JudikaturVwGH

Ra 2023/15/0007 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Tourismusverband S in N, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, BSc, Dr. Simon Gleirscher und MMag. Markus Sandtner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4/3. OG, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 14. Dezember 2022, Zl. RV/3100300/2022, betreffend Körperschaftsteuer 2016, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

1 Der Revisionswerber wurde von einer Körperschaft öffentlichen Rechts (in der Folge: Trägerkörperschaft), einem regionalen Tourismusverband, am 24. November 2016 als Betrieb gewerblicher Art „Radweg X“ beim Finanzamt angemeldet.

2 In der Körperschaftsteuererklärung des Revisionswerbers für das Jahr 2016 wurden Aufwendungen von 36.306,60 € und ein Verlust in dieser Höhe ausgewiesen. Das Finanzamt führte mit einem gegenüber dem Revisionswerber ergangenen Bescheid vom 23. März 2017 eine erklärungsgemäße Veranlagung durch und setzte die Körperschaftsteuer (bei negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 36.306,60 €) mit 0 € fest.

3 Im Zuge einer Außenprüfung bei der Trägerkörperschaft gelangte die Prüferin zur Überzeugung, dass der vom Revisionswerber betriebene Radweg den infrastrukturellen Einrichtungen zuzuordnen und im Hinblick auf dessen unentgeltliche Benutzung vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei. Die Trägerkörperschaft habe in einer Stellungnahme nur auf mittelbare Einnahmen und die Umschichtung von Parkgebühren verwiesen. Tatsächlich sei der Radweg für jedermann jederzeit uneingeschränkt benutzbar und könne als der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung stehende Infrastruktur keinen Betrieb gewerblicher Art darstellen.

4 Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ gegenüber dem Revisionswerber einen neuen Körperschaftsteuerbescheid 2016, in dem es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, das Einkommen und die Körperschaftsteuer mit 0 € festsetzte.

5 Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragte.

6 Das BFG gab der Beschwerde mit Entscheidung vom 18. Dezember 2020, RV/3100599/2020, keine Folge.

7 Gegen die abweisende Erledigung haben der Revisionswerber und dessen Trägerkörperschaft Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

8 Der Verwaltungsgerichtshof gab der Revision des Revisionswerbers Folge und hob die Entscheidung des BFG vom 18. Dezember 2020, mit Erkenntnis vom 5. Mai 2022, Ra 2021/15/0017, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf, weil das BFG keine Feststellungen getroffen hat, aufgrund welcher Vereinbarungen (Nutzungsverträge) mit den Grundstückseigentümern und zu welchen konkreten Konditionen der Revisionswerber die Nutzungsberechtigung zum Betreiben eines Radweges erworben hat. Es hat sich auch nicht konkret mit den Ausführungen des vom Revisionswerber vorgelegten Rechtsgutachtens auseinandergesetzt und weiters nicht erläutert, in welcher Weise die steuerliche Beurteilung des Radweges beim Revisionswerber davon abhängt, ob wie dies das BFG annimmt „Infrastruktureinrichtungen“ dem Hoheitsbereich der Ortsgemeinden angehören.

9 Die Revision der Trägerkörperschaft wies der Verwaltungsgerichtshof zurück, weil es sich bei einem Betrieb gewerblicher Art iSd § 2 KStG 1988 um ein eigenständiges Körperschaftsteuersubjekt handelt, mit dem angefochtenen Erkenntnis über die Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens und die Körperschaftssteuer 2016 des revisionswerbenden Betriebes gewerblicher Art abgesprochen wurde und das Erkenntnis nur an den Revisionswerber (und nicht an die Trägerkörperschaft) gerichtet war.

10 Mit dem nunmehr angefochtenen, im fortgesetzten Verfahren ergangenen Beschluss, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das BFG die Beschwerde gegen „die mit ‚Körperschaftssteuerbescheid 2016‘ überschriebene Erledigung“ gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurück.

11 Es vertrat den Standpunkt, die Betätigung der Trägerkörperschaft begründe im Hinblick auf den Radweg mangels privatwirtschaftlicher Tätigkeit und aufgrund des Umstandes, dass dieser Betätigung keine Einnahmen zuzuordnen seien, keinen Betrieb gewerblicher Art. Folglich existiere auch kein (fiktives) Steuersubjekt iSd § 1 Abs. 2 Z 2 KStG 1988. Die Betätigung „Radweg“ der Trägerkörperschaft sei im Abgabenrecht nicht rechtsfähig. Die an den Revisionswerber gerichtete Erledigung „Körperschaftsteuerbescheid 2016“ entfalte daher mangels Parteifähigkeit des Adressaten keine Bescheidqualität. Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde sei daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen.

12 In der gegen dieses Erkenntnis gerichteten außerordentliche Revision erachtet sich der Revisionswerber u.a. „in seinem subjektiven Recht auf Anerkennung als Betrieb gewerblicher Art bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 KStG verletzt“.

13 Das Finanzamt hat trotz Aufforderung hierzu keine Revisionsbeantwortung erstattet.

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 Die Revision ist zulässig und begründet.

16 Das BFG hat außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Dabei umfasst die Sache bei veranlagten Abgaben nicht nur die Feststellung der Steuerpflicht und die Festsetzung der Abgabenbemessungsgrundlage und der Abgabe, sondern auch die Prüfung der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Veranlagung vorliegen (vgl. VwGH 24.11.1998, 98/14/0144, mwN; vgl. auch Ritz/Koran , BAO7, § 279, Rz 14).

17 Das Finanzamt hat die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, das Einkommen und die Körperschaftsteuer 2016 des Revisionswerbers mit 0 € festgesetzt. Das BFG wird im fortgesetzten Verfahren, je nachdem ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt oder nicht, die Abgabe festzusetzen oder den Bescheid des Finanzamts ersatzlos zu beheben haben.

18 Der angefochtene Beschluss erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Mai 2025

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