JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0153 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des K, vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Kapfenberg, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 21. Jänner 2025, LVwG 30.28 3640/202356, betreffend Übertretungen des TSchG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck Mürzzuschlag; mitbeteiligte Partei: Tierschutzombudsperson des Landes Steiermark Mag. Dr. Karoline Schlögl in Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde dem Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Neufassung des Spruches des Straferkenntnisses angelastet, am Tatort zur Tatzeit zwölf näher bezeichneten Hunden in einem schweren Fall von Tierquälerei ungerechtfertigt Leiden und Schäden zugefügt zu haben, indem er die Ernährung und Betreuung dieser von ihm gehaltenen Tiere in einer Weise vernachlässigt bzw. gestaltet habe, dass damit für alle Tiere Leiden durch Hungern und Schäden verbunden gewesen seien (Schäden durch stark rückentwickelte atrophierte Muskulatur nach langanhaltender Mangelernährung, beim Hund Emil zusätzlich Schäden durch unbehandelte, beim Fressen blutende Wucherungen im Oberkiefer). Er habe dadurch § 5 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 2 Z 13 TSchG verletzt, weshalb über ihn eine (herabgesetzte) Geld- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 TSchG als schwerer Fall der Tierquälerei verhängt wurden. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens wurde reduziert und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

2 Nach Darstellung des Verfahrensganges stellte das Verwaltungsgericht fest, der Revisionswerber habe zwölf näher bezeichnete Hunde gehalten. Alle Tiere hätten, wie in der von den beigezogenen veterinärfachlichen Amtssachverständigen in den Verhandlungen des Verwaltungsgerichtes ausgeführt worden sei, zu diesem Zeitpunkt eine stark rückentwickelte (atrophierte) Muskulatur aufgewiesen, der Hund mit dem Namen Emil zusätzlich beim Fressen blutende, unbehandelte Zubildungen im Oberkiefer.

3 Das Verwaltungsgericht erläuterte seine Beweiswürdigung, in der es sich insbesondere auch mit einem im gerichtlichen Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten sowie der Zeugenaussage der Lebensgefährtin des Revisionswerbers, einer Tierärztin, auseinandersetzte.

4 In seinen rechtlichen Erwägungen befasste sich das Verwaltungsgericht mit dem vom Revisionswerber vorgebrachten Einwand, einer der beigezogenen Amtssachverständigen sei befangen; das Verwaltungsgericht führte unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit sei, könnten seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen; allein die Einbringung einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die Person des Amtssachverständigen stelle keinen Befangenheitsgrund dar. Der Amtssachverständige könne sich im Übrigen nicht dadurch seiner Verpflichtung, ein Gutachten zu erstatten, entziehen, indem er sich für „befangen“ erkläre, ohne plausible Gründe für eine Befangenheit aufzuzeigen. Vom Amtssachverständigen werde behauptet, dass ein sachlicher und konstruktiver Umgang mit dem Revisionswerber aufgrund seiner „emotionell derart aufgewühlten Gemütslage und derart hohe Abwehr- und Verteidigungsbereitschaft“, dass Konflikte vorprogrammiert seien, nicht möglich sei und eine konstruktive Zusammenarbeit im Sinne des Tierschutzes unmöglich sei. Die Gründe dafür, dass der Amtssachverständige nicht im Verfahren mitwirken wolle, lägen dabei aber in der beschriebenen Persönlichkeit des Revisionswerbers, die sich auch in der Beschwerdeverhandlung gezeigt habe, als der Revisionswerber grundlos aber sichtlich aufgebracht den Verhandlungssaal verlassen habe, und nicht in der Sphäre des beigezogenen Amtssachverständigen. Ein Grund, der gegen eine unbefangene Gutachtenserstattung spreche, könne darin nicht erkannt werden.

5Zur Verwirklichung des angelasteten Straftatbestandes führte das Verwaltungsgericht aus, einem Tier könnten (auch) durch die Unterlassung von Betreuungsmaßnahmen ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Z 13 TSchG verstoße aber nur der Tierhalter iSd § 4 Z 1 TSchG gegen § 5 Abs. 1 leg. cit., wenn er die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines „von ihm gehaltenen“ Tieres vernachlässige. Die Handlungspflicht ergebe sich aus der Stellung des Tierhalters als Garanten. Der „Erfolg“ der Tierquälerei werde nach dem Verfahrensergebnis durch mittel bis hochgradige Muskelzurückbildung aufgrund von Mangelernährung bei allen zwölf Hunden und bei einem Hund durch die fehlende Behandlung einer zu Blutungen führenden Wucherung im Oberkiefer nachgewiesen, die durch Unterlassen, nämlich das Unterlassen der ausreichenden Fütterung und die unterlassene tierärztliche Behandlung, wozu der Revisionswerber als Tierhalter wegen seiner Garantenstellung verpflichtet gewesen wäre, verwirklicht worden sei. Dadurch seien allen Tieren Leiden durch Hungern lassen und Schäden durch daraus folgende Muskelzurückbildung, bei den vier älteren Tieren sei dadurch der altersbedingte Muskelabbau verstärkt, bei einem Hund durch Wucherungen am Maul, zugefügt worden.

6 Der Revisionswerber habe schuldhaft gehandelt. Zuletzt begründete das Verwaltungsgericht die Strafbemessung.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Diese erweist sich als unzulässig:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revisionswerber stützt sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision darauf, dass nach dargestellter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Befangenheit des Amtssachverständigen ein Verfahrensmangel vorliege, weil im konkreten Fall von einer vertretbaren Beurteilung der Befangenheit keine Rede sein könne. Das Verwaltungsgericht habe mit der Erstattung des Gutachtens den Amtstierarzt Dr. T. betraut, der sich zum Zustand der betroffenen Hunde vorab schon eine Meinung gebildet habe, ohne sie je gesehen, geschweige denn untersucht zu haben. Ein von ihm erstelltes „Gutachten“ habe die Grundlage für die Abnahme der Hunde gebildet, die vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt worden sei. Bei der Untersuchung, die der Abnahme der Hunde nachgefolgt sei und bei der die Hunde erstmals persönlich in Augenschein genommen worden seien, sei er wenig überraschend zu Ergebnissen gelangt, die seine zuvor gefasste Meinung bestätigt hätten.

12 Die vorliegende Konstellation bilde nachgerade ein „Schulbeispiel“ für einen Sachverständigen, bei dem der Anschein der Befangenheit bestehe. Ihn mit der Erstattung eines Gutachtens zu betrauen, sei außerhalb des Rahmens des Vertretbaren gelegen, denn es habe eindeutige Hinweise gegeben, dass ein Amtsträger bereits vorab seine Meinung gefasst habe und diese zu ändern nicht bereit gewesen sei. Dieser Mangel sei auch durch die Beiziehung von Dr. V. als weiteren Sachverständigen nicht kompensiert worden, weil dieser in die rechtswidrige Abnahme der Hunde ebenfalls involviert gewesen sei.

13Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen VwGH 23.12.2024, Ra 2024/02/0241, mwN).

14Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht der revisionswerbenden Partei die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich bereits aus der gesonderten Darstellung in der Zulässigkeitsbegründung ergeben (vgl. etwa VwGH 25.2.2025, Ra 2025/02/0023, mwN).

15Es bestehen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Heranziehung von Amtssachverständigen in einem verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren, und zwar auch dann nicht, wenn ein Bediensteter der belangten Behörde, der bereits im Verfahren vor der Behörde als Sachverständiger tätig geworden ist, auch vom Verwaltungsgericht in derselben Sache als Sachverständiger beigezogen wird (vgl. etwa VwGH 15.11.2023, Ra 2022/02/0169, mwN; vgl. auch z.B. VwGH 2.7.2018, Ra 2017/12/0132; 25.4.2018, Ra 2018/09/0027); ein allfälliger Befangenheitsvorwurf gegenüber einem Amtssachverständigen ist im Einzelfall jeweils gesondert zu prüfen.

16In der Folge stellt die Frage, ob ein Sachverständiger in einem bestimmten Verfahren als befangen anzusehen ist, keine grundsätzliche, sondern eine einzelfallbezogene Rechtsfrage dar, welche die Zulässigkeit einer Revision jedenfalls dann nicht zu begründen vermag, wenn das Verwaltungsgericht diese Frage vertretbar gelöst hat (vgl. etwa VwGH 20.9.2023, Ra 2023/07/0124, mwN).

17 Das Verwaltungsgericht ist dem Vorwurf der Befangenheit mit näherer Begründung nicht gefolgt. Dass diese Beurteilung in unvertretbarer Weise erfolgt wäre, wird in der Revision, die keine konkreten Umstände darlegt, welche die Objektivität des Sachverständigen bezogen auf die angelasteten Tatvorwürfe in Zweifel ziehen würden, nicht aufgezeigt. Die Tatsache allein, dass einer der Amtssachverständigen bereits zuvor für die belangte Behörde in dieser Angelegenheit als Amtssachverständiger tätig geworden ist, vermag die Objektivität wie bereits dargestellt nicht zu erschüttern. Im Übrigen wurde vom Verwaltungsgericht auch ein weiterer Sachverständiger beigezogen, der die Hunde nach der Abnahme erstmals untersucht hat und der hinsichtlich des Ernährungszustandes der Hunde zu denselben Ergebnissen wie der Amtssachverständige gelangt ist.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 18. September 2025