FinStrZG
Anwendungsbereich
§ 2Begriffsbestimmungen
§ 3Amts- und Rechtshilfe
§ 4Zuständigkeit
§ 4aDurchführung von Amts- und Rechtshilfehandlungen
§ 4bMitwirkung im Ausland; Rechtsstellung und zivilrechtliche Verantwortlichkeit
§ 4cInformationsaustausch ohne Ersuchen
§ 5Informationsersuchen und Bereitstellung von Informationen
§ 6Ablehnung der Bereitstellung von Informationen
§ 7Verwendung der übermittelten Daten
§ 8Befugnisse der Abgabenbehörde
§ 8aEmpfangsbestätigung
§ 8bEntscheidung über die Vollstreckung
§ 8cRückgriff auf eine andere Ermittlungsmaßnahme
§ 8dVollstreckung
§ 8eÜbermittlung der Beweismittel
§ 8fRechtsmittel
§ 8gErlassung und Genehmigung einer Europäischen Ermittlungsanordnung
§ 8hRechtsmittel
§ 8iVernehmung mittels technischer Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung oderim Wege einer Telefonkonferenz
§ 8jInformationen über Konten und Depots
§ 8kInformationen über Bank- und sonstige Finanzgeschäfte
§ 8lVorläufige Maßnahmen
§ 9Anzuwendendes Verfahrensrecht und Zuständigkeit
§ 10Unzulässigkeit der Vollstreckung
§ 11Vollstreckung
§ 12Anrechnung geleisteter Zahlungen
§ 13Ersatzfreiheitsstrafe
§ 14Beendigung der Vollstreckung
Vorwort
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Bundesgesetz regelt
1. die internationale Amts- und Rechtshilfe in Finanzstrafsachen und in Angelegenheiten der Betrugsbekämpfung, soweit sie nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt oder die abgabenrechtliche Amtshilfe betroffen ist;
2. die Vollstreckung
a) von finanzstrafrechtlichen Entscheidungen nicht gerichtlicher Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Österreich und
b) von Entscheidungen österreichischer Finanzstrafbehörden in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.
(2) Mit diesem Bundesgesetz werden folgende Rechtsakte der Europäischen Union umgesetzt:
1. Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, ABl. Nr. L 76 vom 22.03.2005 S. 16, zuletzt geändert durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI, ABl. Nr. L 81 vom 27.03.2009 S. 24;
2. Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen, ABl. Nr. L 130, 01.05.2014, S. 1-36 (im Folgenden Richtlinie 2014/41/EU);
3. Richtlinie (EU) 2023/977 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 über den Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates, ABl. Nr. L 134 vom 22.5.2023 S. 1-24, (im Folgenden Richtlinie (EU) 2023/977).
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet
1. „Betrugsbekämpfung“ alle Maßnahmen zur Verhinderung, Aufdeckung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die von den Abgabenbehörden zu vollziehenden Rechtsvorschriften;
2. „zuständige Strafverfolgungsbehörde“ eine nationale Polizei-, Zoll- oder sonstige Behörde eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, die nach nationalem Recht befugt ist, Straftaten oder kriminelle Aktivitäten aufzudecken, zu verhüten und aufzuklären und in Verbindung mit diesen Tätigkeiten öffentliche Gewalt auszuüben und Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Behörden oder Stellen, die sich speziell mit Fragen der nationalen Sicherheit befassen, sind davon nicht umfasst.
2a. „vorhandene Informationen“ alle Arten von Daten aus einem inländischen Abgaben- oder Finanzstrafverfahren sowie sonstige Daten, die bei den zuständigen Behörden oder privaten Einrichtungen vorhanden sind, soweit die Finanzstrafbehörden in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall ohne das Ergreifen von Zwangsmaßnahmen Zugang zu diesen Daten haben;
2b. „Europäische Ermittlungsanordnung“ eine Entscheidung, die von einer Justizbehörde oder einem richterlichen Organ eines Mitgliedstaats zur Durchführung einer oder mehrerer Ermittlungsmaßnahmen in einem anderen Mitgliedstaat oder zur Übermittlung von Ermittlungsergebnissen und Beweismitteln erlassen oder validiert wird;
2c. „Anordnungsstaat“ den Mitgliedstaat, dessen Behörde die Europäische Ermittlungsanordnung erlassen hat;
2d. „Anordnungsbehörde“ den Richter, das Gericht, den Ermittlungsrichter oder den Staatsanwalt, von welchem die Europäische Ermittlungsanordnung erlassen wurde oder jede andere Behörde, die nach dem Recht des Anordnungsstaats für die Erlassung einer Europäischen Ermittlungsanordnung zuständig ist, vorausgesetzt die Europäische Ermittlungsanordnung wurde von einem Richter, einem Gericht, einem Ermittlungsrichter oder einem Staatsanwalt genehmigt;
2e. „Vollstreckungsbehörde“ die Behörde, die für die Entscheidung über die Vollstreckung zuständig ist;
3. „Entscheidung im Sinne des 4. Abschnitts“
a) eine rechtskräftige Entscheidung gegen eine natürliche Person oder einen Verband im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 VbVG über die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße, die
aa) von einer nicht gerichtlichen Behörde des Entscheidungsstaats in Bezug auf eine nach dessen Recht strafbare Handlung getroffen wurde, vorausgesetzt, dass die betreffende Person die Möglichkeit hatte, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen, oder
bb) von einer nicht gerichtlichen Behörde des Entscheidungsstaats in Bezug auf Handlungen getroffen wurde, die nach dessen Recht als Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften geahndet wurden, vorausgesetzt, dass die betreffende Person die Möglichkeit hatte, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen;
b) im Anwendungsbereich des 2. Unterabschnitts auch eine rechtskräftige Entscheidung über die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße durch eine natürliche Person oder einen Verband, die getroffen wurde
aa) von einem Spruchsenat, oder
bb) von einem auch in Strafsachen zuständigen Gericht und sich auf eine unter lit. a oder lit. b, sublit. aa) fallende Entscheidung bezieht;
4. „Geldstrafe oder Geldbuße“ die Verpflichtung zur Zahlung
a) eines in einer Entscheidung festgesetzten Geldbetrags;
b) einer in derselben Entscheidung festgesetzten Entschädigung für die Opfer, wenn das Opfer im Rahmen des Verfahrens keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen konnte und das Gericht in Ausübung seiner strafrechtlichen Zuständigkeit tätig wurde;
c) von Geldbeträgen für die Kosten der zu der Entscheidung führenden Gerichts- und Verwaltungsverfahren;
d) von in derselben Entscheidung festgesetzten Geldbeträgen an eine öffentliche Kasse oder eine Organisation zur Unterstützung von Opfern.
Der Begriff „Geldstrafen oder Geldbuße“ umfasst weder Anordnungen über die Einziehung, den Verfall oder die Konfiskation von Tatwerkzeugen oder Erträgen aus Straftaten noch Anordnungen zivilrechtlicher Natur, die sich aus Schadenersatzansprüchen und Klagen auf Wiederherstellung des früheren Zustands ergeben und gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 351 vom 20.12.2012 S. 1, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 566/2013, ABl. Nr. L 167 vom 19.06.2013 S. 29, vollstreckbar sind;
5. „Bestrafter“ die natürliche Person oder den Verband, gegen die oder gegen den die Entscheidung ergangen ist;
7. „Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat der Europäischen Union;
8. „Entscheidungsstaat“ den Mitgliedstaat, in dem eine Entscheidung ergangen ist;
9. „Vollstreckungsstaat“ den Mitgliedstaat, dem eine Entscheidung oder Europäische Ermittlungsanordnung zum Zweck der Vollstreckung übermittelt wurde;
10. „Bescheinigung“ die Bescheinigung nach Art. 4 des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI;
11. „Zentrale Behörde“ der Bundesminister für Finanzen oder dessen bevollmächtigte Vertreter.
2. Abschnitt
Grundsätze
§ 3 Amts- und Rechtshilfe
(1) Die Finanzstrafbehörden sind berechtigt, zur Durchführung der Finanzstrafrechtspflege zwischenstaatliche Amts- und Rechtshilfe auf Grund gesetzlicher Vorschriften, völkerrechtlicher Vereinbarungen sowie unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu leisten oder um diese zu ersuchen. Ein Ersuchen nach diesem Bundesgesetz darf nur gestellt werden, wenn einem gleichartigen Ersuchen des anderen Staates entsprochen werden könnte.
(2) Amtshilfe im Sinne des Abs. 1 ist jede Unterstützung, die zwischen Finanzstrafbehörden und ausländischen Verwaltungsbehörden zur Verhinderung, Aufdeckung und Verfolgung von Finanzvergehen gewährt wird.
(3) Rechtshilfe im Sinne des Abs. 1 ist jede Unterstützung, die in einer finanzstrafrechtlichen Angelegenheit zwischen Finanzstrafbehörden und anderen als in Abs. 2 genannten ausländischen Behörden aufgrund der in Abs. 1 genannten Rechtsgrundlagen gewährt wird. Als eine solche ausländische Behörde ist ein Gericht, eine Staatsanwaltschaft oder eine Verwaltungsbehörde, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann, zu verstehen.
(4) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden nur insoweit Anwendung, als in völkerrechtlichen Vereinbarungen oder unmittelbar wirksamen Rechtsvorschriften der Europäischen Union nicht anderes bestimmt ist. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), BGBl. Nr. 129/1958, anzuwenden.
§ 4 Zuständigkeit
(1) Die Zuständigkeit für die Erledigung eines Amts- oder Rechtshilfeersuchens richtet sich nach § 58 Abs. 3 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), BGBl. Nr. 129/1958.
(2) Im Falle eingehender Ersuchen kann die zentrale Behörde Amts- oder Rechtshilfehandlungen selbst vornehmen oder eine sachlich zuständige Finanzstrafbehörde zu deren Durchführung bestimmen, wenn die Amts- oder Rechtshilfehandlungen im Amtsbereich mehrerer Finanzstrafbehörden vorzunehmen sind oder eine zuständige Finanzstrafbehörde nicht festgestellt werden kann oder dies zur Vermeidung von Verzögerungen oder Erschwerungen des Verfahrens zweckmäßig ist.
§ 4a Durchführung von Amts- und Rechtshilfehandlungen
(1) Einem Ersuchen darf nur entsprochen werden, wenn die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen der Republik Österreich nicht verletzt werden und als gewährleistet angenommen werden kann, dass auch der ersuchende Staat einem gleichartigen österreichischen Ersuchen entsprechen würde.
(2) Die Republik Österreich trägt alle Kosten, die in ihrem Hoheitsgebiet im Zusammenhang mit der Durchführung von Amts- und Rechtshilfehandlungen entstehen. Werden die Kosten als unverhältnismäßig oder außergewöhnlich hoch angesehen, so kann der ersuchende Staat zum Zwecke der Teilung der Kosten konsultiert werden. Dem ersuchenden Staat ist der als außergewöhnlich hoch erachtete Teil der Kosten bekannt zu geben. Kann keine Einigung erzielt werden, ist der ersuchende Staat unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, sich mit der Tragung des Teils der Kosten einverstanden zu erklären, widrigenfalls angenommen werden würde, dass das Ersuchen oder die Europäische Ermittlungsanordnung im Hinblick auf diese Maßnahme zurückgezogen wird. Sachverständigengebühren hat stets der ersuchende Staat zu tragen.
(3) Die Finanzstrafbehörde führt die Amts- oder Rechtshilfehandlung in derselben Weise durch, wie sie im Rahmen eines innerstaatlichen Finanzstrafverfahrens durchzuführen wäre. Die Durchführung ist so lange aufzuschieben, als der Zweck laufender Ermittlungen andernfalls gefährdet wäre. Daten und Beweismittel, die im Rahmen der Durchführung einer Amts- oder Rechtshilfehandlung erhoben werden, dürfen für Zwecke der Finanzstrafrechtspflege und der Abgabenerhebung verarbeitet werden.
§ 4b Mitwirkung im Ausland; Rechtsstellung und zivilrechtliche Verantwortlichkeit
(1) Soweit dies in völkerrechtlichen Vereinbarungen oder Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehen ist, sind die Finanzstrafbehörden für Zwecke der Finanzstrafrechtspflege berechtigt, an Amts- und Rechtshilfehandlungen im Ausland mitzuwirken.
(2) Soweit dies in den in Abs. 1 genannten Rechtsgrundlagen vorgesehen ist, ist die Anwesenheit bei oder die Mitwirkung an Amts- und Rechtshilfehandlungen im Inland von Organen ausländischer Behörden auf Ersuchen zu bewilligen, sofern dadurch nicht wesentliche Verfahrensgrundsätze, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen der Republik Österreich verletzt werden. Den ausländischen Organen kommt keine Strafverfolgungsbefugnis im Inland zu; die Vornahme selbständiger Ermittlungen oder Verfahrenshandlungen durch diese ist unzulässig. Die Anwesenheit bei oder die Mitwirkung an Amts- und Rechtshilfehandlungen im Inland hat unter Leitung der zuständigen Finanzstrafbehörde zu erfolgen. Hinsichtlich der Rechtsstellung der ausländischen Organe und der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit gilt § 55k EU-JZG sinngemäß.
§ 4c Informationsaustausch ohne Ersuchen
(1) Ist dies in völkerrechtlichen Vereinbarungen oder Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehen, sind die Finanzstrafbehörden ermächtigt, auch ohne ein diesbezügliches Ersuchen mit den zuständigen Behörden des anderen Staates vorhandene Informationen auszutauschen, wenn
1. die Informationen vorsätzlich begangene Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, betreffen,
2. eine Übermittlung dieser Informationen an eine Finanzstrafbehörde, ein inländisches Gericht oder an eine inländische Staatsanwaltschaft auch ohne Ersuchen zulässig wäre, und
3. auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass durch den Inhalt der Informationen
a) ein Finanzstrafverfahren in dem anderen Staat eingeleitet werden kann,
b) ein bereits eingeleitetes Finanzstrafverfahren gefördert wird oder
c) eine Straftat von erheblicher Bedeutung verhindert oder eine unmittelbare und ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit abgewehrt werden kann.
(2) Vor der Übermittlung von Informationen, die der Staatsanwaltschaft berichtet wurden (§ 100 Strafprozeßordnung 1975 – StPO, BGBl. Nr. 631/1975), ist diese um Genehmigung zu ersuchen.
3. Abschnitt
Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/977
§ 5 Informationsersuchen und Bereitstellung von Informationen
(1) Die Finanzstrafbehörden sind ermächtigt, auf Ersuchen einer zentralen Kontaktstelle oder einer zuständigen Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorhandene Informationen bereitzustellen oder um diese zu ersuchen, wenn der Informationsaustausch der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung von Finanzvergehen dient und erforderlich und verhältnismäßig ist.
(2) Die Bereitstellung von Informationen im Sinne des Abs. 1, die nach den Bestimmungen der StPO ermittelt wurden, ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 76 Abs. 4 StPO vorliegen.
(3) Die Finanzstrafbehörden können Informationsersuchen über die beim Bundesminister für Inneres eingerichtete inländische zentrale Kontaktstelle oder direkt an die zuständige Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaates übermitteln. Ebenso können Informationen an einen ersuchenden Mitgliedstaat über die inländische zentrale Kontaktstelle oder direkt an die zuständige Strafverfolgungsbehörde des anderen Mitgliedstaates bereitgestellt werden.
(4) Richtet die Finanzstrafbehörde ein Informationsersuchen direkt an eine Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats oder stellt sie einer solchen aufgrund eines derartigen Ersuchens oder ohne Ersuchen (Abs. 9) direkt Informationen bereit, hat sie gleichzeitig eine Kopie dieses Ersuchens oder dieser Informationen an die inländische zentrale Kontaktstelle und an die zentrale Kontaktstelle des anderen Mitgliedstaats zu übermitteln. Eine Übermittlung der Kopie des Ersuchens oder der Informationen kann unterbleiben, wenn dadurch eine laufende hochsensible Ermittlung, bei der die Verarbeitung von Informationen ein angemessenes Maß an Vertraulichkeit erfordert, oder die Sicherheit einer Person gefährdet wäre.
(5) Die inländische zentrale Kontaktstelle ist ermächtigt, die nach dieser Bestimmung übermittelten personenbezogenen Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben gemäß der Richtlinie (EU) 2023/977 erforderlich ist.
(6) Informationsersuchen haben zumindest folgende Angaben zu enthalten:
a) eine Präzisierung der angeforderten Informationen, die so detailliert ist, wie dies unter den gegebenen Umständen in angemessener Weise möglich ist;
b) eine Beschreibung des Zwecks, zu dem die Informationen angefordert werden, einschließlich einer Beschreibung des Sachverhalts und der zugrundeliegenden Straftat;
c) die objektiven Gründe, die Anlass zu der Annahme geben, dass die angeforderten Informationen dem ersuchten Mitgliedstaat zur Verfügung stehen;
d) gegebenenfalls eine Erläuterung des Zusammenhangs zwischen dem Zweck, zu dem die Informationen angefordert werden, und allen natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen, auf die sich die Informationen beziehen;
e) gegebenenfalls die Gründe, aus denen das Ersuchen als dringend erachtet wird;
f) etwaige Beschränkungen einer Verwendung der in dem Informationsersuchen enthaltenen Informationen zu anderen Zwecken als zu denen, für die sie übermittelt wurden.
(7) In die Erledigung des Informationsersuchens hat die Finanzstrafbehörde eine Erklärung über die Zustimmung zur Verwendung der übermittelten Informationen und Ergebnisse einer Ermittlung als Beweismittel in einem Strafverfahren im ersuchenden Mitgliedstaat aufzunehmen.
(8) Es dürfen nur richtige, vollständige und aktuelle personenbezogene Daten übermittelt werden. Die Erledigung von Informationsersuchen hat auch Angaben betreffend die Richtigkeit, die Vollständigkeit und die Zuverlässigkeit der personenbezogenen Daten sowie deren Aktualität zu enthalten.
(9) Die Finanzstrafbehörden können den zentralen Kontaktstellen oder den zuständigen Strafverfolgungsbehörden anderer Mitgliedstaaten vorhandene Informationen ohne Ersuchen bereitstellen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Informationen für diese anderen Mitgliedstaaten zum Zweck der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung von Straftaten relevant sein könnten und dies erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Bestimmungen der Abs. 2,3,4,7 und 8 sind anzuwenden.
(10) Die Abs. 1 bis 9 sind auch auf den Informationsaustausch mit jenen Staaten anzuwenden, welche die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes auf Grund eines Assoziierungsübereinkommens mit der Europäischen Union über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes anwenden.
§ 6 Ablehnung der Bereitstellung von Informationen
(1) Die Bereitstellung von Informationen nach § 5 kann unterbleiben, wenn
1. dadurch der Zweck laufender Ermittlungen oder die Sicherheit von Personen gefährdet erscheint oder
2. die Bereitstellung unverhältnismäßig wäre oder die Informationen für die Zwecke, für die sie bereitgestellt werden sollen, nicht erforderlich sind oder
3. das Ersuchen die in § 5 Abs. 6 genannten Angaben nicht enthält, oder
4. es sich bei den angeforderten Informationen um andere personenbezogene Daten als jene handelt, die unter die in Anhang II Abschnitt B der Verordnung (EU) 2016/794 aufgeführten Kategorien personenbezogener Daten fallen, oder
5. die angeforderten Informationen ursprünglich von einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat erlangt wurden, und dieser Mitgliedstaat oder Drittstaat der Bereitstellung der Informationen nicht zugestimmt hat, oder
6. grundlegende nationale Sicherheitsinteressen beeinträchtigt wären.
(2) Die ersuchende Behörde ist über die Ablehnung zu informieren. Bei Bedarf ist diese unverzüglich um Ergänzungen zu ersuchen, die für die Bearbeitung eines Informationsersuchens erforderlich sind, das andernfalls abgelehnt werden müsste.
§ 7 Verwendung der übermittelten Daten
(1) Daten, die von einer ausländischen Strafverfolgungsbehörde an eine Finanzstraf- oder Abgabenbehörde übermittelt wurden, dürfen nur für die Zwecke, für die sie übermittelt wurden, verwendet werden. Für einen anderen Zweck oder als Beweismittel in einem Finanzstrafverfahren dürfen sie nur verwendet werden, wenn der übermittelnde Staat zugestimmt hat. Bedingungen des übermittelnden Staates in Bezug auf die Verwendung der Daten sind zu beachten. Die übermittelten Daten unterliegen denselben datenschutzrechtlichen Vorschriften wie Daten, die im Inland erlangt wurden.
(2) Auf Ersuchen des übermittelnden Mitgliedstaates hat die Finanzstrafbehörde über die Verwendung der übermittelten Daten Auskunft zu erteilen.
§ 8 Befugnisse der Abgabenbehörde
Die Abgabenbehörde kann im Einvernehmen mit der Finanzstrafbehörde für Zwecke der Betrugsbekämpfung die zuständigen Strafverfolgungsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union um die Übermittlung von vorhandene Informationen im Sinne des § 5 Abs. 1 ersuchen.
3a. Abschnitt
Europäische Ermittlungsanordnung
1. Unterabschnitt
Vollstreckung einer Europäischen Ermittlungsanordnung
§ 8a Empfangsbestätigung
(1) Der Empfang der Europäischen Ermittlungsanordnung ist unter Verwendung des Formblatts laut Anlage 4 dieses Bundesgesetzes binnen einer Woche nach Einlangen zu bestätigen.
(2) Die Europäische Ermittlungsanordnung ist auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. Die Anordnungsbehörde ist unter Setzung einer Frist um Berichtigung zu ersuchen, wenn infolge unvollständiger, widersprüchlicher oder sonst offensichtlich unrichtiger Angaben oder mangels Verwendung der vorgesehenen Sprache oder des Formblatts laut Anlage 3 dieses Bundesgesetzes über die Vollstreckung der Europäischen Ermittlungsanordnung nicht entschieden werden kann.
(3) Wurde die Europäische Ermittlungsanordnung nicht von einer Justizbehörde im Sinne des § 2 Z 2d erlassen oder genehmigt, ist sie an den Anordnungsstaat zurückzustellen.
§ 8b Entscheidung über die Vollstreckung
( 1) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, entscheidet die Finanzstrafbehörde über die Vollstreckung einer Europäischen Ermittlungsanordnung binnen 30 Tagen. Ist die Einhaltung der Frist nicht möglich, unterrichtet sie den Anordnungsstaat unverzüglich über die Verzögerung und deren voraussichtlichen Dauer. Das Ergebnis der Entscheidung über die Vollstreckung, einschließlich allfälliger Ablehnungs- oder Hinderungsgründe, ist dem Anordnungsstaat unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.
(2) Die Vollstreckung einer Europäischen Ermittlungsanordnung ist unzulässig, wenn
1. die Durchführung der Ermittlungsmaßnahme oder Beweisaufnahme gegen Bestimmungen über die Immunität verstoßen würde, wobei gegebenenfalls die notwendigen Anträge zu stellen sind und eine allfällige Aufhebung der Immunität abzuwarten ist;
2. wesentliche nationale Sicherheitsinteressen gefährdet wären;
3. die Ermittlungsmaßnahme in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht zulässig wäre; wurde die Europäische Ermittlungsanordnung jedoch in einem Verfahren erlassen, das nach dem Recht des Anordnungsstaats von einer Justizbehörde geführt wird, ist nach § 8c Abs. 1 vorzugehen, wobei die in § 8c Abs. 2 genannten Ermittlungsmaßnahmen stets durchzuführen sind;
4. sie das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden, verletzen würde, es sei denn, dass der Europäischen Ermittlungsanordnung ein Antrag des Beschuldigten auf Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen oder Aufnahme bestimmter Beweise im Verfahren vor der Anordnungsbehörde zu Grunde liegt;
5. sich die Europäische Ermittlungsanordnung auf eine strafbare Handlung bezieht, die außerhalb des Hoheitsgebietes des Anordnungsstaats und ganz oder teilweise im Inland begangen worden sein soll, und diese Handlung im Inland keine Straftat darstellt;
6. berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass sie die in Art. 6 des Vertrags über die Europäische Union anerkannten Grundsätze oder die durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährten Rechte verletzen würde;
7. die Handlung, aufgrund deren die Europäische Ermittlungsanordnung erlassen wurde, nach dem innerstaatlichen Recht kein Finanzvergehen darstellt; es sei denn, die zugrunde liegende Handlung wird von der Anordnungsbehörde als Straftat im Sinne der Anlage 1 angegeben und die Straftat ist im Anordnungsstaat mit einer Freiheitsstrafe, deren Obergrenze mindestens drei Jahre beträgt, oder mit Freiheitsstrafe verbundenen vorbeugenden Maßnahmen in dieser Dauer bedroht; oder es betrifft eine Ermittlungsmaßnahme gemäß § 8c Abs. 2.
(3) Die Vollstreckung darf nicht aus dem Grund abgelehnt werden, dass das innerstaatliche Recht nicht dieselbe Art von Abgaben oder abgabenrechtliche Bestimmungen derselben Art enthält wie das Recht des Anordnungsstaats.
§ 8c Rückgriff auf eine andere Ermittlungsmaßnahme
(1) Ist die in der Europäischen Ermittlungsanordnung angegebene Ermittlungsmaßnahme in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall unzulässig und wird das Verfahren im anderen Mitgliedstaat jedoch von einer Justizbehörde geführt oder wären durch den Rückgriff auf eine andere Ermittlungsmaßnahme, mit der das gleiche Ergebnis erzielt werden kann, die Rechte des Betroffenen weniger beeinträchtigt, greift die Finanzstrafbehörde nach Möglichkeit auf eine andere Ermittlungsmaßnahme zurück. Steht keine andere solche Ermittlungsmaßnahme zur Verfügung, ist der Anordnungsbehörde unter Angabe der Gründe mitzuteilen, dass es nicht möglich ist, die Europäische Ermittlungsanordnung zu vollstrecken.
(2) Unbeschadet § 8b Abs. 2 gilt Abs. 1 nicht für folgende Ermittlungsmaßnahmen, die stets durchzuführen sind:
1. die Erlangung von vorhandenen Informationen, Ermittlungsergebnissen oder Beweismitteln;
2. die Einvernahme von Auskunftspersonen, Zeugen, Sachverständigen oder Beschuldigten, soweit nicht ein nach innerstaatlichem Recht bestehendes Vernehmungsverbot dadurch umgangen oder ein Aussageverweigerungsrecht verletzt würde;
3. die Identifizierung von Inhabern eines bestimmten Telefonanschlusses;
4. die Identifizierung von Inhabern einer bestimmten IP-Adresse.
§ 8d Vollstreckung
(1) Die Finanzstrafbehörde führt die in der Europäischen Ermittlungsanordnung angegebene Ermittlungsmaßnahme in derselben Weise durch, als wäre sie im Rahmen eines innerstaatlichen Finanzstrafverfahrens durchzuführen.
(2) Die Ermittlungsmaßnahme ist so bald als möglich, jedenfalls binnen 90 Tagen nach Entscheidung über die Vollstreckung durchzuführen. Die Durchführung der Ermittlungsmaßnahme oder Übermittlung der Beweismittel ist so lange aufzuschieben, als der Zweck der Europäischen Ermittlungsanordnung oder laufender Ermittlungen andernfalls gefährdet wäre oder die Beweismittel in einem innerstaatlichen Verfahren benötigt werden.
(3) Die in der Europäischen Ermittlungsanordnung angegebenen Form- oder Verfahrensvorschriften sowie Fristen sind einzuhalten, soweit diese nicht im Widerspruch zu den innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen stehen. Können diese oder die Frist gemäß Abs. 2 nicht eingehalten werden oder erscheinen im Einzelfall weitere Maßnahmen erforderlich, ist die Anordnungsbehörde hiervon zu unterrichten.
§ 8e Übermittlung der Beweismittel
(1) Die im Zuge der Vollstreckung der Europäischen Ermittlungsanordnung erlangten Beweismittel sind ohne unnötige Verzögerung an die zuständige Behörde des Anordnungsstaats zu übermitteln, wenn nicht angegeben wurde, dass sie im Inland verbleiben sollen. Gegebenenfalls können sie unmittelbar an die bei der Vollstreckung der Europäischen Ermittlungsanordnung mitwirkenden Organe ausländischer Behörden übergeben werden.
(2) Die Übermittlung kann bis zur Entscheidung über ein gemäß § 8f eingebrachtes Rechtsmittel in Abwägung der Dringlichkeit des von der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats geführten Verfahrens aufgeschoben werden. Die Übermittlung ist jedenfalls aufzuschieben, wenn dem Rechtsmittelwerber durch diese ein schwerer und unwiederbringlicher Schaden entstünde.
(3) Im Fall der Vernehmung mittels technischer Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung oder im Wege einer Telefonkonferenz ist der Vollstreckungsbehörde das gemäß § 8i Abs. 4 erstellte Protokoll zu übermitteln.
(4) Gegebenenfalls ist die zuständige Behörde des Anordnungsstaats unter Setzung einer Frist aufzufordern, die Beweismittel nach deren Verwendung zurück zu übermitteln.
§ 8f Rechtsmittel
(1) Die Anordnung der Ermittlungsmaßnahme kann nur im Anordnungsstaat gemäß dessen Recht angefochten werden; dies auch dann, wenn das innerstaatliche Recht eine gesonderte Anordnung vorsieht.
(2) Auf Beschwerden gegen die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen sind die Bestimmungen des FinStrG anzuwenden.
(3) Die Anordnungsbehörde ist über nach Abs. 2 eingebrachte Rechtsmittel unverzüglich zu informieren.
2. Unterabschnitt
Anordnung einer Europäischen Ermittlungsanordnung
§ 8g Erlassung und Genehmigung einer Europäischen Ermittlungsanordnung
(1) Die Finanzstrafbehörden sind für Zwecke des Finanzstrafverfahrens berechtigt, eine Europäische Ermittlungsanordnung zu erlassen, wenn dies erforderlich und verhältnismäßig ist und die Ermittlungsmaßnahme in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall zulässig wäre.
(2) Für die Erlassung der Europäischen Ermittlungsanordnung oder die Ergänzung einer solchen ist das Formblatt laut Anlage 3 zu verwenden.
(3) Sofern der Vollstreckungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, eine Europäische Ermittlungsanordnung auch in deutscher Sprache zu akzeptieren, ist diese in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder in eine vom Vollstreckungsstaat angegebene andere Sprache zu übersetzen.
(4) Der Vorsitzende des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 FinStrG die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde, hat die Europäische Ermittlungsanordnung bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen zu genehmigen, wobei mit dieser Genehmigung eine allfällig erforderliche Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates als erteilt gilt. Die Erlassung einer Europäischen Ermittlungsanordnung durch das Bundesfinanzgericht bedarf keiner solchen Genehmigung.
(5) Erforderlichenfalls ist der Europäischen Ermittlungsanordnung eine Rechtsbelehrung und eine Information für die Vollstreckungsbehörde anzuschließen, zu welchem Zeitpunkt die Rechtsbelehrung zu erteilen ist.
§ 8h Rechtsmittel
(1) Die Anordnung einer Ermittlungsmaßnahme durch eine Finanzstrafbehörde kann mittels Beschwerde in gleicher Weise angefochten werden wie dies gegen die Ermittlungsmaßnahme im Inland zulässig wäre.
(2) Die Vollstreckungsbehörde ist über nach Abs. 1 eingebrachte Rechtsmittel unverzüglich zu informieren.
(3) Wird die Durchführung der angeordneten Ermittlungsmaßname im Vollstreckungsstaat angefochten, ist die Entscheidung darüber so zu berücksichtigen, als wäre sie im Inland ergangen.
3. Unterabschnitt
Bestimmte Ermittlungsmaßnahmen
§ 8i Vernehmung mittels technischer Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung oder im Wege einer Telefonkonferenz
(1) Die Erlassung und Vollstreckung einer Europäischen Ermittlungsanordnung zum Zweck der Vernehmung von im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats aufhältigen Zeugen oder Sachverständigen mittels technischer Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung oder im Wege einer Telefonkonferenz ist zulässig. Die Vernehmung von Beschuldigten im Wege einer Telefonkonferenz ist unzulässig, eine Vernehmung mittels technischer Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung bedarf deren Zustimmung.
(2) Zeugen, Sachverständige oder Beschuldigte sind vor der Vernehmung nach dem Recht des Anordnungsstaats und nach dem Recht des Vollstreckungsstaats zu belehren. Anlässlich der Vernehmung ist die Identität der zu vernehmenden Person festzustellen. Bei Bedarf ist ein Dolmetscher beizuziehen.
(3) Die Vernehmung wird unter Leitung der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats nach dessen Recht durchgeführt. Die Finanzstrafbehörde hat bei der Durchführung der Vernehmung auf die Einhaltung der wesentlichen innerstaatlichen Rechtsgrundsätze zu achten.
(4) Die Vollstreckungsbehörde erstellt ein Protokoll, das Angaben zu Datum, Ort der Vernehmung, zur Identität der vernommenen Person, zur Identität und zur Funktion aller anderen im Vollstreckungsstaat an der Vernehmung teilnehmenden Personen, einer allfälligen Vereidigung und den technischen Rahmenbedingungen enthält.
(5) Wird die Aussage trotz Aussagepflicht verweigert oder falsch ausgesagt, gelten die Rechtsvorschriften des Vollstreckungsstaats.
§ 8j Informationen über Konten und Depots
(1) Eine Europäische Ermittlungsanordnung kann erlassen werden, um alle verfügbaren Informationen darüber zu erlangen, ob Personen oder Verbände, gegen die ein Strafverfahren geführt wird, ein oder mehrere Konten oder Depots gleich welcher Art bei einem im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats niedergelassenen Kreditinstitut unterhalten oder kontrollieren. Wird in der Europäischen Ermittlungsanordnung ausdrücklich darum ersucht, erstreckt sich diese Informationsverpflichtung auch auf Konten oder Depots, für die die genannten Personen oder Verbände vertretungsbefugt sind.
(2) In der Europäischen Ermittlungsanordnung sind die Gründe auszuführen, weshalb die erbetenen Auskünfte wahrscheinlich von wesentlichem Wert sind und weshalb angenommen wird, dass Konten oder Depots bei Kreditinstituten des Vollstreckungsstaats betroffen sind. Darüber hinaus sind alle sonstigen verfügbaren Informationen zur Erlangung der Auskünfte mitzuteilen.
(3) Im Fall eines eingehenden Ersuchens sind die Anordnung und alle mit ihr verbundenen Tatsachen und Vorgänge in jedem Fall gegenüber Kunden und Dritten geheim zu halten.
§ 8k Informationen über Bank- und sonstige Finanzgeschäfte
(1) Eine Europäische Ermittlungsanordnung kann erlassen werden, um alle verfügbaren Angaben über bestimmte bei Kredit- oder Finanzinstituten geführte Konten, Depots und Finanzgeschäfte zu erlangen, die während eines bestimmten Zeitraums über ein oder mehrere in der Europäischen Ermittlungsanordnung angeführte Konten oder Depots getätigt wurden, einschließlich der Angaben über sämtliche Überweisungs- und Empfängerkonten. In der Europäischen Ermittlungsanordnung sind die Gründe anzuführen, weshalb die erbetenen Auskünfte als relevant erachtet werden.
(2) Im Fall eines eingehenden Ersuchens hat das Kredit- oder Finanzinstitut die Anordnung und alle mit ihr verbundenen Tatsachen und Vorgänge gegenüber Kunden und Dritten geheim zu halten. Die Zustellung der Anordnung samt Auskunftsersuchen an den Beschuldigten und an die Verfügungsberechtigten hat zu unterbleiben, sofern in der Europäischen Ermittlungsanordnung nicht anderes angegeben ist.
§ 8l Vorläufige Maßnahmen
(1) Eine Europäische Ermittlungsanordnung kann zur Durchführung von Maßnahmen erlassen werden, mit welchen die Vernichtung, Veränderung, Entfernung, Übertragung oder Veräußerung von Gegenständen, die als Beweismittel dienen können, vorläufig verhindert wird (Beschlagnahme).
(2) Die Vollstreckungsbehörde entscheidet unverzüglich nach Eingang der Europäischen Ermittlungsanordnung über die Maßnahme und teilt diese Entscheidung der Anordnungsbehörde mit.
(3) In der Europäischen Ermittlungsanordnung ist anzugeben, ob die Beweismittel an den Anordnungsstaat zu übermitteln sind oder im Vollstreckungsstaat verbleiben sollen. In letzterem Fall gibt die Anordnungsbehörde den Zeitpunkt der Aufhebung der Maßnahme oder den voraussichtlichen Zeitpunkt der Vorlage des Ersuchens um Übermittlung der Beweismittel an.
(4) Im Fall eines eingehenden Ersuchens hat anstelle des Bescheides gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG eine Mitteilung zu ergehen.
4. Abschnitt
Vollstreckung finanzstrafrechtlicher Entscheidungen
1. Unterabschnitt
Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich
§ 9 Anzuwendendes Verfahrensrecht und Zuständigkeit
(1) Soweit sich aus den Bestimmungen dieses Unterabschnitts nicht anderes ergibt, ist auf das Verfahren zur Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich das FinStrG anzuwenden.
(2) Zur Entgegennahme von Vollstreckungsersuchen ist die zentrale Behörde berufen.
(3) Die Durchführung der Vollstreckung obliegt für Strafentscheidungen betreffend Zoll- oder Verbrauchsteuerdelikte sowie sonstige Vergehen in Zusammenhang mit vom Zollamt Österreich zu vollziehenden Rechtsvorschriften dem Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde, sonst dem Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde.
(Anm.:Abs. 4 aufgehoben durch Art. 37 Z 2, BGBl. I Nr. 104/2019)
(5) Ist eine österreichische Finanzstrafbehörde, die eine zur Vollstreckung übermittelte Entscheidung erhält, nicht zuständig, die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung zu treffen, so ist diese Entscheidung von Amts wegen der zuständigen Behörde oder dem gemäß § 53b Abs. 1 und 2 EU-JZG zuständigen Gericht zu übermitteln.
§ 10 Unzulässigkeit der Vollstreckung
(1) Die Finanzstrafbehörde (Vollstreckungsbehörde) hat die Vollstreckung der Entscheidung zu verweigern, wenn die Bescheinigung nicht vorliegt, unvollständig ist oder der Entscheidung offensichtlich nicht entspricht. Als Unvollständigkeit gilt auch, wenn nicht zusammen mit der Bescheinigung die Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung übermittelt wird oder wenn eine Übersetzung der Bescheinigung in die deutsche Sprache fehlt, es sei denn der Entscheidungsstaat hat die Erklärung abgegeben, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren.
(2) Die Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung der Entscheidung auch dann zu verweigern, wenn
1. der Bestrafte im Inland weder über Vermögen verfügt noch Einkommen bezieht, noch sich in der Regel im Inland aufhält oder dort einen Sitz hat,
2. gegen den Bestraften wegen derselben Tat eine rechtskräftige Entscheidung im Inland ergangen oder eine in einem anderen Staat als dem Entscheidungsstaat oder Österreich ergangene Entscheidung bereits vollstreckt worden ist,
3. sich die Entscheidung auf eine Tat bezieht, die nach österreichischem Recht keine strafbare Handlung darstellen würde, sofern es sich nicht um einen in der Liste in Anlage 1 aufgezählten Fall handelt,
4. die Vollstreckbarkeit der Entscheidung nach österreichischem Recht verjährt ist und die Entscheidung sich auf eine Tat bezieht, für die österreichisches Strafrecht gilt,
5. sich die Entscheidung auf eine Tat bezieht,
a) die im Inland oder an Bord eines österreichischen Schiffes oder Luftfahrzeuges begangen worden ist oder
b) die nicht im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats begangen worden ist, sofern nach österreichischem Recht im Ausland begangene Taten gleicher Art nicht strafbar sind,
6. nach österreichischem Recht Immunitäten bestehen, die einer Vollstreckung entgegenstehen,
7. die Entscheidung gegen eine natürliche Person ergangen ist, die nach österreichischem Recht zur Zeit der Tat unmündig war,
8. dem Bestraften im Entscheidungsstaat oder im Inland Amnestie oder Begnadigung gewährt worden ist,
9. laut Bescheinigung der Bestrafte
a) im Fall eines schriftlichen Verfahrens nicht persönlich oder über einen nach dem Recht des Entscheidungsstaats befugten Vertreter von seinem Recht, die Entscheidung anzufechten, und von den Fristen, die für dieses Rechtsmittel gelten, gemäß den Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaats unterrichtet worden ist, oder
b) nicht persönlich zu der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, erschienen ist, es sei denn, aus der Bescheinigung geht hervor, dass der Bestrafte im Einklang mit den Verfahrensvorschriften des Entscheidungsstaates
aa) fristgerecht durch persönliche Ladung oder auf andere Weise von Zeit und Ort der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, tatsächlich Kenntnis erlangt hat und darüber belehrt worden ist, dass die Entscheidung in seiner Abwesenheit ergehen kann; oder
bb) in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen selbst gewählten oder beigegebenen Verteidiger mit seiner Vertretung in der Verhandlung betraut hat und von diesem in der Verhandlung tatsächlich vertreten wurde; oder
cc) nach Zustellung der in Abwesenheit ergangenen Entscheidung und nach Belehrung über das Recht, die Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen oder ein Rechtsmittel zu ergreifen und auf diesem Weg eine neuerliche Prüfung des Sachverhalts, auch unter Berücksichtigung neuer Beweise, in seiner Anwesenheit und eine Aufhebung der ursprünglich ergangenen Entscheidung zu erreichen, ausdrücklich erklärt hat, keine Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen oder kein Rechtsmittel zu ergreifen, oder innerhalb der bestehenden Fristen keine Neudurchführung der Verhandlung beantragt oder kein Rechtsmittel ergriffen hat; oder
c) im Verfahren nicht persönlich erschienen ist, es sei denn, aus der Bescheinigung geht hervor, dass er nach ausdrücklicher Unterrichtung über das Verfahren und die Möglichkeit, bei der Verhandlung persönlich zu erscheinen, ausdrücklich erklärt hat, auf das Recht auf mündliche Anhörung zu verzichten und die Entscheidung nicht anzufechten.
10. die verhängte Geldstrafe oder Geldbuße unter 70 Euro oder dem Gegenwert dieses Betrags liegt oder
11. wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung unter Verletzung von Grundrechten oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen gemäß Art. 6 des Vertrags über die Europäische Union zustande gekommen ist.
(3) Die Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung der Entscheidung zu verweigern, soweit
1. die Republik Österreich den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI in einer gemäß Art. 20 Abs. 2 dieses Rahmenbeschlusses abgegebenen Erklärung beschränkt hat oder
2. im Hinblick auf eine vom Entscheidungsstaat gemäß dieser Bestimmung abgegebene Erklärung Gegenseitigkeit fehlt.
(4) Bevor die Vollstreckungsbehörde in den in Abs. 1 und Abs. 2 Z 4, 9 und 11 genannten Fällen die Vollstreckung einer Entscheidung ganz oder teilweise verweigert, hat sie sich auf geeignete Art und Weise mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaats ins Einvernehmen zu setzen und diese gegebenenfalls unter Setzung einer angemessenen Frist um die unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen zusätzlichen Angaben zu ersuchen.
(5) Alle Fälle der Unzulässigkeit gemäß Abs. 2 Z 11 sind dem Bundesminister für Finanzen zu berichten.
§ 11 Vollstreckung
(1) Liegt keiner der in § 10 Abs. 1 bis 3 genannten Unzulässigkeitsgründe vor, ist die Übernahme der Vollstreckung mit Bescheid festzustellen. Dieser Bescheid hat die Bezeichnung der Behörde, deren Entscheidung vollstreckt wird, deren Aktenzeichen, die Bezeichnung der strafbaren Handlung, die angewendeten Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaates sowie eine Vollstreckbarkeitserklärung zu enthalten und den zu vollstreckende Betrag anzuführen. Dieser Bescheid ist Exekutionstitel für das finanzstrafbehördliche und gerichtliche Exekutionsverfahren.
(2) Der zu vollstreckende Geldbetrag ist von der Vollstreckungsbehörde in Euro anzugeben. Ist die zu zahlende Geldstrafe oder Geldbuße in der zu vollstreckenden Entscheidung nicht in Euro angegeben, so ist der zu vollstreckende Geldbetrag zu dem am Tag der Verhängung der Geldstrafe oder Geldbuße geltenden Wechselkurs in Euro umzurechnen.
(3) Bezieht sich die Entscheidung nachweislich auf Taten, die nicht im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats begangen worden sind, und unterliegen diese Taten dem Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze, so ist der zu vollstreckende Betrag auf das nach österreichischem Recht zulässige Höchstmaß herabzusetzen.
(4) Einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde (§ 152 FinStrG) kommt aufschiebende Wirkung insoweit zu, als bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber nur Maßnahmen zur Sicherung der zu vollstreckenden Geldstrafe vorgenommen werden dürfen.
(5) Die Vollstreckung einer Entscheidung kann für die Zeit ausgesetzt werden, die für die Anfertigung ihrer Übersetzung benötigt wird.
§ 12 Anrechnung geleisteter Zahlungen
Kann der Verpflichtete den Nachweis für eine teilweise oder vollständig geleistete Zahlung in einem Staat erbringen, so hat sich die Vollstreckungsbehörde nach dem Verfahren des § 10 Abs. 4 mit der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaats ins Einvernehmen zu setzen. Jeder in einem Staat in welcher Weise auch immer eingetriebene Teil der Geldstrafe oder Geldbuße ist voll auf den einzutreibenden Geldbetrag anzurechnen.
§ 13 Ersatzfreiheitsstrafe
(1) Hat der Entscheidungsstaat in der Bescheinigung die Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe zugelassen, so ist dies als Grundlage für deren Vollzug in dem gemäß § 11 zu erlassenden Bescheid unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit festzustellen.
(2) Hat eine Feststellung nach Abs. 1 zu erfolgen und ist in einer zu vollstreckenden Entscheidung, mit der eine Geldstrafe oder Geldbuße ausgesprochen wurde, nicht bereits eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, so ist gleichzeitig für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe oder Geldbuße eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe darf ein in der Bescheinigung angegebenes Höchstmaß nicht überschreiten. Im Übrigen ist § 20 FinStrG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten darf. Wurde in der zu vollstreckenden Entscheidung eine höhere Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, so ist deren Dauer auf sechs Wochen herabzusetzen.
(3) § 179 FinStrG ist sinngemäß anzuwenden.
§ 14 Beendigung der Vollstreckung
Unterrichtet die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats die Vollstreckungsbehörde über eine Entscheidung oder Maßnahme, auf Grund deren die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt oder darüber, dass die Vollstreckung Österreich aus anderen Gründen wieder entzogen wird, so ist die Vollstreckung zu beenden.
§ 15 Erlös aus der Vollstreckung
Sofern nicht eine anders lautende Vereinbarung mit dem Entscheidungsstaat getroffen worden ist, fließt der Erlös aus der Vollstreckung dem Bund zu.
§ 16 Unterrichtung des Entscheidungsstaats
Die Finanzstrafbehörde hat die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats unverzüglich in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht,
1. über die Übermittlung der Entscheidung an die zuständige Behörde oder an das zuständige Gericht gemäß § 9 Abs. 5,
2. über die Verweigerung der Vollstreckung einer Entscheidung gemäß § 10 zusammen mit einer Begründung,
3. über die in ihrer Gesamtheit oder in Teilen aus den in § 11 Abs. 3, § 12 oder in sonstigen Rechtsvorschriften genannten Gründen nicht erfolgte Vollstreckung der Entscheidung,
4. über die Vollstreckung der Entscheidung, sobald sie abgeschlossen ist, und
5. über die Anordnung (Festsetzung) einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 13 zu unterrichten.
§ 17 Kosten
Ein Ersatz für entstehende Kosten darf von anderen Mitgliedstaaten nicht gefordert werden.
2. Unterabschnitt
Vollstreckung von österreichischen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat
§ 18 Voraussetzungen
Entscheidungen österreichischer Finanzstrafbehörden können in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden, wenn eine Vollstreckung im Inland nicht möglich ist oder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
§ 19 Übermittlung der Entscheidung
(1) Die Finanzstrafbehörde (Vollstreckungsbehörde) hat die Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung zusammen mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats zu übermitteln, in dem die mit dieser Entscheidung bestrafte natürliche Person oder der Verband, über Vermögen verfügt, Einkommen bezieht oder sich in der Regel aufhält bzw. seinen eingetragenen Sitz hat. Die Übermittlung sowie sämtliche offiziellen Mitteilungen erfolgen im Wege der zentralen Behörde.
(2) Für die Bescheinigung ist das Formblatt in Anlage 2 zu verwenden; sie ist von der Vollstreckungsbehörde zur Bestätigung der Richtigkeit ihres Inhalts zu unterzeichnen. Sofern der Vollstreckungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren, ist die Bescheinigung in die Amtssprache oder eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder, wenn der Vollstreckungsstaat die Erklärung abgegeben hat, eine Übersetzung in eine oder mehrere andere Amtssprachen der Europäischen Union zu akzeptieren, in eine dieser Amtssprachen zu übersetzen.
(3) Die Übermittlung gemäß Abs. 1 hat in einer Form zu erfolgen, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die dem Vollstreckungsstaat die Feststellung der Echtheit gestattet. Das Original oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung und das Original der Bescheinigung sind dem Vollstreckungsstaat auf Wunsch im Postweg zuzusenden, es sei denn, es handelt sich dabei um ein elektronisch gefertigtes Dokument.
(4) Die Vollstreckungsbehörde darf die Entscheidung jeweils nur einem Vollstreckungsstaat übermitteln.
(5) Ist weder der Vollstreckungsbehörde noch der zentralen Behörde bekannt, welche Behörde im Vollstreckungsstaat zuständig ist, so haben sie zu versuchen, diese beim Vollstreckungsstaat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln – auch über die Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes – in Erfahrung zu bringen.
§ 20 Beendigung der Vollstreckung
(1) Die Vollstreckungsbehörde hat die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats unverzüglich über jede Entscheidung oder Maßnahme zu unterrichten, auf Grund deren die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt.
(2) Die Vollstreckungsbehörde hat dem Vollstreckungsstaat die Vollstreckung wieder zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nach § 18 weggefallen sind.
§ 21 Folgen der Übermittlung
(1) Vorbehaltlich des Abs. 2 darf die Vollstreckungsbehörde keine Vollstreckung einer gemäß § 19 übermittelten Entscheidung vornehmen.
(2) Die Vollstreckungsbehörde ist erst wieder vollstreckungsberechtigt,
1. wenn im Vollstreckungsstaat eine Begnadigung oder Amnestie dazu geführt hat, dass die Vollstreckung unterbleibt,
2. wenn die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat nicht möglich ist, ab Erhalt der diesbezüglichen Verständigung,
3. wenn der Vollstreckungsstaat die Vollstreckung verweigert, es sei denn die Verweigerung ist auf den in § 10 Abs. 2 Z 2 genannten Grund gestützt worden, oder
4. wenn sie den Vollstreckungsstaat davon unterrichtet hat, dass sie ihm die Vollstreckung der Entscheidung gemäß § 20 Abs. 2 wieder entzogen hat.
(3) Erhält nach Übermittlung einer Entscheidung gemäß § 19 eine österreichische Behörde einen Geldbetrag, den der Bestrafte freiwillig auf Grund der Entscheidung gezahlt hat, so teilt sie dies der zuständigen Behörde im Vollstreckungsstaat unverzüglich mit. § 12 ist sinngemäß anzuwenden.
5. Abschnitt
Schlussbestimmungen
§ 22 Verhältnis zu anderen Übereinkünften und Vereinbarungen
(1) Hinsichtlich Verfahren auf Grundlage einer Rechtsvorschrift der Europäischen Union ist die Anwendung sonstiger völkerrechtlicher Vereinbarungen ausgeschlossen; es sei denn, diese würden zu einer Vereinfachung oder Erleichterung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit führen.
(2) Die Bestimmungen des Abschnitts 3a ersetzen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die durch die Richtlinie 2014/41/EU gebunden sind, die entsprechenden Bestimmungen
1. des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959, BGBl. Nr. 41/1969, sowie die zugehörigen beiden Zusatzprotokolle und die nach Artikel 26 jenes Übereinkommens geschlossenen zweiseitigen Vereinbarungen;
2. des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, BGBl. III Nr. 90/1997; sowie
3. des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 65/2005, und das zugehörige Protokoll.
§ 23 Verweisungen
Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
§ 24 Aufhebung des EU-FinStrVG
Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes wird das EU-Finanzstrafvollstreckungsgesetz (EU-FinStrVG), BGBl. I Nr. 19/2009, aufgehoben.
§ 24a Inkrafttreten
(1) § 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2019 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft.
(2) Der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zum 3. Abschnitt, § 1 Abs. 2, die §§ 5 und 6 samt Überschriften, § 8 und § 25 Z 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/2025 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(3) Das Inhaltsverzeichnis und § 8d Abs. 4 in der Fassung des Informationsfreiheits-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 50/2025, treten mit 1. September 2025 in Kraft.
§ 25 Vollziehung
Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:
1. hinsichtlich der Abschnitte 3a und 4 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz;
2. hinsichtlich des 3. Abschnitts der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres;
3. der Bundesminister für Finanzen.
Anlage 1
Liste von Straftaten, bei denen die beiderseitige Strafbarkeit nicht geprüft wird
Anl. 1
– Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,
– Terrorismus,
– Menschenhandel,
– sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,
– illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen,
– illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,
– Korruption,
– Betrugsdelikte, einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union im Sinne des Übereinkommens vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,
– Wäsche von Erträgen aus Straftaten,
– Geldfälschung, einschließlich der Euro-Fälschung,
– Cyberkriminalität,
– Umweltkriminalität, einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten,
– Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,
– vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung,
– illegaler Handel mit Organen und menschlichem Gewebe,
– Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,
– Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,
– Diebstahl in organisierter Form oder mit Waffen,
– illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenstände,
– Betrug,
– Erpressung und Schutzgelderpressung,
– Nachahmung und Produktpiraterie,
– Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,
– Fälschung von Zahlungsmitteln,
– illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,
– illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen,
– Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen,
– Vergewaltigung,
– Brandstiftung,
– Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,
– Flugzeug- und Schiffsentführung,
– Sabotage,
– gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise, einschließlich Verstößen gegen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und des Gefahrgutrechts,
– Warenschmuggel,
– Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum,
– Bedrohungen von Personen und Gewalttaten gegen sie, einschließlich Gewalttätigkeit bei Sportveranstaltungen,
– Sachbeschädigung,
– Diebstahl,
– Straftatbestände, die in Erfüllung unionsrechtlicher Verpflichtungen vom Entscheidungsstaat festgelegt wurden.
Anlage 2
Anl. 2
(Anm.: Anlage 2 als PDF dokumentiert)
Anhänge
Anlage 2PDFAnlage 3
Anl. 3
Formblatt nach Artikel 5 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (Europäische Ermittlungsanordnung)
(Siehe Dokument Anlage 3)
(Anm.: Anlage 3 als PDF dokumentiert)
Anhänge
Anlage 3PDFAnlage 4
Anl. 4
Formblatt nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (Empfangsbestätigung für die Europäische Ermittlungsanordnung)
(Anm.: Anlage 4 als PDF dokumentiert)
Anhänge
Anlage 4PDF