JudikaturVwGH

Ra 2023/13/0050 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
20. September 2023

Für den Fall, dass die vorhandenen Mittel nicht ausreichten, um sämtliche Verbindlichkeiten voll zu tilgen, ist für die Darstellung der Gläubigergleichbehandlung zunächst der Nachweis zu erbringen, dass die Abgabenschulden gegenüber anderen Verbindlichkeiten nicht benachteiligt wurden, indem konkret und nachvollziehbar dargelegt wird, dass von den Abgabenschulden nicht eine geringere Quote beglichen wurde als von anderen Verbindlichkeiten, wobei auch Zug-um-Zug Geschäfte zu berücksichtigen sind (vgl. für viele VwGH 22.12.2015, Ra 2015/16/0128, mwN). Dabei kommt es nicht nur auf die am Fälligkeitstag geleisteten Tilgungen an; der Haftende hat vielmehr darzutun, dass er die vorhandenen liquiden Mittel ab der Fälligkeit für eine (im Vergleich zu anderen Gläubigern) anteilige Befriedigung des Abgabengläubigers verwendet hat (vgl. etwa VwGH 22.4.2009, 2008/15/0283; 14.1.2003, 97/14/0176). Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die Haftung des Vertreters dennoch mit jenem Betrag begrenzt, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat (vgl. VwGH 21.12.2007, 2007/17/0204; 22.9.1999, 96/15/0049), wobei es am Vertreter liegt, diese Quote zu berechnen. Dafür ist erforderlich, dass die gesamten (fälligen) Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin inklusive der Abgabenverbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der Abgaben den vorhandenen liquiden Mitteln gegenübergestellt werden und jene Quote errechnet wird, die sich bei gleichmäßiger Aufteilung der liquiden Mittel auf die (fälligen) Verbindlichkeiten sämtlicher Gläubiger ergibt (vgl. VwGH 24.1.2013, 2012/16/0100; 29.1.1993, 92/17/0042). In Zeiträumen nach der Fälligkeit der Abgaben zugeflossene liquide Mittel sind dabei ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. VwGH 28.6.2022, Ra 2020/13/0067; 23.3.2010, 2007/13/0137), weil die Verpflichtung zur Entrichtung der Ababenschuldigkeiten erst mit deren Abstattung endet (vgl. VwGH 28.6.2022, Ra 2020/13/0039; 30.5.1989, 89/14/0043). Die quotenmäßige Berücksichtigung dieser weiteren liquiden Mittel kann gegebenenfalls auch überschlägig erfolgen (vgl. VwGH 24.2.2010, 2005/13/0124).

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