Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , VSNR 2572151081, vertreten durch Achammer Mennel, Rechtsanwälte OG, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Tirol (ÖGK-T) vom 14.01.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) war Geschäftsführer der XXXX Gastronomie GmbH (im Folgenden: Primärschuldnerin). Nach Auflösung der Gesellschaft wurde er mit Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK, belangte Behörde) vom 04.12.2024 aufgefordert, die noch aushaftenden Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 89.959,36 zuzüglich der gesetzlichen Vertragszinsen zu leisten. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis beigelegt. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, die offene Forderung bis zum 27.12.2024 zu begleichen oder Tatsachen vorzubringen, die gegen eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprechen würden. Das Schreiben wurde vom Beschwerdeführer nicht behoben.
I.2. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der ÖGK vom 14.01.2025 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer der ÖGK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Verbindung mit § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Jänner 2020, Februar 2020, März 2020, März 2022, April 2022, Mai 2022, Juni 2022, Juli 2022, August 2022, September 2022, Oktober 2022, November 2022, Dezember 2022, Jänner 2023, Februar 2023, März 2023, April 2023, Mai 2023, Juni 2023, Juli 2023, August 2023, September 2023 und Oktober 2023 in Höhe von € 89.959,36 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 01.01.2025 7,03% p.a. aus der genannten Summe, schulde und dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, diesen Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen an die ÖGK zu bezahlen.
Dies wurde damit begründet, dass die Sozialversicherungsbeiträge aus den vom Dienstgeber bzw. dessen Steuerberater selbst erstellten monatlichen Beitragsgrundlagenmeldungen bzw. auf Grund einer Beitragsprüfung ermittelt worden seien und die Einbringlichmachung der Beiträge bei der Primärschuldnerin nicht möglich gewesen sei, trotz Vornahme von sechs Fahrnisexekutionen.
Der Beschwerdeführer sei zum fraglichen Zeitpunkt Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen und daher auch zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Obliegenheiten gegenüber der ÖGK berufen gewesen. Nachdem er die Beiträge für 18 Monate nicht termingerecht bezahlt habe, liege eine fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht und damit eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG vor.
I.3. Gegen den Bescheid wurde am 12.02.2025 fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die belangte Behörde nicht begründe, „in welchem Ausmaß bzw. weshalb eine leichte Fahrlässigkeit der Sorgfaltspflichten vorliegt“. Dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer sei kein Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht anzulasten, er habe sämtliche Gläubiger gleich behandelt.
Die belangte Behörde habe weder die Uneinbringlichkeit der Beiträge noch die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Einbringlichkeit sowie den Rechtswidrigkeitszusammenhang nachgewiesen.
Die Steuerberatungskanzlei der Primärschuldnerin habe zudem den Beschwerdeführer nicht zeitgerecht über offene Beiträge informiert bzw. ihn nicht zur Zahlung aufgefordert, so dass ihm kein Verschulden zukomme.
Die ÖGK habe den Beschwerdeführer zudem „zu keinem Zeitpunkt vor Erlassung des Bescheides aufgefordert, etwaige Zahlungen zu leisten bzw. Nachweise zu erbringen“. Er sei nicht einvernommen worden und habe keine Akteneinsicht erhalten. Die Behörde hätte den Beschwerdeführer zur Rechtfertigung auffordern müssen.
Vorsorglich bestreite der Beschwerdeführer auch die Höhe der Forderung.
Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht wolle in Stattgebung der Beschwerde
dem Beschwerdeführer durch seine Vertreterin vollumfängliche Akteneinsicht gewähren, um sodann ein weiteres Vorbringen zur Beschwerde erstatten zu können
den angefochtenen Bescheid aufheben und in eventu nach Durchführung eines Beweisverfahrens ersatzlos einstellen, in eventu
den angefochtenen Bescheid aufheben, dem Beschwerdeführer eine entsprechende Frist nach Akteneinsicht zwecks weiterem Vorbringen gewähren, ein Beweisverfahren durchführen und hernach das Verfahren einstellen, jedenfalls aber
eine mündliche Verhandlung zur Beweisaufnahme durchführen, insbesondere Einvernahme des Beschwerdeführers, der Masseverwalterin der Primärschuldnerin sowie des Steuerberaters zum Beweis dafür, dass die Beitragsgrundlage unrichtig ist und nicht Beiträge in diesem Ausmaß aushaften.
I.4. Beschwerde, Verwaltungsakt und Stellungnahme der ÖGK zur Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.04.2025 vorgelegt.
I.5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.04.2025 wurde der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auf die Regelungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Akteneinsicht (vgl. https://www.bvwg.gv.at/verfahren/Unsere-Verfahren/akteneinsicht) hingewiesen. Nachdem in der Folge kein Antrag auf Akteneinsicht eingebracht wurde, wurde dem Rechtsvertreter mit Schreiben vom 29.04.2025 bekanntgegeben, dass am 02.05.2025 in der Zeit von 08:00 – 15:00 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, Einsicht in den Akt genommen werden könne. Diese Möglichkeit wurde nicht wahrgenommen und auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes nicht reagiert.
I.6. Mit Parteiengehör vom 06.05.2025 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht im Wege seines Rechtsvertreters aufgefordert, nachzuweisen, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind (Jänner 2020, Februar 2020, März 2020, März 2022, April 2022, Mai 2022, Juni 2022, Juli 2022, August 2022, September 2022, Oktober 2022, November 2022, Dezember 2022, Jänner 2023, Februar 2023, März 2023, April 2023, Mai 2023, Juni 2023, Juli 2023, August 2023, September 2023 und Oktober 2023), insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger. Zudem wurde die Stellungnahme der ÖGK zur Aktenvorlage zur etwaigen Stellungnahme übermittelt und eine Frist von vier Wochen gewährt.
I.7. Mit Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 04.06.2025 wurde auf die im Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichtes gestellte Frage (nämlich, ob der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum insgesamt über keine Mittel verfügte und daher keine Zahlungen leistete, oder zwar über Mittel verfügte, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten nicht oder nur zum Teil beglich) nicht eingegangen, sondern nur moniert, dass eine persönliche Akteneinsicht mit erheblichen Kosten verbunden sei. Es wurde beantragt, den Gesamtakt der ÖGK an die Rechtsvertretung zu übermitteln und eine Frist von vier Wochen zur Stellungnahme festzusetzen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II. 1. Feststellungen:
Die XXXX Gastronomie GmbH (Primärschuldnerin) ist eine am Sitz XXXX zur Firmenbuchnummer XXXX am 24.09.2019 errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, über die am 29.11.2023 zu 14 S 39/23g am Landesgericht Feldkirch das Konkursverfahren eröffnet wurde. Mit 09.11.2024 wurde das Konkursverfahren nach durchgeführter Schlussverteilung gemäß § 139 IO aufgehoben. Auf die ÖGK entfiel eine Quote in der Höhe von 0,254634%. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Primärschuldnerin war ab 05.10.2019 der Beschwerdeführer.
Die Primärschuldnerin schuldet der ÖGK Beiträge samt Nebengebühren in Höhe von € 89.959,36.
Die von der Primärschuldnerin geschuldeten Beiträge wurden von dieser nicht fristgerecht bezahlt. Auch die zwangsweise Eintreibung der Forderung bei der Primärschuldnerin durch die belangte Behörde blieb erfolglos. Die rückständigen Beiträge sind bei der Beitragsschuldnerin uneinbringlich.
Sämtliche verfahrensgegenständliche Beitragsrückstände sind im Zeitraum entstanden, in dem der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin war. Im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände war sohin der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich.
Der Beschwerdeführer hat weder der belangten Behörde noch dem BVwG Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Jänner 2020, Februar 2020, März 2020, März 2022, April 2022, Mai 2022, Juni 2022, Juli 2022, August 2022, September 2022, Oktober 2022, November 2022, Dezember 2022, Jänner 2023, Februar 2023, März 2023, April 2023, Mai 2023, Juni 2023, Juli 2023, August 2023, September 2023 und Oktober 2023) überhaupt keine liquiden Mittel mehr vorhanden waren oder die Forderungen der Österreichischen Gesundheitskasse und anderer Gläubiger gleichbehandelt wurden.
II. 2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Primärschuldnerin, zur Funktion des Beschwerdeführers und zur Quote der ÖGK im Insolvenzverfahren ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Firmenbuch ubzw. der Insolvenzdatei.
Die Höhe der aushaftenden Beiträge samt Nebengebühren ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 04.12.2024. Die Beitragsrückstände wurden in der Beschwerde nicht substantiiert bestritten; aus dem Vorbringen in der Beschwerde („Vorsorglich bestreitet der Beschwerdeführer auch die Richtigkeit der Forderung, sohin nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach.“) ergeben sich keine konkreten Einwendungen. Es gibt daher keinen Grund, an der Richtigkeit des Rückstandsausweises der belangten Behörde zu zweifeln, zumal die Beitragsübersicht (im Rahmen der Stellungnahme der ÖGK zur Aktenvorlage) auch mit dem Parteiengehör vom 06.05.2025 an die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers übermittelt worden.
Der Beschwerdeführer hat weder der belangten Behörde noch dem BVwG Unterlagen vorgelegt, welche eine Gläubigerungleichbehandlung ausschließen können. Dass es zu einer allgemeinen Zahlungseinstellung gekommen ist, wurde vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht behauptet. Er erklärte in der Beschwerde lediglich, dass er alle Gläubiger gleich behandelt habe und „die finanzielle Situation, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Corona“ eine Befriedigung der ÖGK nicht zugelassen habe. Dies reicht nicht aus, um eine Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen. Auch nach Aufforderung des BVwG vom 06.05.2025, nachzuweisen, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger, wurden keine Unterlagen vorgelegt, sondern nur am Ende der vierwöchigen Frist die Übermittlung des Aktes verlangt. Von der dem Vertreter angebotenen Möglichkeit einer Akteneinsicht am Gericht war im Übrigen kein Gebrauch gemacht worden.
Damit ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung, eine Gläubigergleichbehandlung oder allgemeine Zahlungseinstellung nachzuweisen, nicht in geeigneter Weise nachgekommen ist.
II. 3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Nach § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist also Voraussetzung, dass die rückständigen Beiträge beim Dienstgeber uneinbringlich und der Höhe nach bestimmt sind. Verfahrensgegenständlich kann die Beitragseinbringung als uneinbringlich qualifiziert werden, weil – nach mehreren erfolglosen Fahrnisexekutionen - über das Vermögen der Primärschuldnerin am 29.11.2023 das Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst wurde. Mit 08.11.2024 wurde das Konkursverfahren nach durchgeführter Schlussverteilung gemäß § 139 lO aufgehoben.
Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so ist auf den Rückstandsausweis vom 04.12.2024 zu verweisen. Der Haftungsbetrag wurde in dem Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld. Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.
Der Beschwerdeführer war des Weiteren unstrittig von 05.10.2019 bis 23.11.2023 Geschäftsführer der Primärschuldnerin und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die gegenständliche Beitragsschuld im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Jänner 2020, Februar 2020, März 2020, März 2022, April 2022, Mai 2022, Juni 2022, Juli 2022, August 2022, September 2022, Oktober 2022, November 2022, Dezember 2022, Jänner 2023, Februar 2023, März 2023, April 2023, Mai 2023, Juni 2023, Juli 2023, August 2023, September 2023 und Oktober 2023) herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der ÖGK haftet.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung ist, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft verletzt hat, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt (vgl. etwa VwGH 25.10.2022, Ra 2021/08/0038, mwN).
Eine solche Pflichtverletzung kann u.a. darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung des Versicherungsträgers in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa VwGH VwGH 11.03.2024, Ra 2022/08/0166 bis 0167, mwN).
Nach der zu § 67 Abs. 10 ASVG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft den Vertreter - ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann (vgl. etwa VwGH 15.12.2023, Ra 2022/08/0056, mwN). Wenn er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufstellt, ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (vgl. etwa VwGH 26.03.2021, Ra 2021/08/0034, mwN). Der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter kamen dieser Verpflichtung im gegenständlichen Verfahren trotz entsprechender Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht nach. Im gegenständlichen Fall wurden vom Beschwerdeführer bzw. seinem Rechtsvertreter keinerlei konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt und jedenfalls nicht die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen dargelegt. Der Beschwerdeführer machte nicht geltend, dass die Gläubiger gleich behandelt worden seien und behauptete weder nicht vorwerfbare Unkenntnis der Rückstände noch fehlende Mittel zur Begleichung der Beitragsrückstände.
Soweit in der Stellungnahme vom 04.06.2025 auf einer Aktenübermittlung beharrt wird, ist darauf zu verweisen, dass aus § 17 AVG kein Recht einer Partei abgeleitet werden kann, den gesamten Akt in Kopie zugesandt zu bekommen (VwGH 25.11.2004, 2004/03/0107). Es stellt daher keine Verweigerung der Akteneinsicht iSd § 17 AVG dar, wenn einem solchen Begehren nicht entsprochen wird (VwGH 15.09.2010, 2010/08/0146). Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt vor Erlassung des Bescheides aufgefordert habe, etwaige Zahlungen zu leisten bzw. Nachweise zu erbringen, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.12.2024 aufgefordert worden war, die Beitragsschulden der Primärschuldnerin bis zum 27.12.2024 zu begleichen bzw. alle Tatsachen vorzubringen, die gegen eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG sprechen. Dieses Schreiben wurde mittels RSb-Brief versandt und von Seiten der Post retourniert, nachdem es vom Beschwerdeführer nicht behoben wurde. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, welche er aber – in Bezug auf ein inhaltliches Vorbringen und die Vorlage von Nachweisen – nicht wahrnahm.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer – trotz Aufforderung – im gesamten Verfahren die Gläubigergleichbehandlung nicht nachgewiesen. Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zur Mitwirkungspflicht des Vertreters insoweit etwa VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070) ist daher davon auszugehen, dass er seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft nicht nachgekommen ist.
Was die Kausalität der Nichtentrichtung der Beiträge für deren Uneinbringlichkeit betrifft, so liegt sie auf der Hand und bedarf keiner besonderen Begründung.
Soweit in der Beschwerde ein Verschulden des Beschwerdeführers bestritten wurde, da die Steuerberatungskanzlei der Primärschuldnerin ihn „nicht zeitgerecht über offene Beiträge informierte, ihn nicht zur Zahlung aufforderte, etc.“, ist festzuhalten, dass eine Auslagerung der Buchhaltung nicht von den Pflichten als Geschäftsführer entbindet. Zusammengefasst ist ein Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung zu bejahen, als er zumindest verpflichtet gewesen wäre, die ordnungsgemäße Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen.
Für die Nichtentrichtung der fälligen bzw. rückständigen Beiträge ist der Beschwerdeführer verantwortlich. Die Beiträge können infolge schuldhafter Verletzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden.
Da im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung der Vertreter der Beitragsschuldnerin konsequenterweise auch für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze haftet (vgl. nochmals VwGH, 04.10.2001, Zl. 98/08/0368), besteht die Haftung des Beschwerdeführers für die zur Nachverrechnung gelangten Beiträge im vorliegenden Fall sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.
Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze. Weil die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung - wie im vorliegenden Fall - zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).
Zusammenfassend ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer für die nicht abgeführten Beitragsrückstände im festgestellten Ausmaß gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haftet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. 4. Absehen von der mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der beteiligten Parteien, der unstrittig feststehende Sachverhalt und der dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Akt der belangten Behörde erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 02.09.2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext „any hearing at all“) erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „technische“ Fragen betrifft, und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat.
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerde keine neuen Unterlagen vorgelegt, die einer Beurteilung durch das Gericht und allenfalls Erörterung bedurft hätten. Weiters wurde der maßgebliche Sachverhalt – nämlich die aushaftenden Beiträge - nicht substantiiert bestritten. Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher in Anwendung von § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.