Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. Kronegger als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des H M, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Dr. Helmut Blum und die Rechtsanwältin Mag. a Andrea Blum in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Jänner 2025, W602 2281085 1/14E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 1. August 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. September 2023 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, sprach aus, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Zur Begründung hielt das BVwG fest, dem Revisionswerber drohe in Somalia nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen. Er sei im Fall der Rückkehr auch keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt, sodass auch kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Die Rückkehrentscheidung begründete das BVwG mit dem Überwiegen der für die Beendigung des Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber seinen privaten Interessen an einem Verbleib.
5 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Juni 2025, E 626/2025 7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
6 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Soweit sich die vorliegende Revision (formal auch) gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten richtet, ist ihr zu entgegnen, dass sie diesbezüglich keinerlei (gesondertes) Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit enthält.
11 Zu ihrer Zulässigkeit, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtet, bringt die Revision vor, das BVwG habe die Ermittlungspflicht verletzt, indem es sich mit der Diabetes Erkrankung des Revisionswerbers nur unzureichend auseinandergesetzt habe; es wäre verpflichtet gewesen, nach Durchführung entsprechender Ermittlungen Feststellungen zur Art der Erkrankung und den daraus resultierenden Symptomen, zur notwendigen Behandlung sowie zu den Auswirkungen einer Abschiebung auf den Gesundheitszustand des Revisionswerbers zu treffen.
12Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (VwGH 13.8.2024, Ra 2024/18/0388, Rn. 23, mwN). Dies zeigt die Revision mit ihrem Vorbringen nicht auf, zumal sie nicht darzulegen vermag, weshalb es für das BVwG unter Würdigung der bereits vorgelegenen Beweisergebnisse im Sinne des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 erforderlich erscheinen hätte müssen, weitere Beweismittel von Amts wegen beizuschaffen.
13 So führte das BVwG auf der Grundlage seiner Ermittlungen aus, dass der Revisionswerber seit dem Jahr 2012 an Diabetes leide und vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat trotz seiner Erkrankung seinen beruflichen Verpflichtungen nachgehen habe können. Ferner traf das BVwG Feststellungen zur Behandlungsmöglichkeit von Diabetes in Somalia und kam unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Revisionswerbers insbesondere seiner Herkunft aus Mogadischu sowie seiner wirtschaftlichen Situation vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zum Ergebnis, dass er in Somalia hinreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung habe.
14Mit dem Vorbringen, mangels Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen habe sich das BVwG mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen zum Gesundheitszustand des Revisionswerbers nicht ordnungsgemäß auseinandergesetzt, übergeht die Revision den Umstand, dass der Revisionswerber weder im Verfahren vor dem BFA, noch im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG irgendwelche medizinischen Unterlagen vorgelegt hat; der erst der Revision beigelegte, mit 3. Juli 2025 (nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) datierte Befund unterliegt dem aus § 41 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot (vgl. etwa VwGH 21.10.2024, Ra 2024/18/0408, mwN).
15 Die Revision sieht zudem eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (sinngemäß) zur Frage, welcher Aufenthaltstitel zu gewähren ist, wenn einem Fremden im Herkunftsstaat ohne Zutun eines Akteurs im Sinn des Art. 6 der Statusrichtliniedie reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und/oder 3 EMRK droht. Vor dem Hintergrund, dass das BVwG in einer vertretbaren Einzelfallbeurteilung zum Ergebnis kam, dem Revisionswerber drohe in Somalia keine Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte, hängt die Revision von dieser Rechtsfrage nicht ab. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die in der Revision vertretene Rechtsansicht, subsidiärer Schutz komme entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei realer Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und/oder 3 EMRK ohne Zutun eines Akteurs nicht in Betracht, bereits verworfen (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, sowie darauf bezugnehmend etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0201 bis 0203, mwN).
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 2. September 2025