JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0428 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des A M, vertreten durch Mag. a Susanne Singer, Rechtsanwältin in Wels, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Mai 2025, W240 22963061/7E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung der Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 27. Mai 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Ihm wurde bereits in Griechenland am 23. April 2024 der Flüchtlingsstatus zuerkannt.

2Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das das Verfahren zugelassen hatte, wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 4. Juli 2024 gemäß § 4a AsylG 2005 zurück. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen und gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

3 Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 25. Juni 2025, E 1784/2025 5, ab und trat diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 15. Juli 2025, E 1784/2025 7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisiongesondert gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

8Nach § 4a AsylG 2005 ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung als unzulässig zurückzuweisen ist, darauf abzustellen, ob dem Fremden in einem EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl. VwGH 20.11.2020, Ra 2020/20/0350 bis 0351, mwN).

9 Der Revisionswerber bestreitet in den Zulässigkeitsausführungen nicht, dass er in Griechenland asylberechtigt und dort vor Verfolgung geschützt ist.

10 In der Begründung der Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber ausschließlich eine Verletzung der Verpflichtung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung geltend. Er bringt vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es aufgrund des Absehens von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung verabsäumt, sich von der Beziehung zwischen dem Revisionswerber und seinen im Bundesgebiet lebenden Brüdern ein Bild zu verschaffen. Hätte das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, wäre es zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund des umfassenden, insbesondere finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses des Revisionswerbers zu den in Österreich lebenden Brüdern vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht und der im Bundesgebiet gestellte Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz inhaltlich geprüft hätte müssen.

11Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG der auch in nach dem BFAVerfahrensgesetz zu führenden Verfahren, insbesondere betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005, anzuwenden istkann die mündliche Verhandlung (u.a. dann) entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichts, trotz Parteiantrages keine mündliche Verhandlung durchzuführen. Dieses Ermessen ist jedenfalls im Licht des Art. 6 EMRK zu handhaben. Dies gilt sinngemäß auch für Art. 47 GRC (vgl. VwGH 4.7.2025, Ra 2025/19/0168, mwN).

12Zunächst ist anzumerken, dass der Revisionswerber eine fehlerhafte Ausübung des durch § 24 Abs. 2 VwGVG eingeräumten Ermessens nicht aufzeigt. Dass fallbezogen überhaupt Gründe gegeben sein könnten, wonach es geboten gewesen wäre, von einer Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz, weil bereits von einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt worden ist, Abstand zu nehmen (vgl. dazu VwGH 24.11.2022, Ra 2022/18/0163, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH), wird mit dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

13Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Rahmen der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme aber auch mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach wegen der Beziehung zwischen ihm und seinen volljährigen Brüdern aufgrund eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK bestehe, auseinandergesetzt. Es verneinte ebenso wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in schlüssiger Weise das Bestehen eines solchen besonderen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den volljährigen Brüdern. Die fallbezogen vorgenommene Beurteilung, dass das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes nicht ausreichend sei, um vom Vorliegen eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses auszugehen ist nicht zu beanstanden. Mit der bloß unsubstantiierten gegenteiligen Behauptung wird nicht dargetan, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht nach § 21 Abs. 7 BFAVG hätte unterbleiben dürfen. Eine unvertretbare Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK zeigt der Revisionswerber mit seinem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auf (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab VwGH 16.7.2025, Ra 2025/20/0296, mwN).

14 In der Revision wird daher keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2025