JudikaturVwGH

Ra 2024/18/0408 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. Kronegger als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des A F in Brandln, vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Blütenstraße 15/5/5.13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2023, L504 2259606 1/11E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein der Volksgruppe der Turkmenen angehöriger irakischer Staatsangehöriger aus Kirkuk, stellte am 22. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er von der Hashd al Shaabi Miliz verfolgt werde und sich die Sicherheitslage im Irak allgemein verschlechtert habe.

2 Mit Bescheid vom 10. August 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, sprach aus, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe keine drohende Verfolgung durch die Hashd al Shaabi Miliz glaubhaft machen können. Angehörige der Volksgruppe der Turkmenen würden in Kirkuk nicht verfolgt werden, die Familienangehörigen des Revisionswerbers würden in gesicherten sozialen Verhältnissen dort leben; er selbst sei gesund und erwerbsfähig.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Juni 2024, E 359/2024 10, ablehnte und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Infolge erhob der Revisionswerber die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die vorliegende Revision macht zu ihrer Zulässigkeit fehlerhafte Beweiswürdigung und Begründungsmängel sowie Feststellungsmängel geltend.

9Das BVwG stützte seine Feststellung, der Revisionswerber habe keine drohende Verfolgung durch die Hashd al-Shaabi-Miliz glaubhaft machen können, darauf, dass der Revisionswerber nach dem von ihm geschilderten Vorfall an einem Checkpoint im Jahr 2018, bei dem er und sein Bruder vermutlich auf Anordnung der Hashd al-Shaabi-Miliz geschlagen worden seien, weiterhin für ca. einen Monat unbehelligt an seiner Wohnadresse verblieben sei. Darüber hinaus habe er weder bei der Ausreise aus dem Irak im Jahr 2018 noch bei seiner Wiedereinreise im Jahr 2021 und der neuerlichen Ausreise im Jahr 2021 Probleme bei den Grenzkontrollen gehabt. Auch auf dem Weg zwischen dem Flughafen Erbil und der Wohnadresse des Revisionswerbers habe er bei den Kontrollen an den Checkpoints keinerlei Repressalien erlebt. Dass diese Beweiswürdigung unvertretbar wäre, legt die Revision nicht dar (vgl. zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung z.B. VwGH 29.2.2024, Ra 2024/18/0017; 18.10.2023, 2023/18/0349, mwN).

10 Soweit die Revision vorbringt, dass das BVwG keine Feststellungen zur Erreichbarkeit von Kirkuk getroffen habe, zeigt sie nicht auf, dass der Revisionswerber (der wie erwähnt im Jahr 2021 bereits einmal problemlos nach Kirkuk gelangt ist) seine Heimatregion tatsächlich nicht erreichen könnte.

11 Das Revisionsvorbringen, der Revisionswerber sei im Falle der Rückkehr als sunnitischer Turkmene aus einem ehemals vom IS dominierten Gebiet besonders gefährdet, lässt eine Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Erwägungen des BVwG vermissen, insbesondere mit dem Umstand, dass seine Familie mit vergleichbarem Risikoprofil nach Beurteilung des BVwG in Kirkuk keiner Verfolgung unterliege und in gesicherten sozialen Verhältnissen leben könne. Es gelingt der Revision daher nicht, diesbezüglich eine Verletzung der Begründungspflicht oder einen Feststellungsmangel im angefochtenen Erkenntnis aufzuzeigen.

12Insoweit die Revision darlegt, das BVwG habe den Revisionswerber nicht näher zu den Modalitäten seiner Ausreise befragt, obwohl den Länderberichten entnommen werden könne, dass er mangels Ausreisegenehmigung im Irak mit einem Strafverfahren, unverhältnismäßigen Strafen und nicht den internationalen Mindeststandards entsprechenden Haftbedingungen rechnen müsse, ist ihr entgegenzuhalten, dass im gesamten Verfahren kein konkretes Vorbringen erstattet wurde, wonach der Revisionswerber eine asylrelevante Verfolgung aufgrund illegaler Ausreise befürchte. Diesem Vorbringen steht daher das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen (vgl. VwGH 8.9.2023, Ra 2023/18/0204).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Oktober 2024