JudikaturBVwG

W203 2306133-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2025

Spruch

W203 2306133-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX als Erstbeschwerdeführerin, Erziehungsberechtigte des mj. Zweitbeschwerdeführers XXXX geboren am XXXX , vertreten durch die KOMWID Kompein Widmann Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Beatrixgasse 1/11, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 28.10.2024, GZ: 611291/156-2024, zu Recht:

A)

Der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der am XXXX geborene Zweitbeschwerdeführer erfüllte in den Schuljahren 2021/22 (Vorschulstufe), 2022/23 und 2023/24 seine Schulpflicht durch Teilnahme an häuslichem Unterricht. Die am Ende des Schuljahres 2022/23 vorgesehenen Externistenprüfung über die erste Schulstufe sowie die am Ende des Schuljahres 2023/24 vorgesehene Externistenprüfung über die zweite Schulstufe – jeweils der Schulart „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“ – legte der Zweitbeschwerdeführer erfolgreich ab.

2. Mit Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 08.03.2023 wurde sonderpädagogischer Förderbedarf für den Zweitbeschwerdeführer festgestellt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

3. Am 19.06.2024 zeigte die Erstbeschwerdeführerin die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/25 an. Im Rahmen der Anzeige gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie den Zweitbeschwerdeführer nach dem Lehrplan der Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf unterrichten werde und auch über die entsprechenden Kenntnisse hinsichtlich dieses Lehrplans verfüge. Sie legte der Anzeige auch ein „Pädagogisches Konzept“ bei, aus dem unter anderem hervorgeht, dass es Ziel sei, sicherzustellen, dass der Zweitbeschwerdeführer in seiner Lernumgebung „optimal gefördert“ werde. Dazu sollten u.a. spielerische Tätigkeiten und der Einsatz von Bildkarten beitragen. Ebenso sei die Förderung und Stärkung der sozialen Kompetenz des Zweitbeschwerdeführers sowohl innerhalb der Familie als auch in Rehabilitationseinrichtungen und in der Sommerbetreuung ein wichtiger Bestandteil des Konzepts. Weiters werde angestrebt, durch gezielte Übungen und Methoden die Konzentrationsfähigkeit des Zweitbeschwerdeführers zu erhöhen sowie dessen Aufmerksamkeitsspanne zu erweitern.

4. Mit Bescheid vom 04.07.2024 wies die belangte Behörde die Anzeige zunächst als unzulässig zurück und untersagte – nach Aufhebung des zurückweisenden Bescheides durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.09.2024 – mit Bescheid vom 28.10.2024, GZ: 611291/156-2024 (in der Folge: angefochtener Bescheid), die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/25 (Spruchpunkt 1.) und ordnete an, dass dieser seine Schulpflicht im Schuljahr 2024/25 an einer öffentlichen Schule oder an einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen habe (Spruchpunkt 2.). Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ausgeschlossen (Spruchpunkt 3.).

Begründend wurde zu den Spruchpunkten 1. und 2. ausgeführt, dass der häusliche Unterricht nach § 11 Abs. 6 Z 1 SchPflG nicht gleichwertig sei. Dabei sei zu beachten, dass bei der Gleichwertigkeitsprüfung auch die Erfüllung der „Aufgaben der österreichischen Schule“ gemäß § 2 Abs. 1 SchOG eine Rolle spiele. Außerdem ergebe sich aus den einschlägigen Gesetzesmaterialien die gesetzgeberische Absicht, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Möglichkeit in das Regelschulwesen zu integrieren. Da der häusliche Unterricht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Integration in den Unterricht und die damit verbundene Vermittlung sozialer Werte im Klassenverband nicht ersetzen könne, stehe verfahrensgegenständlich die Erfüllung der Schulpflicht durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht den Zielbestimmungen des § 2 SchOG entgegen.

5. Am 04.11.2024 erhob die Erstbeschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 28.10.2024.

6. Hg. einlangend am 20.01.2025 wurde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

7. Mit Beschluss G301 2306133-1/5Z des BVwG vom 22.01.2025 wurde das Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.03.2025 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W203 neu zugewiesen.

9. Mit Erkenntnis Ra 2025/10/0014-10 vom 27.03.2025 hob der Verwaltungsgerichtshof den Aussetzungsbeschluss G301 2306133-1/5Z des BVwG vom 22.01.2025 auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Zweitbeschwerdeführer ist seit dem 01.09.2021 schulpflichtig.

Der Zweitbeschwerdeführer nahm in den Schuljahren 2021/22 (Vorschulstufe), 2022/23 (erste Schulstufe) und 2023/24 (zweite Schulstufe) an häuslichem Unterricht teil und bestand jeweils am Ende des Schuljahres die Externistenprüfung über die erste bzw. zweite Schulstufe der Schulart „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“.

Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 08.03.2023 wurde sonderpädagogischer Förderbedarf für den Zweitbeschwerdeführer festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellungen zur bisherigen Schullaufbahn des Zweitbeschwerdeführers ergeben sich insbesondere aus den unzweifelhaften und von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen Angaben in den Beschwerden, einem bezugnehmenden Schreiben des LKH Hochsteiermark, Abteilung für Kinder-und Jugendheilkunde, vom 04.11.2024, dem Bescheid der belangten Behörde betreffend die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vom 08.02.2023 sowie den im Akt aufliegenden Externistenprüfungszeugnissen der XXXX

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A)

3.1.1. Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985) lauten wie folgt:

ABSCHNITT I

Allgemeine Schulpflicht

A. Personenkreis, Beginn und Dauer

Personenkreis

[…]

Beginn der allgemeinen Schulpflicht

§ 2. (1) Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

[..]

B. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen

Öffentliche und mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen

[…]

Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren

§ 5. (1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

[…]

Schulbesuch bei sonderpädagogischem Förderbedarf

§ 8. (1) Auf Antrag oder von Amts wegen hat die Bildungsdirektion mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Unter Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt. Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.

[…]

§ 8a. (1) Schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8 Abs. 1) sind berechtigt, die allgemeine Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule, Mittelschule, Polytechnischen Schule, Unterstufe einer allgemein bildenden höheren Schule oder einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe zu erfüllen, soweit solche Schulen (Klassen) vorhanden sind und der Schulweg den Kindern zumutbar oder der Schulbesuch auf Grund der mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes erfolgten Unterbringung in einem der Schule angegliederten oder sonst geeigneten Schülerheim möglich ist.

[…]

§ 8b. Schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die keine Volksschule, Mittelschule, Polytechnische Schule, Unterstufe einer allgemein bildenden höheren Schule oder einjährige Fachschule für wirtschaftliche Berufe gemäß § 8a besuchen, haben ihre allgemeine Schulpflicht in einer der Behinderung entsprechenden Sonderschule oder Sonderschulklasse zu erfüllen. Abschnitt C bleibt davon unberührt.

[…]

C. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht

Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§ 11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnische Schule – mindestens gleichwertig ist.

(2a) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für Schülerinnen und Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes zu besuchen haben. Diese Schülerinnen und Schüler haben ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.

(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion anzuzeigen. Die Anzeige hat

1. jeweils bis eine Woche nach dem Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres zu erfolgen und

2. jedenfalls die folgenden Angaben und Urkunden zu enthalten:

a) Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum und Anschrift jener Person, welche das Kind führend unterrichten wird,

b) den Ort, an dem der Unterricht erfolgen soll,

c) das Jahreszeugnis über das vorangehende Schuljahr oder ein Zeugnis über die Externistenprüfung über die vorangehende Schulstufe,

d) den Lehrplan, nach welchem, und die Schulstufe, auf der der Unterricht erfolgen soll, sowie

e) eine Zusammenfassung des pädagogischen Konzepts für den Unterricht.

(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, wenn die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2 hat ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien stattzufinden, wobei ein Rechtfertigungsgrund gemäß § 9 Abs. 3 diese Frist hemmt.

[…]

(6) Die Bildungsdirektion hat die Teilnahme an einem solchen Unterricht zu untersagen und anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat, wenn

1. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist, oder

2. gemäß Abs. 2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist, oder

3. das Reflexionsgespräch gemäß Abs. 4 nicht durchgeführt wurde, oder

4. eine Prüfung aufgrund der Bestimmung gemäß § 42 Abs. 6 letzter Satz des Schulunterrichtsgesetzes vor dem Ende des Unterrichtsjahres, für welche der häusliche Unterricht angezeigt wurde, nicht möglich ist, oder

5. Umstände hervortreten, aufgrund welcher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2 dem Besuch einer öffentlichen Schule nicht mindestens gleichwertig ist, oder

6. der Nachweis des zureichenden Erfolges vor dem Ende des Unterrichtsjahres nicht erbracht wurde. Treten Umstände hervor, die eine Gefährdung des Kindeswohls befürchten lassen, so sind, wenn nicht gemäß § 78 der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 vorzugehen ist, die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung oder die Kinder- und Jugendhilfe zu informieren.

3.1.2. Mit § 8b letzter Satz SchPflG hat der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass auch im Falle eines schulpflichtigen Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Erfüllung der Schulpflicht nach Maßgabe des Abschnitt C des SchPflG "unberührt bleibt" und somit (bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen) zulässig ist. (VwGH 24.04.2024, Ro 2024/10/0017).

Der VwGH schließt sich der im Erkenntnis des VfGH vom 25. Juni 2024, G 3494/2023 u.a., - unter anderem für den Fall des nicht erbrachten Nachweises des zureichenden Erfolges im Sinne des § 11 Abs. 6 Z 6 SchPflG - vertretenen Rechtsansicht an, wonach die Behörde gemäß § 11 Abs. 6 SchPflG in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2023 für bestimmte Schuljahre oder für die gesamte restliche Schulpflicht die Art der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht festzulegen hat. Die Behörde hat daher im Rahmen des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens über eine Untersagung des häuslichen Unterrichts und Anordnung des Schulbesuchs im Einzelfall anhand der jeweils unterschiedlich zum Tragen kommenden Tatbestände zu ermitteln, in welcher Art die Erfüllung der Schulpflicht und in welchem Umfang die Untersagung des häuslichen Unterrichts anzuordnen ist, und diese Entscheidung zu begründen. (VwGH 24.04.2024, Ro 2024/10/0019).

3.1.3. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinen oben zitierten Erkenntnissen vom 24.04.2025 zum einen klargestellt, dass auch bei festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf die Erfüllung der Schulpflicht durch Teilnahme an häuslichem Unterricht nicht per se ausgeschlossen ist und zum anderen, dass die zuständige Schulbehörde die Teilnahme an häuslichem Unterricht für ein Schuljahr, für mehrere Schuljahre oder auch für die gesamte verbleibende Dauer der Schulpflicht untersagen kann.

Das heißt, dass gegenständlich eine Einzelfallprüfung dahingehend durchzuführen ist, ob ein Untersagungsgrund im Sinne des § 11 Abs. 6 SchPflG vorliegt, insbesondere, ob die – auch im angefochtenen Bescheid als Begründung herangezogene – „Gleichwertigkeit des Unterrichts“ (Z1 leg. cit.) gegeben ist oder nicht. Es handelt sich dabei um eine Prognoseentscheidung, wobei die Teilnahme dann zu untersagen ist, wenn mehr Umstände dafürsprechen, dass die geforderte Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, als dagegen (arg.: „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen“).

Die belangte Behörde hat den Untersagungsbescheid damit begründet, dass nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die geforderte Gleichwertigkeit gegeben wäre, wobei sie dies darauf stützte, dass zum einen die „beabsichtigte Integration in den Unterricht und die damit verbundene Vermittlung sozialer Werte im Klassenverband“ nicht erreicht werden könne und zum anderen, dass der häusliche Unterricht den Zielbestimmungen des § 2 SchOG entgegenstehen würde. Folgte man dieser Argumentation der belangten Behörde, käme man aber zum Ergebnis, dass bei Kindern, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde, die Erfüllung der Schulpflicht durch Teilnahem an häuslichem Unterricht generell ausgeschlossen wäre. Wie bereits aufgezeigt, wurde aber durch die jüngst ergangene höchstgerichtliche Judikatur klargestellt, dass diese Annahme nichtzutreffend ist. Die Herangehensweise der belangten Behörde stellt somit kein taugliches Mittel für eine den gesetzlichen Vorgaben gerecht werdende Gleichwertigkeitsprüfung dar. Vielmehr wäre diese angehalten gewesen, im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung durch eine Gegenüberstellung der jeweiligen Lehrplananforderungen – hier: des Lehrplans der Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf – und des pädagogischen Konzepts, auf dem der häusliche Unterricht basiert, zu überprüfen, ob die erforderliche Gleichwertigkeit des Unterrichts gegeben ist.

Verfahrensgegenständlich wurde im Zuge der Antragstellung ein geeignetes pädagogisches Konzept vorgelegt und wurde diesem auch seitens der belangten Behörde nicht die Tauglichkeit für eine erfolgreiche Durchführung des häuslichen Unterrichts abgesprochen. Außerdem wird der Zweitbeschwerdeführer im derzeit laufenden und demnächst zu Ende gehenden Schuljahr schon zum vierten Mal häuslich unterrichtet und bestand dieser schon in den beiden vorangegangenen Schuljahren die jeweils am Ende des Schuljahres abzulegende Externistenprüfung über die ersten beiden Schulstufen der Schulart „Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“. Vor diesem Hintergrund kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die gemäß § 11 Abs. 6 SchPflG geforderte Gleichwertigkeit des häuslichen Unterrichts im Schuljahr 2024/25 nicht gegeben ist.

Im gesamten Verfahren sind auch keine Hinweise darauf hervorgekommen, dass die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/25 aus einem anderen der in § 11 Abs. 6 Z 1 SchPflG taxativ genannten Gründe zu untersagen gewesen wäre.

Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass sich das gegenständliche Erkenntnis lediglich auf die Erfüllung der Schulpflicht des Zweitbeschwerdeführers im Schuljahr 2024/25 bezieht. Eine etwaig beabsichtigte Teilnahme an häuslichem Unterricht auch in den kommenden Schuljahren bedarf daher einer rechtzeitigen Anzeige desselben sowie einer Nichtuntersagung durch die zuständige Schulbehörde nach Durchführung des gebotenen Ermittlungsverfahrens.

3.1.4. Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu etwa VwGH 01.09.2016, 2013/17/0502; VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.1.5. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.2.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.