Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Posch und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der M Z, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Mai 2025, W121 23033101/11E, betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 11 AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Favoritenstraße), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1Mit Bescheid vom 7. Oktober 2024 sprach die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) aus, dass die Revisionswerberin gemäß § 11 AlVG im Zeitraum 26. September bis 23. Oktober 2024 kein Arbeitslosengeld erhalte, weil sie ihr Dienstverhältnis während der Probezeit freiwillig gelöst habe.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie brachte vor, dass sie das Dienstverhältnis auf Grund von Mobbing gekündigt habe. Sie sei seit Jahren in psychiatrischer Behandlung und vier Monate wegen ihrer psychischen Probleme stationär behandelt worden.
3Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. November 2024 wies das AMS die Beschwerde als unbegründet ab. Es führte aus, dass die Revisionswerberin in ihrer Beschwerde keine Vorfälle vorgebracht habe, die einem wichtigen Grund im Sinn des § 26 Angestelltengesetz zumindest nahe kämen; das AMS gehe daher nicht vom Vorliegen solcher Vorfälle aus. Die von der Revisionswerberin beschriebenen Rahmenbedingungen ihres Dienstverhältnisses seien nicht geeignet gewesen, einen berücksichtigungswürdigen Grund im Sinn des § 11 AlVG nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Die Revisionswerberin habe weder etwaige Mobbingvorfälle mit ihrem Dienstgeber vor ihrer Kündigung besprochen noch eine Klage bei der Arbeiterkammer eingebracht. Es gebe auch sonst keine Hinweise darauf, dass die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar gewesen sei. Das Dienstverhältnis sei somit freiwillig im Sinn des § 11 Abs. 1 AlVG gelöst worden und es lägen keine Nachsichtsgründe im Sinn des § 11 Abs. 2 AlVG vor.
4 Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
5 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
6 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Revisionswerberin vom 9. bis 25. September 2024 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis beim Dienstgeber T beschäftigt gewesen sei. Dieses Dienstverhältnis sei am 25. September 2024 durch Kündigung der Revisionswerberin in der Probezeit beendet worden. Die Beschäftigung sei der Revisionswerberin objektiv zumutbar gewesen. Sie habe weder während der Ausschlussfrist noch unmittelbar danach ein vollversichertes Dienstverhältnis aufgenommen. Es lägen keine berücksichtigungswürdigen Gründe für eine Nachsicht vor.
7Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, bei der pauschalen Behauptung von „Mobbing“ handle es sich um ein rein subjektives Empfinden der Revisionswerberin, das im Verfahren nicht durch konkrete Vorfälle belegt worden sei. Die Revisionswerberin habe weder bestimmte Handlungen noch beteiligte Personen, einen konkreten Zeitraum oder eine Dynamik, die auf „ein systematisches und zielgerichtetes Verhalten im arbeitsrechtlichen Sinn“ schließen ließen, genannt. Es fehle auch jeder Hinweis darauf, dass die Revisionswerberin versucht habe, die Situation zu klären, etwa durch ein Gespräch mit dem Dienstgeber oder eine innerbetriebliche Meldung. Nicht jedes als belastend empfundene Verhalten am Arbeitsplatz stelle objektiv einen wichtigen Grund im Sinn des § 11 AlVG dar. Entscheidend sei, ob die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar gewesen sei. Dies sei angesichts der äußerst kurzen Dauer des Dienstverhältnisses von zwei Wochen und des vagen, nicht nachvollziehbar belegten Vorbringens nicht anzunehmen. Zwar sei unbestritten, dass die Revisionswerberin bereits vor Aufnahme des Dienstverhältnisses an einer psychischen Erkrankung gelitten habe. Die Revisionswerberin habe jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass es im Rahmen der kurzen Beschäftigungsdauer zu einer konkreten, arbeitsplatzbezogenen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen sei, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hätte. Sie habe im gesamten Verfahren nicht substantiiert dargelegt, dass sie die von ihr genannten Gründe für die freiwillige Beendigung des Dienstverhältnisses in angemessener Form mit dem Dienstgeber erörtert habe. Vielmehr ergebe sich aus der Stellungnahme des Dienstgebers, dass die Revisionswerberin keine Motive für die Kündigung angeführt habe. Sonstige berücksichtigungswürdige Gründe seien nicht hervorgekommen.
8 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgerichtnach Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Tatbestand des § 11 Abs. 1 AlVG und zu den Nachsichtsgründen des § 11 Abs. 2 AlVG, die Revisionswerberin habe den Tatbestand der freiwilligen Auflösung des Dienstverhältnisses in der Probezeit gemäß § 11 Abs. 1 AlVG erfüllt. Aus den Angaben der Revisionswerberin, es habe „Mobbingvorfälle“ gegeben und das Betriebsklima sei vom unangemessenen Verhalten einzelner Arbeitskollegen geprägt gewesen, könne kein objektiviertes, dem Dienstgeber anzulastendes Fehlverhalten abgeleitet werden. Es gehe aus dem Vorbringen der Revisionswerberin nämlich nicht hervor, dass sie vor der von ihr initiierten Auflösung des Dienstverhältnisses gegenüber dem Dienstgeber ein schlechtes Betriebsklima bzw. ein unangemessenes Verhalten einzelner Arbeitskollegen konkret angesprochen habe. Ohne dieses Wissen bzw. Hinweise auf solche Umstände habe der Dienstgeber auch nicht die Möglichkeit gehabt, seiner Fürsorgepflicht entsprechend zu reagieren. Auch die pauschale Behauptung einer psychischen Belastung durch das Verhalten einzelner Arbeitskollegen innerhalb weniger Wochen ohne Angabe konkreter Vorfälle oder Hinweise auf einen Versuch, die Situation zu klärenreiche für sich allein nicht aus, um einen wichtigen Grund im Sinn des § 11 AlVG anzunehmen. Insbesondere handle es sich bei der bloßen Angabe von „Mobbingvorfällen“ um ein rein subjektives Empfinden, das von der Revisionswerberin weder näher konkretisiert noch durch arbeitsrechtliche Schritte, etwa ein Gespräch mit dem Dienstgeber, untermauert worden sei. Im Ergebnis habe die Revisionswerberin somit keinen berücksichtigungswürdigen Grund für die freiwillige Beendigung ihres Dienstverhältnisses dargelegt. Sonstige Umstände, die als Nachsichtsgründe gemäß § 11 Abs. 2 AlVG in Betracht kämen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen.
9Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
11Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem das AMS eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
12 Die Revision rügt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG, dass das Bundesverwaltungsgericht von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 11 AlVG abgewichen sei. Bereits in ihrem Vorlageantrag und in ihrem ergänzenden Schriftsatz zum Vorlageantrag habe die Revisionswerberin vorgebracht, dass ihr die Stelle aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen sei. Mit ergänzender Stellungnahme vom 3. April 2025 habe sie dieses Vorbringen weiter präzisiert und unter Vorlage entsprechender Patientenbriefe und Befunde ausgeführt, dass sie an einer Depression sowie Zwangs und Persönlichkeitsstörung leide, drei Monate stationär in einem Therapiezentrum sowie vier Monate stationär in einem Krankenhaus behandelt worden sei und sich seit etwa zehn Jahren in ständiger psychotherapeutischer Behandlung befinde. Zudem habe sie in diesem Schriftsatz näher ausgeführt, weshalb für sie am Arbeitsplatz eine psychische Belastungssituation entstanden sei und sich bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses ihr psychischer Zustand weiter verschlechtert hätte.
13Das Bundesverwaltungsgericht habe im angefochtenen Erkenntnis lediglich eine kursorische Beurteilung im Hinblick auf die Nachsichtsgründe des § 11 Abs. 2 AlVG vorgenommen. Zum Vorbringen, wonach der Revisionswerberin die Fortsetzung des Dienstverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, habe das Bundesverwaltungsgericht lediglich ausgeführt, die Revisionswerberin habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass es im Rahmen der kurzen Beschäftigungsdauer zu einer konkreten, arbeitsplatzbezogenen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen sei. Diese Ausführungen würden nicht ausreichen, um eine verlässliche Beurteilung anhand der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 11 Abs. 2 AlVG aufgestellten Kriterien zu ermöglichen. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht mit den vorgebrachten Vorfällen und der belastenden Situation am Arbeitsplatz unabhängig davon, ob es sich um Mobbing gehandelt habe auseinandergesetzt. Ebenso wenig sei es auf die durch Befunde belegten psychischen Beschwerden der Revisionswerberin und die Frage eingegangen, ob sie gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, die Tätigkeit weiter auszuüben bzw. ob zu befürchten gewesen wäre, dass sich die bereits bestehenden Gesundheitsstörungen durch die Fortsetzung des Dienstverhältnisses verschlimmern. Es liege daher ein Begründungsmangel vor, der die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses unmöglich mache.
14 Die Revision ist aus den dargestellten Gründen zulässig und auch berechtigt.
15Gemäß § 11 Abs. 1 AlVG erhalten Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Gemäß § 11 Abs. 2 AlVG ist der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Einstellung der Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
16Diese Bestimmung konkretisiert die Anforderung der Arbeitswilligkeit (§ 7 AlVG) und hängt systematisch mit den §§ 9 und 10 AlVG zusammen: Während § 9 AlVG jene Fälle regelt, in denen Arbeitslosigkeit bereits eingetreten ist, die arbeitslose Person jedoch an der Beendigung dieses Zustandes nicht hinreichend mitwirkt, bestimmt § 11 AlVG in Ergänzung dazu, dass die in § 10 AlVG vorgesehene Sanktion des Verlustes des Anspruches auf Arbeitslosengeld auch denjenigen treffen soll, der den Zustand der Arbeitslosigkeit infolge Auflösung seines Dienstverhältnisses selbst herbeiführt (vgl. VwGH 9.5.2023, Ro 2022/08/0004, mwN).
17Für die Beurteilung des Vorliegens von Nachsichtsgründen im Sinn des § 11 Abs. 2 AlVG sind dementsprechend insbesondere Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend, wie sie etwa § 9 Abs. 2 und 3 AlVG auch für den arbeitslos gewordenen Versicherten im Hinblick auf dessen Verpflichtung, eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte oder sich bietende Arbeitsgelegenheit zu ergreifen, vorsieht. Soweit das Arbeitsverhältnis betreffende Umstände für die Auflösung eines Dienstverhältnisses in Betracht kommen, wird es sich zwar nicht nur um Vorfälle handeln müssen, die einen Austrittsgrund im Sinn des Arbeitsvertragsrechtes (etwa im Sinn des § 26 Angestelltengesetz und verwandter Rechtsvorschriften) darstellen, zumindest aber um solche, die einem solchen wichtigen Grund zumindest nahe kommen (vgl. nochmals VwGH 9.5.2023, Ro 2022/08/0004, mwN).
18 Soweit die Zumutbarkeit der Beschäftigung in gesundheitlicher Hinsicht in Frage steht, ist zu ermitteln, ob die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme in einer angemessenen Zeit (sei es durch entsprechende Behandlung, sei es etwa durch Hilfsmittel bei der Tätigkeit) weggefallen wären und ob die Beschäftigung dann im Wesentlichen beschwerdefrei, aber auch ohne die Besorgnis einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch die Ausübung dieser Tätigkeit, fortgesetzt werden hätte können (vgl. in diesem Sinn VwGH 4.6.2008, 2007/08/0063, unter Hinweis auf VwGH 30.9.1994, 93/08/0097).
19 Im vorliegenden Fall stellte das Bundesverwaltungsgericht teilweise disloziert in der Beweiswürdigungfest, dass die Revisionswerberin bereits vor Aufnahme des Dienstverhältnisses an einer psychischen Erkrankung gelitten habe, ihr die Beschäftigung aber objektiv zumutbar gewesen sei. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, die pauschale Behauptung einer psychischen Belastung durch das Verhalten einzelner Arbeitskollegen innerhalb weniger Wochen reiche für sich allein nicht aus, um einen wichtigen Grund im Sinn des § 11 AlVG anzunehmen. Dabei handle es sich um ein rein subjektives, nicht näher konkretisiertes Empfinden der Revisionswerberin, die diesbezüglich auch kein Gespräch mit dem Dienstgeber gesucht habe.
20 Mit diesen Ausführungen nimmt das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend darauf Bedacht, dass die Revisionswerberin im Verfahren ein durch entsprechende Unterlagen untermauertes Vorbringen dazu erstattete, dass das Arbeitsumfeld beim Dienstgeber T auf Grund ihrer Vorerkrankungen psychisch äußerst belastend gewesen sei und sich ihr psychischer Gesundheitszustand durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verschlechtert hätte.
21 Die Revisionswerberin brachte schon in der Beschwerde vor, sie stehe seit Jahren in psychiatrischer Behandlung und sei vier Monate lang wegen ihrer psychischen Probleme in einem Krankenhaus stationär behandelt worden. Im Vorlageantrag und in den ergänzenden Schriftsätzen vom 9. Dezember 2024 und vom 3. April 2025 führte sie zudem aus, dass sie sich aktuell im Krankenstand befinde und demnächst wieder „stationär auf die psychiatrische Station“ gehen werde, weil sie die Situation beim Dienstgeber T so belastet habe. Auf Grund ihrer Mobbingerfahrungen habe sie sich als Jugendliche das Leben nehmen wollen. Die ständige Konfrontation mit Mobbing sowie die Lästereien und Sticheleien unter der Kollegenschaft hätten sich negativ auf ihre psychische Gesundheit ausgewirkt und zu einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geführt. Angesichts ihrer psychischen Erkrankungen sei ihr die Stelle daher aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar.
22 Dieses Vorbringen untermauerte die Revisionswerberin auch mit entsprechenden Unterlagen. Gemäß dem im Akt einliegenden fachärztlichen Kurzbefund vom 6. Mai 2024 lagen bei der Revisionswerberin die Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Episoden, Zwangsstörung mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen sowie Alkoholabhängigkeit vor. Die genannten Diagnosen samt empfohlener Medikation sind auch den von der Revisionswerberin vorgelegten stationären Patientenbriefen vom 19. Dezember 2023, 1. März 2024 und 10. Februar 2025 (Letzterer enthält folgenden Zusatz im Hinblick auf die Alkoholabhängigkeit: „abstinent seit 12/2024“) zu entnehmen. Daraus geht unter anderem auch hervor, dass sie als Jugendliche Opfer von Mobbing gewesen und es im Oktober 2023 zu einem Suizidversuch gekommen sei.
23Trotz dieser Hinweise auf die psychiatrischen Diagnosen und Dauermedikation der Revisionswerberin traf das Bundesverwaltungsgericht keine näheren Feststellungen zu der gesundheitlichen, insbesondere psychischen, Verfassung der Revisionswerberin oder ihrem konkreten Arbeitsumfeld während der Beschäftigung beim Dienstgeber T (zur Notwendigkeit fallbezogener, auf die jeweiligen Diagnosen Bedacht nehmender Feststellungen im Hinblick auf die Frage der gesundheitlichen Zumutbarkeit einer Beschäftigung vgl. etwa jüngst VwGH 17.7.2025, Ra 2024/08/0094).
24 Derartige Feststellungen wären im Hinblick auf die Frage, ob die Revisionswerberin die Beschäftigung ohne die Besorgnis einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes hätte fortsetzen können, notwendig gewesen. Mit dieser Frage hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich festgehalten, es sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass es im Rahmen der kurzen Beschäftigungsdauer zu einer konkreten, arbeitsplatzbezogenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Revisionswerberin gekommen sei, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hätte.
25Damit hat das Bundesverwaltungsgericht seine Annahme, dass die Beschäftigung der Revisionswerberin objektiv zumutbar gewesen sei und keine berücksichtigungswürdigen Gründe für eine Nachsicht vorlägen, nicht ausreichend begründet. Der in Rn. 18 zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf welche auch die Revision hinweist, lässt sich nicht entnehmen, dass es für die Annahme eines Nachsichtsgrundes im Sinn des § 11 Abs. 2 AlVG erforderlich ist, dass sich der Gesundheitszustand durch die Ausübung der Tätigkeit bereits verschlechtert hat. Vielmehr genügt es, dass eine solche Verschlechterung auf Grund der Umstände der Beschäftigung die nicht innerhalb einer zumutbaren Zeit verbessert werden können konkret zu befürchten ist.
26 Im Hinblick auf das in den Rn. 21 bis 22 wiedergegebene Vorbringen kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht bei entsprechender Auseinandersetzung mit den ins Treffen geführten Angaben der Revisionswerberin zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu besorgen gewesen wäre und die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses daher nicht zumutbar war.
27Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
28Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. September 2025