Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Stadtgemeinde Salzburg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 16. Juli 2024, 405 2/439/1/14 2024, betreffend eine Angelegenheit des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 (belangte Behörde: Bürgermeister der Stadt Salzburg; mitbeteiligte Partei: S GmbH, vertreten durch Dr. Johannes Honsig Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag der Revisionswerberin auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Die „Revisionsbeantwortung“ der belangten Behörde vom 16. September 2025 wird zurückgewiesen.
Ein Kostenersatz an die mitbeteiligte Partei findet nicht statt.
1 Die Stadtgemeinde Salzburg, Straßen und Brückenamt (MA 6/04), und nunmehrige Revisionswerberin plant einen Teilausbau eines näher genannten Kreisverkehrs in S. Im Rahmen dessen sollen alle im Fahrbahnbereich befindlichen Leitungen und Kabel aus dem Kreuzungsbereich in den Bereich des Gehsteiges verlegt werden. Davon ist auch ein im Jahr 1904 bewilligtes Stromkabel der Mitbeteiligten betroffen.
2 Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2023 wandte sich die MA 6/04 mit folgendem Wortlaut an das Verkehrs und Straßenrechtsamt (MA 1/07) der Stadtgemeinde Salzburg:
„Die Kosten für die Leitungsumlegung des Erdkabels von der [Mitbeteiligten] inkl. etwaiger Nebenkosten wie z.B. die angeführten Ersatzlieferungen für entgangener Stromleistungen sind lt. Salzburger Landesstraßengesetz §8 durch den Leitungsinhaber zu tragen. Die MA 6/04 Straßen und Brückenamt bittet daher die MA 1/07 Verkehrs und Straßenrechtsamt, der [Mitbeteiligten] die Leitungsumlegung des Erdkabels auf deren Kosten zu veranlassen.“ (Fehler im Original)
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 2024 wurde der Mitbeteiligten gemäß § 8 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (LStG. 1972) aufgetragen, ein näher genanntes stromführendes Erdkabel auf deren Kosten abzuändern bzw. zu verlegen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid vom 30. Jänner 2024 „betreffend einen Antrag gemäß § 8 Abs 2 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (LStG)“ statt und hob diesen gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG auf. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
Begründend führte das LVwG unter Hinweis auf § 8 LStG. 1972 zusammengefasst aus, es sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verlegung des Kabels für die Baumaßnahme im Kreisverkehr notwendig sei, weshalb die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt seien.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, zu deren Zulässigkeit unter anderem vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur ersatzlosen Behebung von Bescheiden ab. Mit der ersatzlosen Behebung des Bescheides vom 30. Jänner 2024 habe das LVwG die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Erledigung ihres gemäß § 8 Abs. 2 LStG. 1972 gestellten Antrages verletzt.
6 Die Mitbeteiligte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
Die belangte Behörde führte in ihrer „Revisionsbeantwortung“ aus, sie unterstütze die Revision vollinhaltlich; das angefochtene Erkenntnis sei nach Ansicht der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben, in eventu gemäß § 42 Abs. 4 VwGG abzuändern und die Beschwerde der Mitbeteiligten als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Revision ist zulässig und auch begründet.
8 § 8 LStG. 1972, LGBl. Nr. 119, lautet:
„§ 8
(1) Jede Benutzung von Straßen und der dazugehörigen Anlagen für andere Zwecke als für Zwecke des Verkehrs sowie deren Änderung bedarf der Zustimmung der Straßenverwaltung, insoferne nicht die Zustimmung zu dieser Benutzung durch eine behördliche Bewilligung auf Grund eines Verfahrens, an dem die Straßenverwaltung als Partei beteiligt war, erworben wird. Zustimmungen zur Straßenbenutzung, die sachlich einer bestimmten Liegenschaft zugute kommen, gehen bei einem Wechsel in der Person des Eigentümers dieser Liegenschaft auf den jeweiligen Eigentümer dieser Liegenschaft über. Durch die besondere Benutzung der Straße kann ein Recht nicht ersessen werden.
(2) Über Antrag der Straßenverwaltung kann die Straßenrechtsbehörde jederzeit die Entfernung nicht bewilligter Anlagen auf oder im Straßengrund und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sowie, wenn dies durch den Umbau oder sonstige Abänderungen oder aus Verkehrsrücksichten notwendig geworden ist, die Entfernung oder Abänderung bewilligter derartiger Baulichkeiten und Anlagen auf Kosten des Inhabers der Anlage verlangen. Mehrere Verpflichtete haften zur ungeteilten Hand.“
§ 28 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, lautet auszugsweise:
„Erkenntnisse
§ 28 . (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) ...
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) ...“
9 Zunächst wird angemerkt, dass die „Stadtgemeinde Salzburg“ gemäß § 1 Abs. 4 Salzburger Stadtrecht 1966 als Trägerin von Privatrechten im Rahmen eines Verfahrens zur Bewilligung eines wesentlichen Umbaus einer Straße als Straßenverwalterin tätig wurde. Demnach sind die Vertretungsregelungen nicht wovon die Mitbeteiligte ausgeht nach der Geschäftsordnung des Gemeinderates zu beurteilen, sondern (gemäß § 33 Abs. 4 Salzburger Stadtrecht 1966) nach der Geschäftsordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg. Nach deren § 8 werden der Bürgermeister, die Bürgermeister Stellvertreter und die Stadträte unbeschadet ihrer Verantwortlichkeit im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen, soweit sie sich diese nicht ausdrücklich vorbehalten, durch den Magistratsdirektor und die Abteilungsvorstände vertreten. Die Fertigungsklausel der vorliegenden Revision „Für die Stadtgemeinde Salzurg: Für den Bürgermeister: Der Magistratsdirektor: [Dr. MT]“ erweckt somit keine Bedenken hinsichtlich der Vertretungsbefugnis.
10Die Revisionswerberin führt in den Revisionsgründen unter anderem aus, das LVwG habe offensichtlich gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG eine negative Sachentscheidung getroffen und die Revisionswerberin mit der ersatzlosen Behebung des Bescheides vom 30. Jänner 2024 in ihrem Recht auf Erledigung ihres gemäß § 8 Abs. 2 LStG. 1972 gestellten Antrages verletzt. Das LVwG hätte bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungengemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen können. Für eine ersatzlose Behebung des Bescheides mangle es hingegen an einer rechtlichen Grundlage.
11Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Entscheidet ein Verwaltungsgericht „in der Sache selbst“, hat es nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Liegt dem verwaltungsbehördlichen Bescheid ein Parteiantrag zugrunde, kommt eine bloße Kassation nicht in Betracht; es muss der Parteiantrag erledigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof sprach auch schon mehrfach aus, dass die ersatzlose Behebung des Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht eine Entscheidung in der Sache selbst darstellt. Ein solcherart in Form eines Erkenntnisses gefasster Spruch eines Verwaltungsgerichtes schließt eine neuerliche Entscheidung über den Verfahrensgegenstand durch die Verwaltungsbehörde grundsätzlich aus. Die ersatzlose Behebung eines Bescheides setzt somit voraus, dass dieser nicht hätte ergehen dürfen und der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch die Kassation hergestellt werden kann. Dabei handelt es sich um eine „negative“ Sachentscheidung (vgl. etwa VwGH 7.3.2023, Ra 2020/05/0050, Rn. 10 ff, mwN).
12 Im Revisionsfall erließ das LVwG ein Erkenntnis, in dessen Spruch es der von der Mitbeteiligten gegen den bekämpften Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde stattgab und diesen Bescheid schlicht aufhob, ohne inhaltlich über den Antrag der Revisionswerberin gemäß § 8 Abs. 2 LStG. 1972 abzusprechen. Das LVwG traf somit eine „negative“ Sachentscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, etwa wegen Unzuständigkeit der Behörde, wegen fehlender Parteistellung oder weil der Schriftsatz der Revisionswerberin vom 20. Dezember 2023 aus Sicht des LVwG nicht als Antrag gemäß § 8 Abs. 2 LStG. 1972 zu werten sei, sind dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.
Angesichts der Formulierung des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses in Verbindung mit seiner Begründung bleibt auch kein Raum für eine Auslegung dahingehend, dass es sich vorliegend allenfalls um eine Aufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG handeln könnte.
13Auf das Vorbringen der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung, wonachdie „Bitte“ der MA 6/04 an die MA 1/07 „keinen Parteienantrag“ begründe und das Vorgehen der belangten Behörde „einer amtswegigen Erledigung“ gleichkomme, war nicht einzugehen, weil ein solches Vorbringen bzw. diese Ausführungen im bisherigen Verfahren nicht erstattet wurden, sich das LVwG mit diesen Aspekten nicht auseinandersetzte und dementsprechend keine hierfür erforderlichen Feststellungen traf (vgl. etwa VwGH 22.10.2019, Ra 2019/10/0023, Rn. 16).
14Eine ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides erweist sich somit als rechtswidrig, weshalb das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
15Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der dem Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Dies ist fallbezogen gemäß § 4 Abs. 1 lit. b LStG. 1972 der Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher im vorliegenden Fall die Stadt Salzburg. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Inanspruchnahme des Landes Salzburg gerichtete Antrag der Revisionswerberin abzuweisen (vgl. VwGH 10.4.2025, Ra 2024/06/0107, Rn. 18, mwN).
16Eine Mitbeteiligung auf Seiten des Revisionswerbers kommt im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht, weshalb die „Revisionsbeantwortung“ der belangten Behörde aufgrund ihres Inhaltes zurückzuweisen war (vgl. etwa VwGH 9.8.2024, Ra 2023/10/0029, Rn. 29, mwN).
17Ein Kostenersatz an die mitbeteiligte Partei findet nicht statt, da Mitbeteiligte nach § 47 Abs. 3 VwGG Anspruch auf Aufwandersatz nur im Fall der Abweisung der Revision haben (vgl. VwGH 6.9.2023, Ra 2023/05/0063, Rn. 27, mwN).
Wien, am 9. Dezember 2025
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