JudikaturBFG

RV/7100857/2018 – BFG Entscheidung

Entscheidung
06. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Rainer Mauritz, Absberggasse 45, 1100 Wien, über die Beschwerde vom 30. August 2016 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 20. Mai 2016 betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Haftung wird hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:

AbgabenartZeitraumHöhe in Euro
Umsatzsteuer12/201450,77
Umsatzsteuer02/20154.781,83
Umsatzsteuer03/20153.039,07
Lohnsteuer01/20151.241,12
Lohnsteuer02/20151.647,00
Lohnsteuer03/20151.647,00
Lohnsteuer04/201585,02
Körperschaftssteuer04-06/2015515,00
Dienstgeberbeitrag02/2015471,14
Dienstgeberbeitrag03/2015471,14
Dienstgeberbeitrag04/2015540,23
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01/201540,44
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag02/201545,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag03/201545,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag04/201551,62
Pfändungsgebühr201542,61
Säumniszuschlag2014628,43
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag201226,26
Lohnsteuer2012257,44
Dienstgeberbeitrag2012275,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag2013243,95
Dienstgeberbeitrag20132.552,93
Lohnsteuer20134.772,89
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag20140,64
Dienstgeberbeitrag20145,62
Gesamt23.477,21

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 20. Mai 2016 wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschulden der ***X GmbH*** (in der Folge: Primärschuldnerin) im Ausmaß von gesamt € 57.102,02 in Anspruch genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Im Wesentlichen wandte er sich gegen die erfolgten Schätzungen und brachte sinngemäß vor, die im Haftungsbescheid angeführten Abgaben seien auch bei einem Vergleich mit dem Steuerkonto nicht nachvollziehbar. Es habe keine Gläubigerbevorzugung stattgefunden. Die Lohnsteuern seien bezahlt worden. Der Beschwerdeführer habe sich um die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten gekümmert. Der Beschwerdeführer sei einmal im Monat in ***OrtT*** gewesen und habe die Geschäftstätigkeit überprüft.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. September 2017 wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die Haftung hinsichtlich der Umsatzsteuer 2013 in der Höhe von € 31.421,54 und des Verspätungszuschlages in der Höhe von € 1.780, - eingeschränkt.

Der Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorlagebericht vom 26. Februar 2018 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und deren Abweisung beantragt.

Am 27. Mai 2025 wurde eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführervertreters und eines Mitarbeiters der belangten Behörde durchgeführt. Die Zeugen ***Zeuge X*** und ***Zeuge Y*** wurden einvernommen. Auf die Einvernahme der ursprünglich vom Beschwerdeführer beantragten Zeugin ***Zeugin Z*** wurde vom Beschwerdeführervertreter verzichtet. Der beantragte Zeuge ***AB*** ist bereits verstorben (vgl. die Bekanntgabe des Beschwerdeführers vom 15. März 2025).

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung GA 1007 gründet auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29. Jänner 2024. Die Umverteilung ist am 1. Februar 2024 in Kraft getreten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Geschäftszweck der Primärschuldnerin war die Vermittlung von Lotterie- und Totospielen. Sie hatte ihren Sitz in ***OrtNÖ***. Das operative Geschäft wurde von ***OrtT*** aus geführt.

Der Beschwerdeführer war vom **ddmm2012** bis zum ***ddmm2015*** Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Der Geschäftsführer hatte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz in Niederösterreich.

In ***OrtT*** wurden die Geschäfte von ***AB*** geführt. An diesen hat der Beschwerdeführer seine Aufgaben delegiert. Dieser verwahrte auch die TAN-Liste, um Überweisungen durchzuführen. Der Beschwerdeführer hätte aber die Möglichkeit gehabt, auf sein Verlangen in den Besitz dieser TAN-Liste zu gelangen.

Der Beschwerdeführer war in den Jahren 2012 bis 2013 mindestens ein Mal im Monat in ***OrtT*** für Besprechungen und hielt auch per Telefon Kontakt mit den von ***OrtT*** aus agierenden Mitarbeitern und dem für die Primärschuldnerin tätigen Buchhalter ***Zeuge Y***.

Ab dem Jahr 2014 kam es aufgrund einer Herzerkrankung des Beschwerdeführers zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Dies hatte vor allem zur Folge, dass der Beschwerdeführer immer seltener nach ***OrtT*** kommen konnte. Dennoch hielt der Beschwerdeführer weiterhin telefonisch oder per E-Mail Kontakt.

Aufgrund seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes versuchte der Beschwerdeführer einen anderen Geschäftsführer zu finden. Dies gelang ihm im ab 26. Mai 2015. An diesem Tag übernahm ***Zeuge X*** die Geschäftsführung.

Die monatliche Buchhaltung wurde von ***Zeuge Y***, der in ***OrtT*** als selbstständiger Buchhalter für die Primärschuldnerin tätigt war, erledigt. Auf deren Grundlage wurden die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Der Beschwerdeführer hat sich bei der Überprüfung der Buchhaltung die Saldenlisten angesehen. Wenn er Fragen zu einem bestimmten Konto hatte, wurden diese vom Buchhalter beantwortet und der Beschwerdeführer hat sich das Konto näher angesehen. Die USt-Voranmeldungen haben sich aus den Auswertungen aus der Buchhaltung ergeben, welche mit dem Bankkonto übereinstimmten. Eine nähere Überprüfung der USt-Voranmeldungen fand nicht statt.

Die Lohnverrechnung, die Erstellung von Abgabenerklärungen und die Erstellung der Jahresbilanz wurde von einer Steuerberatungskanzlei gemacht. Diese war zumindest bis ins Jahr 2013 für die Primärschuldnerin tätig.

Die von der Steuerberatungskanzlei zur Lohnverrechnung vorgelegten Zahlen wurden übernommen. Der Beschwerdeführer und ***Zeuge Y*** führten eine Plausibilitätskontrolle durch, sodass gröbere Unrichtigkeiten bei der Lohnverrechnung aufgefallen wären.

Der Beschwerdeführer erteilte regelmäßig die Anweisung, dass Abgabenschulden fristgerecht zu bezahlen seien. Diese Anweisung wurde insofern kontrolliert, als der Beschwerdeführer regelmäßig, wenn er in ***OrtT*** war, in das Steuerkonto Einsicht genommen hat.

Abgesehen von den dargestellten Handlungen wurden durch den Beschwerdeführer keine Handlungen zur Kontrolle der Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin gesetzt. Eine stichprobenartige Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen oder der Ergebnisse der Lohnverrechnung hat nicht stattgefunden.

Um Rückstände auf dem Abgabenkonto zu reduzieren, wurden vom Beschwerdeführer die in der Beschwerde und im Vorlageantrag genannten Zahlungen mit dem Buchungstagen 25. Jänner 2013, 11. Februar 2013, 30. Juli 2013, 20. September 2013, 28. Oktober 2013, 31. Oktober 2013, 19. Dezember 2013, 13. Jänner 2014, 23. Jänner 2014, 11. April 2014, 26. Mai 2014, 5. Juni 2014, 27. Oktober 2014, 29. Dezember 2014, 11. Februar 2015, 17. April 2015 und 8. Mai 2015 auf das Abgabenkonto veranlasst.

Die Primärschuldnerin verfügte bis zum Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer über liquide Mittel.

Mit Beschluss vom ***DatumKE*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss vom ***DatumKA*** wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Löschung der Primärschuldnerin aus dem Firmenbuch gemäß § 40 FBG wurde am ***DatumLö*** in das Firmenbuch eingetragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 2016 wurde der Beschwerdeführer zur Haftung für die nachstehenden Abgaben herangezogen.

AbgabenartZeitraumHöhe in Euro
Umsatzsteuer201331.421,54
Umsatzsteuer12/201450,77
Umsatzsteuer02/20154.781,83
Umsatzsteuer03/20153.039,07
Lohnsteuer01/20151.241,12
Lohnsteuer02/20151.647,00
Lohnsteuer03/20151.647,00
Lohnsteuer04/201585,02
Körperschaftssteuer04-06/2015515,00
Dienstgeberbeitrag01/2015423,27
Dienstgeberbeitrag02/2015471,14
Dienstgeberbeitrag03/2015471,14
Dienstgeberbeitrag04/2015540,23
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01/201540,44
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag02/201545,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag03/201545,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag04/201551,62
Verspätungszuschlag20131.780,00
Pfändungsgebühr201542,61
Säumniszuschlag2014628,43
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag201226,26
Lohnsteuer2012257,44
Dienstgeberbeitrag2012275,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag2013243,95
Dienstgeberbeitrag20132.552,93
Lohnsteuer20134.772,89
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag20140,64
Dienstgeberbeitrag20145,62

Von den im Bescheid genannten Abgaben haften die Umsatzsteuer 2013, der Verspätungszuschlag 2013 und der Dienstgeberbeitrag 01/2015 nicht mehr unberichtigt am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aus. Die übrigen Abgaben haften noch in der im Bescheid genannten Höhe unberichtigt am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aus.

Die Körperschaftssteuer 04-06/2015, die Pfändungsgebühr, der Säumniszuschlag 2014, die Lohnsteuer 2012 bis 2013, der Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 wurden (der Primärschuldnerin) durch Bescheid vorgeschrieben.

Die Umsatzsteuer 12/2014, 02/2015, 03/20215 beruhen auf den Umsatzsteuervoranmeldungen der Primärschuldnerin. Die Lohnsteuer 01/2015, 02/2015, 03/2015, 04/2015, der Dienstgeberbeitrag 02/2015, 03/2015, 04/2015 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2015, 02/2015, 03/2015, 04/2015 resultieren aus den Meldungen der Primärschuldnerin.

2. Beweiswürdigung

Der Geschäftszweck und der Sitz der Primärschuldnerin sind aus dem vom Bundesfinanzgericht eingeholten Firmenbuchauszug vom 22. Mai 2025 ersichtlich. Aufgrund des Beschwerdevorbringens (S 4 Beschwerde) ist davon auszugehen, dass das operative Geschäft von ***OrtT*** aus geführt wurde. Gegenteilige Anhaltspunkte haben sich auch insbesondere im Laufe der mündlichen Verhandlung nicht ergeben. Die Geschäftsführerfunktion des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vom Bundesfinanzgericht eingeholten Firmenbuchauszug vom 22. Mai 2025. Der Beschwerdeführer hat auch nicht bestritten, in dem festgestellten Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen zu sein. Dass er im beschwerdegegenständlichen Zeitraum seinen Wohnsitz in Niederösterreich hatte, ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 25. Juli 2024.

Die Delegation der Aufgaben des Beschwerdeführers und die Führung der Geschäfte in ***OrtT*** kann sich auf die glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers bzw. seines Vertreters (S 4,5 Beschwerde, S 3 NS mündliche Verhandlung) stützen. Diese Angaben wurden auch durch die Aussage des Zeugen ***Zeuge X*** bestätigt (S 2 NS Einvernahme ***Zeuge X***). Damit ist auch dessen Aussage, wonach die meisten Leute geglaubt hätten, dass es sich eigentlich um die Firma des ***AB*** gehandelt habe und dieser die wesentliche Person gewesen sei (S 2 NS Einvernahme ***Zeuge X***) in Einklang zur bringen.

Befragt nach der Verwahrung der TAN-Liste durch ***AB*** gaben sowohl der Beschwerdeführervertreter als auch der Zeuge ***Zeuge Y*** in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend an, dass der Beschwerdeführer in der Lage gewesen wäre, in den Besitz der TAN-Liste zu gelangen, weshalb dies als erwiesen angenommen werden kann (S 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y*** und S 5 NS mündliche Verhandlung).

Die Feststellungen zu den Besuchen des Beschwerdeführers in ***OrtT*** im Jahr 2012 und 2013 gründen insbesondere auf der glaubhaften Aussage des Zeugen ***Zeuge Y***, der angab, dass der Beschwerdeführer, als es ihm noch besser ging, in den Jahren 2012 bis 2013 mindesten 1- bis 2-mal im Monat in ***OrtT*** gewesen sei und telefonisch Kontakt gehalten habe (S 2 Einvernahme ***Zeuge Y***).

Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ab 2014 verschlechterte, wurde übereinstimmend vom Beschwerdeführervertreter (S 3 NS der mündlichen Verhandlung), dem Zeugen ***Zeuge X*** (S 3 NS Einvernahme ***Zeuge X***) und dem Zeugen ***Zeuge Y*** (S 2 NS Einvernahme ***Zeuge Y***) geschildert. Dass der Beschwerdeführer Herzprobleme hat, wurde bereits in der Beschwerde (S. 6) und im Vorlageantrag (S. 7) angeführt. Beide Zeugen gaben auch an, dass sich die Besuche des Beschwerdeführers in ***OrtT*** im Laufe der Zeit aufgrund der Erkrankung reduzierten. Er aber weiterhin Kontakt gehalten habe (S 2 der NS Einvernahme ***Zeuge Y***; und S 2, 3 NS Einvernahme ***Zeuge X***).

Dass der Beschwerdeführer aufgrund seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes versuchte, einen neuen Geschäftsführer zu finden, wurde vom Beschwerdeführervertreter (S 3 NS mündliche Verhandlung) und vom Zeugen ***Zeuge X*** (S 4 NS Einvernahme ***Zeuge X***) in der mündlichen Verhandlung ausgesagt. Dass der Zeuge ***Zeuge X*** ab 26. Mai 2015 der neue Geschäftsführer war, wurde von diesem in der mündlichen Verhandlung ausgesagt (S 2 NS Einvernahme ***Zeuge X***) und wird auch vom aktenkundigen Firmenbuchauszug vom 22. Mai 2025 bestätigt.

Die Feststellungen zur Wahrnehmung der Buchhaltungsagenden und zu deren Überprüfung bei der Primärschuldnerin stützen sich auf die glaubhaften Angaben des Zeugen ***Zeuge Y*** (vgl. S 2 und 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y***). Zu weiteren Überprüfungshandlungen machten weder der Zeugen ***Zeuge Y*** noch der Beschwerdeführer oder dessen Vertreter angaben, weshalb davon auszugehen ist, dass solche nicht stattgefunden haben.

Die Zuständigkeiten der Steuerberatungskanzlei gründen auf den sich nicht widersprechenden Angaben im Vorlageantrag (S 10) und in der mündlichen Verhandlung (vgl. S 5, 6 NS mündliche Verhandlung, S. 4 NS Einvernahme ***Zeuge X***, S 2 bis 4 NS Einvernahme ***Zeuge Y***).

Die Feststellung, dass die Steuerberatungskanzlei zumindest bis ins Jahr 2013 für die Primärschuldnerin tätig war, resultiert aus dem Umstand, dass der Jahresabschluss 2012 noch erstellt und am 19. Juli 2013 eingereicht wurde. Der Jahresabschluss 2013 wurde nicht mehr eingereicht (vgl. den Firmenbuchauszug vom 22. Mai 2025) Die Umsatzsteuererklärung 2013 und die Körperschaftsteuererklärung 2013 wurden auch nicht mehr eingereicht (vgl. die aktenkundige Androhung einer Zwangsstrafe vom 23. Oktober 2014 wegen nicht Einreichung der Umsatzsteuererklärung 2013 und Körperschaftsteuererklärung 2013).

Dass die zur Lohnverrechnung vorgelegten Zahlen übernommen wurden und eine Plausibilitätskontrolle durchfgeführt wurde, sodass gröbere Unrichtigkeiten aufgefallen wären, ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Zeugen ***Zeuge Y***, der insbesondere angab, es wäre aufgrund der Plausibilätiskontrolle aufgefallen, wenn die Zahlen "überhaupt nicht gepasst hätten", wenn ein Mitarbeiter etwa einen extrem hohen Lohn gehabt hätte (S 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y***).

Es wurde übereinstimmend von den Zeugen ausgesagt, dass der Beschwerdeführer regelmäßig darauf drängte, die Abgabenschulden fristgerecht zu entrichten (vgl. das aktenkundige Schreiben der ***Zeugin Z*** vom 7. April 2025, S. 2 NS Einvernahme ***Zeuge X***, S. 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y***). Dass die Kontrolle dieser Anweisung durch die Einsichtnahme in das Steuerkonto erfolgte, wurde vom Zeugen ***Zeuge Y*** ausgeführt (S 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y***). Der Zeuge ***Zeuge X*** und der Beschwerdeführervertreter hatten keine näheren konkreten Wahrnehmungen zur Kontrolle dieser Anweisung bzw. zur Kontrolle der Entrichtung der Abgaben (S 3 NS Zeuge ***Zeuge X***, S 6 NS der mündlichen Verhandlung).

Weder in der mündlichen Verhandlung noch in den vorgelegten Schriftsätzen wurden durch den Beschwerdeführer bzw. seinen Vertreter Angaben zu konkreten Überprüfungshandlungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin durch den Beschwerdeführer gemacht. Der Zeuge ***Zeuge Y*** legte befragt nach Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten (Einreichung von Abgabenerklärungen, Meldung von Abgaben und der fristgerechten und vollständigen Entrichtung der Abgaben) dar, dass sich die USt-Voranmeldungen aus den Auswertungen aus der Buchhaltung ergäben hätten und bei der Lohnverrechnung die Zahlen der Steuerberatungskanzlei übernommen und eine Plausibilitätskontrolle durchgeführt worden sei und er keine Wahrnehmung zu stichprobenartigen Überprüfgen der Zahlen der Lohnverrechnung habe. Er aber grundsätzlich davon ausgehe, dass man von deren Richtigkeit ausgehen könne (S 3 NS Einvernahme Zeuge ***Zeuge Y***). Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist daher davon auszugehen, dass abgesehen von festgestellten Handlungen (Anweisung die Abgaben zu fristgerecht zu entrichten, Einsicht in das Steuerkonto, Einsicht in die Saldenliste und Rücksprache mit dem Buchhalter bei Fragen zu einem Konto, Plausibilitätskontrolle der Zahlen der Lohnverrechnung) weitere Handlungen zur Kontrolle der Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten durch den Beschwerdeführer nicht stattgefunden haben. Auch eine stichprobenartige Kontrolle hinsichtlich der USt-Voranmeldungen und der Zahlen der Lohnverrechnung hat demnach nicht stattgefunden.

Nach den Ausführungen des Beschwerdeführervertreters ist davon auszugehen, dass die in der Beschwerde und im Vorlageantrag genannten Zahlungen vom Beschwerdeführer veranlasst wurden, weil sich dieser mit den Abgabenkonto auseinandersetzte (S 5 NS mündliche Verhandlung). Nach der Aussage von ***Zeuge Y*** (S. 3 NS Einvernahme ***Zeuge Y***) hat der Beschwerdeführer je nach Liquidität der Primärschuldnerin auch Teilzahlungen wie die Akontozahlungen an das Finanzamt geleistet. Ebenso hat der Beschwerdeführer nach den Ausführungen dieses Zeugen regelmäßig in das Abgabenkonto Einblick genommen (vgl. S 3 Einvernahme Zeuge ***Zeuge Y***). Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes erscheint es lebensnah, dass der Beschwerdeführer, wenn er einen Rückstand am Abgabenkonto bemerkte, versucht hat, diesen durch Zahlungen an das Finanzamt zu verringern.

Entgegen den Ausführungen des Zeugen ***Zeuge X*** (S 3 NS Einvernahme ***Zeuge X***) ist nicht davon ausgehen, dass die Primärschuldnerin im März/April 2015 über keine liquiden mittel mehr verfüg hat. Aus den mit Vorhaltsbeantwortung vom 26. Februar 2016 vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Kontoblättern der ***Bank*** geht hervor, dass im Zeitraum Jänner bis Mai 2015 noch Zahlungen, wie etwa Löhne, erfolgt sind. Darüberhinaus wurde auch in der Beschwerde (S. 4) und in der Bekanntgabe vom 15. März 2025, S 2) angeführt, dass bis zum Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer laufend Leasingabbuchungen und Zahlungen, die für das Überleben der Firma notwendig waren - Infrastruktur (PC, Telefon, Internet) entrichtet worden seien (S 3 Beschwerde). Auch aus den vorgelegten Kontoblättern sind Zahlungen an Telefon- und Internetanbieter (***Telefon und Intenetanbieter***) im Jänner bis Mai 2015 ersichtlich. Basierend auf diesen Grundlagen gelangt das Bundesfinanzgericht daher zu der Überzeugung, dass bis zum Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer liquide Mittel vorhanden waren.

Die Feststellungen zum Konkursverfahren der Primärschuldnerin gründen auf dem Firmenbuchauszug vom 22. Mai 2025.

Die noch unberichtigt aushaftenden Abgabenschulden konnten durch die am 5. Juni 2025 erfolgte Einsichtnahme in das Abgabeninformationssystem (AIX) ermittelt werden. Dass die Umsatzsteuer 2013, der Verspätungszuschlag 2013 und der Dienstgeberbeitrag 01/2015 nicht mehr unberichtigt aushaften, wurde auch von der belangten Behörde bestätigt (vgl. Stellungnahme vom 13. Jänner 2025).

Darüberhniaus wurden die Geschäftsführereigenschaft, die Feststellungen zum Konkursverfahren und die noch unberichtigt aushaftenden Abgabenschulden den Parteien vorgehalten. Diesen Ausführungen wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.

Die bescheidmäßige Vorschreibung der Körperschaftssteuer 04-06/2015, der Pfändungsgebühr, des Säumniszuschlages 2014, der Lohnsteuern 2012 bis 2013, der Dienstgeberbeiträge 2012 bis 2014 und der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 ergibt sich aus den aktenkundigen Bescheiden selbst.

Dass die Umsatzsteuer 12/2014, 02/2015 und 03/2015 auf Umsatzsteuervoranmeldungen beruhen, folgt aus der am 19. Mai 2025 über FinanzOnline durchgeführten Einsichtnahme in das Steuerkonto der Primärschuldnerin. Dass die noch unberichtigt aushaftenden Lohnsteuern 01/2015, 02/2015, 03/2015, 04/2015, Dienstegberbeiträge 02/2015, 03/2015, 04/2015 und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 01/2015, 02/2015, 03/2015, 04/2015 von der Primärschuldnerin gemeldet wurden, ergibt sich aus der Stellungnahme der belangten Behörde. Dies wurde auch in der mündlichen Verhandlung so dargelegt. Die Parteien haben dazu in der Verhandlung kein Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Falsche Bescheidadressierung

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, der angefochtene Bescheid sei wegen einer falschen Bescheidadressierung nichtig, ist dazu auszuführen, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bei der Bezeichnung des Beschwerdeführers lediglich bei einem Buchstaben geirrt hat. Die angegebe Adresse entsprach der im ZMR eingetragen Adresse des Beschwerdeführers (vgl. den aktenkundigen ZMR Auszug vom 25. Juli 2024). Nach Ansicht des Bundesfinanzgericht bestand kein Zweifel an der Identität des Empfängers des Haftungsbescheides.

Ein Deuten eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten ist zulässig und geboten, wenn die Identifizierung des Adressaten durch die fehlerhafte Bezeichnung nicht in Frage gestellt ist und kein Zweifel an der Identität des Empfängers besteht (vgl. VwGH 11. Juni 2021, Ro 2020/13/0005).

Vertreterstellung

Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Er war daher ein Vertreter gemäß § 80 Abs. 1 BAO und kommt daher grundsätzlich als Haftungsschuldner gemäß § 9 Abs. 1 BAO in Betracht.

Uneinbringlichkeit der vom Vertretenen geschuldeten Abgaben

Abgabenschulden

Die Umsatzsteuer 2013, der Verspätungszuschlag 2013 und der Dienstgeberbeitrag 01/2015 haften nicht mehr unberichtigt aus, weshalb der Beschwerdeführer nicht mehr zur Haftung für diese Abgaben heranzuziehen war.

Ein Eingehen auf das die Umsatzsteuer 2013 betreffende Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Festsetzung der Umsatzsteuer auf ungerechtfertigten Schätzungen beruht habe, Umsatzsteuervoranmeldungen für 2013 vorgelegen seien, das Betriebsergebnis 2013 negativ gewesen sei, keine Gläubigerbevorzugung stattgefunden habe, erübrigt sich daher. Im Übrigen wird auf die Bindung an den Abgabenbescheid im Haftungsverfahren verwiesen.

Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt beruhen die restlichen Abgaben auf bescheidmäßigen Vorschreibungen (Körperschaftssteuervorauszahlung, Säumniszuschlag, Lohnsteuer 2012 bis 2013, Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 und Pfändungsgebühr) bzw. wurden für diese Abgaben Meldungen durch die Primärschuldnerin abgegeben.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, besteht Bindung an den Abgabenbescheid (vgl. VwGH 29. April 2010, 2008/15/0085). Das Bundesfinanzgericht ist daher an die bescheidmäßig festgesetzten Abgaben gebunden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers der Säumniszuschlagbescheid vom 9. März 2015 wäre zu beheben bzw. "müsste angerechnet" werden, kann daher nicht zum Entfall der Haftung für den genannten Säumniszuschlag führen.

Soweit die Abgaben nicht durch Bescheid vorgeschrieben wurden, beruhen sie auf Meldungen der Primärschuldnerin. Es besteht für das Bundesfinanzgericht somit auch kein Zweifel am grundsätzlichen Bestand dieser Abgabenforderungen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass abgesehen von den bestrittenen Festsetzungen keine Schuld dem Finanzamt gegenüber bestanden habe. Dies wiederum bedeute, dass die an das Finanzamt entrichteten Beträge den Lohnsteuerverbindlichkeiten zuzuordnen seien und somit diesbezüglich kein Haftungsgrund bestehe. Die Lohnsteuern 2013 und in den folgenden Perioden seien bezahlt worden.

Mit diesem Vorbringen bringt der Beschwerdeführer vor, die Lohnsteuervebindlichkeiten seien durch geleistete Zahlungen bereits entrichtet worden. Damit wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Verrechnung der Zahlungen am Abgabenkonto.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftenden und der Abgabenbehörde über die Gebarung auf dem Abgabenkonto nicht im Haftungsverfahren, sondern in einem über Antrag auszulösenden Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO auszutragen. Ein solches Verfahren steht auch dem Haftungspflichtigen offen (vgl. VwGH 28. Juni 2016, 2013/17/0828, 24. Februar 2010, 2007/13/0093, 28. September 2004, 2001/14/0176, 26. Jänner 1999, 98/14/0154, 10. April 1997, 94/15/0188).

Hinsichtlich der Frage in welcher Höhe die im Haftungsbescheid angeführten Abgaben noch unberichtigt aushaften, ist daher von der am Abgabenkonto ausgewiesenen Höhe der Abgabenschuldigkeiten auszugehen.

Darüberhinaus wird daraufhin gewiesen, dass eine Einsicht über FinanzOnline in das Abgabenkonto der Primärschuldnerin (vgl. Auszug vom 19. Mai 2025) ergeben hat, dass sämtliche vom Beschwerdeführer angeführten Zahlungen auf dem Abgabenkonto verbucht und mit den bestehenden Abgabenschulden verrechnet wurden (Anm: Dieser Auszug wurde dem Beschwerdeführervertreter im Zuge der mündlichen Verhandlung auch vorgelegt). Bis auf zwei der genannten Zahlungen erfolgten die Zahlungen bereits vor der Verbuchung der im angefochtenen Bescheid genannten Abgaben. Weshalb diese Zahlungen bereits aus diesem Grund nicht mit den haftungsgegenständlichen Abgaben verrechnet werden konnten (vgl. § 214 Abs. 1 BAO, wonach die Verrechnung nur auf bereits verbuchte Abgabenschuldigkeiten zu erfolgen hat (vgl. auch Ellinger in Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 214 Anm. 7 (Stand 1.9.2020, rdb.at)).

In der Beschwerde wird vorgebracht, die angeführten Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 57.102,02 würden bestritten, da diese Summe allein für das Jahr 2013 Feststezungen in der Höhe von € 8.869,36, € 11.408,66 und € 31.421,54 beinhalten würde und die Festsetzung aus dem Jahr 2012 in der Höhe von € 10.965,80 darin nicht enthalten sei. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den € 57.102,02 um die Summe der Beträge der im Haftungsbescheid angeführten Abgaben handelt. Von den vom Beschwerdeführer genannten Beträgen wurde lediglich die Umsatzsteuer 2013 (€ 31.421,54) mit dem Haftungsbescheid geltend gemacht. Die anderen von ihm genannten Festsetzungen sind nicht Gegenstand des Haftungsverfahrens.

In seinem Vorbringen verweist der Beschwerdeführer immer wieder auf den Rückstand am Abgabenkonto zu bestimmten Stichtagen (19. Dezember 2013, 1. Dezember 2014, 14. April 2015). Nach dem 14. April 2015 seien lediglich € 1.000,00 hinzugekommen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die Abgabenschuldigkeiten auf € 57.102,02 gestiegen seien.

Die vom Beschwerdeführer genannten Stichtage liegen alle vor der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 2016. Wie den Daten des Steuerkontos der Primärschuldinerin (FinanzOnline Auszug vom 19. Mai 2025) zu entnehmen ist, kamen zu dem am 14. April 2015 bestehenden Rückstand in der Höhe vom € 39.545,08 noch weitere Abgaben hinzu. Darunter unter anderem die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben 02-04/2015, 2012, 2013, 2014, die U 02/2015, K 04-06/2015 und U 03/2015. Der Abgabenrückstand erhöhte sich somit um mehr als € 1.000,00. Bei den vom Beschwerdeführer genannten € 57.102,02 handelt es sich nicht um den Abgabenrückstand der Primärschuldnerin sondern um die Summe jener Abgaben, zu deren Haftung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid herangezogen wurde.

Der Beschwerdeführer führt unter anderem aus, dass Steuerkonto sei unübersichtlich und nicht nachvollziehbar. Dazu legt er im Vorlagantrag dar, am 19. Dezember 2013 habe der Rückstand € 17.948,46 betragen. Darin enthalten seien "Festsetzungen" in der Höhe von € 8.869,36 und 11.408,66. Diese Festsetzungen seien größer als der Rückstand.

Zum Verständnis des Abgabenkontos wird der Beschwerdeführer auf Folgendes hingewiesen: Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, grundsätzlich, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.

Der im Abgabenkonto ersichtliche Tagessaldo ("Rückstand") ist das Ergebnis dieser laufenden Verbuchung. Bei den vom Beschwerdeführer genannten Feststetzungen handelt es sich um die Umsatzsteuer 2011, die am 25. Februar 2013, und die Umsatzsteuer 2012, die am 15. Oktober 2013, auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin verbucht wurden. Die laufende Verrechnung und Verbuchung kann dazu führen, dass der Tagessaldo kleiner ist, als die bereits zuvor verbuchten Abgaben (etwa aufgrund zwischenzeitlich verrechneter Zahlungen oder Gutschriften). Der Rückstand/Tagessaldo am Abgabenkonto stellt nicht die Summe sämtlicher verbuchter zu zahlender Abgaben dar.

Mit dem Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer am 11. März 2014 durch das Finanzamt über die Einstellung einer Pfändung informiert und mittgeteilt worden sei, dass der Rückstand nicht mehr bestehe, wird darauf hingewiesen, dass wie dem vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Bescheid abzuleiten ist, sich die Mitteilung, dass der Rückstand nicht mehr bestehe, lediglich auf den der Pfändung zugrunde liegenden Rückstand bezogen hat. Bei dem im Bescheid über die Einstellung der Vollstreckung vom 11. März 2024 genannte Rückstand in der Höhe von € 4.663,39 handelt es sich um den am 6. März 2014 ausgewiesenen Tagessaldo. Die gegenständlichen Haftungsschulden wurden alle erst im Jahr 2015 (somit nach der Einstellung der Pfändung) auf dem Abgabenkonto verbucht (vgl. Auszug vom 19. Mai 2025). Für das beschwerdegegenständliche Haftungsverfahren kann daher aus der Einstellung der Vollstreckung nichts abgeleitet werden.

Weiters wurde in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, im Laufe des Konkurses seien Forderungen nicht eingebracht worden. Die Forderungen an Umsatzsteuer würden war auf Meldungen beruhen, allerdings hätten die zugrunde liegenden Forderungen im Zuge des Konkurses nicht hereingebracht werden können. Eine diesbezügliche Berichtigung sei allerdings vom Masseverwalter nicht durchgeführt worden und sei der Beschwerdeführer auch gesundheitlich nicht mehr in der Lage gewesen, sich darum zu kümmern. Die für das Jahr 2014 aushaftenden Umsatzsteuer in der Höhe von € 50,77 sei wohl noch zum Teil bezahlt worden, obwohl diese Forderung nicht mehr eintreibbar gewesen sei. Insofern handle es sich um die Bezahlung einer Nichtschuld und müsse die Zahlung auf die übrige Schuld angerechnet werden.

Zu diesem Vorbringen ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen, nach denen aufgrund der abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen vom Bestand dieser Abgabenforderungen ausgegangen wird. Eine aufgrund der Uneinbringlichkeit der Forderung allenfalls durchzuführenden Berichtigung der Umsatzsteuer wirkt sich erst nach erflogter Verbuchung und Verrechnung auf die Höhe des Haftungsbetrages aus (VwGH 9. April 1986, 84/13/0102). Eine Berichtigung hat nach den übereinstimmenden Ausführungen der Verfahrensparteien in der mündlichen Verhandlung nicht stattgefunden. Deshalb ist das die nicht eingebrachten Forderungen betreffende Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Uneinbringlichkeit

Bei der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO handelt es sich um eine Ausfallshaftung. Sie setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus (vgl. etwa VwGH vom 17. Dezember 2009, 2009/16/0092). Die Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl. Ritz/Koran BAO8, § 9 Rz 5)..

Der über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnete Konkurs wurde am ***DatumKA*** mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Firma wurde wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG aus dem Firmenbuch gelöscht. Es ist daher von der Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenforderungen auszugehen (vgl. VwGH 22. Oktober 2002, 2000/14/0083).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ohne die "ungerechtfertigten Festsetzungen durch die Finanz" die finanzielle Lage der Primärschuldnerin komfortabel gewesen wäre, vermag nichts daran zu ändern, dass aufgrund der Konkursaufhebung und mangels Kostendeckung und Löschung der Primärschuldnerin im Firmenbuch von einer Uneinbringlichkeit der Abgaben auszugehen ist.

Auch die Argumentation, wonach der Antrag auf Insolvenzeröffnung wegen € 38.916,65 gestellt worden sei und nunmehr in der Beschwerdevorentscheidung die Haftung um den Betrag von € 33.201,54 (U 2013 und Verspätungszuschlag 2013) reduziert worden sei und sich somit zum Insolvenzanlass eine Differenz von € 5.715,11 ergebe und es eher unwahrscheinlich sei, dass die belangte Behörde wegen dieser wesentlich niedrigeren Summe überhaupt einen Insolvenzantrag gestellt hätte, vermag dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg verhelfen.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass die in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommene Reduktion der Haftung erfolgte, weil die belangte Behörde die Ansicht vertrat, der Beschwerdeführer hätte hinsichtlich dieser Abgaben den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht. An der bescheidmäßigen Festsetzung dieser Abgaben hat sich nichts geändert. Auch an der vorliegenden Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der Primärschuldnerin kann diese Vorbringen nichts ändern.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Entrichtung der Abgaben, Gläubigergleichbehandlung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (vgl. VwGH 5. Oktober 2023, Ra 2023/13/0060). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden (vgl § 80 Abs 1 BAO). Keine Pflichtverletzung liegt vor, wenn die Abgabe nicht entrichtet wird, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 9 Rz 10).

Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt wurden die Abgaben trotz liquider Mittel nicht entrichtet.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde Beschwerdeführer aufgefordert, zur Gläubigergleichbehandlung bzw. zur fiktiven Gleichbehandlungsquote Stellung zu nehmen. Dazu wurden dem Beschwerdeführer insbesondere die Dienstgeberbeiträge und die Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag mit ihrer monatlichen Fälligkeit vorgehalten, da dies im bisherigen Verfahren nicht geschehen ist (vgl. VwGH 26. Mai 20212, Ra 2020/13/0073, 30. Jänner 2014, 2013/16/0199). Der Beschwerdeführer hat dazu ausgeführt, dass im Jahr 2013 € 16.218,59 an das Finanzamt abgeführt worden seien. Die belangte Behörde sei daher weder besser noch schlechter behandelt worden als alle anderen Gläubiger der Primärschuldnerin und seien zwei Zahlungen (dabei habe es sich um keine Schuld der Primärschuldnerin gehandelt) ohne Genehmigung des Beschwerdeführers durchgeführt worden.

Dieses Vorbringen entspricht nicht den höchstrichterlichen Kriterien, die an den Gleichbehandlungsnachweise gestellt werden (Nachweis, dass zu den streitgegenständlichen Fälligkeitspunkten kein Gläubiger besser behandelt wurde als der Abgabengläubiger; Nachweis, dass die vorhandenen liquiden Mittel ab der Fälligkeit für eine (im Vergleich zu den anderen Gläubigern) anteilige Befriedigung des Abgabengläubigers verwendet wurden, Berechnung der fiktiven Gleichbehandlungsquote).

Soweit darauf verwiesen wird, dass der Masseverwalter kontaktiert und um Übermittlung der Steuerunterlagen ersucht wurde, dieser aber keine Unterlagen mehr besitze, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser obliegt es dem Vertreter auch entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen (vgl. VwGH 27. Mai 2020, Ra 2020/13/0027).

Hingewiesen wird, dass - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch Zahlungen zur Erhaltung der Infrastruktur dem Gebot der Gläubigergleichbehandlung unterliegen (vgl. VwGH 17. August 1998, 97/17/0096).

Dem Beschwerdeführer ist somit der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht gelungen.

Ein Entfall der Haftung bzw. eine Beschränkung der Haftung aufgrund einer Gläubigergleichbehandlung bzw. des Nachweises der fiktiven Gleichbehandlungsquote kommt somit Beschwerdefall nicht in Betracht.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde dem Beschwerdeführer -obwohl für die Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt (VwGH 19. Oktober 2017, Ra 2016/16/0097) die Lohnsteuer monatlich nach Fälligkeitstagen aufgegliedert vorgehalten, um diesen in die Lage zu versetzen, konkret vorzulegen, weshalb welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet wurde (vgl. VwGH 30. Jänner 2014, 2013/16/0199). Auch hierzu hat der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht (vgl. die die Bekanntgabe vom 15. März 2025).

Im Vorlageantrag wird weiters vorgebracht, die Lohnsteuerprüfung habe im Oktober 2015 stattgefunden. Also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Konkurs bereits eröffnet und der Beschwerdeführer nicht mehr Geschäftsführer gewesen sei. Es sei klar, dass der Abgabenpflichtige zum Zeitpunkt seiner Geschäftstätigkeit keine Zahlungen habe leisten könne, deren Forderungsbestand damals nicht einmal bekannt gewesen sei.

Mit dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer, dass die Verpflichtung zur korrekten Entrichtung der Lohnabgaben (L, DB, DZ) bereits zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit bestanden hat. Die Abgaben wurden zum Großteil während der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers fällig. Ihn traf daher auch die Verpflichtung, für deren korrekte Entrichtung zu sorgen bzw. die Erfüllung dieser Verpflichtung zu kontrollieren.

Die Lohnsteuer 01-09/2012, der Dienstgeberbeitrag 01-09/2012 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01-09/2012 sind bereits vor der Bestellung des Beschwerdeführers zum Geschäftsführer fällig geworden. Auch hinsichtlich dieser Abgaben wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, für deren Entrichtung zu sorgen bzw. die Erfüllung dieser Verpflichtung zu kontrollieren (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 9 Rz 26).

Kontroll- und Überwachungspflichten

Laut dem festgestellten Sachverhalt hat der Beschwerdeführer seine Aufgaben bei der Primärschuldnerin an ***AB*** delegiert, die Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgten auf Grundlage der von ***Zeuge Y*** durchgeführten Buchhaltung und die Erstellung von Steuererklärungen, die Lohnverrechnung und der Jahresabschluss wurden zumindest bis 2013 von einer Steuerberatungskanzlei durchgeführt.

Wenn der verantwortliche Vertreter seine abgabenrechtlichen Pflichten auf eine andere Person überträgt, wird er dadurch nicht von seiner Verantwortung befreit. Es treffen ihn in einem solchen Fall Auswahl- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu Haftungsfolgen führen kann. Es gehört zu den Pflichten des zur Vertretung einer juristischen Person Berufenen, durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen dafür Sorge zu tragen, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten tatsächlich erfolgt. Der zur Vertretung einer juristischen Person Berufene hat die Tätigkeit der von ihm beauftragten Personen in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschließen, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleibt. Diese Überwachungspflicht besteht auch dann, wenn es noch nicht zu einer Fehlleistung der beauftragten Person gekommen ist. Die einem Geschäftsführer bei Beauftragung dritter Personen obliegende Überwachungspflicht kann nicht so verstanden werden, dass praktisch jeder einzelne an Mitarbeiter delegierte Arbeitsablauf auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen wäre. Wohl aber muss der Geschäftsführer dafür Sorge tragen, dass durch eine entsprechende innerbetriebliche Organisation, deren Funktionieren in geeigneter Weise - etwa mittels Stichproben - zu überprüfen ist, jener Aufgabenbereich ordnungsgemäß wahrgenommen wird, für den der Geschäftsführer verantwortlich ist (vgl. VwGH 21. Juni 2024, Ra 2023/13/0040 mwN).

Die hinsichtlich der fristgerechten Entrichtung der Abgaben erfolgte Anweisung des Beschwerdeführers, die Abgabenschulden fristgerecht zu entrichten und die Kontrolle der Befolgung dieser Anweisung durch Einsichtnahme in das Steuerkonto, stellen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine ausreichende Kontrolle der abgabenrechtlichen Pflicht zur fristgerechten Entrichtung von Abgabenschulden dar.

In der bloßen Anweisung allein kann keine Kontrollmaßnahme erblickt werden. Die Einsichtnahme in das Abgabenkonto stellt insofern kein taugliches Mittel dar, als in diesem lediglich bereits verbuchte Abgaben zu sehen sind und daher bereits fällige, aber noch nicht gebuchte Abgaben daraus nicht erkennbar sind (vgl. etwa den auch dem Beschwerdeführervertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszug des Steuerkontos der Primärschuldnerin vom 19. Mai 2025, aus dem etwa ersichtlich ist, dass die Umsatzsteuer 2013 erst im Februar 2015 oder die Lohnabgaben 01/2015 erst im März 2015 gebucht wurden).

Auch wenn der Beschwerdeführer die in der Beschwerde genannten Zahlungen an die belangte Behörde zur Reduzierung des Rückstands am Abgabenkonto leistete, führte dies nicht dazu, dass die haftungsgegenständlichen Schulden entrichtet wurden. Auch eine anteilsmäßige Befriedigung im Sinne der Gläubigergleichbehandlung konnte nicht nachgewiesen werden. Die meisten der haftungsgegenständlichen Abgaben haften auch noch mit ihren ursprünglichen Beträgen aus. Diese Zahlungen ändern auch nichts daran, dass der Beschwerdeführer nach den vorstehenden Ausführungen seiner Verpflichtung, die fristgerechte Entrichtung der Abgabenschulden zu kontrollieren, nicht (ausreichend) nachgekommen ist.

Bereits in der mangelnden Kontrolle der fristgerechten Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten liegt eine Pflichtverletzung des Beschwerdeführers, die für diese Abgaben haftungsbegründend sein kann.

Darüber hinaus stellen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch die weiteren Maßnahmen keine ausreichenden Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen dar.

Die Zahlen der Lohnverrechnung wurden, solange diese von der Steuerberatungskanzlei durchgeführt wurde, übernommen. Eine Plausibilitätskontrolle, die nur dazu geeignet ist, grobe Unrichtigkeiten festzustellen, stellt keine ausreichende Überwachungsmaßnahme dar. Die Zusammensetzung der Zahlen wurde nicht überprüft und fand auch keine stichprobenartige Kontrolle statt (vgl. das bereits genannten Erkenntnis des VwGH vom 21. Juni 2024 sowie Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9 E150o/E 4a (Stand 1.6.2013, rdb)).

Auch hinsichtlich der Buchhaltung und der auf deren Grundlage abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen konnten keine ausreichenden Kontrollmechanismen oder stichprobenartige Kontrollen der zugrunde liegenden Zahlen, etwa ob sämtliche Umsätze korrekt erfasst werden, nachgewiesen werden. Die Einsicht in die Saldenliste und bei Fragen erfolgte Einsicht in Konten, stellen kein ausreichendes Kontroll- und Überwachungssystem dar.

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens, ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin ausreichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen gesetzt hat, die es ausschließen konnten, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten, verborgen bleibt.

Gesundheitszustand des Beschwerdeführers

Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt verschlechterte sich der Gesundheitszustand ab 2014.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführerverteter vor, der Gesundheitsverfall hätte den Beschwerdeführer daran gehindert, seinen Aufgaben als Geschäftsführer nachzukommen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, der Beschwerdeführer angehalten gewesen wäre, von seiner Funktion als Geschäftsführer zurückzutreten oder innerhalb angemessener Zeit, einen Nachfolger zu finden. In Anbetracht des Umstandes, dass erst im Mai 2015 ein neuer Geschäftsführer gefunden werden konnte, die Verschlechterung des Gesundheitszustandes allerdings schon 2014 eingetreten ist, könnte nicht mehr von einer angemessenen Zeit ausgegangen werden.

Da der Beschwerdeführer noch in der Lage war, einen Nachfolger zu suchen und Kontakt nach ***OrtT*** zu halten, ist davon auszugehen, dass er auch in der Lage gewesen wäre, seinen Rücktritt als Geschäftsführer zu erklären. Auch der Beschwerdeführervertreter hat in der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage gewesen wäre, zurückzutreten (vgl. S 4 NS mündliche Verhandlung).

Aus all dem ergibt sich, dass im Beschwerdefall von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers auszugehen ist (vgl. die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wonach der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen ist, etwa VwGH 15. Juni 2023, Ra 2021/13/0156).

Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit der Abgabe

Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (VwGH 27. Mai 2020, Ra 2020/13/0027).

Im Hinblick auf die festgestellte schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist von der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit auszugehen.

Ermessen

Die Haftungsinanspruchnahme stellt eine Ermessenentscheidung dar. Diese hat sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (VwGH 16. Oktober 2002, 99/13/0060).

Die streitgegenständliche Abgabenschuld ist bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich. Daher dient die Geltendmachung der Haftung dem öffentlichen Interesse an der Sicherung und Einbringung der Abgabenschulden. Demnach ist die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers zweckmäßig.

Weitere Umstände, die im Rahmen der Ermessensübung auf Seiten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Es liegt insbesondere kein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits vor.

Im vorliegenden Fall wurde der Haftungsbescheid wenige Monate nach der Konkursaufhebung mangels Kostendeckung und vier Jahre bis ein Jahr nach dem Entstehen der Abgabenschuld geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Zeitraum von rund vier Jahren zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld und der Haftungsinanspruchnahme nicht als einen im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigenden langen Zeitabstand beurteilt (vgl. VwGH 15. Juni 2023, Ra 2021/13/0156).

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführerseine Aufgaben delegiert hat und ihm somit "lediglich" eine nicht ausreichende Kontrolle vorzuwerfen ist, führt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht zu einer Minderung der Haftung im Rahmen des Ermessens. Es haben sich nämlich keine, Umstände ergeben, die das Verschulden des Beschwerdeführers als besonders gering erscheinen lassen. Auch sein Gesundheitszustand im beschwerdegegenständlichen Zeitraum führt nicht zu einer Minderung, wäre es doch an ihm gelegen, von seiner Funktion zurückzutreten. Im Hinblick auf die Verpflichtung Beweisvorsorgen zu treffen, führt auch der Umstand, dass es nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mehr möglich war, Unterlagen vom Masseverwalter zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu beschaffen, nicht zu einer ermessensgeleitenden Minderung der Haftung.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis gründet auf den in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt und die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am 6. Juni 2025