JudikaturVwGH

Ra 2025/06/0219 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
19. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des B A, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 22. Mai 2025, LVwG 318 10/2025 R13, betreffend Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Bartholomäberg; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2024, mit welchem gegenüber dem Revisionswerber die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 40 Abs. 1 lit. b Baugesetz (BauG.) durch vollständige Beseitigung eines näher bezeichneten Gebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück, binnen eines Jahres nach Rechtskraft dieses Bescheides verfügt worden war, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, das Baugrundstück des Revisionswerbers sei als „Freifläche Landwirtschaftsgebiet“ gewidmet. Auf diesem Grundstück hätte sich ein Maisäß Gebäude befunden, bei welchem von einem vermuteten Baukonsens auszugehen gewesen sei. Am 5. Dezember 2022 und am 17. März 2023 habe der Revisionswerber einen Antrag auf Sanierung dieses Gebäudes gestellt. Mit E Mail der belangten Behörde vom 17. März 2023 habe diese wie folgt festgehalten:

„... seitens der Gemeinde B [...] werden wir dir die vorliegenden Pläne baurechtlich genehmigen. Die Flächenzusammenstellungen der Wohn , Schlaf und Stallräume für die vorgesehene Sanierung sind schlüssig und zeigen auf, dass die Flächennutzung im Gebäude dem Ist Bestand entsprechen ...“

Mit E Mail vom 3. April 2023 habe der Revisionswerber unter anderem nachgefragt, bis wann er mit dem schriftlichen Bescheid zur Sanierung seines Maisäß Gebäudes rechnen könne. Darauf habe die belangte Behörde mit E Mail vom 20. April 2023 auszugsweise geantwortet:

„... Bezüglich der Sanierung des Maisäß Gebäudes werden wir Dir keinen Baubescheid zustellen, da die baulichen Maßnahmen das Objekt in seinem Bestand erhalten sollen...“

3 Bei einem Ortsaugenschein am 20. August 2024 habe die belangte Behörde festgestellt, dass das ursprüngliche Gebäude vollständig (alle Wände und das Dach) abgebrochen und durch einen Neubau (Ferienhaus) ersetzt worden sei. Der Grundriss des Neubaus sei gegenüber dem Bestandsgebäude neu organisiert worden. Unter anderem seien der Stall im Erdgeschoss des Bestandsgebäudes und die Heulege im Obergeschoss entfallen. Stattdessen sei das Objekt vollständig zu Wohnzwecken ausgebaut worden.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, für das neu errichtete Gebäude bestehe keine Baubewilligung. Somit lägen die Voraussetzungen für die Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes vor.

5 Die E Mail vom 17. März 2023 sei eine bloße Mitteilung, dass die Genehmigung des Bauvorhabens (zukünftig) beabsichtigt werde. Mangels eines tauglichen Spruches handele es sich hier nicht um einen Bescheid. Das Gleiche gelte für das Schreiben vom 20. April 2023. Darüber hinaus würden die E Mails mangels Unterschrift, Amtssignatur oder Beglaubigungsvermerk der Kanzlei und Bezeichnung der Behörde, welcher der Bescheid zuzurechnen sei, auch sonst die Mindestanforderungen an einen Bescheid nicht erfüllen.

6 Durch den vollständigen Abbruch des ursprünglichen Maisäß Gebäudes sei es zum Untergang des (vermuteten) Baukonsenses gekommen. Das völlige Ersetzen der Bausubstanz einer Anlage schließe die Annahme einer bloßen Instandsetzung derselben aus. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Wiederherstellungsauftrages sei kein Antrag auf Bewilligung der Errichtung eines neuen Gebäudes, sondern lediglich ein Antrag auf Sanierung vorgelegen.

7 Da das vom Revisionswerber neu errichtete Wohngebäude nicht für die landund forstwirtschaftliche Nutzung iSd § 18 Abs. 3 Raumplanungsgesetz (RPG) erforderlich sei, stehe dessen Errichtung im Widerspruch zur Flächenwidmung. Auch greife die Bestandsregelung nach § 58 Abs. 4 RPG nicht, weil diese nur auf Gebäude anwendbar sei, deren Errichtung nach Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes aufgrund der Widmung nicht mehr zulässig sei. Das abgebrochene ursprüngliche Maisäß Gebäude sei nicht im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan gestanden. Bei dem neu errichteten Gebäude handele es sich nicht um eine Wiedererrichtung des ursprünglichen Maisäß Gebäudes. Die Erteilung einer Baubewilligung sei daher aufgrund der Flächenwidmung unwahrscheinlich. Die Ermessensübung durch die Baubehörde, nicht nach § 40 Abs. 1 lit. a BauG. (Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen) vorzugehen, sei somit auf gesetzmäßige Weise erfolgt.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst vor, das Verwaltungsgericht weiche im angefochtenen Erkenntnis von der näher genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach bei einem mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstelltem Bescheid gemäß § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genüge, solange die Zurechnung des Bescheides zu einer bestimmten Behörde dadurch nicht gefährdet werde. Die Beisetzung eines eigenhändigen Handzeichens des die Erledigung genehmigenden Organwalters sei nicht vorgeschrieben. Sowohl dem E Mail vom 17. März 2023 als auch dem EMail vom 20. April 2023 käme daher Bescheidcharakter zu. Diese „Bescheide“ seien nie aufgehoben worden und somit formell rechtskräftig. Der vorliegende Abbruchbescheid verstoße daher gegen die in der Revision näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Eingriff in rechtskräftige Bescheide eine inhaltliche Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG begründe.

12Die Frage der Qualifikation eines Schreibens der Behörde stellt eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, der regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 2.6.2025, Ra 2025/06/0116, mwN).

13Voraussetzung für die Qualifikation eines Verwaltungsakts als Bescheid ist, dass es im Willen des Organs liegt, den Akt in Ausübung der hoheitlichen Gewalt zu setzen, und das Organ diesen Willen entsprechend zum Ausdruck bringt. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch normativ rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der Erledigung, also in dem Sinn auch aus deren Form ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge im Verfahren, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung und damit als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Mangelt es einer Erledigung an der für Bescheide vorgesehenen Form, so muss deutlich hervorgehen, dass die Behörde dennoch den objektiv erkennbaren Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. An eine nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen. Lässt der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. zum Ganzen VwGH 18.12.2023, Ra 2023/03/0091 bis 0092, mwN).

14 Das Verwaltungsgericht kam mit näherer Begründung zu dem Ergebnis, dass sowohl dem Schreiben der belangten Behörde vom 17. März 2023 als auch vom 20. April 2023 der normative Wille fehle und es sich dabei um die bloße Mitteilung einer Rechtsansicht handle. Darüber hinaus sei die bescheiderlassende Behörde nicht erkennbar und würden beide Schreiben weder eine Unterschrift, noch Amtssignatur und auch keinen Beglaubigungsvermerk der Kanzlei aufweisen.

15 Der Revisionswerber vermag vor dem Hintergrund der festgestellten Schreiben der belangten Behörde mit seinem Vorbringen, welches sich mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht auseinandersetzt, keine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und eine Unvertretbarkeit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung aufzuzeigen.

16 Darüber hinaus hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die tatsächliche Ausführung des neu errichteten Gebäudes nicht mit den mit dem Sanierungsantrag eingereichten Plan und Beschreibungsunterlagen übereinstimme. Daher wäre selbst bei einer bescheidmäßigen Bewilligung des Sanierungsantrags für den Revisionswerber nichts gewonnen. Der Revisionswerber tritt dieser Alternativbegründung in seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht entgegen weshalb das rechtliche Schicksal der Revision von der Beantwortung der aufgeworfenen Fragen zur Qualifikation der gegenständlichen EMails nicht abhängt. Auch aus diesem Grund zeigt er damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. zum Vorliegen einer tragfähigen Alternativbegründung VwGH 21.6.2023, Ra 2023/07/0073, mwN).

17Darüber hinaus wird im Zulässigkeitsvorbringen weitwendig ausgeführt, die Verfügung einer Wiederherstellung des vorherigen Zustandes wäre nur dann zulässig gewesen, wenn zuvor eine Aufforderung gemäß § 40 Abs. 1 lit. a BauG. an den Revisionswerber ergangen wäre, weil aufgrund der bisherigen raumordnungsrechtlichen Nutzung des Gebäudes auf Basis eines vermuteten Baukonsenses der Antrag auf Baubewilligung ohne Ferienwohnungsnutzung gemäß § 58 Abs. 4 RPG Aussicht auf Erfolg habe. In diesem Zusammenhang hätte sich das Verwaltungsgericht mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, insbesondere mit der Stellungnahme vom 18. September 2024 auseinandersetzten müssen, in welcher der Revisionswerber ausgeführt habe, dass er mit einer Nutzung des gegenständlichen Objektes abseits der Ferienwohnungsnutzung einverstanden sei und einen Hauptwohnsitz begründen wolle. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es sich um ein Ferienwohnhaus handle, sei willkürlich erfolgt. Die Erlassung eines Abbruchsbescheides sei daher unzulässig.

18Zunächst ist dazu festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 21.12.2023, Ra 2023/06/0220, mwN).

19Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 28.2.2024, Ra 2024/06/0019, Rn. 6, mwN).

20Den genannten Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht. Das behauptete Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses ist nicht im Sinn der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt und es wird auch nicht vorgebracht, welche konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Die Zulässigkeitsbegründung stellt der Sache nach überwiegend Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) dar und ist mit diesen Revisionsgründen derart vermengt, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt.

21 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. August 2025