JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0417 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
18. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des T A (auch T A), vertreten durch Mag. Hubert Wagner, LL.M., Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2024, W156 22896191/8E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 14. September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, im Jahr 2018 sei „das Regime in seinem Heimatgebiet einmarschiert“. Er könne nicht zurück, da er seinen Militärdienst nicht geleistet habe und nicht am Krieg teilnehmen wolle.

2 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht soweit für die vorliegende Revision von Bedeutung aus, dass der Revisionswerber den Grundwehrdienst für das syrische Militär bislang nicht abgeleistet habe und aufgrund seines Alters sowie seines Gesundheitszustandes davon auszugehen sei, dass er wehrpflichtig sei. Insgesamt weise der Revisionswerber keine politische Überzeugung gegen das Regime oder die Ableistung des Wehrdienstes an sich auf. Ihm drohe im Fall einer Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Verfolgung aufgrund einer ihm seitens des syrischen Regimes unterstellten oppositionellen Gesinnung im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Revision wird zur Begründung der Zulässigkeit vorgebracht, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sei „mehrfach willkürlich“. Das Bundesverwaltungsgericht gehe davon aus, dass den Länderinformationen nicht zu entnehmen sei, dass dem Revisionswerber eine Inhaftierung oder sonstige Repression allein deshalb drohen würde, weil er den Wehrdienst nicht abgeleistet habe. Dies stehe im Widerspruch zu den Länderfeststellungen des angefochtenen Erkenntnisses. Des Weiteren unterstelle das Bundesverwaltungsgericht, dass den Revisionswerber eine Pflicht treffe, eine Verfolgungshandlung abzuwarten, um seine wohlbegründete Furcht zu rechtfertigen und weiche dadurch von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

10Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 18.1.2024, Ra 2023/19/0270, mwN).

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen wie etwa der Anwendung von Folterjede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH 31.10.2023, Ro 2023/19/0002, mwN).

12Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. VwGH 24.4.2024, Ra 2024/19/0144, mwN).

13 Im vorliegenden Fall zeigt die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber in Bezug auf die ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im verwaltungsbehördlichen Verfahren oder im Beschwerdeverfahren ein Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinne erkennen lässt. Den Ausführungen des Revisionswerbers zur Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit der vorgebrachten Verfolgungshandlung ist aus diesem Grund der Boden entzogen.

14 Im Übrigen rügt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung pauschal Ermittlungsmängel, eine fehlende Auseinandersetzung mit den vorgelegten Beweismitteln und verweist auf allgemeine politische Berichte.

15 Wird wie auch in diesem Zusammenhangeine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Eine Zulassungsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. etwa VwGH 24.4.2024, Ra 2024/19/0112, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird mit diesem Vorbringen, das keinen Fallbezug aufweist, insgesamt nicht aufgezeigt.

16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 18. Dezember 2024