Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des R W in W, vertreten durch die Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in 8020 Graz, Metahofgasse 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 13. Dezember 2022, Zl. LVwG 52.28 2554/2021 25, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Weiz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die „Revisionsbeantwortung“ der belangten Behörde vom 13. April 2023 wird zurückgewiesen.
1 1.1. Mit Bescheid vom 10. August 2021 erteilte die belangte Behörde dem Revisionswerber aufgrund dessen Antrages vom 20. Juli 2020 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 5 Abs. 2 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 2017 StNSchG 2017 befristet bis zum 17. Juli 2025 die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Entnahmebauwerkes „sowie der damit verbundenen Entnahme von Wasser“ aus dem W. Bach, wobei sie dem Revisionswerber als Auflage (unter anderem) vorschrieb, die Entnahme aus dem W. Bach habe „erst bei Überschreitung der Pflichtwasserdotierung im Ausmaß von 3 l/s zu erfolgen“.
2 1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Umweltanwältin des Landes Steiermark Beschwerde.
3 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark führte zunächst am 31. Mai 2022 eine Verhandlung durch, an der der Revisionswerber, die Umweltanwältin sowie die bereits im behördlichen Verfahren beigezogene naturschutzfachliche Amtssachverständige (nicht allerdings ein Vertreter der belangten Behörde) teilnahmen. Dabei ersuchte das Gericht die Amtssachverständige, ihr Gutachten mit Blick auf eine in der Verhandlung erfolgte Antragsänderung zu ergänzen.
4 Mit Schreiben vom 17. August 2022 erstattete die naturschutzfachliche Amtssachverständige ihr ergänzendes Gutachten, welches nachdem das Verwaltungsgericht der Umweltanwältin und dem Revisionswerber Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hatte in einer weiteren Verhandlung am 21. November 2022 erörtert wurde; an dieser Verhandlung nahmen ein Vertreter der belangten Behörde, der Revisionswerber sowie die Umweltanwältin teil.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 13. Dezember 2022 gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde der Umweltanwältin gegen den Bescheid vom 10. August 2021 statt und änderte diesen Bescheid (im Wesentlichen) dahin, dass die eingangs (Rz 1) wiedergegebene Auflage laute:
„Die Basisdotation für die Restwasserstrecke hat ganzjährig mindestens 10 l/s zu betragen.“
6 Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zu.
7 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung (im Kern) das erwähnte ergänzende Gutachten der naturschutzfachlichen Amtssachverständigen vom 17. August 2022 zugrunde, wonach die (von der belangten Behörde vorgeschriebene) Restwassermenge von 3 l/s (u.a.) nicht geeignet sei, „den biotischen Fachbereich des Fließgewässers auf Dauer aufrecht zu erhalten“. 3 l/s Restwasser in einem Bach dieser Breite erzeugten „so gut wie keine Wasserstrukturen, Wasserbewegungen, Gischt, Stromstrich oder Geräusche“. Aus einem Fließgewässer werde eine „Aneinanderreihung von Tümpeln, die sich in den vorhandenen Tiefstellen bilden“; ein „nahezu permanent angebotenes Minimum an Wasser“ führe daher zu einer „völligen Veränderung des Charakters des Fließgewässers“. Eine Pflichtwasserabgabe von 10 l/s stelle naturschutzfachlich „gerade noch sicher, dass die Ökologie des Fließgewässers nicht gänzlich zugrunde geht“.
8 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht weiter aus, im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren sei die Ausleitung von Wasser durch ein Bauwerk aus natürlich fließenden Gewässern in Hinblick auf den allgemeinen Schutzzweck nach § 3 StNSchG 2017 zu beurteilen; ob das beantragte Projekt naturschutzrechtliche Schutzzwecke beeinträchtige, sei allein nach naturschutzfachlichen Kriterien zu beurteilen.
9 Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes sowie eine nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes in seinem Wirkungsgefüge durch die Wasserentnahme sei dann nicht (mehr) gegeben, wenn eine Restwassermenge von 10 l/s verbleibe. Das diesbezügliche Ergebnis des eingeholten naturschutzfachlichen Gutachtens habe durch die Ausführungen des Revisionswerbers nicht erschüttert werden können; diese Ausführungen hätten auf die „möglichst breite Füllmöglichkeit seines Frostberegnungs- und Bewässerungsteiches sowie auf die möglichst einfache Wiederverwendung in den Bach abfließenden gebrauchten Wassers“ abgezielt.
10 In Stattgebung der Beschwerde der Umweltanwältin seien daher der bekämpfte Bescheid vom 10. August 2021 (der im Übrigen hinsichtlich der Pflichtwasserabgabe „schon dem eingeholten naturkundlichen Amtssachverständigengutachten der Behörde widersprach“) abzuändern und die Pflichtwasserabgabe gemäß § 27 Abs. 2 StNSchG 2017 (somit durch Vorschreibung einer Auflage) mit mindestens 10 l/s festzulegen.
11 1.4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Die belangte Behörde hat eine „Revisionsbeantwortung“ erstattet, in der sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufheben „und in eventu gegebenenfalls in der Sache selbst entscheiden“; der Revisionswerber sei durch das angefochtene Erkenntnis in seinen Rechten verletzt worden.
13 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. etwa VwGH 15.3.2024, Ra 2024/10/0033, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 16.11.2023, Ra 2022/10/0146, mwN).
17 3.1. Zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision weist der Revisionswerber zunächst auf das „primär für die Gesetzgebung geltende“ Berücksichtigungsgebot hin, welches auch von der Vollziehung zu beachten sei (Hinweis auf VwGH 28.3.1984, 84/09/0033 = VwSlg. 11.386 A, sowie VfGH 21.6.1996, B 2528/94 = VfSlg. 14.534).
18 Daraus leitet der Revisionswerber die Rechtsfrage ab, ob die „belangte Behörde“ (gemeint wohl: das Verwaltungsgericht) gegen das Berücksichtigungsgebot verstoße, „indem sie das Naturschutzgesetz derart auslegt, dass im Ergebnis, ein die wasserrechtlichen Vorschriften und Regelungen torpedierendes Ergebnis vorliegt“; konkret gehe es um die Frage der „Notwendigkeit der Berücksichtigung“ der (gemäß § 30a Abs. 2 Z 1 und 3 Wasserrechtsgesetz 1959 erlassenen) Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer „bei der Vorschreibung von naturschutzrechtlich indizierten Restwassermengen“.
19 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Zusammenhang mit der vom Revisionswerber ins Treffen geführten („der Bundesverfassung innewohnenden“) Rücksichtnahmepflicht ausgesprochen hat, bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Einwände dagegen, dass für ein bestimmtes Vorhaben zwei oder mehrere behördliche Bewilligungen vorgesehen werden (Kumulationsprinzip); es muss jedoch jede der entsprechenden Regelungen für sich sachlich begründbar sein und sich innerhalb der von der Verfassung vorgezeichneten Kompetenzen halten (vgl. VwGH 3.6.1996, 95/10/0274, mwN).
20 Auf den Revisionsfall bezogene konkrete Bedenken gegen das Kumulationsprinzip vermag der Revisionswerber nicht darzulegen, sodass aus dem Abstellen des Verwaltungsgerichtes allein auf „naturschutzfachliche Kriterien“ bei dessen Beurteilung nach dem StNSchG 2017 eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht erkennbar ist.
21 3.2. Im Weiteren wendet sich das Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers gegen die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes und vertritt dabei die Auffassung, das Verwaltungsgericht hätte das erstattete Gutachten der naturschutzfachlichen Amtssachverständigen (ein weiteres Mal) ergänzen lassen bzw. ein (Ober )Gutachten einholen müssen.
22 Dabei beruft sich der Revisionswerber insbesondere zum einen auf ein (bereits in einer Stellungnahme vom 18. November 2021 zitiertes) mit Blick auf die beantragte wasserrechtliche Bewilligung erstattetes limnologisches Gutachten, zum anderen auf ein dem vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Gutachten entgegenstehendes Gutachten „des naturkundlichen Amtssachverständigen“ in einem früheren naturschutzrechtlichen Verfahren im Jahr 2018 zum „identen Beurteilungsgegenstand“; ausweislich der vorgelegten Verfahrensakten hat der Revisionswerber allerdings im gegenständlichen Verfahren über seinen Antrag vom 20. Juli 2020 auf ein entgegenstehendes naturschutzfachliches Gutachten aus dem Jahr 2018 nicht hingewiesen, sodass das diesbezügliche Revisionsvorbringen eine Neuerung darstellt (§ 41 erster Satz VwGG).
23 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 12.1.2024, Ra 2023/10/0433, mwN).
24 Letzteres wird vom Revisionswerber jedoch nicht aufgezeigt.
25 3.3. Schließlich erachtet der Revisionswerber seine Revision wegen einer Verletzung der Begründungspflicht nach § 29 VwGVG als zulässig.
26 Entgegen der in diesem Zusammenhang unterbreiteten Behauptung des Revisionswerbers ist das angefochtene Erkenntnis allerdings nicht mit einem Begründungsmangel belastet, welcher den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hinderte (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0031, oder das vom Revisionswerber zitierte Erkenntnis VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045, jeweils mwN).
27 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
28 Die Revision war daher zurückzuweisen.
29 5. Eine Mitbeteiligung auf Seiten des Revisionswerbers kommt im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht, weshalb die „Revisionsbeantwortung“ der belangten Behörde aufgrund ihres Inhaltes und der darin gestellten Anträge (vgl. Rz 12) zurückzuweisen war (vgl. etwa VwGH 18.12.2015, Ro 2015/02/0023, mwN).
Wien, am 9. August 2024
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