JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0361 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätinnen Dr. in Sembacher und Mag. Bayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, in der Revisionssache des I A, vertreten durch Mag. Roland Marko, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 6, als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Hegelgasse 13/4/21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2024, I412 22832011/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 13. September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er damit begründete, Syrien wegen des Krieges und seiner drohenden Einziehung zum Militärdienst verlassen zu haben.

2 Mit Bescheid vom 2. Oktober 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf die Dauer eines Jahres befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Herkunftsort des Revisionswerbers befinde sich unter türkischer Kontrolle bzw. unter Kontrolle von mit der Türkei verbündeten oppositionellen Gruppierungen, weshalb eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime mangels Zugriffsmöglichkeiten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht drohe. Die Herkunftsregion sei ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht habe sein Parteivorbringen betreffend die Kontrollverhältnisse in seinem Herkunftsgebiet übergangen. Damit macht der Revisionswerber Verfahrensmängel geltend, deren Relevanz darzulegen ist (zur Relevanzdarlegung von Verfahrensfehlern vgl. VwGH 14.3.2024, Ra 2024/14/0118, mwN).

9Diesem Erfordernis wird die vorliegende Revision mit der allgemeinen Behauptung, das Bundesverwaltungsgericht wäre bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler zu dem Schluss gekommen, dass dem Revisionswerber in seiner Herkunftsregion die Einziehung zum Militärdienst bei der syrischen Armee drohe, weswegen ihm der Status des Asylberechtigten zu gewähren sei, nicht gerecht, weil nicht konkret auf den Revisionswerber bezogen dargelegt wird, inwiefern in rechtlicher Hinsicht für ihn ein günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt nämlich die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes oder der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrelevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes die Gewährung von Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0619, und etwa VwGH 21.6.2024, Ra 2024/14/0274, jeweils mwN).

10 Soweit der Revisionswerber in der weiteren Begründung der Zulässigkeit der Revision die unzureichende Auseinandersetzung mit einzelnen Passagen aus den Länderberichten rügt und damit Mängel bei den Feststellungen betreffend die Kontrollverhältnisse im Herkunftsgebiet als gegeben erachtet, wendet er sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts.

11Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der individuellen Situation des Revisionswerbers in Bezug auf den Herkunftsstaat befasst und anhand der dazu getroffenen Feststellungen das Vorliegen einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung des Revisionswerbers in einer den konkreten Einzelfall betreffenden Beurteilung in vertretbarer Weise (zum hg. Prüfungsmaßstab an die Beweiswürdigung vgl. für viele VwGH 8.10.2024, Ra 2024/14/0012 bis 0014, mwN) verneint. Insbesondere führte das Bundesverwaltungsgericht unter Hinzuziehung von aktuellen Länderberichten sowie aktuellem Kartenmaterial aus, dass die Herkunftsregion des Revisionswerbers nicht unter syrischer Kontrolle stehe und die syrischen Behörden in dieser Region keinen Zugriff auf bestimmte Personen hätten und ebendort keine staatliche Macht ausüben würden.

12In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 29.4.2024, Ra 2024/14/0076, mwN).

13 Zudem kommt wie bereits oben dargelegt die Asylgewährung nicht in Betracht, wenn ein kausaler Zusammenhang der Verfolgung mit einem oder mehreren Konventionsgründen fehlt. Das Vorliegen eines solchen Konnexes zeigt der Revisionswerber in seiner Revision nicht auf.

14 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der Revision mit Verweis auf einen Länderbericht hinsichtlich der Erreichbarkeit der Herkunftsregion vorbringt, es sei „von unvorhersehbaren politischen Entwicklungen abhängig, [...] inwiefern Grenzübergänge weiterhin geöffnet sind“ zeigt sie damit schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel auf, weil sich diesem Bericht auch nach dem Revisionsvorbringen im Ergebnis nicht entnehmen lässt, dass ein dortiger Grenzübertritt für den Revisionswerber wenn auch aufwendignicht in Betracht käme (vgl. ähnlich VwGH 29.2.2024, Ra 2024/18/0043). Ergänzend ist dazu auszuführen, dass es aus asylrechtlicher Sicht nicht darauf ankommen kann, ob die Einreise in einen verfolgungssicheren Landesteil aus der Sicht des potentiellen Verfolgers (hier: des syrischen Regimes) legal stattfindet, sondern nur, ob die den Grenzübergang beherrschenden Autoritäten eine Einreise in das sichere Gebiet zulassen (vgl. etwa erneut VwGH 29.4.2024, Ra 2024/14/0076, mit Hinweis auf neuerlich VwGH 29.2.2024, Ra 2024/18/0043).

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2024