Dienstordnung für die Gesundheitsämter – Besonderer Teil
§ 1
§ 2Ausübung des Heilgewerbes durch Personen ohne staatliche Anerkennung.
§ 3Überwachung und Musterung des Geschäftsbetriebs.
§ 4Teilnahme an Apothekenbesichtigungen.
§ 5Apothekenvorstände.
§ 6Apothekerassistenten.
§ 7Apothekerpraktikanten.
§ 8Prüfung des Personals für Krankenhausapotheken.
§ 9Errichtung neuer Apotheken.
§ 10Besichtigung der Drogen- und ähnlichen Handlungen.
§ 11Berichterstattung.
§ 12Mitwirkung bei Erteilung der Genehmigung zum Handel mit Giften.
§ 13Beaufsichtigung der Hebammen.
§ 14Prüfung der sich zum Hebammenberufe meldenden Personen.
§ 15Nachprüfung der Hebammen.
§ 16Förderung des Hebammenwesens.
§ 17§ 18
Verwarnungen, Bestrafungen.
§ 19§ 20
§ 20
§ 21Desinfektoren.
§ 22Leichenschauer.
§ 23Ortsbesichtigungen.
§ 24Reinhaltung von Boden und Luft; Wohnungshygiene.
§ 25Begutachtung von Baupolizeiverordnungen und Ortsbebauungsplänen, Mitwirkung bei der Handhabung der Baupolizei.
§ 26Beaufsichtigung von Herbergen, Schlafstellen, Massenquartieren und Räumen, die zeitweise für größere Menschenansammlungen bestimmt sind.
§ 27Gemeinnützige Bestrebungen auf dem Gebiete der Wohnungshygiene.
§ 28Wasserversorgung.
§ 29Beseitigung der flüssigen und festen Abfallstoffe.
Vorwort
Abschnitt 1
Medizinalpersonen.
§ 1 § 1
(1) Das Gesundheitsamt führt Listen über diejenigen Personen, die in seinem Bezirk selbständig oder in abhängiger Stellung Behandlung, Pflege oder gesundheitliche Fürsorge am Menschen ausüben, die Leichenschau betätigen oder die Entkeimungen von Wohnungen und Gegenständen vornehmen. Die polizeilichen Meldelisten sind die Grundlage dieser Listenführung. Das Gesundheitsamt erhält von den An- und Abmeldungen rechtzeitig Kenntnis und ist verpflichtet, etwaige Ergänzungen anzufordern. Es prüft die Berechtigungsausweise und kann hiebei polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen.
(2) Für jede Berufsart ist eine besondere Liste zu führen; die Führung als Kartei ist statthaft.
(3) Eine Nachweisung des Zu- und Abganges ist für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker monatlich, für die übrigen Personen jährlich der staatlichen Aufsichtsbehörde vorzulegen.
(4) Für die An- und Abmeldung der Schiffsärzte gelten bis zum Erlaß einer besonderen Verordnung die landesrechtlichen Vorschriften.
§ 2
§ 2 Ausübung des Heilgewerbes durch Personen ohne staatliche Anerkennung.
(1) Das Gesundheitsamt führt eine gesonderte Liste über diejenigen Personen, die ohne ärztliche Bestallung die Heilkunde am Menschen betreiben, und hat darauf zu achten, daß Personen ohne ärztliche Bestallung
1. sich nicht die Bezeichnung „Arzt“ oder eine arztähnliche Bezeichnung zwecks Täuschung beilegen,
2. die Heilkunde nicht im Umherziehen oder gelegentlich von Vorträgen oder im Anschluß an solche ausüben (vgl. Gewerbeordnung § 56a Nr. 1; § 148 Nr. 7a) oder Arznei- und Geheimmittel feilbieten oder an andere käuflich überlassen (vgl. a. a. O., § 56 Nr. 0; § 148 Nr. 7a),
3. nicht Krankheiten behandeln, deren Behandlung gesetzlich den Ärzten vorbehalten ist, und
4. nicht verbotene öffentliche Anzeigen oder Ankündigungen ergehen lassen.
(2) Gesetzesverletzungen und Gesundheitsschädigungen sind der zuständigen Behörde anzuzeigen.
Abschnitt II
Apothekenwesen.
§ 3
§ 3 Überwachung und Musterung des Geschäftsbetriebs.
(1) Das Gesundheitsamt beaufsichtigt den Geschäftsbetrieb in den selbständigen Apotheken (Vollapotheken), Zweigapotheken, Krankenhausapotheken (Dispensieranstalten) und ärztlichen Haus- (Land ) Apotheken.
(2) Jährlich einmal werden die Apotheken des Bezirks von einem beamteten Arzt unvermutet besucht, wobei auf die Ordnung und Sauberkeit (auch in den Arzneibehältnissen) sowie auf die Beachtung der sonstigen gesetzlichen Vorschriften zu achten ist. Es ist festzustellen, ob anderes als das pharmazeutische Personal in der Apotheke mit pharmazeutischen Arbeiten, insbesondere mit Anfertigung und Abgabe von ärztlichen Rezepten, beschäftigt wird.
(3) Unregelmäßigkeiten des Geschäftsbetriebs z. B. unbefugte Ausübung der Heilkunde, gesetzwidrige Abgabe von Geheimmitteln oder stark wirkenden Arzneimitteln, Überschreitungen des amtlichen Verzeichnisses der Arzneipreise (Arzneitaxe), Betrieb von nicht genehmigten Nebengeschäften, unbefugtes Halten von Praktikanten, sind der Aufsichtsbehörde mitzuteilen.
(4) Bei der Musterung der Apotheken hat der beamtete Arzt die vorschriftsmäßige Ausbildung der Praktikanten zu prüfen. Dies ist im Tagebuch der Praktikanten zu vermerken. Über das Ergebnis ist eine Niederschrift zu fertigen, von der ein Abdruck in der Apotheke verbleibt, der zweite zu den Akten des Gesundheitsamtes genommen wird.
§ 4
§ 4 Teilnahme an Apothekenbesichtigungen.
(1) Zu den Apothekenbesichtigungen, die im Auftrage der Aufsichtsbehörde vorgenommen werden, ist der Amtsarzt rechtzeitig und vertraulich einzuladen; er nimmt teil, falls er nicht dienstlich verhindert ist.
(2) Die Aufsichtsbehörde kann ausnahmsweise den Amtsarzt des Gesundheitsamtes mit der Vertretung ihres Medizinalreferenten bei den Besichtigungen beauftragen.
(3) Das Gesundheitsamt hat den Vollzug der auf Grund der Besichtigung ergangenen Bescheide und Anordnungen zu überwachen. Für die Apotheken am Sitz des Gesundheitsamtes ist hierbei die gesetzte Frist maßgebend; an auswärtigen Orten erfolgt die Überwachung gelegentlich, spätestens jedoch bei der nächsten Jahresmusterung.
(4) Die Berichte der Apothekenvorstände über die Erledigung der Besichtigungsbescheide sind unter Beifügung etwaiger Bemerkungen vom Gesundheitsamt der Aufsichtsbehörde weiterzuleiten.
§ 5
§ 5 Apothekenvorstände.
(1) Die Apothekenvorstände haben Eingaben an die Aufsichtsbehörde beim Gesundheitsamt einzureichen. Dieses gibt sie unter Beifügung seiner Stellungnahme ohne Verzug weiter.
(2) Das Gesundheitsamt wacht über die ordnungsmäßige Regelung der Stellvertretung eines abwesenden Apothekers. Deshalb ist der Apothekenvorstand verpflichtet, jede die Dauer von drei Tagen übersteigende Behinderung in der Leitung der Apotheke unter Benennung des Vertreters dem Gesundheitsamt rechtzeitig anzuzeigen.
(3) Kann in besonderen Fällen (z. B. plötzliche Erkrankung, Tod) die Vertretung auch mit Hilfe des Gesundheitsamtes nicht ordnungsmäßig geregelt werden, so hat der Amtsarzt bei der Aufsichtsbehörde unverzüglich die vorläufige Schließung der Apotheke zu beantragen.
§ 6
§ 6 Apothekerassistenten.
Das Gesundheitsamt wacht darüber, daß in den Apotheken nur solche Kandidaten der Pharmazie beschäftigt werden, welche die durch §§ 15 bis 45 der Apothekerprüfungsordnung vom 8. Dezember 1934 (Reichsministerialbl. S. 769) vorgeschriebene Prüfung bestanden haben, oder solche Assistenten, denen gemäß §§ 19, Abs. 2, 48 der Prüfungsordnung vor vollständig bestandener Prüfung eine Genehmigung hierzu erteilt worden ist. Bis auf weiteres ist es nicht zu beanstanden, wenn Apothekerassistenten beschäftigt werden, die nach den Bestimmungen der Apothekerprüfungsordnung vom 18. Mai 1904 (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich S. 150) die in den §§ 3 bis 15 dieser Prüfungsordnung und ihrer Nachträge vorgesehene Vorprüfung bestanden haben, oder die auf Grund einer im Ausland abgelegten gleichartigen Prüfung ausnahmsweise zur Beschäftigung als Apothekerassistenten zugelassen worden sind (vgl. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 12. Februar 1902 – Zentralbl. f. d. Deutsche Reich S. 23). Handelt es sich um einen Kandidaten der Pharmazie, so ist darauf zu achten, daß das Zeugnis dem durch § 46 der Apothekerprüfungsordnung vom 8. Dezember 1934 (Reichsministerialbl. S. 769) vorgeschriebenen Muster entspricht.
§ 7
§ 7 Apothekerpraktikanten.
(1) Das Gesundheitsamt hat dem, der als Praktikant in eine Lehrapotheke eintreten will, auf Grund der ihm vorzulegenden Papiere (Zeugnis über die wissenschaftliche Vorbildung, vgl. § 6, Abs. 1a der Apothekerprüfungsordnung vom 8. Dezember 1934 – Reichministerialbl. S. 769 –, Zeugnis über die Wiederimpfung und selbstgeschriebener Lebenslauf) ein Zulassungszeugnis auszustellen, aus dem auch der Tag des Eintritts in die Lehrapotheke ersichtlich sein muß. Ohne dieses Zeugnis darf kein Apothekenvorstand einen Praktikanten annehmen. Wechselt ein Praktikant die Ausbildungsstelle (vgl. § 6, Abs. 1, Buchstabe b, Satz 7, der Apothekerprüfungsordnung vom 8. Dezember 1934 – Reichsministerialbl. S 769), so ist das Zulassungszeugnis von dem für die neue Ausbildungsstelle zuständigen Amtsarzte zu genehmigen. Vor der Genehmigung hat sich dieser das Abgangszeugnis der früheren Lehrapotheke, aus dem der Grund des Wechsels der Ausbildungsstelle ersichtlich sein muß, vorlegen zu lassen.
(2) Das vom Apothekenvorstand bei Beendigung der Ausbildungszeit auszustellende Zeugnis, das außer einem Urteil über Leistungen und Führung des Praktikanten auch eine Angabe über etwaige Unterbrechungen der Praktikantenzeit (vgl. § 6 Abs. 1 Buchstabe b, Satz 5 der Apothekerprüfungsordnung vom 8. Dezember 1934) enthalten muß, ist vom Amtsarzt hinsichtlich der Dauer der Ausbildung zu prüfen und amtlich zu bestätigen. Dasselbe gilt von dem bei einem Wechsel der Lehrapotheke auszustellenden Abgangszeugnis.
§ 8
§ 8 Prüfung des Personals für Krankenhausapotheken.
Im Auftrage der Aufsichtsbehörde hat der Amtsarzt in Gemeinschaft mit einem als zweites Mitglied der Prüfungskommission zuzuziehenden Apotheker Diakonissen und Mitglieder staatlich anerkannter geistlicher Genossenschaften für Krankenpflege (barmherzige Schwestern, barmherzige Brüder usw.), welche die Verwaltung der Dispensieranstalt eines Krankenhauses übernehmen wollen, zu prüfen. Die Verhandlungen sind der Aufsichtsbehörde einzureichen, damit diese bei günstigem Prüfungsergebnis das Befähigungszeugnis zur Verwaltung einer Krankenhaus-Dispensieranstalt ausstellt.
§ 9
§ 9 Errichtung neuer Apotheken.
(1) Der Amtsarzt muß darauf achten, daß die für eine geregelte Arzneiverordnung notwendige Vermehrung der Apotheken mit der Zunahme der Bevölkerung tunlichst gleichen Schritt hält.
(2) Er hat daher nach Maßgabe der Vorschriften rechtzeitig die Errichtung neuer Apotheken bei der staatlichen Aufsichtsbehörde anzuregen. Dieser hat er auch derartige Anträge anderer Stellen mit seinem Gutachten vorzulegen.
Abschnitt III
Überwachung des Verkehrs mit Arznei- und Geheimmitteln sowie des Handels mit Giften außerhalb der Apotheken.
§ 10
§ 10 Besichtigung der Drogen- und ähnlichen Handlungen.
(1) Das Gesundheitsamt hat darüber zu wachen, daß die Bestimmungen über den Verkehr mit Arznei- und Geheimmitteln sowie über den Handel mit Giften außerhalb der Apotheken beobachtet werden. Zuwiderhandlungen hat es zur Kenntnis der zuständigen Behörden zu bringen (vgl. § 367, Nr. 3, 5, Strafgesetzbuch, § 6, Abs. 2, § 56, Gewerbeordnung, Kaiserl. Verordnung, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, vom 22. Oktober 1901).
(2) Wegen der Beteiligung der Ärzte des Gesundheitsamts an den Besichtigungen derjenigen Verkaufsstellen, in denen Arzneimittel, Gifte oder giftige Farben feilgehalten werden – Drogen-, Material-, Farben- und ähnlicher Handlungen –, bleibt es bis zu einer reichsrechtlichen Regelung bei den landesrechtlichen Bestimmungen.
§ 11
§ 11 Berichterstattung.
Eine Zusammenstellung der besichtigten Drogen- usw. Handlungen, der festgestellten Übertretungen und der erfolgten Bestrafungen ist der Aufsichtsbehörde mit dem Jahresbericht einzureichen.
§ 12
§ 12 Mitwirkung bei Erteilung der Genehmigung zum Handel mit Giften.
(1) Der Amtsarzt prüft, sei es auf Ersuchen der Polizeibehörde oder auf unmittelbare Meldung, diejenigen Personen, welche die Genehmigung zum Handel mit Giften nachsuchen.
(2) Die Prüfung erstreckt sich bei Bewerbern um eine uneingeschränkte Genehmigung zum Gifthandel auf die allgemeine Kenntnis der Vorschriften des Strafgesetzbuchs, der Gewerbeordnung und der Polizeiverordnungen über den Handel mit Giften, auf die Kenntnis der Zusammensetzung der hauptsächlich gehandelten Gifte und giftigen Farben, ihrer landesüblichen Bezeichnung und der Gefahren, die beim Umgang mit ihnen drohen (Feuergefährlichkeit, Ätzwirkung, Schädlichkeit der Verstäubung u. dgl.). Die Bestimmung einiger Proben von besonders gearteten Giften und giftigen Farben ist zu verlangen. Bei Bewerbern um eine beschränkte Genehmigung zum Gifthandel genügt außer der Kenntnis der erwähnten Rechtsvorschriften die Kenntnis der Zusammensetzung derjenigen Stoffe, für welche die Genehmigung beantragt wird, und der beim Umgang mit ihnen drohenden Gefahren. Die Bestimmung einiger Proben von diesen Stoffen ist zu verlangen.
(3) In dem zu erteilenden Zeugnis sind, falls es sich um eine beschränkte Genehmigung handelt, die Stoffe einzeln einzutragen. Eine zweite Ausfertigung des Zeugnisses ist zu den Akten zu nehmen; in ihnen ist auch ein ungünstiger Ausgang der Prüfung zu vermerken.
Abschnitt IV
Hebammenwesen.
§ 13
§ 13 Beaufsichtigung der Hebammen.
(1) Die Hebammen des Bezirks unterstehen der Beaufsichtigung durch den Amtsarzt, bei dem sie sich vor Beginn ihrer Berufstätigkeit oder vor deren Wiederaufnahme nach mehr als einjähriger Unterbrechung unter Vorlegung des Prüfungszeugnisses, der erforderlichen Instrumente und Geräte, wie des Tagebuches persönlich zu melden haben; den Hebammen ist aufzugeben, jeden Wohnungswechsel dem Gesundheitsamt anzuzeigen.
(2) Die Überwachung erstreckt sich auf die gesamte Berufstätigkeit und die Instandhaltung der Geräte, die regelmäßig nachzuprüfen sind.
(3) Das Gesundheitsamt hat darauf zu achten, daß die Hebammen Fieber im Wochenbett vorschriftsmäßig melden, jeden Todesfall einer Gebärenden oder einer Wöchnerin ihrer Praxis anzeigen und bei Fällen von Kindbettfieber bis zu einer etwaigen anderen Anordnung vor Ablauf von acht Tagen sich sonstiger beruflicher Tätigkeit enthalten. Der Amtsarzt kann der Hebamme, die bei einer an Kindbettfieber Erkrankten tätig gewesen ist, die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit schon früher gestatten, wenn sie vorher ihre Hände und Kleidung keimfrei gemacht, gebadet und dies dem Amtsarzt gemeldet hat.
(4) Die zu Beginn jeden Jahres von den Hebammen vorzulegenden Verzeichnisse der von ihnen in dem Bezirk des Gesundheitsamtes geleiteten Entbindungen hat das Gesundheitsamt zu prüfen und eine Gesamtübersicht in den Jahresgesundheitsbericht aufzunehmen.
§ 14
§ 14 Prüfung der sich zum Hebammenberufe meldenden Personen.
(1) Dem Amtsarzt liegt die Prüfung derjenigen weiblichen Personen ob, die sich zur Teilnahme an einem Hebammenlehrgang melden oder von Gemeinden oder sonstigen Berechtigten hierzu in Vorschlag gebracht werden. Diese haben folgende Unterlagen beizubringen:
a) die Bescheinigung der Polizeibehörde, daß die Bewerberin unbescholten ist, und daß keine Tatsachen bekannt sind, die ihre Zuverlässigkeit für den Hebammenberuf in Frage stellen;
b) ein Geburtsschein; Personen, die jünger als 20 und älter als 30 Jahre sind, dürfen nur dann geprüft werden, wenn ihre Aufnahme durch eine Zulassungsbehörde beabsichtigt ist;
c) ein Zeugnis über die erfolgte Wiederimpfung, es sei denn, daß diese durch vorhandene Impfnarben sichergestellt ist.
(2) Falls die Bewilligung von Ausnahmen in Frage kommt, hat der Amtsarzt die Bewerberin zunächst an die zuständige Stelle zu verweisen.
(3) Die vom Amtsarzt vorzunehmende Prüfung hat sich auf die körperliche und geistige Befähigung zur Ausübung des Hebammenberufs und auf das Vorhandensein der erforderlichen Schulbildung zu erstrecken. Die Anwärterin muß mindestens fließend und mit Verständnis lesen, ein Diktat ohne grobe Verstöße gegen die Rechtschreibung fertigen, die vier Rechenarten, auch mit Brüchen, mehrstelligen und Verhältniszahlen beherrschen und mit den gesetzlichen Maßen und Gewichten vertraut sein. Bei günstigem Ausfalle ist ein Fähigkeitszeugnis auszustellen.
(4) Bei Aufforderung hat sich der Amtsarzt an der Prüfung der Hebammenschülerinnen in der zuständigen Hebammenlehranstalt als Prüfer zu beteiligen.
§ 15
§ 15 Nachprüfung der Hebammen.
(1) Der Amtsarzt hat die Hebammen seines Bezirks mindestens alle drei Jahre nachzuprüfen.
(2) Die Ladung zur Nachprüfung ist spätenstens vier Wochen vorher zu veranlassen.
(3) Der Zeitpunkt der Nachprüfung ist der vorgesetzten Dienstbehörde und dem ärztlichen Leiter der zuständigen Hebammenlehranstalt rechtzeitig mitzuteilen.
(4) Über den Ausfall der Nachprüfung ist ein Vermerk in das Tagebuch der Hebamme einzutragen.
(5) Eine Hebamme, die bei der Nachprüfung versagt, soll binnen sechs Monaten nochmals nachgeprüft werden. Denjenigen Hebammen, die bei der Wiederholung der Nachprüfung ungenügende Kenntnisse zeigen, ist die Teilnahme an einem Wiederholungslehrgang aufzugeben. Die Entziehung des Prüfungszeugnisses auf Grund der unzureichenden Ergebnisse von Nachprüfungen und Wiederholungskursen kommt in Frage, wenn das weitere Verbleiben einer Hebamme im Beruf auch wegen ungenügender Leistung in der Praxis mit den Erfordernissen der Volksgesundheit nicht mehr vereinbar ist.
§ 16
§ 16 Förderung des Hebammenwesens.
Es ist Aufgabe des Amtsarztes, in seinem Bezirke auf ein geordnetes Hebammenwesen hinzuwirken und es zu fördern. Er soll die Hebammen bei unverschuldeten Unglücksfällen in ihrer Praxis in Schutz nehmen und in wirtschaftlicher Hinsicht ihnen bei der Durchsetzung begründeter Forderungen behilflich sein. Besonderer Wert ist darauf zu legen, das Entbindungen, auch in den Krankenhäusern, nicht ohne Zuziehung einer Hebamme erfolgen, und daß die Hebammen auch bei der Säuglingsfürsorge und Mütter-Beratung beteiligt werden. Die Hebammen sind auf die Bestrebungen der RGB, insbesondere bei der Fürsorge für Mutter und Kind, hinzuweisen.
§ 17
§ 17
(1) Der Amtsarzt hat darauf zu achten, daß der Bedarf an Hebammen in seinem Bezirke gedeckt ist, eine Überfüllung des Hebammenberufs jedoch vermieden wird.
(2) Bei der Verteilung der Hebammen im Bezirk ist das Gesundheitsamt heranzuziehen. Die mit den Hebammen abzuschließenden Verträge sollen vorher dem Amtsarzt vorgelegt werden. Er hat nach Möglichkeit dafür einzutreten, daß den Hebammen neben einem angemessenen Diensteinkommen auch die unentgeltliche Beschaffung der Instrumente, Geräte, Bücher und Entkeimungsmittel und eine Entschädigung für die Ausfälle bei angeordneter Unterbrechung der Berufstätigkeit und für die Teilnahme an Nachprüfungen und Wiederholungslehrgängen gewährt werden. Auch ist darauf zu achten, daß die Alters- und Invaliditäts- sowie die Krankheitsversorgung der Hebammen geordnet wird.
§ 18
§ 18 Verwarnungen, Bestrafungen.
(1) Bei geringen Verstößen sind die Hebammen zu belehren und gegebenenfalls zu verwarnen; grobe Pflichtwidrigkeiten und Verschulden sind zur weiteren Veranlassung der zuständigen Behörde anzuzeigen.
(2) Handelt es sich um die Hebamme eines Nachbarkreises, so ist das zuständige Gesundheitsamt zu benachrichtigen.
§ 19
§ 19
Besondere Aufmerksamkeit hat der Amtsarzt auf die gewerbsmäßige Vornahme geburtshilflicher Handlungen durch nicht geprüfte Personen zu richten und gegebenenfalls deren Bestrafung aus §§ 30, 147 Nr. 1, der Gewerbeordnung zu veranlassen.
Abschnitt V
Sonstiges ärztliches Hilfspersonal.
§ 20 § 20
(1) Bei Gesundheits- und Volkspflegerinnen, technischen Assistentinnen, Krankenpflegepersonen, Säuglings- und Kleinkinderschwestern und -pflegerinnen, Heilgymnastinnen, Wochenpflegerinnen, Massierern (-innen), Heilgehilfe und weiteren Angehörigen von Berufen des Heilwesens, die sich als „staatlich anerkannt“ bezeichnen, hat das Gesundheitsamt nachzuprüfen, ob sie die Berechtigung hierzu besitzen. Das gesamte ärztliche Hilfspersonal des Bezirks untersteht, unbeschadet der Dienstaufsicht des zuständigen Arbeitgebers, in seiner Berufstätigkeit der Aufsicht des Gesundheitsamts. Dieses hat insbesondere darauf zu achten, daß die in den Befähigungszeugnissen gesetzten Grenzen der Betätigung nicht überschritten werden.
(2) Wenn von einer dieser Personen Tatsachen bekannt sind, die den Mangel an Eigenschaften dartun, die zur Ausübung ihres Berufes erforderlich sind, oder wenn eine solche Person den in Ausübung der staatlichen Aufsicht erlassenen Vorschriften beharrlich zuwiderhandelt, so hat der Amtsarzt die Zurücknahme der Anerkennung bei der zuständigen Behörde zu beantragen.
§ 21
§ 21 Desinfektoren.
(1) Das Gesundheitsamt hat auf einen hinreichenden Bestand an Desinfektoren in seinem Bezirk zu achten. Sie können im Gesundheitsamt selbst oder von den beteiligten Kreisen und Gemeinden (Gemeindeverbänden) angestellt sein, in Ausnahmefällen jedoch ihren Beruf auch frei ausüben.
(2) Die Zulassung eines Desinfektors zur Prüfung ist von einer Bescheinigung des Gesundheitsamts abhängig, daß der Bewerber hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und seiner Schulkenntnisse für den Beruf geeignet ist.
(3) Die Desinfektoren unterstehen der Aufsicht des Amtsarztes und sind alle drei Jahre einer Nachprüfung zu unterziehen. Das Gesundheitsamt reicht zu diesem Zwecke seiner vorgesetzten Dienstbehörde die Namen der Nachzuprüfenden zum 1. April jeden Jahres ein; diese veranlaßt alsdann die Ladung. Das Ergebnis der Nachprüfung ist ihr mitzuteilen, desgleichen der Dienststelle, die den Desinfektor angestellt hat.
(4) Die Anordnung einer zweiten Nachprüfung innerhalb drei Monaten ist zulässig, wenn der Prüfling in der ersten Nachprüfung versagt hat.
(5) Diese Bestimmungen gelten sinngemäß auch für die Gesundheitsaufseher, Hafenaufseher und ähnliche Gruppen des ärztlichen Hilfspersonals.
§ 22
§ 22 Leichenschauer.
Wo ein Bedürfnis dazu vorhanden und die ärztliche Leichenschau noch nicht allgemein durchgeführt ist, liegt dem Gesundheitsamt die Ausbildung, Prüfung und Dienstaufsicht der Leichenschauer (Leichenschauerinnen) ob.
Abschnitt VI.
§ 23
§ 23 Ortsbesichtigungen.
(1) Die einzelnen Ortschaften des Bezirks sind von einem beamteten Arzt des Gesundheitsamts in angemessenen Zwischenräumen zu besichtigen. In der Regel wird es genügen, wenn die Besichtigung alle fünf Jahre erfolgt. Ortschaften, in denen besondere gesundheitliche Übelstände zutage getreten sind, müssen vor anderen und in kürzeren Zeiträumen sowie zu denjenigen Jahreszeiten besichtigt werden, in denen die Mißstände am häufigsten auftreten. Für Ortschaften, in denen die Verhältnisse es zulässig erscheinen lassen, kann die Besichtigungsfrist über den Zeitraum von fünf Jahren hinaus verlängert werden.
(2) Hierfür ist im Einvernehmen mit dem Leiter des Kreises ein Besichtigungsplan aufzustellen. Der Tag der erfolgten Besichtigung ist in ihn einzutragen.
(3) Zu den Besichtigungen sind die Ortspolizeibehörde, der Vorstand der Gemeinde sowie in den Orten, in denen Gesundheitskommissionen oder ähnliche Einrichtungen bestehen, auch diese nach Möglichkeit zuzuziehen.
(4) Die beteiligten Stellen sind von der geplanten Besichtigung tunlichst acht Tage vorher zu benachrichtigen. Von der Besichtigung der Domänen ist die dafür zuständige Behörde wenigstens vierzehn Tage vorher in Kenntnis zu setzen.
(5) Die Besichtigung hat sich auf alle für das öffentliche Gesundheitswesen wichtigen Verhältnisse und Einrichtungen zu erstrecken.
(6) Die Maßnahmen zur Beseitigung gesundheitlicher Mißstände sind im unmittelbaren Anschlusse an die Besichtigung zu erörtern.
(7) Über das Ergebnis der Besichtigung ist eine Verhandlung in drei Stücken aufzunehmen und von den Beteiligten zu vollziehen. Das eine Stück ist dem Vorstand der Gemeinde – bei Domänenbesichtigungen der zuständigen Behörde – auszuhändigen, ein zweites hat der Amtsarzt mit seinen Vorschlägen dem Leiter des Kreises zu übersenden. Dieser teilt dem Gesundheitsamt mit, welche Maßregeln zur Abstellung der einzelnen Mißstände getroffen sind. Hält der Amtsarzt noch weitere Maßregeln für erforderlich, so hat er die Angelegenheit der Entscheidung der Aufsichtsbehörde zu unterbreiten.
(8) In die Akten über die einzelnen Ortschaften oder Ortspolizeibezirke sind die Besichtigungsverhandlungen und sonstige die Ortschaft betreffende Vorgänge allgemeiner Natur einzuheften.
Abschnitt VII.
Wohnungshygiene.
§ 24
§ 24 Reinhaltung von Boden und Luft; Wohnungshygiene.
(1) Das Gesundheitsamt muß allen Verhältnissen, die für die Reinhaltung des Bodens und der Luft in Betracht kommen, seine Aufmerksamkeit zuwenden.
(2) Seine Ärzte haben darauf zu achten, daß in den Ortschaften und deren Umgebung, innerhalb und außerhalb der Wohnungen oder sonstiger zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmter Räume gesundheitswidrige Zustände sich nicht entwickeln und, sofern solche vorhanden sind, ihre Beseitigung anzuregen.
(3) Bei Wohnungen und zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten Räumen haben sie zu prüfen, ob diese den baupolizeilich festgelegten gesundheitlichen Vorschriften, insbesondere den gesundheitlichen Anforderungen an Licht und Luft, genügen.
(4) Der Wohnungs- und Ortschaftshygiene ist dort erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen, wo gemeingefährliche Krankheiten drohen oder Überschwemmungen besondere gesundheitliche Gefahren befürchten lassen. Auch dem Vorkommen von tierischen Gesundheitsschädlingen haben die Ärzte des Gesundheitsamts ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.
(5) Wegen der Wasserversorgung und der Beseitigung der Abfallstoffe vgl. §§ 28 bis 30 dieser Dienstordnung, wegen Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen die Ausführungen des § 76 dieser Dienstordnung.
(6) Als Beratungsstelle kann die Anstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene in Berlin-Dahlem in allen schwierigen Fragen auf diesem Gebiete zugezogen werden.
§ 25
§ 25 Begutachtung von Baupolizeiverordnungen und Ortsbebauungsplänen, Mitwirkung bei der Handhabung der Baupolizei.
Das Gesundheitsamt hat für seinen Amtsbezirk die Baupolizeiverordnungen vor ihrem Erlaß und die Ortsbebauungspläne vor ihrer endgültigen Festsetzung vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheitspflege zu begutachten und etwaige Ausstellungen vorzubringen.
§ 26
§ 26 Beaufsichtigung von Herbergen, Schlafstellen, Massenquartieren und Räumen, die zeitweise für größere Menschenansammlungen bestimmt sind.
Das Gesundheitsamt hat auf die gesundheitsgemäße Beschaffenheit von Herbergen, Schlafstellen, Massenquartieren und dergleichen sowie von Räumen, in denen zeitweise größere Menschenansammlungen stattfinden (Versammlungs- und Ausstellungsräume, Theater und Lichtspielhäuser), zu achten und die Ortspolizeibehörden hierbei zu beraten. Mangel an Luft und Licht, Feuchtigkeit der Mauern, Schmutz und Verwahrlosung in den Räumen, zu dichte Belegung, mangelhafte Versorgung mit Trinkwasser und unzweckmäßige Beseitigung der Abfallstoffe sind nachdrücklich zur Sprache zu bringen.
§ 27
§ 27 Gemeinnützige Bestrebungen auf dem Gebiete der Wohnungshygiene.
Gemeinnützige Bestrebungen auf dem Gebiete der Wohnungshygiene, Errichtung von (Arbeiter- und) Werkwohnungen, hat das Gesundheitsamt anzuregen und zu unterstützen.
Abschnitt VIII.
Wasserversorgung, Beseitigung der flüssigen und festen Abfallstoffe, öffentliche Wasserläufe.
§ 28
§ 28 Wasserversorgung.
(1) Auf die Beschaffung ausreichenden und hygienisch einwandfreien Trink- und Gebrauchswassers hat das Gesundheitsamt hinzuwirken und insbesondere anzustreben, daß mangelhafte und nicht genügend gegen Verunreinigung geschützte Trinkwasseranlagen beseitigt und an ihrer Stelle zweckmäßige Einzel- oder Zentralanlagen errichtet werden.
(2) Die bestehenden Trinkwasserversorgungsanlagen hat das Gesundheitsamt durch regelmäßig wiederkehrende, bei besonderen Vorkommnissen auch durch außerordentliche Prüfungen zu überwachen. Die regelmäßigen Prüfungen finden bei größeren Anlagen je nach den Verhältnissen und dem letztmalig erhobenen Befund innerhalb eines ein- bis zweijährigen Zwischenraums, bei anderen Anlagen mindestens alle drei Jahre statt. Sie sind tunlichst in die Zeiten zu verlegen, die sich für gewöhnlich als besonders gefahrvoll erwiesen haben, z. B. bei Wasserknappheit, Wasserfülle. Aber auch sonst soll das Gesundheitsamt geeignete Gelegenheiten wahrnehmen, um sich über die Beschaffenheit der Trinkwasserversorgungsanlagen zu unterrichten. Dabei wird der beamtete Arzt neben dem Ergebnis der chemischen und bakteriologischen Untersuchung von Wasserproben den Schwerpunkt auf die örtliche Besichtigung zu legen und dahin zu streben haben, laufend ein Bild von den Trinkwasserverhältnissen in den einzelnen Ortschaften zu erhalten, um gegebenenfalls die zur Beseitigung von gesundheitswidrigen Verhältnissen geeigneten Maßnahmen vorschlagen zu können.
(3) Über alle Pläne zu zentralen Wasserleitungen hat sich der Amtsarzt gutachtlich zu äußern und hierbei die Beschaffenheit und Menge des Wassers, die Entnahmestellen insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer Verseuchung oder unzureichenden Zuführung, die Einrichtung der Wasserbehälter usw. zu berücksichtigen. Besondere Aufmerksamkeit hat er auf die Errichtung von Einzelwasserversorgungsanlagen im Bereiche zentraler Wasserleitungen zu richten.
(4) Auf § 24 Abs. 3 dieser Dienstordnung wird hierbei besonders hingewiesen.
(5) Gegenüber Anträgen von Gemeinden oder Wasserwerksverwaltungen auf Übernahme der Tätigkeit als hygienischer Beirat soll der Amtsarzt sich entgegenkommend verhalten.
§ 29
§ 29 Beseitigung der flüssigen und festen Abfallstoffe.
(1) Das Gesundheitsamt hat auf den Verbleib der flüssigen und festen Abgänge in den Ortschaften, auf die Beschaffenheit der Abzugskanäle, Aborte, Düngerstätten zu achten und, sofern in dieser Beziehung Mißstände bestehen, auf die Einführung planmäßiger Beseitigung der Schmutzstoffe aller Art im Wege einer geregelten Abfuhr oder Kanalisation hinzuwirken. Hierbei ist besonders auf die Abwässer von Schlachthäusern, Abdeckereien, gewerblichen Anlagen und Krankenhäusern zu achten.
(2) Über jeden Kanalisationsplan hat der Amtsarzt vor Weitergabe an die höhere Behörde sich gutachtlich zu äußern.
§ 30
§ 30 Reinhaltung der Gewässer.
(1) Bei der Überwachung der Gewässer hat das Gesundheitsamt zwecks Verhütung einer Verunreinigung durch Zuführung schmutziger oder giftiger Abwässer aus gewerblichen Anlagen, aus städtischen Kanalisationseinrichtungen usw. nach Kräften mitzuwirken, und zwar nicht nur bei Gelegenheit einer amtlichen Beteiligung, sondern auch aus eigenem Antriebe, sobald Mißstände zu seiner Kenntnis gelangen. Insbesondere hat es den Betrieb der öffentlichen Kläranlagen zu überwachen und ihre Mitwirkung auch hinsichtlich der Verwendung der Gewässer zu Badezwecken (vgl. § 69 dieser Dienstordnung) fortgesetzt zu beobachten.
(2) Auf § 24, Abs. 3 wird auch in diesem Zusammenhang hingewiesen.
Abschnitt IX
Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen.
§ 31
§ 31 Überwachung im allgemeinen.
(1) Das Gesundheitsamt hat die Polizeibehörden bei der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen zu unterstützen. Die erforderlichen bakteriologischen, serologischen sowie gegebenenfalls physiologischen und biologischen Untersuchungen sind in den zuständigen Untersuchungsanstalten vorzunehmen.
(2) Der beamtete Arzt hat bei den allgemeinen Ortsbesichtigungen und bei sonst sich bietender Gelegenheit auch auf den Zustand der der Herstellung und dem Verkauf von Lebensmitteln dienenden Betriebe, insbesondere der Fleischereien, Bäckereien, Gaststätten, Molkereien und Lebensmittelgeschäfte, sowie der Trinkwasserversorgungsanlagen zu achten, die im Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen beobachteten Mißstände, namentlich soweit es sich um gesundheitsschädliche oder im Nahrungs- oder Genußwert herabgesetzte Waren handelt, der Polizeibehörde anzuzeigen und den zu seiner Kenntnis gelangenden Gesundheitsschädigungen nachzuforschen.
(3) Der beamtete Arzt kann als Sachverständiger der Polizeibehörde zur Abwendung einer dringenden Gefahr für die menschliche Gesundheit vorläufige Anordnungen treffen und Proben verdächtiger Lebensmittel und Bedarfsgegenstände entnehmen (vgl. § 7 ff. des Lebensmittelgesetzes vom 5. Juli 1927 – Reichsgesetzbl. I S. 134 – in der Fassung des § 51 des Milchgesetzes vom 31. Juli 1930 – Reichsgesetzbl. I S. 421). Die sonst zuständigen Sachverständigen (Lebensmittelchemiker, Tierarzt) sind alsbald zu benachrichtigen. Auf möglichst ersprießliche Zusammenarbeit mit diesen Sachverständigen ist Bedacht zu nehmen.
(4) Im einzelnen gelten die Vorschriften für die einheitliche Durchführung des Lebensmittelgesetzes (Reichsgesetzbl. 1934 I S. 590).
(5) Befindet sich in dem Bezirk eine Lebensmitteluntersuchungsanstalt, so ist der Amtsarzt bei ihrer Beaufsichtigung nach Anweisung der Aufsichtsbehörde zu beteiligen.
§ 32
§ 32 Verkehr mit Milch.
Der Verkehr mit Milch verlangt namentlich mit Rücksicht auf deren Bedeutung für die Ernährung der Kinder eine Beaufsichtigung, die sich nicht nur auf den Milchverkauf, sondern auch auf die Milchgewinnung zu erstrecken hat; hierbei sind insbesondere die Bestimmungen über die ärztliche Beaufsichtigung des Personals zu beachten. Die allgemeine gesundheitliche Aufsicht ist im Benehmen mit den Veterinärbeamten durchzuführen. Sie hat auch stets die Möglichkeit der Verschleppung ansteckender Krankheiten durch den Verkehr mit Milch, insbesondere bei den Sammelmolkereien, ins Auge zu fassen.
§ 33
§ 33 Verkehr mit Fleisch, Schlachthäuser.
Bei der Überwachung des Verkehrs mit Fleisch und des allgemeinen hygienischen Betriebs in den Schlachthäusern hat das Gesundheitsamt die gesundheitlichen Interessen der Bevölkerung unbeschadet der Aufsicht durch den Veterinärbeamten wahrzunehmen und etwa erforderlich werdende Gutachten zu erstatten.
§ 34
§ 34 Beaufsichtigung der Mineralwasserfabrikation.
Der beamtete Arzt hat sich auf Ersuchen der Ortspolizeibehörde an den von dieser vorzunehmenden Besichtigungen zu beteiligen und hierbei nicht nur auf die Beschaffenheit der Fabrikräume, sondern auch darauf zu achten, daß die Beschaffenheit des zur Herstellung des Mineralwassers benutzten Wassers und seine Entnahmestelle den hygienischen Anforderungen entsprechen.
Abschnitt X
Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.
§ 35
§ 35 Verhalten im allgemeinen.
(1) Das Gesundheitsamt hat das Auftreten und den Verlauf der übertragbaren Krankheiten zu verfolgen und schon bei drohender Annäherung die gegen ihr Eindringen geeigneten Maßnahmen in Anregung zu bringen.
(2) Der Amtsarzt hat die Beachtung der Anzeigepflicht zu sichern, Säumige an ihre Pflicht zu erinnern und im Wiederholungsfalle zur gesetzlichen Bestrafung zu bringen.
(3) Er hat, sobald er von dem Ausbruch einer übertragbaren Krankheit Kenntnis erhält, unverzüglich an Ort und Stelle die erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen oder durch einen beamteten Arzt des Gesundheitsamts zu veranlassen.
(4) Die Vorschrift zu Abs. 3 findet Anwendung:
a) beim Ausbruch oder Verdacht des Ausbruchs von Aussatz (Lepra), Cholera (asiatischer), Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Kindbettfieber (Wochenbett-, Puerperalfieber), auch fieberhafter Fehlgeburt (septischem Abort), Pest, Pocken, Typhus (Unterleibstyphus), Paratyphus und Papageienkrankheit (Psittakosis) in einer Ortschaft;
b) beim Ausbruch von Gehirnentzündung (epidemischer), übertragbarer Genickstarre, Kinderlähmung (epidemischer), Rückfallfieber (febris recurrens), übertragbarer Ruhr (Dysenterie), Milzbrand, Rotz, Tollwut (Lyssa), bakterieller Lebensmittelvergiftung, Trichinose sowie in jedem Falle einer Bißverletzung durch ein tolles oder der Tollwut verdächtiges Tier;
Dem Ausbruch der Krankheit in einer Ortschaft im Sinne der Vorschriften unter a und b steht der Ausbruch in einem gemäß § 6 Abs. 2, des Reichsgesetzes, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, vom 30. Juni 1900 räumlich abgegrenzten Teile einer Ortschaft mit mehr als 10 000 Einwohnern gleich;
c) bei weiteren Erkrankungs-, Todes- oder Verdachtsfällen der zu a und bei allen weiteren Erkrankungs- oder Todesfällen der zu b genannten Krankheiten sowie bei Diphtherie, Scharlach und Körnerkrankheit, Alpha) soweit die Aufsichtsbehörde dies angeordnet hat, Beta) soweit es der Amtsarzt nach pflichtmäßigem Ermessen für erforderlich hält, um die Ausbreitung der Krankheit örtlich und zeitlich zu verfolgen.
(5) Erlangt das Gesundheitsamt davon Kenntnis, daß in einer Ortschaft eine der unter a bis c nicht genannten übertragbaren Krankheiten, z. B. Grippe, Keuchhusten, Malaria, Masern oder Röteln, in außergewöhnlichem Umfange, in besonders bösartiger Form oder sonst in einer für das öffentliche Wohl bedenklichen Weise auftritt, so soll der beamtete Arzt unverzüglich örtliche Ermittlungen vornehmen und den betreffenden Stellen Vorschläge für etwaige Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung machen. Dasselbe gilt, wenn das Gesundheitsamt vom gehäuften oder gruppenweisen Auftreten einer nicht aufgeklärten Krankheit Kenntnis erhält, das den Verdacht des Ausbruchs einer übertragbaren Krankheit begründet.
(6) Im übrigen soll der beamtete Arzt örtliche Ermittlungen hinsichtlich übertragbarer Krankheiten nur auf Ersuchen des Leiters des Kreises, in Stadtkreisen der Ortspolizeibehörde, oder der Aufsichtsbehörde vornehmen.
§ 36
§ 36
(1) Bei den örtlichen Ermittlungen hat der beamtete Arzt die Art, den Stand und die Ursache der Krankheit festzustellen (Art und Wege der Einschleppung und Verbreitung, Übertragung durch die Schulen, die Arbeitsstätte, Gewerbebetriebe, durch das Trinkwasser oder andere Nahrungsmittel, z. B. Milch, durch Keimträger oder Dauerausscheider usw.). Soweit es zur Sicherung der Diagnose, der Feststellung der Quelle und der Ausbreitung der Krankheit notwendig erscheint, ist eine bakteriologische und serologische Untersuchung zu veranlassen. Bei bakterieller Lebensmittelvergiftung ist auch das Lebensmittel, das die Vergiftung herbeigeführt hat, bakteriologisch zu untersuchen. In Fällen von Bang`scher Krankheit, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Milzbrand, Papageienkrankheit, Rotz, Tollwut und Trichinose hat der beamtete Arzt die Ermittlungen im Benehmen mit dem Veterinärbeamten vorzunehmen.
(2) Hält der Amtsarzt bei Cholera-, Gelbfieber-, Pocken-, Pest-, Rotz-, Typhus- oder Paratyphusverdacht zur Feststellung der Krankheit die Öffnung der Leiche für erforderlich, so ist, wenn die Angehörigen die Erlaubnis zur Leichenöffnung verweigern und die bakteriologische Untersuchung zur Feststellung der Krankheit nicht ausreichend oder nach Lage des Falles nicht ausführbar ist, die polizeiliche Anordnung der Leichenöffnung zu beantragen.
(3) Auf Grund der Ermittlungen hat der Amtsarzt der Ortspolizeibehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob der Ausbruch der Krankheit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet ist, und ihr die sonst erforderlichen Mitteilungen zu machen.
(4) Bei der Verhütung und Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten ist auf die Mitwirkung etwaiger Gesundheitskommissionen in geeigneter Weise Bedacht zu nehmen.
§ 37
§ 37 Schutzmaßregeln.
Die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten erfolgt mittels nachstehender Schutzmaßregeln, die soweit die landesrechtlichen Vorschriften dem nicht entgegenstehen, nach Lage des Falles der Polizeibehörde vom Gesundheitsamt vorzuschlagen sind.
I. Beobachtung
Sie kommt in Frage für:
1. kranke Personen bei bakterieller Lebensmittelvergiftung;
2. kranke und krankheitsverdächtige Personen bei Körnerkrankheit, Rotz, Rückfallfieber, Typhus und Paratyphus; als krankheitsverdächtig gelten auch Typhus (Paratyphus) bazillenträger und -dauerausscheider;
3. kranke, krankheitsverdächtige und ansteckungsverdächtige Personen bei Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Papageienkrankheit, Pest und Pocken sowie bei Gehirnentzündung, übertragbarer Genickstarre und Kinderlähmung, ferner bei Syphilis, Tripper und Schanker, sofern die Befallenen gewerbsmäßig Unzucht treiben;
4. ansteckungsverdächtige Personen bei Tollwut, das heißt: solche Personen, welche von einem tollen oder tollwutverdächtigen Tiere verletzt worden sind.
Krank im Sinne dieser Vorschrift sind solche Personen, bei denen eine der angeführten Krankheiten des § 35 festgestellt worden ist;
Krankheitsverdächtig sind solche Personen, welche unter Erscheinungen erkrankt sind, die den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen;
Ansteckungsverdächtig sind solche Personen, bei denen zwar Krankheitserscheinungen noch nicht vorliegen, bei denen aber infolge ihrer nahen Berührung mit Kranken die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sie den Ansteckungsstoff in sich aufgenommen haben;
Keimträger sind Personen, die Krankheitskeime aufgenommen haben und, ohne zu erkranken, nur vorübergehend ausscheiden;
Dauerausscheider sind Personen, die vom Zeitpunkt der überstandenen Infektionskrankheit ab deren Erreger länger als 10 Wochen ausscheiden.
II. Beschränkungen für Zureisende
Sie können von der Aufsichtsbehörde in Fällen dringender Gefahr für den ganzen Umfang oder Teile eines Bezirks im Polizeiverordnungswege vorgeschrieben werden und bestimmen, daß zureisende Personen, sofern sie sich innerhalb einer der Inkubationszeit entsprechend zu bestimmenden Frist vor ihrer Ankunft in Ortschaften oder Bezirken aufgehalten haben, in denen Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Körnerkrankheit, Pest, Pocken, Rückfallfieber, Typhus oder Paratyphus ausgebrochen ist, nach ihrer Ankunft der Ortspolizeibehörde schriftlich oder mündlich sich melden (Meldepflicht).
III. Absonderung in der Wohnung oder in einer Krankenanstalt
Sie kommt in Frage für:
1. kranke Personen, und zwar:
a) ohne Einschränkung bei bakterieller Lebensmittelvergiftung, übertragbarer Genickstarre, Ruhr und Tollwut; Erwachsene auch bei Diphtherie und Scharlach;
b) bei Diphtherie, Gehirnentzündung, Kinderlähmung und Scharlach kranke Kinder mit der Einschränkung, daß ihre Absonderung in einem Krankenhaus oder in einem anderen geeigneten Unterkunftsraum gegen den Widerspruch der Eltern nicht angeordnet werden darf, wenn nach der Ansicht des beamteten Arztes eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sichergestellt ist;
c) kranke Personen, die gewerbsmäßig Unzucht treiben, bei Syphilis, Tripper und Schanker;
2. kranke und krankheitsverdächtige Personen bei Gehirnentzündung, Genickstarre, Kinderlähmung, Rotz, Rückfallfieber, Typhus und Paratyphus;
3. kranke, krankheits- und ansteckungsverdächtige Personen bei Aussatz, Cholera, Gelbfieber, Fleckfieber, Pest, Pocken und Papageienkrankheit.
IV. Kenntlichmachung von Wohnungen und Häusern,
in denen an Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest, Pocken, Rückfallfieber, Typhus oder Paratyphus erkrankte Personen sich befinden.
V. Verkehrsbeschränkungen für das berufsmäßige Pflegepersonal
Sie können beantragt werden beim Auftreten von Aussatz, Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, Gehirnentzündung, übertragbarer Genickstarre, Kindbettfieber, Gelbfieber, Kinderlähmung, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Papageienkrankheit, Pest, Pocken, Rückfallfieber, Scharlach, Typhus und Paratyphus.
VI. Beschränkungen für Handel und Gewerbe
Für Ortschaften und Bezirke, die von Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest oder Pocken befallen oder bedroht sind sowie für solche, die von bakterieller Lebensmittelvergiftung, Diphtherie, Milzbrand, Scharlach, Typhus oder Paratyphus befallen sind, können hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung, Behandlung und Aufbewahrung sowie hinsichtlich des Vertriebes von Gegenständen, die geeignet sind, die Krankheit zu verbreiten, eine gesundheitspolizeiliche Überwachung und die zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit erforderlichen Maßregeln beantragt werden, auch können Gegenstände der bezeichneten Art vorübergehend für den Gewerbebetrieb im Umherziehen verboten werden.
VII. Beschränkungen von Messen und Märkten
Für Ortschaften und Bezirke, die von Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest oder Pocken befallen oder bedroht sind sowie für solche, die von Diphtherie, Gehirnentzündung, übertragbarer Genickstarre, Kinderlähmung, Ruhr, Scharlach, Typhus oder Paratyphus befallen sind, kann das Verbot oder eine Beschränkung der Abhaltung von Märkten, Messen und anderen Veranstaltungen, welche eine Ansammlung größerer Menschenmengen mit sich bringen, beantragt werden, bei Rückfallfieber, Ruhr, Typhus oder Paratyphus jedoch nur, sobald die Krankheit einen epidemischen Charakter angenommen hat.
VIII. Fernhaltung von der Schule und vom Unterricht
Jugendliche Personen aus Behausungen, in denen eine Erkrankung an Aussatz, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, Gehirnentzündung, übertragbarer Genickstarre, Gelbfieber, Kinderlähmung, Papageienkrankheit, Pest, Pocken, Ruhr, Scharlach, Typhus oder Paratyphus vorgekommen ist, sind soweit und solange eine Weiterverbreitung der Krankheit aus diesen Behausungen durch sie zu befürchten ist, vom Schul- und Unterrichtsbesuche fernzuhalten.
IX. Beschränkungen in Wasserbenutzung und im Badebetrieb
In Ortschaften, die von Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest, Pocken, Ruhr, Typhus oder Paratyphus befallen oder bedroht sind, sowie in deren Umgegend, kann die Benutzung von Brunnen, Teichen, Seen, Wasserläufen, Wasserleitungen sowie der dem öffentlichen Gebrauche dienenden Bade-, Schwimm-, Wasch- und Bedürfnisanstalten verboten oder beschränkt werden. Für die zentralen Entwässerungs- und Reinigungsanlagen können im Bedarfsfalle besondere Maßnahmen vorgeschlagen werden.
X. Räumung von Wohnungen und Gebäuden
Die gänzliche oder teilweise Räumung kann beantragt werden, wenn in ihnen Erkrankungen an Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest, Pocken, Ruhr, Typhus oder Paratyphus vorgekommen sind, insoweit der Amtsarzt diese einschneidende Maßregel zur wirksamen Bekämpfung der Krankheit ausnahmsweise in Fällen dringender Not für unerläßlich erklärt.
XI. Entkeimung
Für Gegenstände und Räume, von denen anzunehmen ist, daß sie mit dem Krankheitsstoffe behaftet sind, kann eine Entkeimung beantragt werden. Ist die Entkeimung nicht ausführbar oder im Verhältnis zum Werte der Gegenstände zu kostspielig, so kann deren Vernichtung beantragt werden. Bei Fleckfieber muß die Entlausung der kranken, krankheitsverdächtigen und ansteckungsverdächtigen Personen beantragt werden, sobald der Verdacht der Verlausung besteht.
XII. Maßnahmen bei der Aufbahrung, Einsargung und Bestattung von Leichen
(1) Falls Personen an Aussatz, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, Gehirnentzündung, übertragbarer Genickstarre, Gelbfieber, Kinderlähmung, Papageienkrankheit, Pest, Pocken, Ruhr, Scharlach, Typhus, Paratyphus, Milzbrand oder Rotz gestorben sind, so können besondere Vorsichtsmaßregeln für die Aufbahrung, Einsargung und Bestattung von Leichen beantragt werden.
(2) Personen, die an Körnerkrankheit leiden, können in solchen Orten und Bezirken, in denen eine planmäßige Bekämpfung der Krankheit stattfindet, zu einer ärztlichen Behandlung zwangsweise angehalten werden.
§ 38
§ 38 Vorbereitung der Seuchenbekämpfung.
(1) Das Gesundheitsamt hat die dem allgemeinen Gebrauch dienenden Einrichtungen für Versorgung mit Trink- oder Wirtschaftswasser und für Fortschaffung der Abfallstoffe dauernd zu überwachen (vgl. §§ 28 bis 30 dieser Dienstordnung) und die Beseitigung vorgefundener gesundheitsgefährlicher Mißstände sowie die Herstellung von Einrichtungen der genannten Art, sofern diese zum Schutz gegen übertragbare Krankheiten erforderlich sind, bei der Gemeindebehörde anzuregen. Ebenso hat es seine Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß der beim epidemischen Auftreten übertragbarer Krankheiten zu erwartende Bedarf an Beobachtungs- und Absonderungsräumen, Unterkunftsstätten für Kranke, Ärzte, Pflegepersonal, Arznei, Entkeimungs- und Beförderungsmitteln für Kranke und Verstorbene, Leichenhallen und Beerdigungsplätzen seitens der Gemeinde oder Kreise beizeiten sichergestellt wird. In größeren Orten ist nach Möglichkeit die Errichtung öffentlicher Entkeimungsanstalten anzuregen, in denen die Anwendung von Wasserdampf als Entkeimungsmittel erfolgen kann.
(2) Unterläßt es eine Gemeinde trotz vorhandener Leistungsfähigkeit, unbedingt notwendige Vorbereitungsmaßregeln im Sinne des vorstehenden Absatzes zu treffen, so hat der Amtsarzt den Sachverhalt dem Leiter des Kreises, in den Stadtgemeinden auch der Ortspolizeibehörde, gegebenenfalls der Aufsichtsbehörde zwecks Abstellung der Mängel mitzuteilen.
§ 39
§ 39 Berichterstattung.
(1) Das Gesundheitsamt hat der Aufsichtsbehörde zu jedem Dienstag eine Nachweisung über die in der vorhergehenden Woche amtlich gemeldeten Erkrankungen und Todesfälle an übertragbaren Krankheiten einzureichen. Die untere Verwaltungsbehörde, in Stadtkreisen auch die Polizeibehörde, erhält Abschrift der Nachweisung.
(2) Außerdem ist bei dem Auftreten einer gemeingefährlichen Krankheit sowie im Falle epidemischer Ausbreitung einer anderen übertragbaren Krankheit, beim gehäuften oder gruppenweisen Auftreten einer nicht aufgeklärten Krankheit (§ 35 vorletzter Abs., dieser Dienstordnung) oder in sonstigen dringenden Angelegenheiten über das Ergebnis der Ermittlungen sowie über die getroffenen Maßnahmen an die Aufsichtsbehörde unmittelbar zu berichten. Auch in diesen Fällen ist der unteren Verwaltungsbehörde (bei kommunalen Ämtern der vorgesetzten Dienstbehörde) Abschrift zu geben. Die Bestimmungen über die Reichs-Jahresstatistik sind streng innezuhalten.
Abschnitt XI
Schutzpockenimpfung. *)
§ 40
§ 40 Anstellung der Impfärzte, Abgrenzung der Impfbezirke
Der Amtsarzt hat sich auf Erfordern über die Befähigung der anzustellenden Impfärzte sowie über die Abgrenzung der Impfbezirke gutachtlich zu äußern.
____________________________
*) Bgl. Impfgesetz vom 8. April 1874 (Reichsgesetzbl. S. 31).
§ 41
§ 41 Beaufsichtigung der Schutzpockenimpfung.
(1) Die Schutzpockenimpfung unterliegt der technischen Beaufsichtigung durch den Amtsarzt, und in denjenigen Bezirken, in welchen er selbst Impfarzt ist, der Beaufsichtigung durch den Medizinaldezernenten der Aufsichtsbehörde.
(2) Der Leiter des Kreises hat die Impflisten zur Aufstellung des Planes der Impftermine dem Gesundheitsamt rechtzeitig zu übermitteln.
(3) Der Amtsarzt ist insbesondere gehalten, im Laufe des Jahres einzelnen öffentlichen sowie nach Bedürfnis auch öffentlich ausgeschriebenen privatärztlichen Impf- und Nachschauterminen beizuwohnen und hierbei auf die Impftechnik, die Beachtung der hinsichtlich des Gesundheitsstandes der Impflinge gegebenen Vorschriften, den Impferfolg, die Listenführung, die Beschaffenheit der benutzten Räumlichkeiten, die Zahl der Impflinge, die Reinheit und Wirksamkeit des Impfstoffes und die hierüber von dem Impfarzt gemachten Aufzeichnungen zu achten. Es ist darauf zu halten, daß die Impfärzte zur Erleichterung der Nachprüfung zu den Impfterminen das von ihnen über den Bezug des Impfstoffes zu führende Buch mitbringen.
(4) Der Amtsarzt hat auch auf den Handel mit Impfstoff sein Augenmerk zu richten und die Befolgung der hierüber erlassenen Vorschriften zu überwachen.
§ 42
§ 42 Impfschädigungen.
Gelangen Mitteilungen über Impfschädigungen zur Kenntnis des Gesundheitsamts, so hat der Amtsarzt alsbald alle zur Aufklärung des Sachverhalts gebotenen oder zweckdienlich erscheinenden Maßnahmen in die Wege zu leiten und geeignetenfalls durch persönliche Ermittlungen zu unterstützen. Die Ortspolizeibehörden sind verpflichtet, die ihnen zugehenden Nachrichten über Impfschädigungen unverzüglich dem Gesundheitsamt mitzuteilen. Ergibt sich die Unrichtigkeit verbreiteter Nachrichten über Impfschädigungen, so hat das Gesundheitsamt erforderlichenfalls eine öffentliche Richtigstellung zu veranlassen und irrtümliche Auffassungen in der Bevölkerung zu beseitigen.
§ 43
§ 43 Impfbericht.
Aus den Berichten der Impfärzte und den Impflisten hat das Gesundheitsamt einen Hauptimpfbericht zusammenzustellen und der Aufsichtsbehörde bis zum 1. März des folgenden Jahres einzureichen.
Abschnitt XII
Gewerbehygiene.
§ 44
§ 44 Mitwirkung bei der Konzessionierung gewerblicher Anlagen.
(1) Das Gesundheitsamt hat die ihm von den zuständigen Behörden mitzuteilenden Vorlagen über die Genehmigung zur Errichtung, Verlegung oder Veränderung von gewerblichen, nach den §§ 16, 25 der Gewerbeordnung erlaubnispflichtigen Anlagen einer sorgfältigen Prüfung und Begutachtung zu unterziehen. Aufgabe dieser Prüfung ist es, rechzeitig diejenigen Mängel und Fehler festzustellen, die in der Folge zu gesundheitlichen Mißständen und Schädigungen für die Arbeiter, Anwohner und die Bevölkerung überhaupt führen können, und deren spätere Beseitigung vielfach mit Schwierigkeiten und kostspieligen Aufwendungen verknüpft ist. Die Prüfung hat unter Beachtung der hierüber erlassenen Vorschriften zu erfolgen und ist nach Möglichkeit zu beschleunigen.
(2) Wird bei der Veränderung bestehender Anlagen der Antrag gestellt, von der öffentlichen Bekanntmachung Abstand zu nehmen, so hat sich auch der Amtsarzt über die Zulässigkeit zu äußern. Er wird in der Regel den Antrag befürworten, wenn es sich um eine unzweifelhafte Verbesserung handelt oder die Unschädlichkeit der beabsichtigten Veränderung klar zutage liegt. Eine Befürwortung ist auch dann zulässig, wenn neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, durch die beabsichtigte Veränderung nicht herbeigeführt werden können. In allen Fällen, in denen das Gesundheitsamt nicht allein imstande ist, die ihm mitgeteilten Vorlagen ärztlich abschließend zu beurteilen, hat es sie dem zuständigen Gewerbemedizinalrat (Landesgewerbearzt) vorzulegen.
§ 45
Mitwirkung bei der Gewerbeaufsicht.
§ 45
(1) Das Gesundheitsamt muß auch den bestehenden Gewerbebetrieben seines Bezirks, welche die öffentliche Gesundheit oder die der beschäftigten Arbeiter zu schädigen geeignet sind, oder die durch ihre festen und flüssigen Abgänge eine Verunreinigung der öffentlichen Wasserläufe und des Untergrundes befürchten lassen, seine Aufmerksamkeit zuwenden und auf die Beseitigung von gesundheitlichen Schädlichkeiten und Belästigungen hinwirken. Es hat sich hierüber mit den zuständigen Behörden und Beamten, namentlich dem Gewerberat, Bergrat und Gewerbemedizinalrat (Landesgewerbearzt) in Verbindung zu halten, mit diesem gemeinsam nach Bedürfnis die Anlagen, insbesondere solche, deren Betrieb vorzugsweise Gesundheitsschädigungen im Gefolge hat (Spiegel-, Akkumulatoren-, Glühlampen-, Bleifarben- und andere chemische Fabriken oder Anlagen mit starker Staubentwicklung) zu besichtigen und darauf zu achten, daß den gesundheitlichen Anforderungen überall gebührend Rechnung getragen wird.
(2) Wird dem Gesundheitsamt bekannt, daß in gewerblichen Betrieben seines Bezirks die Gesundheit der Arbeiter gefährdet erscheint, so hat es außer dem Gewerberat (Bergrat) den zuständigen Gewerbemedizinalrat (Landesgewerbearzt) hiervon zu benachrichtigen. Dieser soll das Gesundheitsamt bei den weiteren Ermittlungen möglichst beteiligen.
(3) Auch die mit einzelnen Zweigen der Hausindustrie sowie der landwirtschaftlichen Betriebe verbundenen gesundheitlichen Schädlichkeiten soll das Gesundheitsamt beachten und entsprechende Abhilfemaßnahmen anregen.
§ 46 § 46 Gesundheitliche Beobachtung staatlicher Betriebe.
Das Gesundheitsamt hat die in seinem Bezirke gelegenen, unter die Vorschriften der Reichsgewerbeordnung oder der Berggesetze fallenden Staatsbetriebe in gleicher Weise wie die privaten Betriebe gesundheitlich zu beobachten. Bei Betrieben, die der Aufsicht des Oberbergamts unterstellt sind, ist eine Anzeige über die Sachlage auch dem zuständigen Oberbergamt zu erstatten.
Abschnitt XIII
Krankenanstalten usw.
§ 47
§ 47 Beaufsichtigung der Kranken- usw. Anstalten.
(1) Die nichtstaatlichen Anstalten zur Behandlung oder Pflege von Kranken, Siechen oder Krüppeln sowie die Einrichtungen zur ersten Hilfe hat das Gesundheitsamt in gesundheitspolizeilicher Hinsicht zu überwachen. Der Amtsarzt hat diese Anstalten mindestens jährlich einmal abwechselnd im Sommer und Winter unter Zuziehung des leitenden Arztes und eines Vertreters der Krankenhausverwaltung (Vorstandes, Kuratoriums usw.) eingehend zu besichtigen. Der Arzt und die Krankenhausverwaltung sind erst kurz vor der Besichtigung zu benachrichtigen.
(2) Bei der Beaufsichtigung hat der Amtsarzt festzustellen, ob jedes Haus seine besondere Aufgabe erfüllt, die Vorschriften über Anstellung von Ärzten und Medizinalpraktikanten eingehalten werden, die Krankengeschichten ordnungsmäßig geführt und aufbewahrt und die Bestimmungen über die Beschäftigung des Pflegepersonal beachtet sind.
(3) Die Vorbereitungen für die Erste Hilfe und des Luftschutzes, die Einrichtung der Entbindungs-, Operations- und Röntgenabteilung, die Unterbringung von Kindern, die Absonderung von Personen, die an übertragbaren Krankheiten leiden, der Krankenhausapothekenbetrieb, die Einrichtung der Laboratorien, die Entkeimungsanlage, auch das Leichenhaus und die Einrichtung für Leichenöffnungen sind eingehend nachzuprüfen.
(4) In allen Anstalten sollen, abgesehen von den Krankenpflege-Schülerinnen und dem männlichen Hilfspersonal, möglichst nur staatlich anerkannte Schwestern in der Krankenpflege tätig sein. Ihre Unterbringung, Dienst- und Freizeiteinteilung muß billigen Anforderungen genügen. Die Zahl der angestellten Schwestern ist daraufhin zu prüfen, ob sie in einem angemessenen Verhältnis zu der durchschnittlichen Belegungszahl steht. Befindet sich in einer Anstalt eine Schule für Kranken- oder Säuglingspflegerinnen oder -schwestern, so hat der Amtsarzt darauf zu achten, daß die Ausbildung der Schülerinnen den Vorschriften entspricht und nicht unter einer zu starken Ausdehnung ihrer praktischen Arbeit leidet. Wo Mißstände festgestellt werden, ist zunächst auf eine Belehrung der Krankenhausleiter und -vorstände Bedacht zu nehmen und auf möglichst baldige Herstellung geordneter Zustände hinzuwirken.
(5) Die Ausübung einer Aufsicht über die staatlichen Anstalten durch das Gesundheitsamt hat nur auf Anweisung stattzufinden. Zur Feststellung übertragbarer Krankheiten oder zur Durchführung sonstiger Dienstaufgaben sind der Amtsarzt und sein Stellvertreter zum Betreten sämtlicher Anstalten ohne weiteres befugt.
(6) Soweit eine Krankenhausfürsorge nötig ist, soll sie vom Gesundheitsamt und dem Krankenhaus möglichst im Rahmen der Familienfürsorge gefördert werden.
(7) Für den Fall des Eintritts von Massenunglücksfällen, Krieg oder ausgedehnter Seuchengefahr hat es geeignete Gebäude als Behelfskrankenhäuser in Aussicht zu nehmen und für die notwendigen Einrichtungen einen jederzeit ausführbaren Plan aufzustellen.
(8) Die Besichtigung der Arbeitsdienstlager erfolgt nach besonderer Anweisung.
§ 48
§ 48 Krankenfürsorge auf Handelsschiffen.
Das Gesundheitsamt hat den Reedern den Arzt und den Apotheker zu bezeichnen, denen die Prüfung der Ausrüstung der Handelsschiffe mit Arznei- und anderen Hilfsmitteln sowie mit Lebensmitteln zur Krankenpflege übertragen werden soll (§ 15 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 3. Juli 1905 – Reichsgesetzbl. S. 568), und sich die Bescheinigungen über den Befund (Absätze 2 und 3 daselbst) vorlegen zu lassen.
§ 49
§ 49 Übersichten über die Krankenbewegung. Zählkarten
Das Gesundheitsamt hat bei den vorgeschriebenen statistischen Erhebungen über die Krankenhäuser und ihre Belegung nach Maßgabe der Bestimmungen mitzuwirken.
§ 50
§ 50
(1) Bei der Vorlage von Anträgen zum Bau von Krankenhäusern hat der Amtsarzt im Interesse einer Planwirtschaft zu prüfen, ob ein öffentliches gesundheitliches Bedürfnis für den Bau besteht. Ist dieses nicht der Fall, so hat er auf Unterlassung des Vorhabens zu dringen.
(2) Er hat die Anträge auf Erteilung der Konzession zu Privatkranken-, Privatentbindungs- und Privatirrenanstalten vom gesundheitlichen Standpunkte nach Maßgabe der hierüber erlassenen Vorschriften zu prüfen und in dem darüber zu erstattenden Gutachten auch etwaige Tatsachen, die auf eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers bezüglich Leitung oder Verwaltung der Anstalt schließen lassen, zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 30, Abs. 1, Gewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1896 – Reichsgesetzbl. S. 685).
Abschnitt XIV
§ 51
(Anm.: gegenstandslos)
§ 52
§ 52
(Anm.: gegenstandslos)
§ 53
§ 53
(Anm.: gegenstandslos)
§ 54
§ 54
(Anm.: gegenstandslos)
Abschnitt XV
Schulhygiene.
§ 55
§ 55 Gesundheitliche Beaufsichtigung der Schulen (auch Waisenhäuser, Kindergärten und ähnlicher Einrichtungen).
Das Gesundheitsamt wacht darüber, daß die Schulgebäude und die dem Unterricht dienenden Einrichtungsgegenstände (Schulbänke usw.) den Anforderungen der Hygiene genügen.
§ 56
§ 56
Der beamtete Arzt hat innerhalb eines in der Regel fünfjährigen Zeitraumes jede Schule seines Bezirks abwechselnd im Sommer und Winter auf ihre Baulichkeit und Einrichtung sowie auf den Gesundheitszustand der Schüler unter Zuziehung des Schulvorstandes und des Schularztes zu besichtigen. Der Leiter des Kreises, der Schulrat, bei Fortbildungs- und Fachschulen der Vorsitzende des Schulvorstandes, sind rechtzeitig vorher zu benachrichtigen. Das Gesundheitsamt hat rechtzeitig Neu- und Umbauten von Schulen anzuregen, wenn die vorhandenen Schulen den Anforderungen der Hygiene nicht mehr genügen, und die Baupläne für Neu- und Umbauten rechtzeitig zu prüfen. Zur Prüfung der Bauvorhaben hat der beamtete Arzt, soweit erforderlich, Ermittlungen an Ort und Stelle, insbesondere Besichtigungen der Bauplätze vorzunehmen.
§ 57
§ 57 Verhütung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten durch die Schulen und in den Schulen.
Das Gesundheitsamt hat darüber zu wachen, daß der Verbreitung übertragbarer Krankheiten durch die Schulen nach Möglichkeit vorgebeugt wird, und daß die gesetzlichen Vorschriften zur Verhütung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten durch die Schulen genaue Beachtung finden. Vor Abgabe seines Gutachtens hat der Amtsarzt in der Regel eine örtliche Besichtigung vorzunehmen und zu prüfen, welche Maßregeln zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit zu treffen sind. Ist eine Schule geschlossen worden, so hat der Amtsarzt sich im allgemeinen erst dann für die Wiedereröffnung auszusprechen, wenn die Schule oder Schulklasse und die dazugehörigen Nebenräume gründlich gereinigt und entkeimt worden sind.
§ 58
§ 58 Schulgesundheitspflege
(1) Der Amtsarzt hat darüber zu wachen, daß der schulärztliche Dienst einschließlich der Schulzahnpflege einwandfrei durchgeführt wird; Schulärzte unterstehen der Dienstaufsicht des Amtsarztes. Dieser soll sich am schulärztlichen Dienst beteiligen, sofern es seine übrigen Amtsgeschäfte zulassen.
(2) Zum schulärztlichen Dienst gehören:
(a) Reihenuntersuchungen, insbesondere bei der Einschulung und bei der Entlassung; Anlegung einer Kartei,
(b) besondere Überwachung der Schüler, deren Gesundheitszustand eine fortlaufende Kontrolle erforderlich macht,
(c) schulärztliche Sprechstunden für Eltern, Schüler und Lehrer,
(d) Herbeiführung gesundheitsfürsorgerlicher Maßnahmen für die Schüler,
(e) Beratung und Belehrung der Lehrer in Fragen der Gesundheitspflege,
(f) Mitarbeit bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in den Schulen.
(3) Das Gesundheitsamt hat auf die gesundheitliche Erziehung der Schüler hinzuwirken. Nach Möglichkeit sind auch Vorträge der Schulärzte vor Lehrern, ferner für Schüler der oberen Klassen und für Eltern vorzusehen und anzuregen.
Abschnitt XVI
Bekämpfung des Geburtenrückganges, Mütterberatung, Säuglings- und Kleinkinderfürsorge.
§ 59
§ 59
(1) Das Gesundheitsamt hat den Willen zum Kinde in der erbgesunden Bevölkerung zu stärken; ungesetzliche Schwangerschaftsunterbrechungen hat es sofort zur Anzeige zu bringen.
(2) Den Ursachen der Säuglingssterblichkeit hat es nachzugehen und an ihrer Beseitigung mitzuwirken.
(3) Deshalb hat es vor allem die Bevölkerung über die Bedeutung der natürlichen Ernährung der Säuglinge und des Selbststillens der Mütter aufzuklären. Es muß jede Gelegenheit wahrnehmen, um durch mündliche Belehrung in Einzelfällen, schriftliche Aufklärung in der Presse und durch Verteilung von Merkblättern hierzu beizutragen. Wenn mangels Möglichkeit der natürlichen Ernährung die Ernährung durch Kuhmilch in Frage kommt, so sind die Mütter über die beste Art der Zubereitung und Darreichung eingehend zu beraten. Bei der Überwachung der Milchgewinnung und des Verkehrs mit Milch muß das Gesundheitsamt maßgebend beteiligt bleiben (vgl. § 32 dieser Dienstordnung). Die Errichtung von Säuglingsfürsorgestellen, in denen Schwangere und Mütter unentgeltlich ärztlich beraten und die Säuglinge regelmäßig untersucht werden, hat der Amtsarzt überall dort anzustreben, wo sie notwendig sind.
(4) Auf die Heranziehung der Hebammen und ihre enge Zusammenarbeit mit den Gesundheitspflegerinnen und den Gemeindeschwestern ist besonderer Wert zu legen.
(5) Mit Rücksicht auf Fälle abnormen Geburtsverlaufs und auf besonders ungünstige Wohnungsverhältnisse soll das Gesundheitsamt auf die Schaffung ausreichender Möglichkeiten zur Entbindung in Anstalten hinwirken. Bestrebungen nach grundsätzlicher Verlegung aller Entbindungen in eine Anstalt soll es, insbesondere zur Erhaltung des Familiensinns, entgegentreten.
(6) Anstalten, in denen Entbindungen vorgenommen werden oder die der Pflege von Wöchnerinnen und Säuglingen dienen, hat der Amtsarzt zu überwachen und alljährlich zu besichtigen. Hierbei ist besonders darauf zu achten, daß für die Säuglinge genügend Absonderungsmöglichkeiten vorhanden sind und ausreichendes und fachgemäß geschultes Personal zur Verfügung steht, und zwar für Entbindungen Hebammen, für die Pflege der Neugeborenen und Kleinkinder Hebammen oder Säuglingspflegerinnen, bzw. -schwestern.
(7) Auf die Innehaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze werdender und stillender Mütter in den gewerblichen Betrieben des Bezirks ist zu achten.
§ 60
§ 60 Pflegekinderwesen.
(1) Bei der Überwachung des Pflegekinderwesens hat das Gesundheitsamt nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften mitzuwirken. Es hat sich von dem Kreis-Jugendamt ein Verzeichnis derjenigen Personen, bei welchen fremde, noch nicht sechs Jahre alte Kinder gegen Entgelt in Kost und Pflege untergebracht sind, zu beschaffen und fortlaufend zu ergänzen.
(2) Bei der Besichtigung von Pflegekinderstellen soll sich der beamtete Arzt vom Zustande der Wohnung, der Art der Wartung, Pflege, Ernährung und Behandlung sowie vom Gesundheitszustande der Pfleglinge überzeugen. Bei Todesfällen von Pflegekindern ist gegebenenfalls zu klären, ob der Pflegestelle ein Verschulden zur Last fällt.
(3) Von dem Ergebnis solcher Besichtigungen ist dem Kreisjugendamt unter Angabe der vorgefundenen Mißstände Mitteilung zu machen und bei erheblichen Mängeln die Zurückziehung der Erlaubnis zur Aufnahme von Pflegekindern zu veranlassen.
§ 61
§ 61 Tuberkulosebekämpfung und -fürsorge.
(1) Das Gesundheitsamt hat die Bekämpfung der Tuberkulose im Rahmen der für die Seuchenbekämpfung geltenden Vorschriften sowie die ärztliche Fürsorge für Tuberkulose-Erkrankte und -Gefährdete durchzuführen.
(2) Es muß hierzu die zur Feststellung der Krankheit und des Umfanges der Ansteckungsgefahr erforderlichen Ermittlungen vornehmen und die zur Verhütung einer Weiterverbreitung der Krankheit nötigen Maßnahmen (einschließlich der Entkeimung) treffen.
(3) Zu den fürsorgerischen ärztlichen Aufgaben des Gesundheitsamts gehören insbesondere die Erfassung der Tuberkulosekranken, ihre laufende ärztliche Überwachung, Beratung und Belehrung sowie die Vermittlung zweckmäßiger Heilbehandlung. Außerdem sind die Tuberkulose-Gefährdeten planmäßig zu untersuchen und ärztlich zu beraten. Die Wohn-, Schlaf- und Berufsverhältnisse Tuberkulosekranker und -bedrohter sind zu prüfen; auch ist die Begutachtung und Antragstellung auf Beihilfengewährung, die Erstattung von Zeugnissen und Gutachten auf Anfordern von Behörden oder beim Vorliegen eines öffentlichen Interesses, wie die allgemeine Aufklärung und Belehrung der Bevölkerung in allen die Tuberkuloseverhütung und -bekämpfung betreffenden Fragen zu gewährleisten.
(4) Zur Durchführung dieser Aufgaben bedarf es einer der Größe und Bevölkerungsdichte des Bezirks entsprechenden Zahl von Tuberkulosefürsorgestellen. Ihre ärztliche Leitung ist, wenn geeignete hauptamtliche Kräfte nicht oder nicht in genügender Zahl vorhanden sind, nach Möglichkeit Tuberkulose-Fachärzten, sonst solchen praktischen Ärzten nebenamtlich zu übertragen, die auf dem Gebiete der Tuberkuloseerkrankung besondere Erfahrungen besitzen. Jede Tuberkulosefürsorgestelle soll mit den notwendigen medizinisch-technischen Einrichtungen ausgerüstet sein, insbesondere über einen leistungsfähigen Röntgenapparat und über ausreichend geschulte Hilfskräfte verfügen. Wenn die erforderlichen Einrichtungen in der Fürsorgestelle selbst nicht vorhanden sind, muß ihre Benutzung andernorts vertraglich gesichert sein. Zahl, Sitz und Ausstattung der Tuberkulosefürsorgestellen bestimmt die vorgesetzte Dienstbehörde nach Anhören des Gesundheitsamts.
(5) Die Untersuchung und Beratung in den Tuberkulosefürsorgestellen erfolgt unentgeltlich. Eine ärztliche Behandlung ist ihnen grundsätzlich untersagt; Ausnahmen sind nur mit Erlaubnis der Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der ärztlichen Standesorganisation zulässig.
(6) Die der Tuberkulosebekämpfung und -fürsorge sich widmenden sonstigen Stellen privaten und öffentlichen Rechts einschließlich der Sozialversicherungsträger sind zu einer praktischen Arbeitsgemeinschaft zusammenzufassen, um den einheitlichen und planmäßigen Einsatz aller dem gleichen Zweck dienenden Kräfte und Einrichtungen sowie die größtmögliche Wirtschaftlichkeit der aufgebrachten Mittel sicherzustellen.
Abschnitt XVII
§ 62
§ 62 Überwachung der Prostitution.
Das Gesundheitsamt hat die zuständigen Behörden bei der Durchführung des Reichsgesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ärztlich zu unterstützen und, wo erforderlich, Beratungsstellen für Geschlechtskranke einzurichten. Sind für den Bezirk mehrerer Gesundheitsämter Arbeitsgemeinschaften zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten gebildet, so regelt die Aufsichtsbehörde die Beteiligung der einzelnen Gesundheitsämter an der Organisation und der Arbeit dieser Arbeitsgemeinschaften durch besondere Richtlinien.
§ 63
§ 63
(Anm.: gegenstandslos)
§ 64
§ 64 Alkohol- und Rauschgiftbekämpfung.
(1) Die Gesundheitsämter haben dem Mißbrauch von Alkohol, Tabak und Schlafmitteln, Opiaten und ähnlich wirkenden Giftstoffen ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Insbesondere hat das Gesundheitsamt zu prüfen, ob nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse Einschränkungen in der Erteilung von Schankkonzessionen und polizeiliche Anordnungen über Öffnungs- und Schließungsstunde der Schankstätten wünschenswert erscheinen.
(2) Der Ausschank alkoholfreier Getränke ist zu fördern, die Arbeit der den Alkoholmißbrauch bekämpfenden Kreise zu unterstützen.
(3) Gegebenenfalls sind in größeren Bezirken Beratungsstellen für Alkoholkranke und deren Familien einzurichten.
§ 65
§ 65
(1) Bei der Aufnahme von Geisteskranken, Psychopathen, Epileptikern und Idioten in Anstalten hat das Gesundheitsamt mitzuwirken und gegebenenfalls sich gutachtlich zu äußern.
(2) Die Pflegestellen der in fremden Familien untergebrachten Geisteskranken, Epileptikern und Idioten sind gemäß den in den einzelnen Bezirken bestehenden Vorschriften zu beaufsichtigen. Bei Mißständen ist gegebenenfalls eine andere Unterbringung in die Wege zu leiten.
§ 66
§ 66 Ärztliche Mitwirkung bei Maßnahmen zur Förderung der Körperpflege und Leibesübungen.
(1) Das Gesundheitsamt hat alle der körperlichen Ertüchtigung des Volkes dienenden Bestrebungen tatkräftig zu fördern. Es hat bei seiner ärztlichen Mitwirkung darauf zu achten, daß Gesundheitsschädigungen vermieden werden.
(2) Zu diesem Zwecke hat es mit allen Körperpflege und Leibesübungen treibenden Verbänden enge Fühlung zu halten und sie in einschlägigen ärztlichen Fragen unentgeltlich zu beraten. Die auf sportlichem Gebiet tätigen oder für Sportfragen besonders interessierten praktischen Ärzte sind planmäßig zur Mitarbeit heranzuziehen.
(3) Das Gesundheitsamt hat die sportlichen Anlagen und Einrichtungen, wie z. B. Turnhallen, Turn- und Sportplätze, Schwimmbäder, Luftbäder, Jugendherbergen und Sportlager jeglicher Art, gesundheitlich zu beaufsichtigen. Bei Errichtung neuer Anlagen hat es begutachtend mitzuwirken. Wird seinen Anträgen auf Abstellung von Mißständen nicht nachgekommen, so ist die Entscheidung der Aufsichtsbehörde anzurufen.
Abschnitt XVIII.
§ 67
§ 67 Rettungs- und Krankenbeförderungswesen.
Die Gesundheitsämter haben im Benehmen mit den örtlichen Organisationen des Roten Kreuzes, der Landkrankenpflege u. a. an der Durchführung des öffentlichen Sanitätsdienstes, der Ersten Hilfe und der Krankenbeförderung mitzuwirken. Die genannten Organisationen sollen bei Unfällen, Krankenbeförderungen usw. den Anforderungen der Gesundheitsämter nach Möglichkeit entsprechen. Es ist erwünscht, daß diese Organisationen den Gesundheitsämtern zum 15. Januar eines jeden Jahres über Personalbestand, fachliche Einrichtungen und getätigte Hilfeleistungen zahlenmäßige Nachweisungen nach dem Stande vom 31. Dezember des Vorjahres vorlegen.
§ 68
§ 68 Luftschutz.
Die Gesundheitsämter haben bei der Durchführung des bürgerlichen Luftschutzes im Rahmen der Bestimmungen der vorläufigen Ortsanweisung für den Luftschutz der Bevölkerung (Abschnitt Luftschutz-Sanitätsdienst) mitzuwirken. Sie können ferner zur Untersuchung des Personals des Sicherheits- und Hilfsdienstes herangezogen werden.
Abschnitt XIX.
§ 69
§ 69 Öffentliches Badewesen.
(1) Das Gesundheitsamt hat die Errichtung von öffentlichen Bade- und Schwimmanstalten, von Volks- und Schulbrausebädern zu fördern.
(2) Die Badeanstalten und Freibäder sind vom beamteten Arzt nach Bedarf daraufhin zu besichtigen, ob sie den gesundheitlichen Anforderungen entsprechen, ob die Beschaffenheit des Wassers, bei Schwimmbädern auch die Art der Erneuerung des Wassers, zu Bedenken Anlaß geben, ob die nötigen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Unglücksfällen und geeignete Maßnahmen für die erste Hilfeleistung usw. getroffen sind. Bei den von Privatunternehmern unterhaltenen Kurbädern ist zu prüfen, ob sie als Krankenanstalten im Sinne des § 30 der Gewerbeordnung (vgl. § 50 dieser Dienstordnung) anzusehen sind.
(3) Werden Tatsachen festgestellt, welche die Unzuverlässigkeit des Unternehmers hinsichtlich des Betriebs der Badeanstalt dartun, so ist die Untersagung des Gewerbebetriebs zu veranlassen (§ 35 Gewerbeordnung).
Abschnitt XX.
Heilquellen, Kurorte.
§ 70
§ 70 Beaufsichtigung.
(1) Die Heilquellen, Bäder und sonstigen Kurorte des Bezirks hat der Amtsarzt in gesundheitlicher Hinsicht zu überwachen und jährlich mindestens einmal zu besichtigen.
(2) Bei den Besichtigungen hat er auf die Badeeinrichtungen, die Beschaffenheit der Heilquellen, die Füllmethoden der für den Versand bestimmten Mineralwässer sowie auf die gesamten gesundheitlichen Einrichtungen des Ortes zu achten.
(3) Auf Ersuchen der zuständigen Behörde hat er sich in Fragen des Quellenschutzes gutachtlich zu äußern. Wird eine als gemeinnützig anerkannte Quelle oder eine Quelle, für welche die Voraussetzung zu dieser Anerkennung durch ihre Heilwirkung gegeben erscheint, auf eine ihren Bestand oder ihren Mineralgehalt gefährdende Weise benutzt, oder entspricht die Art ihrer Unterhaltung und Benutzung nicht den Forderungen der öffentlichen Gesundheitspflege, so hat der Amtsarzt die Einleitung des Verfahrens auf Enteignung der Quelle bei den zuständigen Behörden zu beantragen.
§ 71
§ 71 Berichterstattung.
Über das Ergebnis der Besichtigung der Bäder ist im Jahresbericht das Erforderliche anzugeben. Der Bericht muß namentlich erkennen lassen, ob an dem Zustande der Einrichtungen Ausstellungen zu machen waren, und ob Verbesserungen den Beteiligten in Vorschlag gebracht worden sind.
Abschnitt XXI.
Leichenwesen, Erd- und Feuerbestattung.
§ 72
§ 72 Leichenschau.
Das Gesundheitsamt hat darauf hinzuwirken, daß die Leichenschau nach Möglichkeit überall eingerichtet und möglichst von Ärzten durchgeführt wird. Insbesondere hat das Gesundheitsamt auf die sorgfältige Ausstellung der Totenscheine durch die Ärzte zu achten.
§ 73
§ 73 Leichenbeförderung.
(1) Das Gesundheitsamt hat darüber zu wachen, daß Aufbahrung, Beförderung, Bestattung, Ausgrabung und Umbettung der Leichen in gesundheitlich einwandfreier Weise erfolgen und die in dieser Hinsicht erlassenen Vorschriften befolgt werden.
(2) Soweit die Ausstellung eines Leichenpasses von der Beibringung einer amtsärztlichen Bescheinigung über die Todesursache und die Unbedenklichkeit der Beförderung abhängig ist, hat der Amtsarzt nach Anhörung des Arztes, der den Verstorbenen in der tödlich gewordenen Krankheit behandelt hat, diese Bescheinigung auszustellen. Genügen die dem Amtsarzt unterbreiteten Unterlagen für die Bestätigung der Unbedenklichkeit einer Beförderung nicht, so darf die Ausstellung der Bescheinigung erst nach vorheriger Besichtigung der Leiche erfolgen.
(3) Für die Beförderung der Leichen von Personen, die an einer gemeingefährlichen Krankheit (§ 1 des Reichsgesetzes vom 30. Juni 1900 – Reichsgesetzbl. S. 306) gestorben sind, ist die Ausstellung der amtsärztlichen Bescheinigung für die Frist eines Jahres nach dem Tode zu versagen. Bei Fleckfieber ist die Beförderung erlaubt, wenn die Leiche zuverlässig entlaust ist. Bei Diphtherie, Ruhr, Scharlach, Typhus, Paratyphus, Milzbrand oder Rotz hat das Gesundheitsamt nach Lage des Falles zu entscheiden, ob mit Rücksicht auf die Gefahr einer Verschleppung der Krankheit die Bescheinigung abzulehnen ist. Handelt es sich um die Leiche einer Person, die an einer anderen übertragbaren Krankheit gestorben ist, so darf aus diesem Umstand ein Bedenken gegen die Beförderung nicht hergeleitet werden.
§ 74
§ 74 Ausgrabung von Leichen.
Bei der Ausgrabung von Leichen ist, falls sie nicht auf gerichtliche Anordnung erfolgt (vgl. § 87, Abs. 3, der Strafprozeßordnung), vom beamteten Arzt eine gutachtliche Äußerung darüber abzugeben, ob und unter welchen Bedingungen die Ausgrabung unbedenklich ist.
§ 75
§ 75 Anlegung und Erweiterung von Begräbnisplätzen.
(1) Bei der Anlegung neuer und der Erweiterung bestehender Begräbnisplätze und Krematorien hat der Amtsarzt auf Antrag nach örtlicher Besichtigung und nach Maßgabe der gesetzlichen und sonstigen Vorschriften sich gutachtlich zu äußern.
(2) Die Entwürfe der zu erlassenden Begräbnis- und Friedhofsordnungen werden von dem Amtsarzt geprüft.
(3) Auf die Errichtung und die einwandfreie Beschaffung von Leichenhallen hat das Gesundheitsamt hinzuwirken.
§ 76
§ 76 Beaufsichtigung der Begräbnisplätze.
Die Begräbnisplätze und Krematorien sind von dem Amtsarzt auf Einrichtung und Ordnung des Betriebes gelegentlich der Ortsbesichtigung (§ 23 dieser Dienstordnung) zu besichtigen. Die Schließung ungünstig gelegener Begräbnisplätze ist anzustreben, insbesondere wenn gesundheitsschädliche Einflüsse auf die Umgebung zu befürchten sind.
§ 77
§ 77 Feuerbestattung.
Der beamtete Arzt hat die durch § 3 des Reichsgesetzes über die Feuerbestattung vom 15. Mai 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 380) und § 3 der zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Verordnung vom 26. Juni 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 519) vorgeschriebene Leichenschau vorzunehmen.
Abschnitt XXII.
Geschäftsführung.
§ 78
§ 78 Amtlicher Schriftverkehr.
Das Gesundheitsamt hat die für den Schriftverkehr der Behörden bestehenden Vorschriften zu beachten. Die für die Berichterstattung gesetzten Fristen sind pünktlich innezuhalten; andernfalls ist rechtzeitig die Bewilligung einer Nachfrist nachzusuchen. Um den Geschäftsverkehr (§ 13 der Dienstordnung – Allgemeiner Teil, vom 22. Februar 1935, Reichsgesetzbl. I S. 215) zu beschleunigen, sind zwischen Gesundheitsamt und dem Leiter des Kreises Vereinbarungen über eine Vereinfachung der gegenseitigen Beteiligung zu treffen.
§ 79
§ 79 Medizinalstatistik, Jahresgesundheitsbericht.
Die Gesundheitsämter haben bei der Durchführung der Medizinalstatistik und der Anfertigung des Jahresgesundheitsberichts die hierüber erlassenen Vorschriften sorgfältig zu beachten.
§ 80
§ 80 Erhebung der Gebühren, Fahrgelder und Reisekosten.
Die dem Gesundheitsamt für seine Tätigkeit zustehenden Gebühren sind nach dem für Behörden gültigen Zahlungsverkehr zu vereinnahmen und zu buchen, so daß jederzeit eine Nachprüfung durch die Prüfungsbehörde möglich ist. Das gleiche gilt für die Berechnung und Vereinnahmung von Reisekosten und Tagegeldern.
§ 81
§ 81 Geschäftsbücher, Listenführung, Registratur, Postsendungen.
(1) Zu führen sind:
ein Tagebuch, ein Reisetagebuch, ein Terminkalender, ein Inventarverzeichnis, ein Aktenverzeichnis, ein Gebührenverzeichnis, ferner die erforderlichen Übersichten.
(2) Der gesamte Schriftverkehr ist, soweit er beim Gesundheitsamt verbleibt, in übersichtlicher Form der Registratur einzuverleiben. Bei urschriftlichen Vorgängen ist ein entsprechender Aktenvermerk aufzunehmen.
(3) Dienstmarken dürfen nur im amtlichen Schriftverkehr verwendet werden.
§ 82
§ 82
Die von dem Gesundheitsamt für die Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Formbogen, Bücher und Listen werden, soweit sie nicht in diese Dienstordnung bereits aufgenommen sind, durch Erlaß bestimmt werden.
Anl. 1
(Anm.: Formulare werden nicht dargestellt, da veraltet und zum Teil gegenstandslos!)