JudikaturVwGH

Ra 2025/05/0089 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision von 1. Mag. S P, MSc, 2. K L, 3. T A, 4. A U und 5. I V, alle in S, alle vertreten durch die Metzler Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das am 2. Juli 2024 mündlich verkündete und am 25. Juli 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG 154164/11/WP 154168/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Schörfling am Attersee; mitbeteiligte Partei: NgesmbH in L; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit dem der mitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt worden war, als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision unzulässig sei.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht (soweit von Relevanz) aus, die revisionswerbenden Parteien seien Nachbarn im Sinn des § 31 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994. Die erhobenen Einwendungen hätten sich jedoch als unbegründet erwiesen, weil die maßgeblichen Vorgaben des Bebauungsplans (Höhe, Abstand, Anzahl der Geschoße, Geschoßflächenzahl) eingehalten würden. Die maximal zulässige Geschoßflächenzahl (GFZ) sei im einschlägigen Bebauungsplan mit 0,6 festgelegt. Die GFZ betrage im vorliegenden Projekt bei einer Bruttogeschoßfläche von 1908 m² und einer relevanten Grundstücksfläche (laut Bebauungsplan) von 3194,40 m² 0,597. Dies ergebe sich aus Baubewilligungsantrag, Baubeschreibung, Einreichplan, Befund der bautechnischen Amtssachverständigen und GFZ Nachweis im Einreichplan. Mangels Widerspruch des Bauvorhabens zum Bebauungsplan hätten sich die Einwendungen der revisionswerbenden Parteien als unbegründet erwiesen.

3 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 25. Februar 2025, E 3425/2024 13, lehnte dieser die Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4Daraufhin brachten die revisionswerbenden Parteien die vorliegende außerordentliche Revision ein. Zur Zulässigkeit wird darin zusammengefasst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob ein Bebauungsplan zur Anwendung gelangen könne, der entgegen der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 11. Dezember 1995 (Planzeichenverordnung für Bebauungspläne) vom Bürgermeister nicht unterschrieben worden sei, sondern „lediglich ein unleserliches Handzeichen“ aufweise. Dadurch, dass bei der Berechnung der GFZ die Summe der Grundflächen der Grundstücke herangezogen und nicht „auf den Bauplatz“ abgestellt worden sei, sei zudem von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinn der Entscheidung vom 17. April 2020, Ra 2019/05/0037, abgewichen worden bzw. liege keine Rechtsprechung vor, unter welchen Umständen ein Bebauungsplan entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 32 Abs. 6 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) so interpretiert werden könne, dass Grundstücke zusammengefasst werden könnten, ohne auf einen einheitlichen Bauplatz Bezug zu nehmen. Schließlich habe sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit der von den revisionswerbenden Parteien eingewendeten Störung des Ortsbildes auseinandergesetzt.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Voranzustellen ist, dass die revisionswerbenden Parteien einen Widerspruch des Projekts zum maßgeblichen Bebauungsplan nicht vorbringen.

9 Soweit in der Revision verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erlassung des Bebauungsplans geäußert werden, ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen das angefochtene Erkenntnis mit dem oben erwähnten Beschluss vom 25. Februar 2025 abgelehnt hat. Darin hat der Verfassungsgerichtshof u.a. festgehalten, das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien lasse die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe; aus den vorgelegten Verordnungsakten ergebe sich insbesondere, dass der Bebauungsplan nach ausreichender Grundlagenforschung und Interessenabwägung, insbesondere auch nach Anhörung der betroffenen Grundeigentümer, erlassen worden sei.

10 Zum in der Revision kritisierten Abstellen auf die im Bebauungsplan als Bezugsfläche angeführte Fläche der Grundstücke und nicht auf die im Grundbuch genannte Flächezur Berechnung der GFZ durch das Verwaltungsgericht ist zunächst festzuhalten: Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, in dem das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt und eine allfällige durch dieses bewirkte Beeinträchtigung der Nachbarrechte nur anhand des in den Einreichplänen dargestellten Projektes zu beurteilen ist (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0196, Rn. 10, mwN; vgl. auch VwGH 28.2.2017, Ro 2014/06/0004, Rn. 20, zur Frage der Übereinstimmung mit einem Teilbebauungsplan). Soweit die revisionswerbenden Parteien einerseits die Relevanz der sich aus dem Grundbuch ergebenden geringfügigen Abweichung der Grundstücksflächen vom Bebauungsplan geltend machen und andererseits das mangelnde Abstellen „auf den Bauplatz“ kritisieren, zeigen sie kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf: Die GFZ kann als Ausdruck des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan festgelegt werden, wobei gemäß § 32 Abs. 6 Oö. ROG 1994 auch die Art der Berechnung darzustellen ist (vgl. VwGH 28.8.2020, Ra 2020/05/0032, Rn. 21, dort zu einem Sachverhalt ohne Erlassung eines Bebauungsplans). Weshalb das Verwaltungsgericht bei Vorliegen eines Bebauungsplans nicht die darin angeführte Bezugsfläche die der im Einreichplan ausgewiesenen Grundstücksfläche entsprichtzur Ermittlung der GFZ hätte heranziehen dürfen, zeigt die Revision nicht auf. Im Hinblick auf das Vorbringen zur fehlenden Bezugnahme auf einen Bauplatz reicht der Hinweis auf § 3 Abs. 3 Oö. BauO 1994 zu den Voraussetzungen der Bauplatzeigenschaft bei Grundstücken, deren Grenzen sich zur Gänze mit den in einem rechtswirksamen Bebauungsplan festgelegten Bauplatzgrenzen decken. Das angefochtene Erkenntnis widerspricht auch nicht der von der Revision angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 2020, Ra 2019/05/0037: Diese hat das Verhältnis zwischen örtlichem Entwicklungskonzept, Flächenwidmungsteil des Flächenwidmungsplans und Bebauungsplan in Zusammenhang mit § 32 Abs. 6 Oö. ROG 1994 zum Inhalt und ist insofern nicht einschlägig.

11 Zum Vorbringen, das Bauvorhaben bewirke eine Beeinträchtigung des Orts und Landschaftsbildes, ist darauf hinzuweisen, dass nach der hg. Judikatur den Nachbarn diesbezüglich keine subjektiv öffentlichen Rechte erwachsen (vgl. zur Oö. BauO 1994 bereits VwGH 26.4.2000, 99/05/0261, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juni 2025