JudikaturBFG

RV/5100273/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
25. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johannes Mayrhofer, LL.B., MB A, Schönauerstraße 7, 4400 Steyr, über die Beschwerde vom 2. September 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 29. Juli 2024, mit dem die Haftung für Abgaenrückstände der Firma ***XY*** GmbH, StNr. **StNrXY***, in Höhe von 12.831,01 € geltend gemacht wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diese s Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 15.05.2023 teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, dass die Geltendmachung der Haftung für ausständige Abgabenschuldigkeiten der Fa. ***XY*** GmbH in Liquidation iHv. 13.507,23 € beabsichtigt sei. Der Abgabenrückstand wurde detailliert aufgegliedert und der Beschwerdeführer aufgefordert, den Nachweis einer Gläubigergleich-behandlung in nachvollziehbarer Weise zu erbringen. Sollte dies nicht geschehen, liege es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten. Das beiliegende Formular EV6 Vermögensverzeichnis möge ausgefüllt retourniert werden.

Nach gewährter Fristerstreckung teilte der nunmehrige rechtliche Vertreter des Beschwerdeführers mit, dass er um Kenntnisnahme des Vollmachtverhältnisses ersuche und Zustellungen und Verfügungen ausschließlich an ihn vorzunehmen seien. Der Schuldner wäre als Geschäftsführer Vertreter der Abgabenschuldnerin ***XY*** GmbH, über welche per tt.11.2022 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Der haftungsrelevante Zeitraum laufe ab der Fälligkeit der ältesten Abgabenschuldigkeit bis zur Fälligkeit der jüngsten Abgabenschuld vor Insolvenzeröffnung. Die älteste Forderung wäre am 17.05.2021 fällig geworden. Der Verantwortlichkeitszeitraum des Beschwerdeführers würde spätestens mit Insolvenzeröffnung, somit mit tt.11.2022, enden. Maßgeblich sei daher die Gläubigergleichbehandlung in diesem Kalenderzeitraum. Der Rückstand der Abgabenforderungen lt. Schreiben vom 15.05.2023 betrage 13.507,23 €. Für die Quotenberechnung sei das AVZ aus dem Insolvenzverfahren als auch ein Auszug aus dem Unternehmerkonto (Geschäftskonto) herangezogen worden. Die Gesamtforderungen würden sich aus den getätigten Zahlungen lt. Kontoauszügen zusätzlich der aushaftenden Forderungen lt. AVZ ergeben. Die Gesamtforderungen der Dienstnehmer im relevanten Zeitraum würden sich aus den beiliegenden Auszahlungsjournalen ergeben. Von den Gesamtforderungen seien die Insolvenzforderungen sowie die vom Privatkonto des Geschäftsführers getätigten Lohnzahlungen abgezogen und sodann die Befriedigungsquote errechnet worden. In der Entscheidung VwGH 2501/19 94, 93/08/0023, habe der VwGH die Haftung des Geschäftsführers für den Fall verneint, dass diesem bei oder nach Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge keinerlei Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien und er deshalb aus eigenem Vermögen Lohn- und G ehaltszahlungen an die Arbeitnehmer geleistet habe. Auch wenn er dabei zwar faktisch den Sozialversicherungsträger schlechter behandelt habe als die Arbeitnehmer, sei diese Ungleichbehandlung über Eigenmittel erfolgt, auf deren Verwendung der Sozialversicherungsträger im Sinne einer zumindest anteiligen Befriedigung der offenen Beitragsforderungen keinen gesetzlichen Anspruch gehabt habe. Die Gläubigerforderungen, die nicht aus Mitteln des Unternehmens, sondern aus privaten Mitteln erfüllt worden seien, würden somit haftungsbefreiend für den Schuldner wirken. Diese Rechtsprechung sei auch analog auf die Abgaben des Finanzamtes anzuwenden. Quotenrechnung für den Kalenderzeitraum 17.05.2021 bis tt.11.2022:

Finanzamt24,36%
Lieferungen und Leistungen5,92%
Löhne62,24%
Krankenkasse30,09%
Magistrat27,18%
Durchschnittsquote36,56%

Durch diese Berechnung würde sich eine durchschnittliche Befriedigungsquote der Gläubiger ergeben. Der Durchschnitt dieser Quoten werde der Finanz-Zahlungsquote gegenübergestellt und somit die Höhe der Quotenbenachteiligung ermittelt. Die Durchschnittsquote betrage im oben genannten Zeitraum 36,56%. Die Finanz-Zahlungsquote betrage 24,36%. Da die Durchschnittsquote nicht wesentlich besser ausfalle als die Finanz-Zahlungsquote könne von keiner Gläubigerbenachteiligung des Finanzamtes gesprochen werden. Die Entscheidung über die Haftung des Geschäftsführers sei nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Betroffenen wäre somit maximal die Zahlung der Differenz zur Durchschnittsquote aufzutragen, da er trotz Liquiditätsengpässen versucht habe, die Finanzamtszahlungen zu tätigen. Diese seien teilweise sogar von dessen Privatkonto beglichen worden. Allein schon aufgrund dieses Umstandes könne nicht von einer schuldhaften Gläubigerbenachteiligung gesprochen werden. Als Beilagen wurden angeschlossen: Schreiben des Finanzamtes vom 15.05.2023 inklusive Rückstandsausweis, Schreiben der ÖGK vom 05.06.2023 inklusive Rückstandsausweis, Kontoauszug ÖGK für haftungsrelevanten Zeitraum, Auszug Geschäftskonto, Kontoauszüge Privatkonto, Auszahlungsjournale Löhne, Anmeldungsverzeichnis, Excelaufstellung Position Finanzamt, Excelaufstellung Position ÖGK, Excelaufstellung Position Löhne, Excelaufstellung Position Lieferungen und Leistungen, Excelaufstellung Position Magistrat, Excelaufstellung Zahlungsquoten, EV6 Vermögensverzeichnis gem. § 31a AbgEO.

Mit Bescheid vom 29.07.2024 machte das Finanzamt die Haftung der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Fa. ***XY*** GmbH in Liquidation iHv. 12.831,01 € geltend. Der Abgabenbetrag wurde wie folgt detailliert aufgeschlüsselt:

AbgabenartZeitraumFälligkeitstagBetrag (Euro)
Körperschaftsteuer04-06/202117.05.2021599,45
Körperschaftsteuer07-09/202116.08.20211.250,00
Dienstgeberbeitrag07/202116.08.2021118,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag07/202116.08.202110,33
Umsatzsteuer06/202115.08.2021219,63
Dienstgeberbeitrag08/202115.09.2021106,17
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag08/202115.09.20219,26
Umsatzsteuer07/202115.09.2021884,11
Dienstgeberbeitrag09/202115.10.2021136,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag09/202115.10.202111,87
Umsatzsteuer08/202115.10.2021649,74
Körperschaftsteuer10-12/202115.11.20211.250,00
Umsatzsteuer09/202115.11.2021772,71
Dienstgeberbeitrag10/202115.11.202192,49
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag10/202115.11.20218,06
Dienstgeberbeitrag11/202115.12.202160,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag11/202115.12.20215,25
Umsatzsteuer10/202115.12.2021906,76
Dienstgeberbeitrag12/202117.01.202218,26
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag12/202117.01.20221,59
Umsatzsteuer11/202117.01.2022404,31
Dienstgeberbeitrag01/202215.02.202257,16
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01/202215.02.20224,98
Körperschaftsteuer01-03/202215.02.2022437,00
Umsatzsteuer12/202115.02.2022689,51
Umsatzsteuer01/202215.03.202282,40
Pfändungsgebühr202206.04.2022113,99
Barauslagenersatz202206.04.20221,35
Umsatzsteuer02/202219.04.2022932,74
Dienstgeberbeitrag04/202216.05.202279,78
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag04/202216.05.20226,96
Körperschaftsteuer04-06/202216.05.2022437,00
Umsatzsteuer04/202215.06.20221.046,21
Dienstgeberbeitrag05/202215.06.202279,78
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag05/202215.06.20226,96
Pfändungsgebühr202222.06.202214,00
Barauslagenersatz202222.06.20221,35
Dienstgeberbeitrag06/202215.07.2022155,90
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag06/202215.07.202213,59
Umsatzsteuer03/202216.05.2022944,34
Körperschaftsteuer07-09/202216.08.2022126,00
Pfändungsgebühr202224.10.202210,00
Barauslagenersatz202224.10.20221,35
Umsatzsteuer202115.02.202273,78
Summe12.831,01

Nach Darlegung der gesetzlichen Grundlage wurde begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer insbesondere dafür zu sorgen hätte, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalten würde, entrichtet würden. Als Geschäftsführer der ***XY*** GmbH in Liquidation wäre er daher während seiner Vertretungsperiode verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, dass die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mitteln entrichtet würden. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei und der oben angeführte Rückstand in Folge schuldhafter Verletzung dieser Pflicht nicht eingebracht werden könne, wäre die Haftung auszusprechen. Im gegenständlichen Fall sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.05.2023 ein Ersuchen um Ergänzung/Auskunft zugestellt worden, in welchem er ua. aufgefordert worden sei, die Geleichbehandlung des Abgabengläubigers im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nachzuweisen.Mit Schriftsatz vom 20.07.2023 sei dieses Ersuchen um Ergänzung dahingehend beantwortet worden, dass für den geforderten Zeitraum 17.05.2021 bis tt.11.2022 eine Quotenberechnung vorgelegt worden sei. Dazu sei das Anmeldungsverzeichnis aus dem Insolvenzverfahren sowie ein Auszug aus dem Unternehmenskonto (Geschäftskonto) herangezogen worden. Nach dieser Berechnung würde sich eine Benachteiligung des Finanzamtes gegenüber den übrigen Gläubigern iHv. 12,2% ergeben. Diese vorgelegte Quotenberechnung könne jedoch nach Ansicht des Finanzamtes nicht zur Beurteilung einer Gläubigergleichbehandlung herangezogen werden, da in der Aufstellung der Gesamtverbindlichkeiten lediglich Lieferungen und Leistungen (AKM, ***A*** GmbH, Energie AG OÖ und A1 Telekom Austria AG), Löhne, Krankenkasse und Magistrat einen Niederschlag finden würden. Sämtliche übrige Verbindlichkeiten wie zB. Kontoführungskosten, Miete, Steuerberatungskosten, etc. seien bei der Summe der Gesamtverbindlichkeiten nicht berücksichtigt worden, weshalb die Quotenberechnung nicht den Tatsachen entsprechen würde. Außerdem gehe aus dem vorgelegten Girokonto Nr. 7096 geführt bei der ***Bank1*** im haftungsrelevanten Zeitraum lediglich eine einzige Überweisung an die Firma ***A*** GmbH iHv. 230,00 € am 27.04.2022 hervor. Es sei nach hierortiger Ansicht nicht anzunehmen, dass ein Friseursalon über einen Zeitraum von 1,5 Jahren mit einem bezahlten Wareneisatz iHv. 230,00 € bzw. offene Forderungen iHv. 1.987,34 € (das wären pro Monat 123,01 €) das Ausreichen finden würde. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass diverse Kosten dahingehend als Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt worden seien und diese Verbindlichkeiten, welche zu 100% getilgt worden seien, in der vorgelegten Quotenberechnung keine Berücksichtigung finden würden. Auch sei bei den diversen vorgelegten Dokumenten kein Kassakonto vorgelegt worden bzw. seien etwaige Barbewegungen in der Quotenberechnung nicht angeführt worden. Da jedoch anzunehmen sei, dass bei der Gemeinschuldnerin sehr wohl Barzahlungen gegeben gewesen seien, werde nochmals untermauert, dass die vorgelegte Quotenberechnung nicht der Realität entsprechen könne. Aufgrund der obigen Ausführungen sei somit nicht dargelegt worden, mit welchem Anteil sämtliche Gläubiger befriedigt worden wären, wenn die vorhandenen Mittel auf alle Gläubiger gleichmäßig verteilt worden wären. Der Beschwerdeführer sei somit seiner Behauptungs- und Beweispflicht im Zusammenhang mit dem Gläubigergleichbehandlungsgebot nicht nachgekommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliege es dem Vertreter, Nachweise zu erbringen, wie viele Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden seien und in welchem Ausmaß andere Gläubiger der Gesellschaft noch Befriedigung erlangt hätten. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise müsse das Finanzamt davon ausgehen, dass der Vertreter die ihm obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt habe und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall bei der Gesellschaft sei. Unter diesen Umständen sei die Haftung für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten daher in vollem Ausmaß geltend zu machen.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2024 brachte der ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Begründend wurde ausgeführt, dass kein Beweisverfahren durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in dessen Stellungnahme vom 20.07.2023 neben den vorgelegten Unterlagen als Beweis dessen Vernehmung angeboten. Ohne diese Vernehmung durchzuführen habe die belangte Behörde nun im bekämpften Bescheid ausgeführt, dass die Aufstellung der Gesamtverbindlich-keiten unvollständig wäre, weil hier etwa Kontoführungskosten, Miete oder Steuerberatungs-kosten nicht berücksichtigt seien. Darüber hinaus würde die belangte Behörde pauschal mutmaßen, dass der angegebene Wareneinsatz nicht nachvollziehbar sei, ohne dafür konkrete anderweitige Beweisergebnisse anzugeben. Es finde daher keine Würdigung unterschiedlicher Beweisergebnisse statt, sondern die belangte Behörde setze vielmehr deren Mutmaßungen anstelle einer Beweiswürdigung. Durch die Nichtaufnahme angebotener Beweise und einer unzureichenden Begründung der Annahmen, von denen der bekämpfte Bescheid offenbar ausgehe, sei dieser mit Rechtswidrigkeit aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.Der bekämpfte Bescheid weise keinerlei formale Gliederung betreffend Sachverhalts-feststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung auf, was im vorliegenden Fall insoweit von Relevanz sei, als unklar bleibe, welche Sachverhaltsannahmen die belangte Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundelege. Dabei seien Bescheide so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag finden würde, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Bundesfinanzgerichtes für dieses nachvollziehbar sei. Die belangte Behörde führe im bekämpften Bescheid jedoch lediglich aus, dass für sie die vorgelegte Quotenberechnung zur Beurteilung einer Gläubigergleichbe-handlung nicht herangezogen werden könne, da hier Verbindlichkeiten wie Kontoführungs-kosten, Miete oder Steuerberatungskosten etc. nicht berücksichtigt seien. Der belangten Behörde sei jedoch ein Auszug des Geschäftskontos vorgelegt worden, das den gesamten haftungsrelevanten Zeitraum abdecken würde. Ihr wäre es daher leicht möglich gewesen, näher zu konkretisieren und auch Feststellungen zu treffen, wovon sie dann letztlich im bekämpften Bescheid ausgegangen sei. Diese pauschale Aussage ohne nähere Begründung stelle weder eine Feststellung dar noch sei sie ansonsten geeignet einer Subsumtion zugeführt zu werden. Ähnlich verhalte sich dies auch mit der pauschalen Aussage der belangten Behörde, wonach der angegebene Betrag iHv. 1.987,34 € nicht der gesamte Wareneinsatz über einen Zeitraum von 1,5 Jahren sein könne. Die belangte Behörde würde mutmaßen, dass weitere Kosten im Wege von Zug um Zug Geschäften angefallen seien. Auch hier werde die vorgelegte Quotenberechnung pauschal in Frage gestellt, ohne jedoch konkrete Ersatzfeststellungen zu treffen. Ebenso pauschal werde die vorgelegte Quotenberechnung auch mit der Aussage in Frage gestellt, dass kein Kassakonto vorgelegt worden sei und auch etwaige Barbewegungen in der Quotenberechnung nicht angeführt worden seien. Ein einfacher Blick in den vorgelegten Kontoauszug des Geschäftskontos hätte jedoch ergeben, dass Zahlungen der Kunden entweder mittels Bankomatkarte oder die Kasseneingänge durch entsprechende Einzahlungen auf dem Geschäftskonto abgebildet seien und Eingang gefunden hätten. Auch hier würde der bekämpfte Bescheid aber wiederum völlig offenlassen, welche konkreten Ersatzfeststellungen aus welchen konkreten anderen Beweisergebnissen die belangte Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde lege bzw. hier annehmen würde. Die belangte Behörde habe den Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.Im Zusammenhang mit der Verletzung des Parteiengehörs wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, dem Beschwerdeführer Gehör zu den Erhebungser-gebnissen bzw. im konkreten Fall zumindest zu den Annahmen, zu der die belangte Behörde tendieren würde, einzuräumen. Dem Beschwerdeführer wäre es dann möglich gewesen, zur Tauglichkeit der vorgelegten Quotenberechnung Stellung zu nehmen sowie auch darzulegen, dass im gegenständlichen Friseursalon vorwiegend Männern die Haare als auch der Bart geschnitten worden seien, wozu kein besonderer Wareneinsatz notwendig sei. Darüber hinaus hätte der Beschwerdeführer auch die Mutmaßungen von in der vorgelegten Quotenbe-rechnung nicht enthaltenen Zug-um-Zug-Geschäften ausräumen zu können, weil eine derartige Zahlungsweise bei der Beschaffung des Wareneinsatzes schlichtweg nicht vorkommen würde. Der geringe Wareneinsatz, der für die Ausübung der Tätigkeit notwendig wäre, sei bestellt worden und werde dann entsprechend geliefert. Eine Barzahlung oder das Tätigen von Zug-um-Zug-Geschäften sei hier gar nicht möglich. Darüber hinaus sei der belangten Behörde der Wareneinsatz bekannt, weil es auch lebensfremd wäre, dass seitens der Primärschuldnerin dieser Wareneinsatz nicht in Form von Ausgaben in die Buchhaltung aufgenommen worden sei, um sich daraus die Vorsteuer zu holen. Die belangte Behörde habe konkrete Feststellungen unterlassen, aber auch jegliche beweiswürdigenden Erwägungen, welche von mehreren Beweisergebnissen der Vorzug zu geben sei. Anstatt dessen stelle die belangte Behörde lediglich Mutmaßungen in den Raum, ohne dass es sich dabei jedoch um mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Quotenberechnungen im Widerspruch stehende Beweisergebnisse handeln würde. Tauglichkeit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Quotenberechnung werde nur mit pauschalen Mutmaßungen in Frage gestellt. Sollten die diesbezüglichen Ausführungen im bekämpften Bescheid als beweiswürdigende Erwägungen gewertet werden, würden diese aus advokatorischer Vorsicht bekämpft. Verbindlichkeiten wie Kontoführungskosten würden einerseits betragsmäßig nicht ins Gewicht fallen und seien ohne Zutun der Primärschuldnerin oder des Beschwerdeführers schlichtweg von der kontoführenden Bank abgebucht worden. Derartige Kosten seien schon mangels aktiven - geschweige denn eines schuldhaften - Verhaltens nicht geeignet, dem Vorwurf einer Gläubigergleichbehandlung zu begründen. Was die Steuerberatungskosten anlagen würde, so seien diese lediglich bis Sommer 2021 bezahlt worden, weshalb die Steuerberatungskanzlei dann auch im Frühling 2022 jegliche Tätigkeit für die Primärschuldnerin eingestellt habe. Da für diese Position im haftungsrelevanten Zeitraum keine wesentlichen Zahlungen mehr erfolgt seien, könnten diese auch nicht gesondert angeführt bzw. berücksichtigt werden. Allenfalls hätten und würden diese die allgemeine Zahlungsquote nur senken.Gleichermaßen verhalte es sich auch, was die Miete anbelangen würde. Der monatliche Mietzins inklusive Betriebskosten Akonto im Jahre 2021 habe zunächst 1.816,08 € betragen und habe sich im Jahr 2022 auf 1.936,12 € erhöht. Im haftungsrelevanten Zeitraum von 05/2021 bis 10/2022 hätten die diesbezüglichen Gesamtkosten daher 33.889,84 € betragen. Davon seien 24.374,07 € und damit 71,92% bezahlt worden. Damit würde sich die Zahlungsquote aus Lieferungen und Leistungen lediglich auf 19,12% und die allgemeine Zahlungsquote auf 39,20% erhöhen. Auch damit läge jedoch keine wesentliche Gläubigernachbehandlung vor. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass es ausreichen würde, wenn sie schlichtweg die vom Beschwerdeführer vorgelegte Quotenberechnung zurückweise, ohne ein weiteres Beweisverfahren dazu durchzuführen oder Erhebungen dazu anzustellen. Es sei zwar richtig, dass es sich bei der Darstellung der Gläubigergleichbehandlung insofern um eine "Bringschuld" handeln würde, als der Geschäftsführer darzulegen habe, dass keine Benachteiligung des Finanzamtes gegenüber den anderen Gläubigern stattgefunden habe. Dies erlaube es der belangten Behörde jedoch nicht, die diesbezüglich vorgelegten Urkunden und Unterlagen schlichtweg in Frage zu stellen, ohne weitere Beweise - insbesondere auch nicht die beantragten - aufzunehmen und weitere Erhebungen durchzuführen. Vielmehr sei die belangte Behörde auch in diesen Fällen dazu verpflichtet, ein ordnungsgemäßes Verfahren durchzuführen, an dessen Ende nach einem abgeführten Beweisverfahren als Ergebnis konkrete Feststellungen getroffen werden müssten, anhand derer dann die rechtliche Beurteilung vorgenommen werden könne. Die belangte Behörde übersehe auch, dass die Entscheidung über die Haftung des Beschwerdeführers nach der Rechtsprechung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sei. Von einer Haftung sei daher bereits dann abzusehen, wenn sich aus dem abgeführten Beweisverfahren ergeben würde, dass das Finanzamt gegenüber den anderen Gläubigern im Grunde genommen gleich und jedenfalls nicht wesentlich schlechter behandelt worden sei. Dies lasse sich aus den vorgelegten Quotenberechnungen jedenfalls ableiten, weshalb von einer Haftungsinan-spruchnahme des Beschwerdeführers abzusehen sei. In diesem Sinne habe etwa auch die Österreichische Gesundheitskasse von einer Haftung des Beschwerdeführers abgesehen. Es würden daher die Anträge gestellt, das Bundesfinanzgericht möge gem. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen sowie gem. § 279 Abs. 1 BAO den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben. In eventu werde beantragt gem. § 278 Abs. 1 BAO den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverweisen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.02.2025 wies das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde im Zusammenhang zur Quotenberechnung im Wesentlichen ausgeführt, dass in der Aufstellung der Gesamtver-bindlichkeiten lediglich Lieferungen und Leistungen (AKM, ***A*** GmbH, Energie AG OÖ und A1 Telekom Austria AG), Löhne, Krankenkasse und Magistrat einen Niederschlag gefunden hätten. Sämtliche übrige Verbindlichkeiten wie zB. Kontoführungskosten, Miete, Steuerberatungskosten etc. seien bei der Summe der Gesamtverbindlichkeiten nicht berücksichtigt worden, weshalb die Quotenberechnung unvollständig sei. Aus den Unterlagen sei darüber hinaus keine Liste der Gläubiger (samt den Zug-um-Zug-Geschäften) ersichtlich. Ebenso fehle dem Parteivorbringen eine Auflistung, wann diese Gläubiger in welcher Höhe befriedigt worden seien. Auch sei bei den diversen vorgelegten Dokumenten kein Kassakonto vorgelegt worden bzw. seien etwaige Barbewegungen in der Quotenberechnung nicht angeführt worden.Folgende Unstimmigkeiten würden darüber hinaus die Unvollständigkeit der Unterlagen indizieren: Aus dem vorgelegten Girokonto gehe im haftungsrelevanten Zeitraum lediglich eine einzige Überweisung an die Firma ***A*** GmbH iHv. 230,00 € am 27.04.2022 hervor. Die Lebenserfahrung widerspreche der Annahme, dass ein Friseursalon über einen Zeitraum von 1,5 Jahren mit einem bezahlten Wareneinsatz iHv. 230,00 € das Auslangen finden würde. Die dahingehende Behauptung des Haftungspflichtigen sei ohne weitere Nachweise unglaubwürdig. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass diverse Kosten als Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt worden seien und diese Verbindlichkeiten, welche zu 100% getilgt worden seien, in der vorgelegten Quotenberechnung keine Berücksichtigung gefunden hätten. In der weiteren Folge sei auch keine Aufstellung hinsichtlich des Kassastandes (Barbewegungen) vorgelegt worden. Das Nichtvorliegen von Bareinnahmen im Friseurgewerbe widerspreche ebenso der Lebenserfahrung. Aus diesen Gründen sei die vorgelegte Quotenberechnung für die Abgabenbehörde unvollständig. Bezüglich der Buchführung seien von der Partei für die haftungsgegenständlichen Jahre keine Jahresabschlüsse vorgelegt worden. Solche wären auch im Insolvenzakt und im Firmenbuch nicht auffindbar. In den einzelnen Abgabenverfahren im haftungsrelevanten Zeitraum müssten mangels Abgabe von Steuererklärungen bzw. von Büchern und Aufzeichnungen die Abgabengrundlagen geschätzt werden.Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurden ausführlich die gesetzlichen Grundlagen sowie die diesbezügliche Judikatur und Rechtsprechung dargelegt. Bezogen auf den gegenständlichen Fall wurde darauf hingewiesen, dass der Haftungspflichtige vom 30.04.2021 bis tt.11.2022 Geschäftsführer der Primärschuldnerin und als solcher im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Dieser Zeitraum bilde den haftungsrelevanten Zeitraum. Die älteste Abgabe sei am 17.05.2021 fällig geworden. Aufgrund des aufgehobenen Konkursverfahrens und ergebnisloser Exekutionsmaßnahmen sei die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin erwiesen. Aufgrund der Ausführungen in der Beweiswürdigung sei die Behörde zum Ergebnis gekommen, dass die vorgelegten Unterlagen unvollständig seien. Die Unvollständigkeit der Unterlagen begründe auf rechtlicher Ebene eine fehlerhafte und daher unzureichende Quotenberechnung. Diese Quotenberechnung könne nach Ansicht des Finanzamtes nicht zur Beurteilung einer Gläubigergleichbehandlung herangezogen werden, weil im Rahmen der qualifizierten Mitwirkungspflichten der Partei nicht dargelegt worden sei, mit welchem Anteil sämtliche Gläubiger befriedigt worden wären, wenn die vorhandenen Mittel auf alle Gläubiger gleichmäßig verteilt worden wären und wie sich die allgemeine Zahlungsquote zu den entrichteten Abgaben verhalten würde. Eine qualifizierte Darstellung der Gläubigergleich-behandlung sei somit gescheitert. Als Geschäftsführer der Primärschuldnerin wäre der Haftungspflichtige während der Vertretungsperiode verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, dass bei der Primärschuldnerin eine ordnungsmäßige Buchführung iSd. §§ 189 ff UGB eingerichtet sei und die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mittel entrichtet würden. Eine abgabenrechtliche Buchführungsverpflichtung der Primärschuldnerin würde sich aus § 7 Abs. 3 KöStG iVm § 5 Abs. 1 EStG ergeben. Subsidär normiere auch § 124 BAO eine Buchführungs-pflicht. Selbst bei Übertragung der Buchführung an einen Dritten hätte der Haftungspflichtige als Geschäftsführer eine ordnungsgemäße Buchführung sicher zu stellen und habe darüber hinaus in regelmäßigen Abständen eine Überwachung vorzunehmen, die ausschließe, dass Steuerrückstände verborgen blieben. Die Nichtführung von Büchern sei eine eklatante Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten. Zusammengefasst wies das Finanzamt darauf hin, dass der Versuch einer Quotenberechnung durch den Haftungspflichtigen gescheitert sei. Daher sei die Haftung für die uneinbringlichen Abgabenschulden im vollen Ausmaß geltend zu machen. Darüber hinaus würde sich eine volle Haftung auch aus der Verletzung der Buchführungsplichten ergeben, weil diese ebenfalls schuldhaft und schadenskausal für den Abgabenausfall gewesen wäre. Die Buchführungsverpflichtung sei als abgabenrechtliche Pflicht unabhängig von der Pflicht zur Abgabenentrichtung zu beurteilen. Die Verletzung der Buchführungspflichten begründe bereits für sich alleine, also selbst bei Vorliegen einer Quotenberechnung, eine Berechtigung zur vollen Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen. Im Rahmen des Ermessens wurde darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall keiner der beispielhaft aufgezählten Gründe für die Unterlassung einer Haftungsinanspruchnahme des Haftungspflichtigen zutreffend sei. Das öffentliche Interesse der Abgabenbehörde an der Abgabeneinhebung (Zweckmäßigkeit) überwiege die persönlichen Gründe der Partei (Billigkeit).

Mit Schreiben vom 19.02.2025 brachte die beschwerdeführende Partei einen Vorlageantrag ein. Ein weiteres inhaltliches Vorbringen wurde nicht erstattet.

Mit Vorlagebericht vom 08.04.2025 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24.09.2025 brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass er seit etwa 15 Jahren einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgehe. Dies sei auch während seiner selbständigen Tätigkeit so gewesen. Mit diesem Geld habe er diverse betriebliche Ausgaben bezahlt. Das Friseurgeschäft sei von seinem Partner ***P*** geführt worden.Durch die Corona Epidemie habe das Geschäft einen ziemlichen Einbruch erlitten. ***P*** habe zwar versichert, dass das Geschäft eine wahre Goldgrube sei, er sei aber immer unzuverlässiger geworden, habe Termine nicht eingehalten und leere Versprechungen gemacht. Ob er sämtliche Barzahlungen auf das Geschäftskonto einbezahlt habe, könne der Beschwerdeführer nicht sagen. Als er merkte, dass das Geschäft tatsächlich nicht so gut gehe, seien sie schon mitten in der Misere gewesen.Ob der Steuerberater zu 100 % befriedigt worden sei, könne der Beschwerdeführer nicht sagen. In diesem Zusammenhang wurde eine Sammlung von Belegen vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer Steuerberatungskosten iHv 1.574,80 € aus privaten Mitteln bezahlt habe.Ebenso seien Miete und Betriebskostenakonti im Zeitraum von 17.05.2021 bis 24.10.2022 iHv 24.374,07 € aus privaten Mittel bezahlt worden. Diesbezüglich wurde ebenfalls eine Aufstellung vorgelegt.Die Richterin hielt dem Beschwerdeführer vor, dass aus der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2022 hervorgehe, dass die steuerpflichtigen Leistungen 6.535,86 € betragen würden. Die Einnahmen lt. Betriebskonto würden 1.315,62 € betragen. Auf die Frage, wie sich der Beschwerdeführer die Differenz von 5.220,24 € erklären würde, gab er bekannt, dass er die Frage nicht genau beantworten könne. Es sei schon so gewesen, dass aus den Bareinnahmen auch Löhne bezahlt worden seien. Wenn rasch Material benötigt wurde, sei jemand zum Geschäft für Friseurbedarf gefahren, habe die Dinge gekauft und aus den Bareinnahmen bezahlt. Der entsprechende Kassazettel sei dann unter die Ablage gelegt worden. Diese Unterlagen seien dem Steuerberater übergeben worden. Ob im März 2022 die Steuerberaterin für die Primärschuldnerin noch tätig gewesen sei, könne er nicht sagen. Die Umsatzsteuervoranmeldungen habe jedenfalls Herr ***P*** vorbereitet. Ob sie richtig gewesen seien, könne der Beschwerdeführer nicht beurteilen.Es wurde nochmals ausgeführt, dass die Primärschuldnerin hauptsächlich männliche Kunden gehabt hätte, die zur Bart- und Haarrasur gekommen seien. Dafür sei im Prinzip kein Material notwendig.Das monatliche Nettoeinkommen des Beschwerdeführers betrage derzeit etwa 3.000,00 €, im Übrigen werde auf die diesbezüglichen Ausführungen lt. Aktenlage verwiesen. Vor einem Jahr sei der Beschwerdeführer Vater geworden und habe daher eine Sorgepflicht.Der Finanzamtsvertreter beantragte die Abweisung der Beschwerde, die beschwerdeführende Partei die teilweise Stattgabe. Die neu berechnete Zahlungsquote betrage 39,20 % unter Einbeziehung der Mieten. Es werde beantragt, die Abgabenschulden im Haftungsbescheid mit derselben Quote vorzuschreiben, das wären etwa 2.650,00 €.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Firma ***XY*** GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 17.03.2021 gegründet. In diesem Friseursalon wurden in erster Linie männliche Kunden bedient und Haar- und Bartrasuren vorgenommen. Dafür ist ein geringer Wareneinsatz nötig. Der am tt.mm.jjjj geborene Beschwerdeführer fungierte ab 24.03.2021 bis zur Konkurseröffnung als Geschäftsführer der ***XY*** GmbH.

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom tt.11.2022 wurde über das Vermögen der ***XY*** GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom tt.08.2023 erfolgte die amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben haften zur Gänze am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aus.

Seit etwa 15 Jahren geht der Beschwerdeführer einer nichtselbständigen Tätigkeit nach. Er selbst hat nicht im Geschäft der Primärschuldnerin gearbeitet, er hat keine Friseurausbildung. Das Geschäft wurde von ***P*** geführt, der auch die buchhalterischen Vorarbeiten leistete, bis die Unterlagen der Steuerberaterin übergeben wurde. Der Beschwerdeführer kontrollierte die Bücher nicht, er kann deren Richtigkeit nicht bestätigen und weiß auch nicht, ob alle Bareinnahmen erfasst wurden.

Durch den Beschwerdeführer wurden keine Handlungen zur Kontrolle der Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin gesetzt. Eine Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen hat nicht stattgefunden, ebenso wenig eine Überprüfung der vollständigen Erfassung der Bareinnahmen.

Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2021 und 2022 wurden nicht eingereicht. Die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2021 und 2022 wurden vom Finanzamt im Schätzungsweg ermittelt.

Im Beschwerdeverfahren wurde nicht glaubhaft nachgewiesen, dass das Gleichbehandlungs-gebot eingehalten wurde, das heißt, dass sämtliche Gläubiger im gleichen Ausmaß befriedigt worden sind.Welche finanziellen Mittel in dieser Zeit der Primärschuldnerin zur Verfügung standen, konnte nicht glaubhaft dargelegt werden, weil für die Primärschuldnerin keine Bücher geführt wurden und keine Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen eingereicht wurden. Es gibt keine Aufzeichnungen über die Bareinnahmen. Fest steht jedenfalls, dass Zug-um-Zug Geschäfte getätigt wurden. Manche Gläubiger wurden zu 100 % befriedigt.

Der Beschwerdeführer hat die ihm als Vertreter der Primärschuldnerin aufgetragenen Pflichten, nämlich die Pflicht zur Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen, zur pünktlichen Abgabe korrekter Steuererklärungen und zur Unterlassung der Benachteiligung von Abgabenforderungen gegenüber anderen Forderungen, verletzt.

Der Beschwerdeführer ist 30 Jahre alt und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von etwa 3.000,00 € monatlich netto. Das Barguthaben beträgt ca. 3.000,00 €. Gemeinsam mit seiner Gattin besitzt er ein unbebautes Grundstück.Die Verbindlichkeiten bei Banken betragen insgesamt etwa 124.000,00 €, die monatlichen Rückzahlungen belaufen sich auf 1.260,00 €. Der Beschwerdeführer ist sorgepflichtig für ein einjähriges Kind.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, den Parteienvorbringen, Einsicht in das Firmenbuch, der Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung und aus dem Abgabeninformationssystem.

Die Feststellungen in Zusammenhang mit der ***XY*** GmbH ergeben sich im Wesentlichen aus der Firmenbuchabfrage zu FN ***123***.

Der Beschwerdeführer legte für die Primärschuldnerin keine Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und Jahresabgabenerklärungen vor. Es wurden keine Unterlagen geführt, aus denen die korrekte und vollständige Erfassung der Bareinnahmen hervorgeht. Vielmehr gestand der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu, dass er nicht sicher sei, ob alle Bareinnahmen erfasst worden sind.

Die Umsatzsteuer 03/2022 wurde anhand der eingereichten Voranmeldung festgesetzt und weist einen Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen iHv 6.535,86 € aus. Gegen die Höhe dieser bescheidmäßigen Festsetzung wendet sich die Beschwerde nicht (allfällige Einwendungen wären im Übrigen in einer Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzung - diese Möglichkeit eröffnet § 248 BAO - vorzubringen gewesen). Aus den vorgelegten Kontoauszügen des Geschäftskontos geht hervor, dass die Primärschuldnerin im Monat März 2022 Einnahmen iHv 1.315,62 € erzielt hat. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ausführt, dass gelegentlich Material aus Barmitteln bezahlt wurde, so ist dies ein Beweis dafür, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt wurde, die offensichtlich keinen Eingang in die Bücher gefunden haben. Die weitere Erklärung für die Diskrepanz zwischen Umsatzsteuervoranmeldung und Aufzeichnung der Einnahmen, nämlich dass mit den Barmitteln auch Löhne bezahlt wurden, geht insofern ins Leere, als einerseits Löhne in der Regel nicht bar bezahlt werden und andererseits der Beschwerdeführer behauptet hat, dass er Löhne aus seinem Privatvermögen bezahlt habe. Es ist offensichtlich, dass nur ein Bruchteil der Einnahmen auf dem Geschäftskonto verbucht wurde und die Verwendung der Barmittel nicht aufgezeichnet wurde.

In der Zeit von 25.05.2021 bis 27.04.2022 wurden am Geschäftskonto folgende Bareinzahlungen verbucht:

25.05.2021680,0006.07.2021500,0006.09.20211.470,00
26.05.2021520,0007.07.2021105,0008.09.2021375,00
07.06.2021700,0012.07.20211.742,0013.09.20211.220,00
14.06.20211.395,0019.07.20211.010,00Summe 202113.892,00
01.07.20211.600,0027.07.2021500,00
05.07.2021980,0005.08.20211.095,00
20.01.20221.350,00
27.04.2022864,00
Summe 20222.214,00

Von Mai bis September 2021 wurden durchschnittlich pro Monat Bareinzahlungen iHv 2.778,00 € (13.892,00 : 5) verzeichnet, von 12. September 2021 bis 20.01.2022 wurden gar keine Bareinzahlungen verbucht. Von 20.01.2022 bis 24.10.2022 betrugen die monatlichen Bareinzahlungen durchschnittlich 220,00 €. Aus dieser Darstellung ist zweifelsfrei ersichtlich, dass jedenfalls ab Oktober 2021 jene Zahlungen, die von Kunden bar entrichtet wurden, praktisch nicht mehr am Geschäftskonto verbucht wurden. Diese Annahme wurde insofern bestätigt, als der Beschwerdeführer nicht weiß, ob sämtliche Barzahlungen auf das Geschäftskonto einbezahlt wurden. Wenn der Beschwerdeführer versucht, die niedrigen Barzahlungen im Jahr 2022 im Verhältnis zu jenen im Jahr 2021 mit den Regelungen während der Corona Epidemie zu erklären, muss dem entgegengehalten werden, dass im Jahr 2022 die Regelungen bereits wieder lockerer wurden, sodass ein Rückgang der Barzahlungen um mehr als das 10fache damit nicht plausibel gemacht werden kann. Die diesbezügliche Aussage ist daher als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren.

Damit ist bewiesen, dass der Beschwerdeführer nicht nur wesentliche Aufzeichnungen nicht führte, sondern auch, dass die vorhandenen Unterlagen falsch sind.

Das Gleichbehandlungsgebot bedeutet, dass sämtliche Gläubiger mit derselben Quote befriedigt werden. Das heißt, um dem Gleichbehandlungsgebot nachzukommen, müssen sämtlichen Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag den zu diesem Zeitpunkt verfügbaren finanziellen Mittel gegenübergestellt werden. Mit der daraus resultierenden Quote sind sodann alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der Vertreter bei der Entrichtung von Verbindlichkeiten Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben. (VwGH vom 22.12.2015, Ra 2015/16/0128)

Im Erkenntnis vom 19.10.2017, Ra 2016/16/0097, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Vertreter nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann haftet, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschuld im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen.

Der Beschwerdeführer wurde erstmals mit Schreiben des Finanzamtes vom 15.05.2023 auf seine Behauptungs- und Beweispflicht hingewiesen und aufgefordert die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Im Haftungsbescheid, in der Beschwerdevorentscheidung und zuletzt im Vorlagebericht wurde jeweils ausführlich darauf hingewiesen, dass es am Beschwerdeführer liegt, die Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen bzw. eine Aufstellung vorzulegen, aus der hervorgeht, mit welcher Quote das Finanzamt zu befriedigen gewesen wäre, wenn alle Gläubiger gleichbehandelt worden wären.

Die beschwerdeführende Partei hat zwar eine Berechnung vorgelegt, aus der hervorgeht, welche Gläubiger mit welcher Quote befriedigt und in welchem Ausmaß die Abgabenschulden unter der durchschnittlichen Befriedigungsquote entsprechend getilgt wurden. Dieser Berechnung wurde das Anmeldeverzeichnis aus dem Insolvenzverfahren zugrunde gelegt. Dieses ist jedoch für das Haftungsverfahren insofern nicht ausschlaggebend, als dort nur unbefriedigte bzw. teilweise unbefriedigte Gläubiger aufscheinen und nicht jene, deren Verbindlichkeiten schon vor Eröffnung des Konkursverfahrens zur Gänze getilgt wurden. Außerdem wurden die Zug-um-Zug-Geschäfte nicht berücksichtigt, die es laut Aussage des Beschwerdeführers sehr wohl gegeben hat.In der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 20.07.2023 wurde ausgeführt, dass sich die Gesamtforderungen der Dienstnehmer im relevanten Zeitraum aus den Auszahlungsjournalen errechnen würden. Von den Gesamtforderungen seien sodann die Insolvenzforderungen sowie die vom Privatkonto des Beschwerdeführers getätigten Lohnzahlungen abgezogen und dann eine Befriedigungsquote von 62,24 % errechnet worden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass es möglich sei, dass Löhne auch aus den Bareinnahmen getätigt wurden. In logischer Folge wäre dann von einer höheren Befriedigungsquote auszugehen. Da es aber keine Aufzeichnungen über die Bareinnahmen und deren Verwendung gibt, kann die Aussage nicht verifiziert werden.

Die Quotenberechnung enthält einerseits nicht alle Gläubiger (Zug-um-Zug-Geschäfte) und basiert andererseits auf einem für diese Berechnung ungeeigneten Anmeldeverzeichnis, einem Geschäftskonto, auf dem nicht alle Einnahmen erfasst sind und auf dem Umstand, dass Barzahlungen und deren Verwendung nicht aufgezeichnet wurden. Eine Quotenberechnung, die auf unvollständigen, ungeeigneten und falschen Grundlagen basiert, ist für den Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung völlig ungeeignet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Die in den Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 BAO voraus, dass eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht, die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis des §§ 80 ff BAO gehört, eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertreters vorliegt und die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.

3.1.1. Zur Vertreterhaftung

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer ab der Gründung der Primärschuldnerin bis zur Konkurseröffnung der Geschäftsführer der Primärschuldnerin war.

Die Haftung nach § 9 BAO stellt nicht die Haftung für einen Schaden dar, welcher dem Abgabengläubiger bei Gesamtbetrachtung der Abgabenschulden mehrerer Abgabenschuldner entstanden ist, sondern der Tatbestand des § 9 BAO stellt darauf ab, dass Abgabenschulden eines Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können.

Als Geschäftsführer der Primärschuldnerin war der Beschwerdeführer im haftungsrelevanten Zeitraum (17.05.2021 bis 24.10.2022) ihr abgabenrechtlicher Vertreter.

3.1.2. aushaftende Abgabenschuldigkeiten gegenüber der Primärschuldnerin

Die haftungsgegenständlichen Abgaben haften am Abgabenkonto der Primärschuldnerin unberichtigt aus.

3.1.3. Zur Uneinbringlichkeit

Die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin steht aufgrund der Löschung wegen Vermögenslosigkeit unbestritten fest.

3.1.4. Zur schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten

Für die Haftung relevant ist die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (zB Entrichtungspflicht in § 80 Abs 1 letzter Satz, aus der das Gleichbehandlungsgebot abgeleitet wird, Einbehaltungs- und Abfuhrpflicht gem § 78 Abs. 3 EStG 1988 für Lohnsteuer oder gem § 95 Abs. 2 Satz 2 EStG 1988 für Kapitalertragsteuer, Buchführungspflicht gem § 124ff BAO).

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die gesetzlich vorgesehenen Abgabenerklärungen rechtzeitig und richtig eingereicht werden (VwGH 29.05.2001, 2001/14/0006).Der Beschwerdeführer hat nicht dafür Sorge getragen, dass die Primärschuldnerin Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2021 und 2022 einreicht. Damit hat er abgabenrechtliche Verpflichtungen verletzt.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört auch die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen. Der Beschwerdeführer hat weder selbst die gesetzmäßigen Aufzeichnungen geführt noch einen Dritten mit der ordnungsmäßigen Buchhaltung betraut. Damit hat er ebenfalls abgabenrechtliche Verpflichtungen verletzt.

Den Vertreter trifft die Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung bzw. Abfuhr von Abgabenverbindlichkeiten. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertreter die Gleichbehandlungpflicht erfüllt hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (VwGH 22. 4. 2015, 2013/16/0208).Die haftungsgegenständlichen Abgaben wurden nicht rechtzeitig und nicht vollständig entrichtet, wodurch der Beschwerdeführer abgabenrechtliche Verpflichtungen verletzt hat.

Aufgabe des Geschäftsführers ist es, im Verwaltungsverfahren allfällige Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, die Abgabenschulden am oder nach dem Fälligkeitstag zu begleichen. Er hat darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden sind, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden waren. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Primärschuldnerin haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. (vgl. VwGH 30.05.1989, 89/14/1989)

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass das Friseurgeschäft eigentlich von seinem Partner ***P*** geführt worden ist.

Wenn der verantwortliche Vertreter seine abgabenrechtlichen Pflichten auf eine andere Person überträgt, wird er dadurch nicht von seiner Verantwortung befreit. Es treffen ihn in einem solchen Fall Auswahl- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu Haftungsfolgen führen kann. Es gehört zu den Pflichten des zur Vertretung einer juristischen Person Berufenen, durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen dafür Sorge zu tragen, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten tatsächlich erfolgt. Der zur Vertretung einer juristischen Person Berufene hat die Tätigkeit der von ihm beauftragten Personen in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschließen, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleibt. Diese Überwachungspflicht besteht auch dann, wenn es noch nicht zu einer Fehlleistung der beauftragten Person gekommen ist. Die einem Geschäftsführer bei Beauftragung dritter Personen obliegende Überwachungspflicht kann nicht so verstanden werden, dass praktisch jeder einzelne an Mitarbeiter delegierte Arbeitsablauf auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen wäre. Wohl aber muss der Geschäftsführer dafür Sorge tragen, dass durch eine entsprechende innerbetriebliche Organisation, deren Funktionieren in geeigneter Weise - etwa mittels Stichproben - zu überprüfen ist, jener Aufgabenbereich ordnungsgemäß wahrgenommen wird, für den der Geschäftsführer verantwortlich ist (vgl. VwGH 21. Juni 2024, Ra 2023/13/0040 mwN).

Der Beschwerdeführer hat die Tätigkeit seines Partners überhaupt nicht kontrolliert. Ihm ist nicht einmal aufgefallen, dass in der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2022 Einnahmen iHv 6.535,86 € gemeldet wurden, während lt. Betriebskonto Einnahmen iHv 1.315,62 € verzeichnet wurden.

In der mangelnden Kontrolle der vollständigen und korrekten Aufzeichnung der Einnahmen der Primärschuldnerin liegt eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Beschwerdeführers.

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (VwGH vom 23.3.2010, 2007/13/0137).

Damit der Geschäftsführer seine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast erfüllt, ist die Darstellung der konkreten finanziellen Situation der Gesellschaft und ihrer Gebarung im fraglichen Zeitpunkt erforderlich (VwGH 27.05.2020, Ra 2020/13/0027). Dass dieser Darstellung korrekte und vollständige Aufzeichnungen zugrunde liegen müssen, liegt auf der Hand.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, hat der Beschwerdeführer für die Quotenberechnung unrichtige, ungeeignete und unvollständige Unterlagen herangezogen, die für einen Nachweis, in welcher Höhe die Abgabenverbindlichkeiten bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen zu bedienen gewesen wären, gänzlich ungeeignet sind.

Somit liegt eine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten in mehrfacher Hinsicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (VwGH 17.05.2004, 2003/17/0134).

Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gilt jede Form des Verschuldens. Leichte Fahrlässigkeit genügt.

Dass der Beschwerdeführer seine abgabenrechtlichen Pflichten, nämlich die Aufzeichnungspflichten, die Pflicht zur fristgerechten Abgabe von Abgabenerklärungen und die pünktliche und vollständige Entrichtung bzw. Abfuhr der Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin aus deren vorhandenen Mitteln, schuldhaft verletzt hat, wurde bereits dargelegt. Er hat sich um die Geschäftsgebarung praktisch nicht gekümmert und hat seine Kontrollpflichten gegenüber seinem Partner gröblich verletzt.

3.1.5. Kausalzusammenhang

Die Pflichtverletzung muss ursächlich für die Uneinbringlichkeit sein (VwGH 19.05.2015, 2013/16/0016). Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war (VwGH 13.04.2005, 2002/13/0177; VwGH 17.05.2004, 2003/17/0134).Die beschwerdeführende Partei konnte nicht nachweisen, dass der Abgabenausfall auch eingetreten wäre, wenn sie die abgabenrechtlichen Pflichten nicht verletzt hätte. Vor allem ist der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung bei mangelhaften, unvollständigen und unrichtigen Aufzeichnungen nicht möglich.

3.1.6. Ermessen

Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 224 BAO ist in das Ermessen (§ 20) der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist (VwGH 25.03.2010, 2009/16/0104; vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren³, § 224 Anm. 11).

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (Ritz, BAO6, § 20 Tz 7).

Das Grad des Verschuldens des Vertreters ist zwar eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können. Da der Beschwerdeführer jedoch gleich mehrere abgabenrechtliche Verpflichtungen verletzt hat, kann von einem besonders geringen Verschulden jedenfalls nicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer bezieht Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, die über dem Existenzminimum liegen und ist erst 30 Jahre alt, sodass mit der Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben noch zu rechnen ist.

Im Rahmen des Ermessens ist auch zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der in Haftung gezogenen Abgaben dem Beschwerdeführer eine vorsätzliche Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten zur Last zu legen ist, was gegen eine Einschränkung der Haftungssumme spricht.

In seinem Erkenntnis vom 20.09.2023, Ra 2023/13/0050, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (vgl. etwa VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensmissbrauch liegt dann vor, wenn ein solcher Umstand bei der Ermessensentscheidung überhaupt nicht berücksichtigt wird (vgl. VwGH 22.6.2022, Ra 2021/13/0132, mwN)."

Dahingehend ist festzustellen, dass im gegenständlichen Fall ein langer Zeitabstand zwischen dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin (22.03.2023) einerseits und der Erlassung des Haftungsbescheides (29.07.2024) anderseits nicht vorliegt, sodass unter diesem Aspekt eine Minderung der Haftungsschuld einer Ermessensüberschreitung gleichkäme.

Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen. In Hinblick auf die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin ist die Geltendmachung der Haftung die einzige Möglichkeit, für die Einbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben zu sorgen.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Die gegenständliche Entscheidung orientiert sich an der zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 25. September 2025