JudikaturVwGH

Ra 2025/05/0003 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
20. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, über die Revision der G GmbH Co KG in W, vertreten durch die Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. Juni 2024, VGW 111/072/5225/2024/E 2, betreffend Ersatzleistung gemäß § 50 der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang einer von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde gegen die Höhe der mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. November 2021 festgesetzten Ersatzleistung für Grundabtretungen zu Verkehrsflächen gemäß § 50 Bauordnung für Wien BO für Wien keine Folge.

2 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 17. September 2024, E 2854/2024 7, abgelehnt und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 21. Oktober 2024, E 2854/2024 9, gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

3 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision erhoben, in welcher unter der Überschrift „3. Revisionspunkt“ ausgeführt wird, die revisionswerbende Partei erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis im „gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf eine mündliche Verhandlung“, somit „im Ergebnis in ihrem subjektiven Recht auf ein faires Verfahren“ verletzt.

4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. für viele etwa VwGH 18.12.2023, Ra 2023/05/0277, mwN).

6 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. z.B. nochmals VwGH 18.12.2023, Ra 2023/05/0277, mwN).

7 Bei der von der revisionswerbenden Partei geltend gemachten Rechtsverletzung (Verletzung des Rechts auf mündliche Verhandlung) handelt es sich um die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die als solche keinen Revisionspunkt darstellt, sondern zu den Revisionsgründen zählt. Solche können nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0295; 27.11.2020, Ra 2020/01/0312, jeweils mwN).

8 Soweit die revisionswerbende Partei als Revisionspunkt vor dem Verwaltungsgerichtshof auch angibt, in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein, übersieht sie, dass der Verwaltungsgerichtshof zur diesbezüglichen Prüfung, da es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht (Art. 6 EMRK) handelt, nicht berufen ist (VwGH 1.2.2024, Ra 2024/10/0001, mwN).

9 Da somit eine Verletzung der revisionswerbenden Partei in den von ihr als Revisionspunkte ausdrücklich bezeichneten Rechten durch das angefochtene Erkenntnis nicht möglich ist, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

10 Im Übrigen lässt das nunmehrige, nicht näher konkretisierte Vorbringen der revisionswerbenden Partei, eine mündliche Verhandlung hätte „zu einem diametral gegenteiligen Ergebnis führen können“ offen, welche konkreten in Anbetracht der im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 2024 dargestellten Rechtsansicht im Zusammenhalt mit dem Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin Aspekte im fortgesetzten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einer Erörterung in einer (neuerlichen) mündlichen Verhandlung bedurft hätten. Schon aus diesem Grund zeigt die Revision in der vorliegenden Konstellation keine Abweichung von der hg. Judikatur zur Verhandlungspflicht auf (vgl. VwGH 9.9.2024, Ra 2024/11/0129, mwN).

Wien, am 20. März 2025