JudikaturVwGH

Ra 2023/05/0277 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Sachenrecht
18. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, in der Revisionssache des M K in P, vertreten durch die Wess Kux Kispert Eckert Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. Mai 2023, LVwG AV 1117/002 2022, betreffend Anordnung einer Ersatzvornahme und Vorauszahlung der Kosten nach dem VVG in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 15. Juli 2022, mit welchem ihm gemäß § 4 VVG die Ersatzvornahme eines näher bezeichneten baupolizeilichen Auftrages angeordnet sowie die Vorauszahlung der Kosten in näher bezeichneter Höhe für deren Durchführung vorgeschrieben worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer näher genannten, hier nicht relevanten Maßgabe als unbegründet abgewiesen (1.) und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (2.).

2 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. September 2023, E 2091/2023 8, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

3 Nunmehr richtet sich gegen dieses Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher unter der Überschrift „3. Revisionspunkte“ ausgeführt wird, der Revisionswerber erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis in seinem subjektiven Recht auf „1. ein faires Verfahren und sachgerechte Entscheidungsfindung verletzt, weil dieses die angeordnete Ersatzvornahme bestätigt, obwohl zu keinem Zeitpunkt eine vollumfängliche Bestandsaufnahme stattgefunden hat und dem Revisionswerber sein rechtliches Gehör entzogen wurde.“ Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Begründung des näher bezeichneten Bescheides der Marktgemeine P., auf dem das angefochtene Erkenntnis fuße, „im eindeutigen Widerspruch zum bisherigen Akteninhalt des Bauaktes der gegenständlichen Liegenschaft“, nämlich insbesondere zu näher bezeichneten Aktenbestandteilen, stehe. Der Revisionswerber sei 2. in seinem subjektiven Recht „auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß 5 StGG; Art 1 1.ZPEMRK“ und auf „Achtung des Privat und Familienlebens gemäß Art 8 ERMK“ verletzt.

4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. für viele etwa VwGH 20.8.2020, Ra 2020/05/0142, oder auch 30.3.2020, Ra 2018/05/0200, jeweils mwN).

6 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. z.B. nochmals die erwähnten Beschlüsse vom 20.8.2020 und vom 30.3.2020).

7 Aus dem in der vorliegenden Revision unter „3. Revisionspunkte“ unter Punkt 1. erstatteten Vorbringen geht nicht hervor, in welchem konkreten subjektiv öffentlichen Recht sich der Revisionswerber verletzt erachtet. Bei den geltend gemachten Verfahrensfehlern handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um einen Revisionsgrund, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden kann (vgl. etwa VwGH 31.1.2023, Ra 2023/06/0008, mwN).

8 Bei den im Abschnitt „3. Revisionspunkte“ weiters genannten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG und Art. 1 1. ZPEMRK und auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK handelt es sich um verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, deren behauptete Verletzung gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG die Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bildet und deren Verletzung zu prüfen der Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 5 B VG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2022/05/0126, und 20.9.2021, Ra 2021/14/0268, jeweils mwN).

9 Die Behandlung der gegen das angefochtene Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit dem oben erwähnten Beschluss vom 19. September 2023 abgelehnt.

10 Die Revision erweist sich damit schon mangels Darlegung eines tauglichen Revisionspunktes als unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 18. Dezember 2023

Rückverweise