JudikaturVwGH

Ra 2025/22/0012 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und die Hofräte Mag. Berger und Mag. Marzi als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Eraslan, über die Revision der S M, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 89a/34, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 3. Dezember 2024, 1. VGW 151/019/4374/2024 und 2. VGW 151/019/14252/2024, betreffend Wiederaufnahme i.A. Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 24. September 2024 nahm die belangte Behörde (der Landeshauptmann von Wien) zwei Verfahren, die aufgrund eines Erstantrages der Revisionswerberin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 5. Oktober 2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ (§ 47 Abs. 2 NAG) sowie aufgrund deren Verlängerungsantrages vom 1. Februar 2022 rechtskräftig positiv abgeschlossen worden waren, gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf. Unter einem wies die belangte Behörde die betreffenden Anträge sowie einen dritten, noch nicht bescheidmäßig erledigten Antrag der Revisionswerberin vom 9. März 2023 auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe gemäß § 30 Abs. 1 NAG bzw. wegen Fehlens eines gültigen Aufenthaltstitels gemäß § 24 NAG ab.

2 Soweit im Revisionsfall von Relevanz wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin mit im Revisionsfall ebenfalls nicht maßgeblichen Modifikationen des behördlichen Spruchs ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3 Wie bereits die belangte Behörde legte auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass es sich bei der zwischen der Revisionswerberin und einem österreichischen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe, auf die sie sich bei Beantragung der in Rede stehenden Aufenthaltstitel berufen habe, um eine Aufenthaltsehe handle.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung einer Aufenthaltsehe die Absicht des Fremden entscheidend, wie der angestrebte Aufenthaltstitel bzw. die angestrebte Aufenthaltskarte zu nutzen ist, d.h. ob der Fremde die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK beabsichtigt. § 30 Abs. 1 NAG stellt auf das Nichtführen eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ab und nicht auf den „ausschließlichen“ Zweck der Erlangung einer fremdenrechtlichen Berechtigung (siehe zum Ganzen VwGH 5.3.2025, Ra 2025/22/0008, mwN).

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden (vgl. VwGH 25.7.2024, Ra 2024/22/0089, mwN).

10 Eine derartige Unvertretbarkeit der im angefochtenen Erkenntnis vorgenommenen Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Das Verwaltungsgericht stützte seine ausführlichen beweiswürdigenden Erwägungen, die (u.a.) auf dem im Zuge von zwei Verhandlungsterminen gewonnenen persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin und deren Ex Ehemann sowie die Angaben der Ex Ehegatten vor der Landespolizeidirektion Wien beruhen, auf eine Vielzahl von Aspekten. Selbst wenn einzelne Passagen der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung nicht in jeder Hinsicht restlos überzeugend sein mögen, gelingt es der Revision insgesamt nicht, darzulegen, dass aufgrund der von ihr geltend gemachten Gesichtspunkte die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung als unvertretbar bzw. unschlüssig zu beurteilen wäre.

11 Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang erstmals in der Revision behauptet, der Ehegatte leide an Demenz und seine Aussagen wären in diesem Lichte zu würdigen gewesen, verstößt dieses Vorbringen gegen das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof und ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun (vgl. etwa VwGH 9.4.2025, Ra 2024/14/0888, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2025

Rückverweise