JudikaturVwGH

Ra 2025/07/0056 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Mag. Haunold und die Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des E B in Z, vertreten durch die Kühleitner Lochbichler Rechtsanwälte GmbH in 5620 Schwarzach/Pongau, Marktplatz 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 7. März 2025, Zl. 405 1/1133/1/62025, betreffend Übertretung des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tamsweg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH, die auf der Grundlage eines gemäß § 38 Abs. 6a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) von der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) erlassenen Bescheides vom 19. September 2018 gewerbsmäßig eine Bodenaushubdeponie in der Gemeinde M. betreibt. Mit dem rechtskräftigen Genehmigungsbescheid wurden unter anderem die nachstehenden Auflagen vorgeschrieben:

Zum Bereich Wasserrecht:

(Auflagen aus geologischer Sicht)

Auflage 24: Das Deponiegut darf nur in maximalen Lagen von 0,5 m Mächtigkeit eingebracht und verdichtet werden, bevor die nächste Lage geschüttet wird.

Auflage 25: Die Außenböschungen der Deponie dürfen maximal 2:3 geneigt sein. Sollte das angelieferte Material keinen entsprechenden Reibungswinkel aufweisen, darf dieses nicht in die Böschung eingebracht werden. Ebenso darf Holz, organische Abfälle, Torf oder Seeton nicht in die Außenböschung eingebaut werden.

Auflage 26: Die Herstellung der Sicker und Retentionsbecken hat unter Aufsicht eines Geologen zu erfolgen, der in einem Kurzbericht die standsichere Herstellung und die Sickerfähigkeit zu bestätigen hat und diesen mit dem nächsten Jahresbericht der Behörde vorlegen muss.

Auflage 27: Während des Betriebes der Deponie ist jährlich von einem Geologen/Geotechniker die standsichere Bauweise gemäß Projekt Erlmoser zu prüfen und in einem Jahresbericht der Behörde zu bestätigen.

(Auflagen aus wasserbautechnischer Sicht)

Auflage 29: Die tatsächliche Sickerfähigkeit ist mittels Sickerversuch nachzuweisen.

Auflage 32: Das wirksame Retentionsvolumen der Sickeranlagen sowie die wirksamen Sickerflächen der Retentionsbecken sind nachzuweisen.

(Auflagen aus gewässerschutzfachlicher Sicht)

Auflage 45: Immissionskontrolle:

Messstelle : der Standort der repräsentativen Messstelle im Abstrom der Bodenaushubdeponie ist entsprechend den Vorschlägen des geologischen Amtssachverständigen festzulegen. Der Schlagpegel ist als Grundwassermessstelle auszubauen (Durchmesser mindestens 3 Zoll).

Beobachtungsintervall : Vor Beginn des Deponiebetriebs 2x im Abstand von 3 Monaten, in der Folge jährlich einmal.

Beobachtungsumfang : Parameter der Parameterblöcke 1 und 2.1 (Metalle) gemäß Anlage 15 (Abschnitt III) der GewässerzustandsüberwachungsverordnungGZÜV (BGBl. 479/2006) sowie Kohlenwasserstoffindex.

Beobachtungszeitraum : Betriebsphase bis 2 Jahre nach Fertigstellung

Probenahme und Analytik sind von einer autorisierten Person oder Institution durchführen zu lassen.

Die Ergebnisse der Grundwasserkontrolle sind mit dem jährlichen Bericht der Deponieaufsicht der Behörde vorzulegen.

Zum Bereich Naturschutzrecht:

(Auflagen aus naturschutzfachlicher Sicht)

Auflage 47: Sämtliche Maßnahmen sind, soweit im Folgenden nicht abgeändert, gemäß den eingereichten Projektunterlagen auszuführen.

Auflage 52: Sämtliche Begrünungs- und Bepflanzungsmaßnahmen sind zum vegetationstechnisch frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen und auf Dauer zu erhalten. Das Aufkommen der Begrünung und Bepflanzung ist laufend zu kontrollieren und die allenfalls erforderliche Anwuchspflege, Schutzmaßnahmen und Nachbesserung unverzüglich durchzuführen.

Auflage 53: Weist die Entwicklung der Begrünung nach einem halben Jahr bzw. zu Beginn der nächstfolgenden Vegetationsperiode Mängel auf, die ein Erreichen des Begrünungszieles (dauerhafte Etablierung einer weitgehend naturidenten bzw. standortstauglichen, widerstandsfähigen Vegetation) und eines abnahmefähigen Zustandes (Sicherung der Kultur bzw. 80 % Deckungsgrad bei der Magerwiese) nicht erwarten lassen, so hat eine Nachsaat bzw. Nachpflanzung zu erfolgen. Spezielle ergänzende Maßnahmen (z.B. lokale Bodenlockerung, Düngegaben etc.) sind im Zuge der Nachbesserung durchzuführen. Aufkommende invasive Neophyten sind nach Vorgabe der ökologischen Bauaufsicht zu beseitigen.

Auflage 54: Die Rekultivierung hat in Abstimmung mit den Schüttungsmaßnahmen zum vegetationsmäßig frühesten Zeitpunkt zu erfolgen. Dazu sind Ober- und Zwischenboden lagerichtig wieder aufzubringen. Zufahrtswege zu den Schüttflächen sind im Zuge der Fertigstellung rückzubauen, zu rekultivieren und zu begrünen.

Auflage 55: Die Sicherung des Schüttungsfußes ist so zu situieren, dass die talseitige Laubholzkulisse erhalten bleibt. Standfeste Fichtenrandbäume sind soweit als möglich zu erhalten. Der erforderliche Steinsatz ist flächig zu überschütten und zu begrünen. Auch die Sickerbecken sind so zu situieren, dass in diesen Laubholzstreifen nicht eingegriffen werden muss. In diesem Abschnitt anfallende verpflanzungsfähige Gehölze sind außerhalb der Vegetationszeit auf den Stock zu setzen, unter Erhalt eines ausreichenden Wurzelballens zu bergen und in die Außenböschungen zu versetzen.

Auflage 56: Die jeweilige Schüttetappe ist an der Außenböschung zu beginnen und sogleich zu begrünen. Sollte durch die ökologische Bauaufsicht das Auftreten von Amphibien festgestellt werden, sind die erforderlichen Absperrmaßnahmen nach dem Stand der Technik umzusetzen.

2 Im Zuge einer am 7. November 2023 durchgeführten behördlichen Überprüfung wurde festgestellt, dass die oben zitierten 13 Auflagen des Genehmigungsbescheides nicht eingehalten wurden. Der Eintritt eines konkreten Schadens konnte nicht festgestellt werden. Zur Kontrollzeit war im Innenverhältnis der B. GmbH der Sohn des Revisionswerbers für die Einhaltung der Auflagen verantwortlich. Der Revisionswerber hatte die Kontrollaufsicht inne.

3 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 4. Juli 2024 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. GmbH zu verantworten, dass insgesamt 13 Auflagenpunkte des abfallrechtlichen Genehmigungsbescheides betreffend die Errichtung und den Betrieb der erwähnten Bodenaushubdeponievom 19. September 2018 nicht eingehalten worden seien. Dadurch habe der Revisionswerber § 79 Abs. 2 Z 11 iVm § 43 Abs. 4 AWG 2002 übertreten, weshalb über ihn für jede dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von € 2.100, bei Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und zwölf Stunden, verhängt wurde.

4 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht), die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt und in weiterer Folge mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts als unbegründet abgewiesen wurde. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, da der Revisionswerber gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich und er gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sei, betrage die gesetzliche Mindeststrafe zu den 13 Spruchpunkten des behördlichen Bescheides jeweils € 2.100. Die Verwaltungsübertretung habe konkret in der Nichteinhaltung von Auflagen und Aufträgen bestanden, deren Rechtmäßigkeit im Verwaltungsstrafverfahren nicht (mehr) zu überprüfen sei. Wenn gegen mehrere Auflagen eines Genehmigungsbescheides verstoßen worden sei, sei wie beim Betrieb einer Betriebsanlage jede Übertretung gesondert zur Last zu legen (Kumulationsprinzip). Es handle sich somit um 13 verschiedene Verwaltungsübertretungen mit demselben Schutzzweck, weshalb diese inhaltlich in der Folge gemeinsam behandelt werden könnten.

6Die übertretenen Rechtsnormen dienten dem Schutz und der Verwirklichung der Ziele des Abfallwirtschaftsrechtes. Die einschlägigen Rechtsvorschriften des AWG 2002 sollten verhindern, dass Abfall mit dem daraus resultierenden Gefährdungspotenzial für die Umwelt in einer solchen Weise abgelagert werde, dass die Umwelt gefährdet werde. Dementsprechend hoch sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der umfangreiche Schutz der Umwelt, weswegen durch die einschlägigen Rechtsvorschriften ein ordnungsgemäßer Betrieb sichergestellt werden solle. Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen sei im gegenständlichen Fall nicht exorbitant hoch, weil bislang kein konkreter Schaden aus der Nichteinhaltung der Auflagen resultiert habe.

7 Es könne zumindest von einer groben Fahrlässigkeit des Revisionswerbers ausgegangen werden, weil er keinerlei Maßnahmen gesetzt habe, um die Einhaltung der Auflagen, für die er verantwortlich sei, zu gewährleisten oder zu kontrollieren. Aufgrund der vollumfänglichen Verletzung seiner Aufsichtspflichten könne nicht von einer geringen Schuld des Revisionswerbers ausgegangen werden.

8 Aufgrund der hohen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes des umfangreichen Schutzes der Umweltsowie der nicht geringen Schuld sei eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG bezüglich Spruchpunkt 9. jedenfalls auszuschließen.

9Weiters habe der Revisionswerber eine Unterschreitung der Mindeststrafe bis zur Hälfte gemäß § 20 VStG für die Spruchpunkte 1. bis 8. sowie 10. bis 13. beantragt. Die Anwendung des § 20 VStG setze voraus, dass die vorliegenden Milderungsgründe dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen.

10 Dem Revisionswerber seien keine Erschwerungsgründe anzulasten. Die Behörde sei aufgrund des (näher bezifferten) Einkommens des Revisionswerbers zu Recht von einem durchschnittlichen Einkommen ausgegangen. Sorgepflichten bestünden nicht. Das Geständnis bzw. die Einsicht des Revisionswerbers hinsichtlich der Übertretungen sei nicht als Milderungsgrund zu werten, zumal nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einemvor der belangten Behörde abgegebenen - Geständnis des Täters keine Bedeutung zukomme, wenn dieser im Zuge seiner Anhaltung auf frischer Tat betreten worden sei. Ebenso wenig sei als Milderungsgrund zu werten, dass kein Schaden durch die Nichteinhaltung der Auflagen entstanden sei, weil es sich bei der dem Revisionswerber zur Last gelegten Übertretung (§ 79 Abs. 2 Z 11 iVm § 43 Abs. 4 AWG 2002) um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handle, bei dem der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung nicht als Milderungsgrund in Betracht komme. Der folglich einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit zumindest zum Tatzeitpunktbedeute auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG (Verweis auf VwGH 20.12.2010, 2009/03/0155).

11 Aufgrund des Verschuldensgrades scheine die Strafhöhe ebenso aus spezial und generalpräventiven Gründen erforderlich und notwendig, um zukünftig derartige Übertretungen durch den Beschuldigten als auch die Allgemeinheit wirksam zurückzudrängen.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16Zur Begründung ihrer Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, im angefochtenen Erkenntnis werde eine Strafmilderung gemäß § 20 VStG mit der Begründung verneint, dass nur ein einziger Milderungsgrund vorliege, welcher nicht als beträchtliches Überwiegen gegenüber Erschwerungsgründen zu qualifizieren sei. Gleichzeitig sei kein Erschwerungsgrund und kein Eintritt eines Schadens festgestellt worden. Damit stelle sich „die bislang ungeklärte Frage“, ob eine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG jedenfalls ausgeschlossen sei, wenn nur ein einziger Milderungsgrund vorliege, selbst wenn keinerlei Erschwerungsgründe gegeben seien. Das Verwaltungsgericht sei in diesem Zusammenhang „seiner Anforderung der Begründungspflicht“ nicht nachgekommen. Die Beantwortung dieser Frage stelle insbesondere im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie das Bestimmtheitsgebot bei Strafdrohungen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

17Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

18 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Revisionswerbers als einzigen zu berücksichtigenden Milderungsgrund in seine Beurteilung einbezogen und mit Verweis auf hg. Rechtsprechungdargelegt, dass dies auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG bedeute. Der Revisionswerber bringt nicht vor, dass in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein oder mehrere weitere Milderungsgründe zu Unrecht nicht berücksichtigt worden wären.

19Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers ist die von ihm aufgeworfene Frage in der hg. Rechtsprechung bereits geklärt. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen für sich genommen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG bewirken (vgl. etwa VwGH 20.12.2010, 2009/03/0155; 30.6.2011, 2011/03/0078; 24.9.2014, Ra 2014/03/0012; 21.2.2023, Ra 2023/02/0021, jeweils mwN). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht auch nicht abgewichen.

20 Vor diesem Hintergrund ist dem Verwaltungsgericht weder ein Begründungsmangel noch entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen das Fehlen konkreter Ausführungen, „weshalb das völlige Fehlen von Erschwerungsgründen nicht ausreichen soll“, vorzuwerfen.

21 Ferner bemängelt der Revisionswerber, dass die Anwendung des Kumulationsprinzips zu 13 Einzelstrafen zu jeweils € 2.100 führe, obwohl sämtliche Übertretungen gleichgelagerter Natur und ohne Schadensfolge gewesen seien. Es sei zudem die Frage zu klären, ob die Anwendung des Kumulationsprinzips in Fällen „mehrfacher gleichartiger formeller Übertretungen“ ohne Schadenseintritt mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sei. Die Frage der Verhältnismäßigkeit der Strafhöhe und die Notwendigkeit der Korrektur im Hinblick auf eine außerordentliche Strafminderung rechtfertige die Zulässigkeit der Revision.

22Nach dem in § 22 Abs. 2 VStG verankerten Kumulationsprinzip sind Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.

23Ausnahmen vom Kumulationsprinzip bestehen etwa bei einem fortgesetzten Delikt (vgl. etwa VwGH 14.11.1989, 88/04/0243, betreffend die Nichteinhaltung einer in einem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflage durch mehrere gesetzwidrige Einzelhandlungen bei entsprechendem zeitlichem Zusammenhang und diesbezüglichem Gesamtkonzept des Täters; vgl. auch VwGH 23.5.2018, Ra 2017/05/0010) oder im Falle der Konsumtion.

24 Konsumtion zweier Deliktsbestände liegt vor, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, dass der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfasst wird, wie dies insbesondere im Falle der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. VwGH 16.9.1999, 99/07/0086, mwN).

25 Unstrittig wurde im gegenständlichen Fall dem Revisionswerber nicht zur Last gelegt, innerhalb eines entsprechenden zeitlichen Zusammenhangs mehrfach gegen eine Auflage (bzw. dieselben Auflagen) verstoßen zu haben. Vielmehr beinhaltet der Vorwurf, mehrere (überdies zu unterschiedlichen Rechts bzw. Fachbereichen vorgeschriebene) Bescheidauflagen verschiedenen Inhalts zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt nicht eingehalten zu haben. Weder bringt der Revisionswerber, der seine Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt hatte, konkret vor, dass die einzelnen Verstöße gegen diese Bescheidauflagen im Sinn der zitierten Rechtsprechung in einem derartigen Zusammenhang stünden, dass der Unwert eines Deliktes von der Strafdrohung gegen ein anderes Delikt miterfasst würde, noch, dass der Verstoß gegen eine Bescheidauflage zwingend die Nichteinhaltung einer anderen Auflage nach sich zöge. Entgegen dem Revisionszulässigkeitsvorbringen war daher nicht von „mehrfachen gleichartigen formellen Übertretungen“ auszugehen, sondern wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannte jede Übertretung gesondert zur Last zu legen (zur Verhängung jeweils von Geldstrafen für die Nichteinhaltung unterschiedlicher Bescheidauflagen vgl. etwa auch VwGH 22.3.2012, 2010/07/0143, 0145).

26 Das Verwaltungsgericht hat seine Beurteilung im Rahmen der Strafbemessung unter anderem auf spezial und generalpräventive Überlegungen gestützt sowie die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, den fehlenden Schadenseintritt, den Verschuldensgrad und fehlende Sorgepflichten des Revisionswerbers berücksichtigt.

27 Das Zulässigkeitsvorbringen betreffend die Frage der Vereinbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit dem Kumulationsprinzip vermag aus den genannten Erwägungen und mangels konkreter Ausführungen fallbezogen die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen.

28 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

29Von der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 26. Mai 2025