Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des Z A in T, vertreten durch Rast Musliu Rechtsanwälte, 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Dezember 2024, W123 22831231/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Äthiopiens, stellte am 22. Dezember 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Er begründete ihn im Wesentlichen damit, vom äthiopischen Militär desertiert zu sein. Für den Fall seiner Rückkehr nach Äthiopien befürchte er die Todesstrafe.
2Mit Bescheid vom 15. November 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Äthiopien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte es mit 14 Tagen fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7Soweit sich der Revisionswerber unter diesem Gesichtspunkt gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, wonach sein Fluchtvorbringen, vom äthiopischen Militär desertiert zu sein, weshalb ihm aktuell Verfolgung drohe, nicht glaubhaft sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 16.1.2025, Ra 2024/14/0691, mwN).
8 Das BVwG setzte sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte, mit dessen Fluchtvorbringen auseinander und erachtete dieses aufgrund von im Erkenntnis näher dargestellten widersprüchlichen, unplausiblen sowie gesteigerten Angaben als nicht glaubhaft. Dass diese Beurteilung mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.
9 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters geltend, dem BVwG wäre im Zusammenhang mit der behaupteten Desertion vom äthiopischen Militär eine „Vor Ort Recherche“ durch einen Vertrauensanwalt oder durch eine schriftliche Anfrage beim äthiopischen Militär sowohl möglich als auch zumutbar gewesen. Damit rügt er erkennbar eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht.
10Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Ermittlungspflicht von Amts wegen weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre. Ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens des Asylwerbers durch Recherche im Herkunftsstaat besteht nicht (vgl. VwGH 6.11.2024, Ra 2023/14/0278, mwN).
11Dass dem BVwG, welches den Revisionswerber im Rahmen der Verhandlung eingehend zu seinem Fluchtvorbringen befragte, bei dieser Beurteilung ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre und ihm unter Berücksichtigung der vorliegenden Beweisergebnisse weitere amtswegige Ermittlungen „erforderlich“ im Sinne des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 erscheinen hätten müssen, vermag die Revision mit ihrem bloß pauschalen Vorbringen dazu nicht aufzuzeigen. Insbesondere verkennt die Revision, dass es den ermittelnden Asylbehörden in Österreich grundsätzlich verwehrt ist, dem (behaupteten) Verfolger im Herkunftsstaat personenbezogene Daten des Asylwerbers bekanntzugeben, um sein Fluchtvorbringen zu verifizieren (vgl. dazu § 33 Abs. 4 BFA VG).
12 Der Revisionswerber wendet sich überdies gegen die vom BVwG im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFAVG iVm Art. 8 EMRK vorgenommene Interessenabwägung. Er sei bereits über zwei Jahre in Österreich aufhältig, sehr gut integriert, verfüge über Deutschkenntnisse auf Niveau A2, sei kranken- und unfallversichert, strafrechtlich unbescholten und „verfüge über eine Verlobte im Bundesgebiet“.
13Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurdenicht revisibel (vgl. VwGH 18.9.2024, Ra 2024/18/0233, mwN).
14 Das BVwG setzte sich im Zuge der Interessenabwägung mit den maßgeblichen Aspekten auch jenen, welche für einen Verbleib des Revisionswerbers in Österreich sprechen auseinander. Es ließ ausgehend von einer Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers in Österreich von etwa zwei Jahren sämtliche weitere relevante Umstände wie u.a. das Nichtvorhandensein eines Familienlebens in Österreich, das Ausmaß seiner Deutschkenntnisse, seine strafrechtliche Unbescholtenheit sowie das Fehlen integrationsbekundender Aktivitäten in die Interessenabwägung einfließen. Dass sich das BVwG bei dieser Abwägung insgesamt von den Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entfernt hätte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
15Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang erstmals in der Revision behauptet über eine Verlobte in Österreich zu verfügen sowie kranken- und unfallversichert zu sein, verstößt sein Vorbringen gegen das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof und ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun (vgl. etwa VwGH 20.11.2024, Ra 2024/18/0520, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. April 2025