JudikaturBFG

RV/2100006/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
17. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 1. Oktober 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 27. September 2024 betreffend Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Anbringen vom 25.07.2023 beantragte der Beschwerdeführer ***Bf1*** (im Folgenden Bf.) die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2019 (Bescheid vom 26.06.2020) mit folgender Begründung:

" Begründend führe ich aus, dass das Finanzamt Graz-Stadt bisher bestritten hat, dass die von mir betriebene Vermietung eine Einkommensquelle darstellt und dementsprechend die in meiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 geltend gemachten Steuerabschreibungen abgewiesen hat. Demgegenüber geht die Behörde im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2022 jedoch offensichtlich davon aus, dass die von mir betriebene Vermietung sehr wohl eine Einkommensquelle darstellt, da sie im Rahmen eines Ergänzungsersuchens Nachweise für den Eingang von Mietzinszahlungen, AfA, sowie Instandhaltungskosten angefordert hat."

Das Finanzamt wies den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 27.09.2024 mit der Begründung ab, dass die Begründung des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages aufgrund des Einkommensteuerverfahrens 2022 ins Leere geht, war der Antrag abzuweisen.

(Anmerkung Gericht: Gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom 15.01.2024 hatte der Bf. ebenfalls Beschwerde eingebracht und wurde in dieser von ihm unter anderem angeführt:

"Das erklärte Einkommen aus Vermietung- und Verpachtung ziehe ich hingegen zurück, da die Vermietung im Jahr 2023 aufgegeben wurde und daher wie vom VFG festgestellt, keine diesbezüglichen Einkünfte vorliegen, da innerhalb der gegenständlichen Zeitspanne kein Gewinn zu erwarten ist. ")

In der gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags betreffend Einkommensteuer 2019 eingebrachten Beschwerde vom 01.10.2024 verwies der Bf. vollinhaltlich auf die Begründung des Antrags.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.11.2024 wies das Finanzamt die Beschwerde unter Verweis auf die Ausführungen im Bescheid vom 24.03.2021 ab. Ergänzend begründete das Finanzamt die Abweisung damit, dass der Bf. für das Jahr 2022 "das erklärte Einkommen aus Vermietung - und Verpachtung zurückgezogen hat, sodass die Begründung des gegenständlichen Antrags ins Leere geht.

Am 24.11.2024 brachte der Bf. einen Vorlageantrag ohne weitere Ausführungen ein.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Sachverhalt stellt sich wie im Verfahrensgang dargestellt dar und nimmt das Gericht diesen als erwiesen an.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage

§ 303 (1) BAO: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenna) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oderb) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oderc) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(…)

Wiederaufnahme

Nach Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt beispielsweise VwGH 24.02.2021, Ra 2020/15/0105 ist Zweck der Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058). Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. VwGH 26.11.2015, Ro 2014/15/0035). Das Neuhervorkommen von Tatsachen ist bei der beantragten Wiederaufnahme aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen (vgl. VwGH 29.03.2017, Ro 2016/15/0036).

Im Beschwerdefall beantragte der Bf. die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend des Einkommensteuerbescheides 2019 vom 26.06.2020 nun aus folgenden Gründen:

- weil das Finanzamt Graz-Stadt bisher bestritten hat, dass die von mir betriebene Vermietung eine Einkommensquelle darstellt und dementsprechend die in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 geltend gemachten Steuerabschreibungen abgewiesen hat.

- weil das Finanzamt im Rahmen eines Ergänzungsersuchens betreffend Einkommensteuerverfahren 2022 mittels Vorhalt Nachweise für den Eingang von Mietzinszahlungen, AfA, sowie Instandhaltungskosten angefordert hat und daher offensichtlich davon ausgeht, dass die vom Bf. betriebene Vermietung sehr wohl eine Einkommensquelle darstellt.

Keiner der ins Treffen geführten Gründe stellt eine neue Tatsache bzw. ein neues Beweismittel iSd § 303 Abs 1 lit b BAO dar:

Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung allein oder iVm dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0097 unter Verweis auf VwGH 23.11.2016, Ra 2014/15/0006, mwN).

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen - gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neue Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden - sind keine Tatsachen (VwGH 26.02.2015, 2012/15/0164 unter Hinweis auf VwGH 23.4.1998, 95/15/0108).

Die von der Abgabenbehörde vertretene Rechtsansicht im hier strittigen Verfahren, nämlich dass es sich bei der Vermietung um keine Einkunftsquelle handelt, stellt keine neue Tatsache bzw. kein neues Beweismittel dar.

Auch das Abverlangen von Unterlagen für ein anderes Veranlagungsjahr (nämlich das Jahr 2022) ist keine neue Tatsache und stellt auch keine neuen Beweise dar, sondern ist dies die gem. § 116 BAO vorgeschriebene Vorgehensweise der Abgabenbehörde zur Prüfung von Abgabenerklärungen. Dieser Vorgangsweise an sich bereits eine inhaltliche Wertung beizumessen und daraus zu schließen, dass die Abgabenbehörde hier eine Einkommensquelle erkenne, ist nicht nachvollziehbar. Auch betraf dieses Ergänzungsersuchen nicht das hier strittige Jahr, sondern ein Folgejahr, in welchem der Bf. selbst der Abgabenbehörde bekanntgab, dass er die Geltendmachung der Einnahmen und Ausgaben dieses Jahres aus Vermietung und Verpachtung zurückzieht. Da jedes Jahr gesondert zu betrachten ist, kann dieses Argument dem Bf. nicht zum Erfolg verhelfen. Hingewiesen wird weiters darauf, dass in den Verfahren des Bf. betreffend die Jahre 2019, 2020, 2021 sowohl die Abgabenbehörde als auch das angerufene Gericht nach wie vor die Vermietung und Verpachtung nicht als Einkunftsquelle anerkannten.

Damit konnte der Bf. keine Gründe für eine Wiederaufnahme dartun. Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall waren die vorgebrachten Gründe anhand der einheitlichen Rechtsprechung des VwGH zu prüfen. Damit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Graz, am 17. April 2025