JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0108 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
26. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S GmbH in S, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec, Dr. Günther Ramsauer, Mag. Walter Unzeitig, Mag. Birgit Schnöll und Mag. Isabelle Zimmermann-Eberl, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 13. Mai 2024, 405 3/1210/1/8 2024, betreffend Zwangsstrafe in einer Angelegenheit nach dem Baupolizeigesetz 1997 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (belangte Behörde) vom 18. Dezember 2023 wurde über die revisionswerbende Partei (nach vorheriger Androhung mit Schreiben vom 2. August 2023) gemäß § 5 VVG eine Zwangsstrafe in der Höhe von € 700, verhängt, weil sie den ihr mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 2023, abgeändert durch Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (LVwG) vom 22. März 2023, erteilten baupolizeilichen Auftrag, „die widmungswidrige Verwendung der beiden auf Gst [...] bewilligten Wohnungen (Top X und Top Y) durch andere Konfiguration (9 Apartments zur touristischen Beherbergung) bis spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Auftrages einzustellen“, bisher nicht erfüllt habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die von der revisionswerbenden Partei gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig (Spruchpunkt II.).

3 Zusammengefasst führte das LVwG dazu aus, die revisionswerbende Partei sei Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes, auf dem ein Haus mit zwei Wohnungen („Top X und Top Y“) baubewilligt sei. Bei einer baupolizeilichen Überprüfung im Jahr 2022 sei festgestellt worden, dass die beiden Wohnungen vor allem durch Einbau von Kochnischen zu neun separaten Apartments umgestaltet worden seien und so genutzt würden. In der Folge sei daher der genannte baupolizeiliche Auftrag erteilt worden. Im Zuge einer baupolizeilichen Überprüfung am 26. Juli 2023 habe sich sodann herausgestellt, dass die revisionswerbende Partei diesem Auftrag nicht entsprochen habe, weshalb ihr mit Schreiben vom 2. August 2023 die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht worden sei. Eine weitere Überprüfung im November 2023 habe ergeben, dass zu diesem Zeitpunkt zwei Apartments vermietet gewesen seien, während die übrigen leer gestanden seien. Es sei unbestritten, dass nach wie vor bis zu neun Apartments zur touristischen Buchung über das Internet angeboten würden. Somit sei erwiesen, dass eine andere als die baubehördlich bewilligte Konfiguration der gegenständlichen Wohnungen immer noch bestehe.

4Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, es sei irrelevant, was im Internet zu sehen sei. Gemäß dem Titelbescheid komme es nur auf die „widmungswidrige Verwendung“ an. Es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, da „die Rechtsansicht, dass dem Titelbescheid nicht entsprochen worden wäre“, vom LVwG in einer unvertretbaren Weise gelöst worden sei. Außerdem weiche das angefochtene Erkenntnis von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil wegen des ausschließlichen Beugecharakters von Zwangsstrafen nach dem VVG deren Verhängung und Vollzug unzulässig sei, sobald die Leistung erbracht worden sei. Im Zeitpunkt der Überprüfung hätten nur zwei Vermietungen stattgefunden und die zuvor beanstandete Eingangstür sei bereits wieder eingebaut worden, wodurch dem Titelbescheid entsprochen worden sei. Dieser spreche nur von „einer anderen Konfiguration“ ohne Bezugnahme auf einen bestimmten „Normzustand“. Die im Titelbescheid ebenfalls aufgetragene Wiederherstellung einer Türe sei erfolgt, dadurch liege die Konfiguration, wie sie zum Zeitpunkt des Titelbescheides bestanden habe, nicht mehr vor. Die touristische Verwendung von zwei Einheiten sei in Folge des Umstandes, dass zwei Einheiten seit dem Jahr 2017 in Form einer Apartmentvermietung an Touristen in Bestand gegeben würden, zulässig, da die Nutzung der beiden Wohnungen als Apartments gemäß § 31b Abs. 2 Z 5 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) zulässig sei. Das LVwG habe es unterlassen, das Amtsorgan, das im November 2023 den Revisionsbericht verfasst habe, einzuvernehmen. Es lägen keine unmittelbaren Beweisergebnisse zum baulichen Zustand und zum Nutzungszustand der Wohnungen im November 2023. Damit liege ein qualifizierter Verfahrensfehler vor, der eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung begründe. Wäre das Amtsorgan einvernommen worden, so hätte man feststellen können, dass der Titelbescheid „erledigt“ worden sei, insbesondere durch Einbau der von der Behörde gerügten Eingangstüre und durch bloß zwei Vermietungen.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9Gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz VVG ist ein angedrohtes Zwangsmittel nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

10Hinsichtlich der Anordnung der Ersatzvornahme nach § 4 VVG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass diese jedenfalls so lange zulässig ist, als der Verpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. VwGH 12.8.2010, 2006/10/0158, mwN); die Ersatzvornahme stellt das im VVG zur Erbringung vertretbarer Leistungen ausdrücklich vorgesehene Zwangsmittel dar, während das Gesetz in § 5 VVG Zwangsstrafen zur Erzwingung von Duldungen und Unterlassungen sowie von unvertretbaren Handlungen vorsieht (vgl. etwa VwGH 28.11.2023, Ra 2023/02/0166, mwN).

11 Die Frage, ob der Verpflichtung in einem bestimmten Titelbescheid (zur Gänze) entsprochen worden ist, ist eine einzelfallbezogene Rechtsfrage, die nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG darstellen könnte, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (vgl. dazu, dass die Frage, ob ein rechtskräftiger Titelbescheid zu unbestimmt ist, grundsätzlich eine als Einzelfallbeurteilung zu wertende Rechtsfrage darstellt, etwa VwGH 21.3.2023, Ra 2022/07/0070, sowie allgemein zur einzelfallbezogenen Auslegung eines konkreten Bescheides für viele etwa VwGH 10.7.2023, Ra 2023/06/0106, mwN).

12 Im Revisionsfall wurde der revisionswerbenden Partei mit rechtskräftigem, den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 2023 mit einer Maßgabe bestätigendem Erkenntnis des LVwG vom 22. März 2023 der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die widmungswidrige Verwendung der zwei näher beschriebenen, baubewilligten Wohnungen „durch andere Konfiguration (9 Apartments zur touristischen Beherbergung)“ bis spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Auftrages einzustellen. Im Bescheid vom 14. Februar 2023 hatte die belangte Behörde mit näherer Begründung auf den baubehördlichen Konsens der auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bewilligten Wohnungen hingewiesen und dazu festgestellt, dass die beiden bewilligten Wohnungen durch näher beschriebene Baumaßnahmen derart umgestaltet worden seien, dass sie nunmehr als neun Apartments vermietet werden könnten; diese Feststellung traf auch das LVwG im Erkenntnis vom 22. März 2023.

13 Im Hinblick darauf wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht aufgeworfen; dass die Beurteilung des LVwG im angefochtenen Erkenntnis, dem Titelbescheid sei nicht entsprochen worden, unvertretbar sei, wird in den Zulässigkeitsgründen der Revision nicht aufgezeigt: Das LVwG führt im angefochtenen Erkenntnis nämlich (unter anderem) aus, es liege nach wie vor eine andere als die baubehördlich bewilligte Konfiguration des verfahrensgegenständlichen Gebäudes vor; dem tritt die revisionswerbende Partei in den Zulässigkeitsgründen der Revision nicht entgegen und bringt insbesondere nicht vor, die Konfiguration von neun Apartments gegenüber dem baubewilligten Konsens von zwei Wohnungen im verfahrensgegenständlichen Gebäude liege nicht mehr vor.

14 Soweit die revisionswerbende Partei hinsichtlich der unterlassenen Einvernahme des näher genannten Amtsorgans einen Verfahrensmangel geltend macht, ist zu bemerken, dass Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG sein können, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für den Revisionswerber günstigerenSachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 14.5.2024, Ra 2024/06/0005, mwN). Auch diesen Anforderungen genügt die Revision nicht. Die Wiederherstellung der Türe gemäß Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14. Februar 2023 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens.

15 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2024