JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0220 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Dipl. Ing. J O in I, vertreten durch Dr. Gernot Winkler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria Theresien Straße 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 9. Oktober 2023, LVwG 2019/31/2118 8, betreffend eine Übertretung der Tiroler Bauordnung 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. September 2019 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) zur Last gelegt, weil er es als Eigentümer und Bauberechtigter zu verantworten habe, dass die mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 7. Dezember 2012 bewilligte Gastronomieeinheit im Erdgeschoß eines näher genannten Anwesens bereits seit 18. Dezember 2016 (Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung) anderen zur Benützung überlassen worden sei, obwohl die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011 (Erstattung der mit den Unterlagen nach § 37 Abs. 1 dritter und vierter Satz TBO 2011 vollständig belegten Anzeige über die Bauvollendung) zumindest bis zum 22. Jänner 2018 nicht vorgelegen hätten. Unter einem wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.630, (Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

5 Mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 18. August 2020 wurde der vom Revisionswerber dagegen erhobenen Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 360, (Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden) herabgesetzt und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend abgeändert wurde, dass dem Revisionswerber eine Übertretung des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 zur Last gelegt werde, weil er es als Eigentümer zu verantworten habe, dass die betreffende Gastronomieeinheit zumindest im Zeitraum vom 18. Dezember 2016 bis 1. Oktober 2017 und vom 16. Jänner 2018 bis 22. Jänner 2018 benützt worden sei, ohne dass eine Bauvollendungsanzeige im Sinn des § 37 Abs. 1 TBO 2011 eingebracht worden sei; weiters wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens neu festgesetzt.

6 Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 2023, Ra 2020/06/0198, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil das Verwaltungsgericht die als erwiesen angenommene Tat der falschen Strafnorm unterstellt hatte.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. September 2019 insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 1.000, (Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden) herabgesetzt und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens neu festgesetzt wurde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

8 Der Revisionswerber bringt in seiner Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (Hinweis auf VwGH 27.3.1963, 1559/62, und VwGH 15.3.1971, 1649/70).

9 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes sei die Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG bereits eingetreten. Die Strafbarkeitsverjährung habe ab dem 22. Jänner 2018 zu laufen begonnen und es seien bis zum 24. August 2020 2 Jahre, 7 Monate und 2 Tage vergangen; ausgehend von dem in derselben Rechtssache ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 3.5.2023, Ra 2020/06/0198, und dem hier angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 9. Oktober 2023 sei ein weiterer Zeitraum von 5 Monaten und 6 Tagen verstrichen, sodass insgesamt ein Zeitraum von 3 Jahren und 8 Tagen vergangen sei.

10 Bezüglich der Nichteinrechnung der Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gelte, dass diese mit dem Tag des Einlangens „der Beschwerde“ beim Gerichtshof beginne und (spätestens) mit der Zustellung der Entscheidung ende, wobei für den neuerlichen Beginn des fortgesetzten Fristenlaufes der Tag der Zustellung der Entscheidung an die belangte Behörde maßgebend sei. Für den Revisionswerber sei nicht ersichtlich, ob das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH 3.5.2023, Ra 2020/06/0198, nicht bereits vor seiner Zustellung an den Revisionswerber am 17. Mai 2023 an die belangte Behörde übermittelt worden sei. Da zwischen dem Datum des Erkenntnisses und der Zustellung an den Revisionswerber 14 Tage vergangen seien, sei davon auszugehen, dass eine Zustellung an die belangte Behörde bereits vorher erfolgt und damit die Verjährungsfrist bereits abgelaufen sei.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.

11 Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 5.12.2022, Ra 2022/06/0213, mwN).

12 Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, in welcher lediglich auf zwei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wird, nicht gerecht, zumal der Revisionswerber nicht konkret darlegt, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht und das Verwaltungsgericht im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe.

13 Darüber hinaus beschäftigen sich die vom Revisionswerber zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes mit dem Beginn der Verjährungsfrist, welcher fallbezogen vom Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung gar nicht angezweifelt wird. Vielmehr versucht dieser den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung mit einer allenfalls von ihm lediglich vermuteten früher erfolgten Zustellung des Erkenntnisses VwGH 3.5.2023, Ra 2020/06/0198, an die belangte Behörde zu begründen. Tatsächlich ist die Zustellung dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an die belangte Behörde am 22. Mai 2020 bzw. an das Verwaltungsgericht am 17. Mai 2023 (vgl. VwGH 27.1.2022, Ra 2021/02/0198 und 0199, zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Ende der Fristenhemmung nach § 31 Abs. 2 Z 4 VStG) und demnach nicht vor dessen Zustellung an den Revisionswerber am 17. Mai 2023 erfolgt, sodass schon deshalb aus diesem Vorbringen nichts zu gewinnen ist.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2023

Rückverweise