LandesrechtKärntenVerordnungenSpekulationsverbotsgesetz-Durchführungsverordnung 2021 – K-SpvG-DV 2021

Spekulationsverbotsgesetz-Durchführungsverordnung 2021 – K-SpvG-DV 2021

K-SpvG-DV 2021
In Kraft seit 01. Mai 2021
Up-to-date

§ 1 § 1 Organisation des Vier-Augen-Prinzips

(1) Bei der Organisation der Finanzgebarung gemäß § 9 Abs. 1 K-SpvG (Vier-Augen-Prinzip) sind aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen zu setzen, um sicherzustellen, dass jeweils mindestens eine der zur Prüfung und Auswahl der Finanzgeschäfte bestimmten Personen ausschließlich dem Bereich der operativen Entscheidungsvorbereitung (Front Office) oder dem Bereich der internen Kontrolle (Back Office) zugeordnet ist und diese Personen unabhängig voneinander tätig werden können.

(2) Sicherzustellen ist weiters, dass kein Weisungszusammenhang zwischen den in Abs. 1 genannten Personen besteht.

§ 2 § 2 Anforderungsprofil

Die in § 8 Abs. 1 K-SpvG geforderte persönliche Zuverlässigkeit von Personen, die mit Aufgaben im Bereich der Finanzgebarung betraut sind, ist dann anzunehmen, wenn die Personen über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verfügen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an ihrer persönlichen und für die Ausübung ihrer Funktion erforderlichen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit ergeben.

§ 3 § 3 Ausnahmen vom Vier-Augen-Prinzip

(1) § 9 Abs. 1 K-SpvG und § 1 dieser Verordnung gelten nicht für folgende Rechtsträger und Arten von Finanzgeschäften:

1. Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern, wenn diese ausschließlich nachstehende Finanzgeschäfte betreiben:

a) Fremdfinanzierungen im Sinne des § 4 K-SpvG in Form von Darlehen oder Krediten oder den Abschluss von Leasingverträgen, oder

b) Gewährung von kurzfristigen Darlehen oder Krediten an Rechtsträger im Mehrheitseigentum der jeweiligen Gemeinde, oder

c) Veranlagungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 K-SpvG oder in einer Verordnung gemäß § 6 Abs. 2 K-SpvG als risikoarm bezeichnete Veranlagungsformen.

2. Rechtsträger gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und 3 K-SpvG und sonstige Rechtsträger, bei denen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, wenn diese ausschließlich nachstehende Finanzgeschäfte betreiben:

a) Fremdfinanzierungen im Sinne des § 4 K-SpvG in Form von gewährten Darlehen oder Krediten durch die Republik Österreich oder eine sonstige Körperschaft öffentlichen Rechts, oder

b) Fremdfinanzierungen im Sinne des § 4 K-SpvG in Form von gewährten Darlehen oder Krediten am Kapitalmarkt oder den Abschluss von Leasingverträgen, sofern nicht mehr als drei Transaktionen im Jahr getätigt werden und die Transaktion durch ein Aufsichtsorgan oder die Eigentümerversammlung vor deren Abschluss genehmigt wird und nach deren Abschluss diesen Gremien zeitnah darüber berichtet wird, oder

c) Veranlagungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 K-SpvG oder in einer Verordnung gemäß § 6 Abs. 2 K-SpvG als risikoarm bezeichnete Veranlagungsformen.

(2) Wird ein Finanzgeschäft im Sinne des Abs. 1 zusammen mit einem anderen Finanzgeschäft abgeschlossen, auf das das Vier-Augen-Prinzip anzuwenden ist, so gilt das Vier-Augen-Prinzip für alle abzuschließenden Finanzgeschäfte.

§ 4 § 4 Risikomanagement und Risikoarten

(1) Bei der Abwicklung eines Finanzgeschäftes dürfen nur notwendige Risiken eingegangen werden und sind die Risiken auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Minimierung des Risikos hat stets größeres Gewicht als die Steigerung der Erträge oder die Optimierung der Kosten.

(2) Bei der Beurteilung und dem Abschluss eines Finanzgeschäftes sind insbesondere folgende Risikoarten zu berücksichtigen und entsprechend zu dokumentieren:

1. das Kreditrisiko;

2. das Marktrisiko;

3. das Liquiditätsrisiko;

4. das Reputationsrisiko;

5. das Rechtsrisiko;

6. das operationelle Risiko.

§ 5 § 5 Kreditrisiko

(1) Das Kreditrisiko ist die Gefahr, dass die Gegenpartei aus mangelnder Bonität ihre Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Auch bei Veranlagungen verbleibt stets ein unvermeidbares Risiko, dass der veranlagte Betrag nicht vollständig zurückgezahlt werden kann.

(2) Dem Kreditrisiko ist das Ausfalls- und Gegenparteirisiko zuzuordnen. Das Ausfalls- und Gegenparteirisiko ist das allgemeine Risiko eines Verlustes oder eines entgangenen Gewinns infolge eines Ausfalls eines Vertrags- oder Geschäftspartners. Das Ausfalls- und Gegenparteirisiko kann sich auch aus einer unzureichenden Diversifikation der Geschäftspartner ergeben, sowohl bei Veranlagungen als auch als Kreditgeber.

(3) Die Aufnahme von Darlehen oder Krediten und die Begebung von Anleihen zu Veranlagungszwecken sind unzulässig. Bei Veranlagungen ist darüber hinaus das Klumpenrisiko zu berücksichtigen. Das Klumpenrisiko hat ein erhöhtes Ausfalls- und Verlustrisiko vor allem bei mangelnder Streuung von Anlagen aber auch von Fremdfinanzierungen (Begebung von Anleihen) zum Gegenstand. Fremdfinanzierungen oder Veranlagungen beim Bund oder den Bundesländern sind nicht als Klumpenrisiko zu qualifizieren.

(4) Auf die Bonität der Vertrags- oder Geschäftspartner, die durch die Österreichische Finanzmarktaufsicht, eine Ratingagentur oder auf andere Weise festgestellt worden ist, ist Bedacht zu nehmen und ist prioritär vor den Konditionen für das Finanzgeschäft im Sinne der Risikoaversität zu berücksichtigen.

§ 6 § 6 Marktrisiko

(1) Das Marktrisiko ist das Risiko, finanzielle Verluste auf Grund der Änderung von Marktpreisen zu erleiden. Zum Marktrisiko gehören die auf dem Finanzmarkt auftretenden Risiken, wie beispielsweise das Zinsänderungsrisiko oder das Risiko fallender Kurse bei Wertpapieren.

(2) Das Zinsänderungsrisiko liegt einerseits in steigenden Zinsaufwendungen für zukünftige Finanzierungen aufgrund von Zinsanstiegen und andererseits in Opportunitätsverlusten, die bei langfristigen Finanzierungen mit fixem Zinssatz im Falle sinkender Zinsen entstehen können. Ein weiteres Risiko liegt in bestehenden Finanzierungen mit variabler Verzinsung bei steigenden Zinssätzen.

§ 7 § 7 Liquiditätsrisiko

(1) Das Liquiditätsrisiko setzt sich mit Ereignissen auseinander, die zur Folge haben, finanziellen Verpflichtungen mangels liquider Mittel nicht zeitgerecht nachkommen zu können. Die jederzeitige Zahlungsfähigkeit muss sichergestellt sein.

(2) Rechtsträger gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG und sonstige Rechtsträger, bei denen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, haben eine Liquiditätsplanung zu erstellen und diese sowohl den kurz- als auch den langfristigen Veranlagungen zugrunde zu legen. Bei kurzfristigen Veranlagungen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Liquidität sichergestellt wird, um die über den geplanten Veranlagungszeitraum anstehenden kurzfristigen Verbindlichkeiten bedienen zu können. Langfristige Veranlagungen dürfen nur eingegangen werden, wenn die dafür vorgesehenen Geldmittel für die Abdeckung der Liquiditätserfordernisse des Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG oder eines sonstigen Rechtsträgers, bei dem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, über den Veranlagungszeitraum nicht notwendig sind und wenn rechtlich nichts gegen eine langfristige Veranlagung spricht.

§ 8 § 8 Reputationsrisiko

(1) Das Reputationsrisiko bezieht sich auf die Gefahr, dass durch öffentliche Berichterstattung über die Bonität eines Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG oder eines sonstigen Rechtsträgers, bei dem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, über Transaktionen, Geschäftspartner oder Geschäftsabläufe der Ruf und der Zugang zu Finanzierungen eines Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG oder eines sonstigen Rechtsträgers, bei dem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, negativ beeinflusst wird.

(2) Um das Reputationsrisiko zu minimieren, ist der Abschluss von Finanzgeschäften mit Hilfe von möglichst einfachen, nachvollziehbaren Finanzprodukten umzusetzen.

(3) Die Auswahl der Geschäftspartner ist unter Beachtung ethischer Standards und den üblichen Governance-Kriterien sowie der Vorschriften zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung vorzunehmen.

§ 9 § 9 Rechtsrisiko

(1) Als Rechtsrisiko gilt die mögliche Verpflichtung eines Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG oder eines sonstigen Rechtsträgers, bei dem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, zur Zahlung von Geld- oder Konventionalstrafen, Schadenersatz oder zur vorzeitigen Rückzahlung der ausstehenden Finanzierung. Eine solche mögliche Verpflichtung kann sich ergeben aus:

1. externen Risikofaktoren, wie einer mangelnden Rechtssicherheit einzelner Rechtssysteme, einer Nichtberücksichtigung von gesetzlichen Grundlagen, einer Änderung der Rechtsprechung oder einer mangelnden Kenntnis von Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung vor allem im Zusammenhang mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften auf der Grundlage von fremden Rechtsordnungen;

2. internen Risikofaktoren, wie einer mangelnden Fortbildung von MitarbeiterInnen, einer mangelhaften Dokumentation von Verträgen oder einer mangelhaften Beratung des Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG oder eines sonstigen Rechtsträgers, bei dem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist.

(2) Zur Minimierung des Rechtsrisikos sind beim Abschluss eines Finanzgeschäftes standardisierte Vertragsdokumente zu verwenden.

(3) In den Verträgen, auch beim Abschluss mit Vertragspartnern aus dem EWR-Raum, ist tunlichst die Anwendung österreichischen Rechts und ein österreichischer Gerichtsstand zu vereinbaren. Abweichungen davon sind zulässig, wenn dies unter Abwägung des Risikos für den Rechtsträger gemäß § 1 Abs. 1 K-SpvG und für sonstige Rechtsträger, bei denen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 1 Abs. 2 K-SpvG sichergestellt worden ist, wirtschaftlich deutlich vorteilhaft ist.

§ 10 § 10 Operationelles Risiko

Das operationelle Risiko ist die Gefahr von Verlusten infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, MitarbeiterInnen oder Systemen oder von externen Ereignissen. Zur Minimierung des operationellen Risikos sind dokumentierte Abläufe und Berechtigungen festzulegen.

§ 11 § 11 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.