JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0171 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter und die Hofrätinnen Dr. in Sembacher und Mag. Dr. Kusznier als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision von 1. B B und 2. I B, beide vertreten durch Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2025, 1. L515 2301176 1/29E und 2. L515 23011781/26E, jeweils betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Bescheiden vom 7. September 2024 nahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die aufgrund der Anträge der Revisionswerber, jeweils syrische und armenische Staatsangehörige, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf.

2 Begründend führte das BFA aus, die Revisionswerber hätten sich den Status von Asylberechtigten erschlichen, indem sie ihre armenische Staatsangehörigkeit wissentlich verschwiegen hätten.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Das BVwG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, die Revisionswerber hätten im Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz wider besseres Wissen verschwiegen, dass sie auch armenische Staatsangehörige seien, um Vorteile im Verfahren nämlich die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten und somit die Gewährung des Verbleibes im Bundesgebiet zu erlangen. Die Revisionswerber hätten somit objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung gemacht und dabei in Irreführungsabsicht gehandelt.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit lediglich vor, das BVwG habe es trotz erheblicher Zweifel an der Schlüssigkeit eines von ihm herangezogenen Gutachtens (zur Beschaffung von armenischen Reisepässen der Revisionswerber vor ihrer Flucht nach Österreich) sowie konkreter Fragestellungen und Einwände der Revisionswerber unterlassen, weitere Ermittlungen vorzunehmen. Zudem sei das Erkenntnis des BVwG mit entscheidungswesentlichen Begründungsmängeln hinsichtlich der „Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Revisionswerber“ behaftet.

9Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 22.5.2025, Ra 2025/14/0107, mwN). Bereits diesen Anforderungen wird die Revision, welche nicht näher konkretisiert, in welchen Punkten das BVwG von welcher Rechtsprechung abgewichen wäre, nicht gerecht.

10 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 2.5.2025, Ra 2025/14/0110, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen vermissen. Insbesondere verabsäumt sie es, konkret auszuführen, welche Feststellungen zu treffen gewesen wären und aufgrund welcher Umstände diese zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.

11In diesem Zusammenhang ist insbesondere hervorzuheben, dass das BVwG, das sich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Revisionswerbern verschaffte, beweiswürdigend davon ausgegangen ist, diese hätten bei ihrer seinerzeitigen Asylantragstellung wissentlich falsche Angaben getätigt, indem sie ihre Doppelstaatsbürgerschaft verschwiegen hätten, um so den gewünschten Verfahrensausgang, nämlich die Asylgewährung in Bezug auf den behaupteten einzigen Herkunftsstaat Syrien, zu bewirken. Die Revision legt demgegenüber weder dar, dass die Revisionswerber im Zeitpunkt der Asylantragstellung keine Doppelstaatsbürgerschaft besessen hätten, noch, dass ihnen dieser Umstand nicht bekannt gewesen wäre und sie ihn auch nicht wider besseres Wissen in Irreführungsabsicht verschwiegen hätten (vgl. zum Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung etwa VwGH 9.4.2025, Ra 2024/14/0888, Rn. 7, mwN).

12Sofern sich die Revision unter der Überschrift „Neue Beweise“ erstmals auf eine nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses erstattete (nicht vorgelegte) Stellungnahme des armenischen Innenministeriums stützt, steht diesem Vorbringen schon das sich aus § 41 VwGG ergebende Neuerungsverbot entgegen (vgl. neuerlich VwGH 2.5.2025, Ra 2025/14/0110, mwN).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2025