JudikaturBVwG

G305 2304429-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

Spruch

G305 2304429-1/5Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des italienischen Staatsangehörigen XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4/4. Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:

A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger von Italien und hält sich seit einem unbekannten Zeitraum in Österreich auf.

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 15 Abs. 1, 142 Abs. 1und 143 Abs. 1 StGB verurteilt und wurde über ihn eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten verhängt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete das Gericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das umfassende und reumütige Geständnis und den Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, als mildernd, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen.

Den unbedingt verhängten Teil der Freiheitsstrafe verbüßt er seit dem XXXX .2024 in der JA XXXX .

Mit PG vom XXXX .2024, dem BF am XXXX .2024 um 1600 Uhr persönlich zugestellt, teilte ihm die belangte Behörde mit, dass die Absicht bestehe, wegen seiner Straffälligkeit ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung gem. § 52 iVm. § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, § 34 Abs. 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG und § 46 FPG idgF. einzuleiten. Gleichzeitig wurde ihm das bisherige behördliche Ermittlungsergebnis mitgeteilt und ihm eine Frist zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach erfolgter Zustellung des PG eingeräumt. Diese ihm gewährte Frist ließ der BF reaktionslos verstreichen.

Der BF war zu keinem Zeitpunkt im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er hat sich hier länger aufgehalten, als erlaubt und war unsteten Aufenthalts. Er verfügt über keinen rechtmäßigen Aufenthalt.

Bei ihm scheinen keine Meldungen im Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger auf, sodass schon deshalb anzunehmen ist, dass er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mit einer legalen Erwerbstätigkeit finanziert.

Er ist im Bundesgebiet weder in sozialer, noch in wirtschaftlicher Hinsicht verankert.

1.2. Gegen den BF scheint in Österreich folgende strafrechtliche Verurteilung auf:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde er schuldig erkannt, am XXXX .2024 in XXXX nachgenannten Personen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in unbekannter Höhe mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub jeweils unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Messers mit einer Klingenlänge von ca. 12,5 cm verübte, wobei es jeweils beim Versuch geblieben war, und zwar

1. dem Tankwart der XXXX wiederholt mit den Worten „Mach die Türe auf, ich will Geld“, wobei er mit dem Messer in der Hand widerholt Stichbewegungen in dessen Richtung durchführte,

2. XXXX mit den Worten „Gib Geld“, wobei er das Messer am Körper auf Hüfthöhe in der Hand hielt und die Klinge auf XXXX richtete

und damit die Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 StGB begangen zu haben, wofür das Gericht eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten über den BF verhängte, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete das Gericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel sowie das umfassende und reumütige Geständnis des BF und den Umstand als mildern, dass es beim Versuch geblieben war, als erschwerend jedoch das Zusammentreffen zweier Verbrechen.

1.3. Mit Bescheid vom XXXX .2024 erließ die belangte Behörde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 4 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot wider den BF (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt III.).

Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass das Verhalten des BF im gegenwärtigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, in der er im Wesentlichen kurz zusammengefasst ausführte, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei, weil jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen worden sei. Insbesondere sei das Parteivorbringen ignoriert worden. Weiter heißt es zu Spruchpunkt III. des in Beschwerde gezogenen Bescheides, dass sein Verhalten kein solches darstelle, das eine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde. Auch lasse der Bescheid eine nachvollziehbare Gefährlichkeitsprognose vermissen, da eine Auseinandersetzung mit den dem Verfahren zugrundeliegenden Geschehnissen sowie die Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF fehle.

Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Italien ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Gründen, konkret mit dem strafrechtlich geahndeten Fehlverhalten des BF, begründet, sondern auch damit, dass der BF während seines Aufenthalts in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Dem Beschwerdevorbringen, dass das Verhalten des BF kein solches Verhalten darstelle, das eine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde, ist entgegen zu halten, dass der BF zu keiner Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet mit Wohnsitz gemeldet war, sieht man von der strafvollzugsbedingten Hauptwohnsitzmeldung in der JA XXXX seit dem XXXX .2024 ab, und sich stattdessen unstet wo aufgehalten hat. Er ist zu keiner Zeit einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Im Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger scheint bei ihm keine Meldung auf. Es durfte daher schon die belangte Behörde annehmen, dass sich der BF lediglich zur Ausübung seiner kriminellen Handlungen zur finanziellen Bereicherung in Österreich aufgehalten hat, weshalb von Verhalten auszugehen ist, das bei einem fortgesetzten Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Einklang zu bringen ist.

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach die von der Judikatur geforderte Begründung dem Bescheid nicht zu entnehmen sei. geht somit ins Leere, ebenso wie jenes, dass die belangte Behörde jede Ermittlungstätigkeit unterlassen hätte. Vielmehr hat sie versucht, ein Ermittlungsverfahren zu führen und den BF im Rahmen des Parteiengehörs einzubinden. Letzterer gab im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab. Wenn er nun trotz bestehender Mitwirkungspflicht der Behörde ein mangelhaft geführtes Ermittlungsverfahren zu unterstellen versucht, geht dieser Vorhalt und die damit verbundene Mängelrüge ins Leere.

Anlassbezogen ist hervorzuheben, dass der BF während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ein massiv straffälliges Verhalten gezeigt hat, weswegen er auch strafgerichtlich verurteilt wurde. Angesichts der massiven gewalttätigen, Raubüberfälle in Verbindung mit dem Umstand, dass er im Bundesgebiet quasi als U-Boot gelebt hat, womit er sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen versuchte, um so seinen Straftaten ungestört nachgehen zu können, zeigt dies eine erhöhte kriminelle Energie des BF, die mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht in Einklang zu bringen ist. Der BF stellt somit eindeutig eine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat der BF (Italien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG.

Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der BF ist im Bundesgebiet weder sozial noch wirtschaftlich verankert.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebendn Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar anzusehen.

Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.