXXX .2024, Zl. XXXX , der BF durch Hinterlegung zugestellt am XXXX .2024, wurde gegen sie aufgrund ihrer strafgerichtlichen Verurteilung unter anderem ein vierjähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die BF kam in der Folge ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet. Am XXXX .2024 erließ das BFA einen Festnahmeauftrag gegen sie. Die Festnahme der zu diesem Zeitpunkt schwangeren BF konnte aufgrund des Mutterschutzes nicht durchgeführt werden. Die BF wurde aufgrund ihres illegalen Aufenthaltes angezeigt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens und der Gerichtsakten des BVwG, insbesondere aus Informationen aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), Sozialversicherungsdatenauszug, dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit der BF ergeben sich aus ihrem kroatischen Personalausweis, der dem BVwG in Kopie vorliegt. Dies deckt sich mit den Feststellungen zu ihrer Person im aktenkundigen Strafurteil.

Ihre kroatischen Sprachkenntnisse sind aufgrund ihrer Herkunft plausibel. Die Deutschkenntnisse beruhen auf ihren eigenen Angaben in der Beschwerde sowie der Tatsache, dass sie in Deutschland die Schule besucht hat. Aus dem Strafurteil ergibt sich, dass in der Hauptverhandlung keine Dolmetscherin für die kroatische Sprache teilnahm.

Die Feststellungen zu ihren persönlichen und familiären Verhältnissen in Kroatien und in Deutschland beruhen auf den Feststellungen im Bescheid vom XXXX .2024 sowie aus der Beschuldigtenvernehmung vom XXXX .2023.

Anhand der Geburtsurkunde konnten die Feststellungen zur Tochter getroffen werden. Die BF machte keine Angaben zum Kindesvater und ein solcher scheint in der Geburtsurkunde auch nicht auf.

Der Einreisezeitpunkt ergibt sich aus den Angaben in der Beschwerde. Die Wohnsitzmeldung basiert auf dem ZMR.

Gesundheitliche Probleme der BF konnten nicht festgestellt werden. Ihre Arbeitsfähigkeit ergibt sich aus ihrem erwerbsfähigem Alter sowie daraus, dass sie vor der Karenz erwerbstätig war.

Aus einer Abfrage der Sozialversicherungsdaten konnten die Beschäftigungsverhältnisse der BF in Erfahrung gebracht werden. Der Bezug des Wochengeldes ergibt sich ebenso daraus.

Im IZR ist ein Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung dokumentiert.

Die Festnahme der BF sowie die Anhaltung in Untersuchungshaft ergibt sich aus der Vollzugsinformation und der Vorhaftanrechnung laut dem Strafurteil.

Die Feststellungen zum Strafurteil, den zugrundeliegenden Taten der BF und den Strafbemessungsgründen basieren auf dem Strafurteil vom XXXX .2024.

Dass die BF in der Folge unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb, ist ihren Angaben, der Wohnsitzüberprüfung durch die LPD am XXXX .2024 sowie der Einsichtnahme ins ZMR zu entnehmen.

Die gescheiterte Festnahme aufgrund des Mutterschutzes ergibt sich aus dem Bericht der LPD XXXX vom XXXX .2024. Aus diesem ergibt sich auch die Anzeige wegen unrechtmäßigem Aufenthalt.

Zur Beschwerdebehauptung, wonach die BF in der Lage sei für sich und ihre Tochter zu sorgen, wird festgehalten, dass keinerlei Einkommensnachweise vorgelegt wurden. Es ist daher gänzlich unbekannt, wie sie derzeit ihren Lebensunterhalt finanziert. Eine Feststellung, dass sie – entgegen der Behauptung - in der Lage ist für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, kann nicht getroffen werden.

Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine Integration der BF in Österreich.

Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A)

Dem Beschwerdevorbringen, wonach im Spruch des verfahrensgegenständlichen Bescheides das Datum des Antrages der BF auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sowie die Bezeichnung des Bescheides, mit welchem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, fehlten, ist zuzustimmen. Jedoch ergibt sich aus dem weiteren Inhalt des Bescheides, dass die BF am XXXX .2024 den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes stellte (siehe etwa Seite 2 und 5 des Bescheides, AS 430, 433) und werden dort sowohl das Datum als auch die Zahl des Aufenthaltsverbotsbescheides angeführt (siehe etwa Seite 3 und 7, AS , 435).

3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen die BF als EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).

Gemäß § 69 Abs 2 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbots kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Dabei ist auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen dessen Aufhebung sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, kann jedoch nicht mehr überprüft werden (siehe etwa VwGH 21.03.2024, Ra 2022/21/0023).

Wird durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß§ 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Ob die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt haben, weggefallen sind, ist nach den gemäß § 67 Abs 1 FPG maßgeblichen Ermessungskriterien zu prüfen. Hierbei hat eine - Gesamtbetrachtung der seit der Verhängung eingetretenen Sachlage, also die be- und entlastenden Umstände, zu erfolgen. Auf dieser Grundlage ist zu prüfen, ob von einem Aufenthalt des Betroffenen noch die seinerzeit für die Erlassung maßgeblichen Gefahren ausgehen. Ist dies zu verneinen, ist das Aufenthaltsverbot aufzuheben. Gegen diesen Fremden darf dann nur wegen eines anderen Sachverhalts neuerlich ein Aufenthaltsverbot verhängt werden (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei-und Aslyrecht, Manz Kommentar, § 69 FPG 2005, Anm. 4. (Stand 01.03.2016, rdb.at)).

Bei der Entscheidung nach § 69 Abs. 2 FrPolG 2005 kommt es auf Veränderungen der maßgebenden Umstände (zu Gunsten oder zu Lasten des Fremden) – einschließlich der Rechtslage – an. Stellt sich die Situation im Entscheidungszeitpunkt so dar, dass nunmehr in Anbetracht der aktuellen Verhältnisse keine – dem seinerzeitigen Aufenthaltsverbot entsprechende – aufenthaltsbeendende Maßnahme mehr erlassen werden dürfte, liegen also gegenwärtig die Voraussetzungen für die Verhängung einer entsprechenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mehr vor, so wäre einem Aufhebungsantrag nach § 69 Abs. 2 FrPolG 2005 stattzugeben. Führte die aktuelle Beurteilung dagegen das Ergebnis, es hätte auch aus derzeitiger Sicht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu ergehen, müsste das Aufhebungsbegehren abgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund ist also zu fragen, ob gegen einen von einem "alten" Aufenthaltsverbot betroffenen Drittstaatsangehörigen ungeachtet aller seit Erlassung dieses Aufenthaltsverbotes eingetretenen Veränderungen aktuell eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ergehen dürfte (siehe VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0050 sowie VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0156).

Die Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens – regelmäßig in Freiheit – bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (vgl. VwGH 22.01.2013, 2012/18/0185; 22.05.2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat" (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009).

3.1.2. Den gegenständlichen Antrag begründete die BF damit, dass sich Umstände bzw. Beurteilungskriterien zwischenzeitig wesentlich verändert hätten und die Gründe für die Erlassung des Bescheides weggefallen seien (AS 405). Die BF halte sich seit XXXX 2023 im Bundesgebiet auf, da sie zu ihrem Freund gezogen sei. Sie wohne gemeinsam mit ihrer Tochter in XXXX . Sie habe seit XXXX 2023 als Reinigungskraft gearbeitet und sei seit XXXX 2024 in Karenz. Sie erziele ein ausreichendes Einkommen für die Versorgung ihrer Tochter. Der Lebensmittelpunkt befinde sich in Österreich, sie spreche sehr gut Deutsch und sei sozial integriert (AS 421 f). In der Beschwerde wiederholte die BF ihr Vorbringen und führte ansonsten keine weiteren Gründe für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes an.

Letztlich obliegt es dem Antragsteller selbst, jedenfalls schon im Antrag von sich aus jene Umstände darzulegen, die aus seiner Sicht für eine allfällige Aufhebung des Aufenthaltsverbotes relevant sind. Seitens der BF wurde jedoch nicht dargelegt, weshalb bei ihr – gerade vor dem Hintergrund ihrer strafrechtlichen Handlungen und der Missachtung des aufrechten Aufenthaltsverbotes – mittlerweile ein vollzogener nachhaltiger Gesinnungswandel zu erkennen sei und eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit jedenfalls nicht mehr vorliege.

Lediglich der Hinweis auf den Umstand, dass die Versorgung der BF und ihrer Tochter gewährleistet sei, ohne entsprechende Nachweise vorzulegen, reicht nicht aus, um der Beschwerde stattgeben zu können. Diesbezüglich ist insbesondere darauf zu verweisen, dass die BF bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes erwerbstätig und schwanger war. In diesem Zusammenhang kann nicht nachvollzogen werden, dass sie mittlerweile in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und wie sie überhaupt für ihren Lebensunterhalt aufkommt.

Das von der BF gezeigte Verhalten ist nicht nur maßgeblichen strafgerichtlichen Normen zu widergelaufen, sondern erweist sich darüber hinaus auch als die öffentliche Interessen gefährdend. So hat der VwGH bereits wiederholt ausgeführt, dass grundsätzlich ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität bestehe (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).

Es haben sich auch keine Anhaltspunkte betreffend eine Schuldeinsicht oder Reue der BF ergeben.

Seit der strafgerichtlichen Verurteilung der BF im Jahr 2024 ist im Hinblick auf die Missachtung des Aufenthaltsverbotes noch kein ausreichender Zeitraum des Wohlverhaltens der BF zu erkennen. Da sich die BF darüber hinaus nach wie vor in offener Probezeit befindet, ist gegenständlich noch keine längere Phase des Wohlverhaltens gegeben, welche nahelegt, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet fortan keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit mehr darstellt. Die von ihr bis dato zurückgelegte Zeit des letzten Wohlverhaltens erweist sich als zu kurz um eine positive Zukunftsprognose erstellen zu können.

Auch angesichts der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung hat sich somit nicht ergeben, dass allenfalls vorhandene private oder familiäre Bindungen der BF in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes überwiegen würden.

Die Kernfamilie der BF besteht lediglich aus ihr und ihrer zehn Monate alten Tochter, die seit ihrer Geburt bei der Mutter lebt. Die BF machte keine Angaben zum Kindesvater und dieser geht auch nicht aus der Geburtsurkunde hervor.

Im Rahmen der Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG bei einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, sind die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen, sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat, zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274, mwN und Verweis auf Judikatur des EGMR).

Die Tochter der BF wurde in Österreich geboren, befindet sich jedoch unstrittig in einem anpassungsfähigen Alter. Da sie als Kleinkind im Alter von etwa zehn Monaten ohnedies noch eingeschränkt wahrnehmungsfähig ist, ist eine das Kindeswohl beeinträchtigende Entwurzelung im Falle eines gemeinsamen Umzugs mit ihrer Mutter nach Kroatien ausgeschlossen, da sie ohnehin bei ihrer obsorgeberechtigten Mutter verbleibt.

In einer Gesamtschau der dargestellten Gesichtspunkte ergaben sich somit für das Bundesverwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls keine maßgeblichen Anhaltspunkte dafür, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer derart maßgeblichen Änderung der Umstände auszugehen und das gegen die BF verhängte Aufenthaltsverbot aufzuheben gewesen wäre.

Im Ergebnis war der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots somit mangels einer relevanten Änderung der für die Erlassung maßgeblichen Umstände als unbegründet abzuweisen, sodass Spruchpunkt I. des angefochtene Bescheids nicht zu beanstanden ist.

3.1.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 78 Abs 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist.

Gemäß Tarif A Z 2 der BVwAbgV sind für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, EUR 6,50 zu entrichten.

Die Beschwerde wendet sich nicht konkret gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids. Dieser ist ausgehend von der oben dargestellten Rechtslage auch rechtskonform.

3.2. Zu Spruchpunkt II: Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich und konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen. Dies gilt insbesondere deswegen, da auch ein persönlicher Eindruck von der BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nichts an dem Umstand ändern würde, dass der verstrichene Wohlverhaltenszeitraum als zu kurz zu beurteilen ist, um vom Wegfall einer von der BF ausgehenden Gefährdung ausgehen zu können.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung von Aufenthaltsverbotes und zur Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.