Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der M GmbH in W, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. Februar 2023, Zl. LVwG 552424/7/BL/AHo, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrags nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin ist Inhaberin einer Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen und Asbestzement gemäß § 24a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002). Sie machte in einer Eingabe an die belangte Behörde vom 3. September 2021 eine neue verantwortliche Person im Sinne des § 26 Abs. 6 AWG 2002 namhaft, wobei sie im betreffenden Formular als Übernahmezeitpunkt der Funktion den 1. April 2020 angab. Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 2021 wurde u.a. diese Namhaftmachung zur Kenntnis genommen.
2 Mit Eingabe vom 2. Juni 2022 stellte die Revisionswerberin bei der belangten Behörde den Antrag auf Feststellung, dass der von ihr in der Eingabe vom 3. September 2021 genannte Mitarbeiter seit 1. April 2020 als verantwortliche Person im Sinne des § 26 Abs. 6 AWG 2002 für die Ausübung der Tätigkeit eines Abfallsammlers von nicht gefährlichen Abfällen und Asbestzement namhaft gemacht worden und diesem die Verantwortlichkeit nach § 9 VStG zugekommen sei.
3 Mit Bescheid vom 10. August 2022 wies die belangte Behörde diesen Antrag zurück (Spruchpunkt I.) und verpflichtete die Revisionswerberin zur Zahlung einer Eingabegebühr nach dem Gebührengesetz 1957 (Spruchpunkt II.).
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde insofern statt, als es Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides aufhob. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei.
5 Begründend führte es zu Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides zunächst aus, dass Sache des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Feststellungsanträge (und nicht deren Berechtigung) sei.
6 Es sei der belangten Behörde zuzustimmen, dass auf Grund ihres Bescheides vom 6. September 2021 bereits entschiedene Sache vorliege. Aus näher dargelegten Erwägungen ergebe sich nämlich, dass dieser Bescheid so auszulegen sei, dass die Behörde - trotz der in der Namhaftmachung mit 1. April 2020 angegebenen Übernahme der Funktion - diese erst mit Wirkung ab 3. September 2021 zur Kenntnis genommen habe und nicht für einen davor liegenden Zeitraum.
7 Darüber hinaus fehle es der Revisionswerberin auch an einem angesichts der fehlenden gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung erforderlichen Feststellungsinteresse. Dazu habe sie vorgebracht, dass ihr handelsrechtlicher Geschäftsführer bereits von der Verwaltungsstrafbehörde bestraft worden sei, weil er nicht rechtzeitig eine neue verantwortliche Person namhaft gemacht habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Strafverfahren wegen Übertretungen des AWG 2002 geführt würden. Ohne die begehrte Feststellung würde jedenfalls der handelsrechtliche Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden.
8 Mit diesem Vorbringen mache die Revisionswerberin aber nicht ihr eigenes Interesse, sondern allenfalls das persönliche Interesse des handelsrechtlichen Geschäftsführers geltend. Das auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bezogene Feststellungsbegehren berühre die Rechtssphäre der Revisionswerberin nicht, weil es für sie unbeschadet ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen gleichgültig sei, welche physische Person dafür als Beschuldigter in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren einzustehen habe (Hinweis auf VwGH 8.7.1994, 94/02/0079). Es liege somit kein ausreichendes Feststellungsinteresse der Revisionswerberin vor, was (ebenfalls) dazu führe, dass der Feststellungsantrag zurückzuweisen sei. Überdies sei eine die Verwaltungsstrafbehörden bindende Entscheidung über die Verantwortlichkeit bestimmter Personen im Sinne des § 9 VStG durch eine andere Behörde gesetzlich nicht vorgesehen (erneuter Hinweis auf VwGH 8.7.1994, 94/02/0079).
9 Schließlich stehe der Zulässigkeit des Feststellungsantrags entgegen, dass dieser nur einen subsidiären Rechtsbehelf darstelle. Die mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Frage sei aber bereits in einem anderen Verfahren (nämlich im erwähnten Verwaltungsstrafverfahren gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Revisionswerberin mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 24. Juni 2022) beantwortet worden.
10 Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides sei hingegen wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, weil es sich bei der vorgeschriebenen Eingabegebühr um eine Stempelgebühr handle, deren Einhebung der Abgabenbehörde obliege.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Annahme entschiedener Sache stelle eine Abweichung von (näher dargestellter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar und es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob die Namhaftmachung einer verantwortlichen Person nach § 26 Abs. 6 AWG 2002 auch rückwirkend erfolgen könne und ob im Fall des Ausscheidens einer zuvor namhaft gemachten Person die bloße Namhaftmachung der neuen verantwortlichen Person (ohne bescheidmäßige Kenntnisnahme) ausreiche.
14 Damit gelingt es der Revision nicht darzustellen, dass sie von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhinge:
15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in jenen Fällen, in denen die Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, „Sache“ eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Dem Verwaltungsgericht ist es demnach verwehrt, über diesen Rahmen hinaus mit einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (vgl. VwGH 9.3.2023, Ra 2020/07/0121, mwN).
16 Insofern hängt auch die Revision nicht von den in der Zulässigkeitsbegründung genannten (materiellen) Fragen zu den Wirkungen der rückwirkenden Namhaftmachung einer verantwortlichen Person nach § 26 Abs. 6 AWG 2002 ab, weil diese darauf abzielen, dass das Feststellungsbegehren inhaltlich berechtigt sei.
17 Auf die Sache des Beschwerdeverfahrens (Rechtmäßigkeit der Zurückweisung) bezieht sich daher allein jenes Zulässigkeitsvorbringen, wonach die Beurteilung des Vorliegens entschiedener Sache in Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt sei.
18 Das Verwaltungsgericht hat die Zurückweisung des Feststellungsantrags jedoch auf drei voneinander unabhängige, jeweils für sich tragende Gründe gestützt: auf das Vorliegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG, auf das Fehlen eines Feststellungsinteresses und auf die Möglichkeit der bindenden Entscheidung in einem anderen Verfahren (Subsidiarität des Feststellungsverfahrens).
19 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Revision unzulässig, wenn ein Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt wird (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/07/0004 bis 0008, mwN).
20 Die Revision zeigt insbesondere nicht auf, dass sie im Hinblick auf die Beurteilung des fehlenden Feststellungsinteresses von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhinge, also etwa das Verwaltungsgericht diesbezüglich von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, eine solche fehlen würde oder uneinheitlich sei.
21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. Juni 2023