JudikaturVwGH

Ra 2025/05/0124 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Immobilienrecht
25. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des Ing. T S, vertreten durch Mag. Andrea Zapotoczky, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. Mai 2025, LVwG AV 555/001 2025, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Pressbaum; mitbeteiligte Parteien: 1. E K, 2. DI H K, 3. Mag. E S, 4. Mag. I D, 5. Dr. C M, 6. Mag. Dr. J T und 7. w GmbH; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Abweisung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde P vom 18. November 2024, mit dem den erst bis drittmitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Stützmauer auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG P erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

2 Das Verwaltungsgericht legte seinen Erwägungen soweit für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlich zugrunde, dass dem Ansuchen der erst bis drittmitbeteiligten Parteien zur Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Stützmauer auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG P Zustimmungserklärungen von 2.326 von 2.788 Miteigentumsanteilen beigelegt worden seien und der Revisionswerber Miteigentümer von 462 der 2.788 Teile der Liegenschaft sei. § 18 Abs. 1 Z 1 lit. b NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) fordere bei Miteigentum nur mehr die Zustimmung der Mehrheit der Anteile, eine Sonderregelung betreffend Wohnungseigentum sehe das Gesetz nicht vor. Die mitbeteiligten Parteien verfügten über die notwendige Zustimmung, nur der Revisionswerber habe nicht zugestimmt. Weil eine gesonderte Beschlussfassung iSd Wohnungseigentumsgesetzes 2002 nicht vorgesehen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass die zwingenden Vorschriften zur Meinungsbildung nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002) unberücksichtigt geblieben seien und eine alle Wohnungseigentümer betreffende Entscheidung auf Basis eines niederösterreichischen Landesgesetzes beziehungsweise einer Stellungnahme des forstrechtlichen Diensts für Wildbach und Lawinenverbauung erlassen worden sei, mit „offensichtlich wesentlich weniger strenge[n] Anforderungen an die Meinungsbildung der Antragsteller“. Eine sachliche Notwendigkeit und Rechtfertigung zur Durchführung dieses baulichen Eingriffs sei zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden und daher nicht gegeben. Es bestehe keine Veranlassung, sich über die gesetzlich vorgesehenen Willensbildungsvorschriften einer Wohnungseigentümergemeinschaft hinwegzusetzen. Die Bestimmungen des WEG 2002 seien in einem Bundesgesetz geregelt, der Bewilligung des Bauvorhabens liege mit dem NÖ Raumordnungsgesetz ein Landesgesetz zugrunde. Die Stellungnahme des forsttechnischen Diensts für Wildbach und Lawinenverbauung des Bundesministeriums für Land und Forstwirtschaft stelle keine gesetzliche Grundlage dar. Dennoch käme diesen gesetzlichen Richtlinien und gutachterlichen Stellungnahmen scheinbar mehr inhaltliche Bedeutung zu als den Bestimmungen eines Bundesgesetzes, des WEG 2002. Durch dieses Vorgehen sei es möglich, die strengeren Voraussetzungen zur Willensbildung des WEG 2002 zu unterlaufen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In diesen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 29.4.2025, Ra 2023/05/0278, Rn. 12, mwN). Schon diesen Anforderungen wird die Begründung der Zulässigkeit nicht gerecht.

9 Im Übrigen hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mit der Auslegung des § 18 Abs. 1 Z 1 lit. b NÖ Bauordnung 2014 auseinandergesetzt (vgl. VwGH 13.11.2019, Ro 2017/05/0014, Rn. 23 bis 25, mwN). Es wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

11 Bei diesem Ergebnis brauchte nicht näher darauf eingegangen zu werden, dass in der Revision auch kein tauglicher Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend gemacht wird (vgl. für viele etwa VwGH 20.3.2025, Ra 2025/05/0003, Rn. 8, mwN).

Wien, am 25. August 2025